Musikpädagogen und Komponisten

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Mechtenbergkraxler
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Musikpädagogen und Komponisten

Beitrag von Mechtenbergkraxler »

Gelsenkirchens Musikwelt hat kleinere oder auch größere Berühmtheiten - ich denke da z.B. an Claire Waldoff - hervorgebracht. Während die Waldoff wohl kaum in Vergessenheit geraten wird, gab es andere, die stiller gewirkt haben und um die es dann auch rasch still geworden ist. Wer kann sich noch an Paul Wibral erinnern? Musikpädagoge, Klavierlehrer und einer der wenigen Gelsenkirchner Komponisten, wohnhaft in der Hammerschmidtstraße, ein feiner alter Herr, der in den 60er und 70er Jahren einen gewissen Bekanntheitsgrad auch über die Stadt hinaus hatte. Es gab Liedvertonungen von ihm, Instrumentalstücke, u.a. für Violine und Klaver, und gelegentlich kleinere Konzerte. Nach seinem Tod Ende der 70er Jahre gerieten er und sein Werk in Vergessenheit. Ein Zeitungskritiker schrieb damals, Wibrals Musik sei geprägt von „behutsamer Modernität“. Wer hat ihn kennengelernt, wer hat Erinnerungen?

MK
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Mechtenbergkraxler
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Beitrag von Mechtenbergkraxler »

Vielleicht bin ich der einzige ehemalige Wibral-Schüler, der sich hier tummelt, aber sicher nicht der einzige, der sich mit Musikpädagogen - mal positiv, mal negativ - rumschlagen musste. Dass der oben vorgestellte Paul Wibral noch ganz andere Seiten zeigen konnte, habe ich beim Googeln gefunden. In dem Buch „Nationalsozialistische Kulturpolitik im Gau Westfalen-Nord“ von Christoph Schmidt fand ich folgenden interessanten Vermerk. Hitler als "Kulturschwein" zu bezeichnen, war wohl damals geradezu tollkühn.

Wäre schön, wenn noch mehr Menschen aus und in Gelsenkirchen zu diesem Fred etwas beitragen könnten, natürlich auch über Paul Wibral hinaus und überhaupt zu allen Musikgattungen. Und dann natürlich auch zu den Erlebnissen, die man beim Klavier-, Gitarren-, Flöten- oder sonst-was-Unterricht hatte.

MK

Bild

Auszug aus Christoph Schmidt "Nationalsozialistische Kulturpolitik im Gau Westfalen-Nord" (Verlag Ferd.Schöningh GmbH & Co KG) in books.google
Zuletzt geändert von Mechtenbergkraxler am 16.01.2013, 08:38, insgesamt 3-mal geändert.
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Heinz O.
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Beitrag von Heinz O. »

In unserem Wiki haben wir auch ein paar Komponisten:
  • Jo Knümann
    Tristan Brusch
    Ulrich Rützel
    Ulrik Remy
    Ben-Zion Orgad
natürlich in unterschiedlichen Musikrichtungen.
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AlterMann
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Beitrag von AlterMann »

Heinz O. hat geschrieben:In unserem Wiki haben wir auch ein paar Komponisten:
  • Jo Knümann
    Tristan Brusch
    Ulrich Rützel
    Ulrik Remy
    Ben-Zion Orgad
natürlich in unterschiedlichen Musikrichtungen.
Beim Namen Jo Knümann wurde ich aufmerksam.
Meine Klavierlehrerin war Hilde Knümann. Sie wohnte mit ihrem Vater, einem Geigenlehrer, in einem Haus in der Ringstraße/Bismarckstraße (?) gegenüber dem alten Marienhospital.
Meines Wissens waren Jo Knüman und der erwähnte Geigenlehrer Brüder.
am

Troy
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Beitrag von Troy »

Zum kindgerechten Umgang mit Musikpädagogen in den 1930'er Jahren ff.
passen die folgenden Aufzeichnungen von AlterMann, aus dem Fred "LebensgeschICHten" zitiert:
http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... hp?t=10204
Als Fünfjährigem waren mir beim Spülen der Einkochgläser unterschiedlich hohe Töne aufgefallen. In einer Spülpause habe ich die Gläser nach Tonhöhe sortiert und mit einem Löffel darauf eine einfache Melodie gespielt, die wohl zu erkennen war. Das hatte unabsehbare schlimme Folgen, unter denen ich Jahre gelitten habe: Innerhalb der nächsten vier Wochen wurde ein Klavier angeschafft, ich wurde in die Klavierstunde geschickt, mußte täglich üben, konnte Noten eher lesen als Buchstaben, aber nur meine Eltern hatten Spaß daran!
Uninteressiert und faul habe ich in den folgenden Jahren eine Reihe von Lehrern und Lehrerinnen kennen gelernt, oder besser gesagt: Sie lernten mich kennen - von meiner stärksten Seite.
Der erste war Herr Johannes Klein, Organist an der Georgskirche. Als dieser nach Jahren einberufen wurde, atmete ich auf, hatte aber zu kurz gedacht. Im Hans-Sachs-Haus, im Schaufenster des Klavierhauses Nevries stand in der linken Ecke ständig ein Foto der Klavierlehrerin Hilde Knümann mit Angabe ihres Berufes und ihrer Adresse. Vielleicht, weil sie in ihrem Aussehen auch noch dem jungen Beethoven sehr glich - einschießlich seiner Mähne - wurde sie die für mich Auserwählte. Sie wohnte mit ihrem Vater, einem Geigenlehrer, in einem der hohen Häuser gegenüber dem Marienhospitel, da, wo die Bismarckstraße auf die Ringstraße trifft. Trotz Begabung, aber stinkender Faulheit, so sagte sie, wurde ich von ihr (sie von mir) erlöst, aber sie war nicht die letzte!

