Plattdeutsch in Gelsenkirchen

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homosapiens1957
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von homosapiens1957 »

Schaffrather38 hat geschrieben:Ein Plattdeutsches Gedicht
über den Buerschen Bauern.
Kopiert aus den Ruhrnachrichten
vom 24.12.1992
BildBildBild
Gruß
Schaffrather38
Jau, "Holthusen nich vergeten," steht in dem Gedicht, vor ein paar Tagen hatte ich damit so meine Probleme, Holthusen zwischen Gladbeck und Buer, wo soll das denn sein? Liegt jetzt unter Beckhausen begraben, die alte Bauernschaft.

Hier mal der Link zu einem Formular, dass ein Holthausener für einen Sprachforscher vor 130 Jahre ausgefüllt hat.

https://www.regionalsprache.de/Wenkerbo ... x?Id=44805

Die Sätze waren vorgegeben und in der jeweiligen Sprache zu übersetzen. Die Untersuchung bezog sich auf das Gebiet des gesamten damaligen deutschen Kaiserreichs, und da wurde nicht nur Deutsch gesprochen. Neben Niedersächsisch und Friesisch auch Sorbisch, Polnisch, Kaschubisch und was weis ich noch alles mehr. Unter Wenkersätze findet man die vorgegebenen Sätze, die zu übersetzen waren. Der Editor ist eine Hilfe, wenn man unsicher ist, ob man die Buchstaben richtig übersetzt hat.

Und, Nein, das ist kein Sütterlin, das ist die Schreibschrift vor Herrn Sütterlin. Sütterlin hat die erst Jahre später zugunsten der Schulkinder vereinfacht, das ist die echte alte deutsche Schreibschrift.

Dieser Fragebogen hat auch mein Holthausenproblem ausgelöst, nur mal so am Rande, ich bin zwar in Buer groß geworden, aber von Buer-Holthausen hatte ich noch nie etwas gehört.


Und wer wissen will, ob man in Buer-Holthausen und Buer-Middelich genauso geredet hat, kann ja mal den folgenden Bogen mit dem obigen vergleichen.

https://www.regionalsprache.de/Wenkerbo ... x?Id=44807

Solche Bögen wurden bestimmt auch in Gelsenkirchen, also südlich der Emscher, ausgefüllt, aber in Zeiten der Buerxitforderung interessiert das natürlich keinen Buraner :P

Na, gut, ich will dann doch mal nicht so sein, hier der für Gelsenkirchen

https://www.regionalsprache.de/Wenkerbo ... x?Id=44812

Wer genau hinschaut, wird Unterschiede zu Holthausen und Middelich feststellen, kleine, aber immerhin, und das ist ganz einfach erklärt: Nördlich der Emscher sprach man den vestischen, südlich den märkischen Dialekt. Groß sind die Unterschiede wegen der relativen Nähe noch nicht, ab und zu muss dann doch einmal einer die Emscher überquert haben, so dass es doch zu einem Sprachaustausch kam, aber immerhin, es gibt sie und je weiter man Richtung Bochum oder noch darüber hinaus geht, also so richtig in den Kern der ehemaligen Grafschaft Mark, desto größer werden sie.

Zum Schluss noch eines, wer auf mehr Bögen Lust hat, hier die Suchseite:

https://www.regionalsprache.de/Wenkerbogen/Katalog.aspx

Und demnächst veröffentlich ich dann mal den Link zu einer Seite, wo die Buraner ganz viele vestische Sprichwörter und Redewendungen finden können. Da gibt es nicht nur den Buer, de nich allet friätten doot. Die haben sich auch mit wichtigen Themen beschäftigt, bspw. dem Personal der Kirche: Guots Barmherzigkeit un de Papen Begierlichkeit es ohne End.

So, Schluss, aus Ende, jetzt muss ich einkaufen: Kohlmaus, ich habe nämlich mal wieder Lust auf richtig gutes Grünkohl.

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Lo
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von Lo »

Bild

Guckt mal: diese Alltagsdichtung GELSENKIRCHENER PLATT, Verfasser unbekannt,
muss schon uralt sein, hat aber –bis heute nix von ihrer humorvollen Wirkung eingebüßt.
Natürlich ist es kein Platt im eigentlichen Sinne - aber immer noch lesens- oder hörenswert.

Hier zum Lauschen
https://www.kohlenspott.de/wp-content/ ... INISH.mp3

GELSENKIRCHENER PLATT.

Lernen`se Gelsenkirchener Platt, oder könn´se dat schon?
Dann brauchen'se nur ´n paar Tage in Gelsenkirchen zu woh'n
Und wenn´se da fleißig spazieren geh'n,
könn'se dat allet bald richtich versteh'n.
Dann brauchen'se keinen Dolmetscher mehr.
Gelsenkirchener Platt is nämlich gar nich so schwer.

Pennen heißt schlafen und krampfen heißt klau'n,
Schicksen sagt man zu ledigen Frau'n.
Karo heißt Brot und Korrek die Sau.
Mattka ist eine verheiratete Frau.
Polente, dat is hier die Polizei.
Gelsenkirchener Platt lernt sich ganz nebenbei.

Maloche ist Arbeit und Pinunsen dat Geld.
Kabitschko, wenn du wat auf Raten bestellst.
Fresse sagt man zu deinem Gesicht,
und Duppa, - wenn man vom Gegenteil spricht
Die Pofe, die ist schließlich dat Bett.
Gelsenkirchener Platt ist doch wirklich ganz nett.

Karre heißt Fahrrad und Schnauze der Mund.
Toffte ist schön und Keiloff ein Hund.
Mottek ist Hammer und Zossen dat Pferd.
Pussieren ist, wenn man mit ´n Fräulein verkehrt.
Eine Kröte entsteht dann schomma aussem Verkehr!
Gelsenkirchener Platt ist doch wirklich nicht schwer.

Schucken heißt zahlen und Keif der Kredit.
Schabau, dat ist ´ne Pulle mit Sprit.
Knarre nennt man hier dat Gewehr sogar.
Krimken? Dat is ein Kriminal-Kommissar.
Der Osnik, ja dat is schließlich ´ne Uhr.
So spricht man in Gelsenkirchen und auch in Buer.

Pelle
heißt Anzug und Bombe der Hut.
Treter sind Schuhe und Brass ist die Wut.
Knast heißt Gefängnis und Schwofe der Tanz.
Kossa
heißt Ziege und Frannek der Franz.
Der Barras, dat is dat Militär.
Gelsenkirchener Platt ist gar nicht so schwer

Barini ist Süßwein, Halber Liter dat Bier.
Dir heißt Dich und Dich heißt Dir.
Mit Schoppen ist immer nur Fusel gemeint.
Und Kumpel, dat sacht man zu seinem Freund.
Bandonitzka nennt man dat Schifferklavier.
Hömma! Die Sprache lernt man dich spielend hier.

Lorenz
ist der Mond und Hugo die Kippe.
Rotzbremse ist der Schnäuzer auf Oberlippe.
Geh mich von Schüppe! heißt: „Bitte, geh weg.“
Buch ist ein Schmöker und rotzich ist frech.
"Komm bei mich!" heißt: „Bitte, komm her.“
Gelsenkirchener Platt ist wirklich nicht schwer.

Dat Fußballspielen wird hier nur pöhlen genannt.
Flosse oder Pote, dat ist deine Hand.
Zinneck ist schließlich ein männlichet Kind
für Nase dat Wörtchen Gurke man find.
Und nimm noch ein paar Worte mehr:
Gelsenkirchener Platt ist wirklich nicht schwer

Plotteck heißt Messer und Sense die Feier
Jeikas, so nennt man in Gelsenkirchen die Eier.
Sieht man einen Mann bei 'nem Mägdelein steh'n
so sagt man: "Der ist auffe Strebe am geh'n!"

Wer all diese Worte beherrscht wie geschmiert,
der hat sich in Gelsenkirchen akklimatisiert.