Eine der folgenden wohnte in der Von-der Recke-Straße, durch die Glaspassage, dann schräg gegenüber! Auf die Frau war kein Verlaß! Trotz klarer Zeitabsprachen kam es immer wieder zu langen Wartezeiten nach dem Klingeln - fast bis zum Ende der vorgesehenen Zeit, oder sie öffnete gar nicht, so daß ich es allmählich leid wurde. Das jedenfalls war die Version, die meine Mutter kannte. Nach einem klärenden Gespräch wurde der Spieß umgekehrt: Nicht ich sollte zu ihr gehen, sie sollte zu uns kommen.
Bei der Suche nach einer Lösung derartiger Probleme war ich in meinem Element, ich konnte mich ausdauernd und phantasievoll mit solchen Dingen beschäftigen, und so habe ich auch in diesem Fall ein brauchbares Rezept gefunden. Die sollten mich noch kennenlernen!
Weil wegen defekter Sicherung hin und wieder Klingel, Türöffner und Treppenhauslicht nicht funktionierten, wußte jeder im Haus, was zu tun war. Ersatzsicherungen standen auf dem Stromzähler im Treppenhaus parat - gegenüber wohnte Opa Schulz. Obschon die Lehrerin nun ins Haus kommen sollte, fanden wir nicht so recht zueinander, denn ich drehte, frühzeitig vor ihrem Eintreffen, besagte Sicherung ein Stückchen heraus mit dem Erfolg, Klingel und Licht funktionierten nicht, allerdings das an jedem Tag ab Mittag eingeschaltete Heizgerät im Luftschutzkeller auch nicht. Anders gesagt: Immer Dienstags war der Luftschutz-Keller kalt, und alle waren sauer.
Opa Schulz hat wohl den in den Stromausfällen steckenden Zeitplan erkannt und sich hinter seiner Milchglasscheibe auf die Lauer gelegt. Es kam an einem kalten Keller-Dienstag zum Eklat, profitiert haben davon alle: Vom Tage an war der Luftschutzkeller immer schön warm, und ich wurde mit sofortiger Wirkung vom Klavierunterricht befreit, nicht als Belohnung für meine cleverness, sondern aus Einsicht.
"Quer", wie ich nun mal bin, habe ich später aus eigenem Antrieb, mit Interesse und Erfolg, Kirchenmusik (Orgel) studiert. Vielleicht lag's am Zwang, vielleicht am falschen Instrument, oder an zu spät einsetzender Reife, höchstwahrscheinlich aber an den Lehrern! Ist ja meist so!

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Mechtenbergkraxler
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Fundstück Paul Wibral

Beitrag von Mechtenbergkraxler »

Den leider vergessenen Gelsenkirchener Komponisten und Musikpädagogen Paul Wibral hatte ich zu Beginn dieses Freds vorgestellt. Leider hat sich kein GG-ler gemeldet, der ihn auch kannte. In einem Antiquariat habe ich nun aber tatsächlich auch einen Notenband von ihm gefunden "Sechs Lieder für eine Sopranstimme und Klavier". Wenn man die Klavierstimme anspielt, so klingt es schon irgendwie in Richtung Spätromantik / Impressionismus, irgendwo auch leicht "Brahmsig", auf jeden Fall handwerklich ausgereift und recht anspruchsvoll.
Bild

Habe übrigens auf meine alten Tage tatsächlich - in memoriam Paul Wibral - wieder Klavierunterricht aufgenommen. Bei einem Klavierlehrer, der im Jazz genauso zu Hause ist wie in der Klassik. Alle 14 Tage eine Stunde; es macht Riesenspaß. Mit den Senioren, sagt er, kann er hervorragend arbeiten, die würden üben und legten oft einen verblüffenden Ehrgeiz an den Tag. Letzteres kann er leider von vielen Kindern und Jugendlichen nicht sagen. Viele kämen, weil die Eltern es so wollen. Viele haben vor lauter Nachmittagsschule, Sport und Party überhaupt keine Zeit für ihr Instrument.

Gibt´s hier noch mehr Leute Ü 55, die sich noch mal auf einen Instrumentenunterricht eingelassen haben? Ich kann es nur empfehlen.

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Ströppken
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Re: Fundstück Paul Wibral

Beitrag von Ströppken »

Mechtenbergkraxler hat geschrieben:Den leider vergessenen Gelsenkirchener Komponisten und Musikpädagogen Paul Wibral hatte ich zu Beginn dieses Freds vorgestellt. Leider hat sich kein GG-ler gemeldet, der ihn auch kannte. In einem Antiquariat habe ich nun aber tatsächlich auch einen Notenband von ihm gefunden "Sechs Lieder für eine Sopranstimme und Klavier". Wenn man die Klavierstimme anspielt, so klingt es schon irgendwie in Richtung Spätromantik / Impressionismus, irgendwo auch leicht "Brahmsig", auf jeden Fall handwerklich ausgereift und recht anspruchsvoll.
Ich bin eine ehemalige Schülerin von Paul Wibral und hatte bei ihm von 1955 bis 1960 Klavierunterricht. Damals war ich gerade mal 5 Jahre alt, uns trennten also fast 50 Jahre....deshalb war es nicht leicht mit diesem gestrengen Maestro.

Interessant, was ich hier über ihn alles gefunden habe - vieles war mir gar nicht bekannt.

Auch ich überlege, nochmal mit dem Klavierspielen anzufangen - mal sehen.

Hast du noch Unterricht und wie läuft´s?
Glück auf!

Das Gegenteil von Wissen ist nicht Unwissen, sondern die Illusion, wissend zu sein. (Stephen Hawking)

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Mechtenbergkraxler
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Re: Fundstück Paul Wibral

Beitrag von Mechtenbergkraxler »

Ströppken hat geschrieben:
Mechtenbergkraxler hat geschrieben:Den leider vergessenen Gelsenkirchener Komponisten und Musikpädagogen Paul Wibral hatte ich zu Beginn dieses Freds vorgestellt. Leider hat sich kein GG-ler gemeldet, der ihn auch kannte....
Ich bin eine ehemalige Schülerin von Paul Wibral und hatte bei ihm von 1955 bis 1960 Klavierunterricht. Damals war ich gerade mal 5 Jahre alt, uns trennten also fast 50 Jahre....deshalb war es nicht leicht mit diesem gestrengen Maestro.

Interessant, was ich hier über ihn alles gefunden habe - vieles war mir gar nicht bekannt.

Auch ich überlege, nochmal mit dem Klavierspielen anzufangen - mal sehen.

Hast du noch Unterricht und wie läuft´s?
Hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, dass irgendjemand Paul Wibral kennt. Prima,dass Du hier das Forum mit Beiträgen bereicherst. Herzlich willkommen! Zu Deiner letzten Frage schicke ich Dir eine PN.

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Ströppken
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Beitrag von Ströppken »

Ich habe in meinem Archiv noch alte Noten von Czerny gefunden.


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Links oben hatte Wibral das Datum eingetragen, bis zu dem ich geübt haben mußte!

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Unser Flügel zu Hause

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Bravour-Stück - Folkwang-Schule in Essen - Prüfung bestanden!
Glück auf!

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devo
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Re: Fundstück Paul Wibral

Beitrag von devo »

Mechtenbergkraxler hat geschrieben:
Gibt´s hier noch mehr Leute Ü 55, die sich noch mal auf einen Instrumentenunterricht eingelassen haben? Ich kann es nur empfehlen.

MK
Jawohl, Mechtenbergkraxler, mein Frau, die zwar selbst nicht bei den GG ist, aber durch die tägliche Übungsstunde am Cornet trotzdem akustisch durch mich irgendwie doch.

Hört sich jetzt verwirrt an, gell ?

Na ja, sie spielt und übt bei "Trinity Brass", dem Erler Bläser- und Posaunenchor (der hat auch eine eigene Internetseite) in der Dreifaltigkeitskirche auf der Cranger Straße.
4 Konzerte im Jahr dort plus "Gastspiele"
Leiter ist H.G. Nowotka, der auch viele Arrangements diverser Stücke für Brassorchester umgeschrieben hat.
Der Chor hat in 2017 sein 70jähriges Bestehen gefeiert.
Nach den Ferien würde ich gerne einen eigenen Fred dazu erstellen, aber das ist jetzt OT.

Als meine Frau anfing, wollte sie mehr von der Musik und das Singen in diversen Chören hat ihr nicht mehr den Spaß gemacht, den eine Chormitgliedschaft eigentlich ausmachen sollte.
Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits 55+ und hat es durch intesives ( ooohjaaa) Üben innerhalb eines Jahres ins Ensemble geschafft. Zwar seinerzeit 3. Stimme, aber immerhin.
Ich habe großen Respekt davor, zumal meine Wenigkeit a.b.s.o.l.u.t. unmusikalisch ist.
( Ich war sogar beim Militär vom Singen befreit :D )

Die Musik ist somit Teil unseres Lebens ; sowohl aktiv, als auch passiv.
Wenn ein Arzt dem Sarg seines Patienten hinterher geht, ist es wohl die einzige Gelegenheit, bei der die Ursache der Wirkung folgt ( frei nach Voltaire )

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