;-)

Falls es mit der Tondatei nicht klappt:
https://www.kohlenspott.de/gelsenkirche ... ffe-ohren/

Viel Spaß – und bissi Tage! :winken:
Lo
Komm´doch mal gucken: https://www.kohlenspott.de/

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exbulmker
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von exbulmker »

Sehr schön, obwohl ich seit Geburt hier lebe, war mir der eine oder andere Begriff auch nicht bekannt.

Einige Worte - wie Keiloff oder Osnik - kenne ich aus dem münsterschen Masematte, andere scheinen aus dem polnischen Sprachraum (Madga, Motten) zu kommen.

Man lernt nicht aus, stellt aber immer wieder fest, daß der Ruhrpott und damit auch Gelsenkirchen ein Schmelztiegel der Sprachen ist.
Die Friedhöfe sind voll mit Menschen, die zu Lebzeiten als unersetzlich galten.

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Ströppken
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von Ströppken »

exbulmker hat geschrieben:
09.11.2020, 19:21

Einige Worte - wie Keiloff oder Osnik - kenne ich aus dem münsterschen Masematte, andere scheinen aus dem polnischen Sprachraum (Madga, Motten) zu kommen.

Man lernt nicht aus, stellt aber immer wieder fest, daß der Ruhrpott und damit auch Gelsenkirchen ein Schmelztiegel der Sprachen ist.
Kann ich nur zustimmen. Einiges stammt wirklich aus "Masematte" , viel auch aus dem Polnischen
Glück auf!

Das Gegenteil von Wissen ist nicht Unwissen, sondern die Illusion, wissend zu sein. (Stephen Hawking)

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Pedder vonne Emscher
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von Pedder vonne Emscher »

Schöne Beispiele, wobei ich manches noch nicht kannte. Osnik, Bandonitzka, Zinneck waren mir bislang fremd. Aber man lernt ja nie aus. :lol:
Viele verlieren ihren Verstand deshalb nicht, weil sie keinen haben.
Arthur Schopenhauer

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Lo
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von Lo »

Mir kam "Krimken" fremd vor, die anderen Begriffe waren mir dagegen eher geläufig, aber aus längst vergangenen Zeiten.
Komm´doch mal gucken: https://www.kohlenspott.de/

Wacholderjupp
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von Wacholderjupp »

Moin, ich habe den Ruhrgebietswortschatz in eine Kurzgeschichte eingebaut.
Los geht´s:

Mein Kumpel Theo drömmelt immer so.
Gestern waren wir einen verlöten,
und hatten nachher die Duppa voll.
Wir hatten einen Fitsch gemacht,
denn wir hatten die Omma Blauschieß um
einige Heiamänner betuppt.
Den Zaster wollten wir nicht schrappen.
Deshalb bekam der Furzkonten vom Theo ein Häppken,
und wir einige Flachmänner,
wir sind doch nicht dösig,
und wullachen bis wir abnippeln,
da lassen wir es lieber dudeln,
und zeigen dem Bello den Ömmes.
Mein lieber Scholli gab datt heute Hallas,
und wir bekamen von der Oma Blauschieß einen auf den Dez.
Für die betuppten Heimänner mussten wir in ihrem Garten
für lau malochen!

Ich hätte noch das ein oder andere auf Lager,
vielleicht später einmal Glück Auf.

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Pedder vonne Emscher
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von Pedder vonne Emscher »

@Wacholderjupp, :2thumbs:
Viele verlieren ihren Verstand deshalb nicht, weil sie keinen haben.
Arthur Schopenhauer

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Ströppken
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von Ströppken »

Will nich klugscheissern, Wachholderjupp, abba wir Blagen waren nicht Furzkonten, sondern Furzknoten.

Hasse Dich bestimmt faschrieben.

Ansonsten: Toller Text, ich hab´alles verstanden. Ich bin ja auni dösig.....

@ Lo: DANKE
Glück auf!

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Wacholderjupp
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Re: Plattdeutsch in Gelsenkirchen

Beitrag von Wacholderjupp »

Jau Ströppken, hab ich mich vertippt und beim Nachlesen übersehen, natürlich habe ich Furzknoten schreiben wollen.
Danke für den Hinweis, ich verspreche Besserung, Glück Auf !

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