Günther Braun ... und vergesst mir den Günnar nicht!

Schriftstellerei, Dichtung, Rezitation

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Verwaltung
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Beitrag von Verwaltung »

  • Tragischer Tod

    Ein Halbstarker (†) in Gelsenkirchen
    verpichelt' dort etliche Bierchen.
    Dann fühlt' er sich stark,
    und im Löwenpark
    liebkost' er die "niedlichen Tierchen".



    Soweit kann es kommen

    Ein Schriftsteller in Zakopane,
    der lebt anscheindend im Trane.
    Er lallt ohne Sinn
    vor sich Ortsnamen hin:
    Er verfiel wohl dem Limerick-Wahne.



    Wer immer strebend sich bemüht

    Es flog ein Schüler aus St.Blasien
    bisher aus vierzehn Gymnasien.
    Sein Deutsch mußt' befremden
    von Passau bis Emden.
    Nun versucht er das Abi in Asien.



    Meisterschaftsfeier in Nîmes

    Es ließ eine Dame in Nîmes
    beim siegreichen Volleyball-Tîmes
    bis morgens um sîmes
    von allen sich lîmes.
    Nun muss sie ein Wägelchen schîmes.



    Fernöstliche Höflichkeit

    Ein Liebespaar schlendert in Siam
    und möcht' auf der Straße sich liam.
    Es küßte, umarmte,
    daß wer sich erbarmte:
    Ach, nehm' Se doch hier meinen Schiam!
Quelle: Gereimt ist alles möglich, Günther Braun, dva, 1974
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Beitrag von Verwaltung »

Clerihews (benannt nach ihrem Erfinder Edmund Clerihew Bentley) waren eine weitere Domäne Günther Brauns:

  • Cola mit Rum
    gibt innerlich Mumm.
    Aufs Abendkleid
    bedeutet es Streit.


    Das Schaf,
    weil's brav,
    gilt drum
    als dumm.


    Ludwig Tieck
    ward einst publik
    durch jenes Holz,
    das heut unser Stolz.


    Sollt' bei Götz von Berlichingen
    mal das Telefon erklingen,
    tönt's vom Tonband barsch:
    " . . . . . . . . . . . . . . . . . . !"


    Fand Exkanzler Brandt
    Fakten mal genannt,
    erfuhr die Republik
    sie durch Stern oder Quick.


    Kanzler Schmidt
    bringt Schnauze mit,
    aber auch Geist -
    wenigstens meist.
Quelle: Gereimt ist alles möglich, Günther Braun, dva, 1974
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klaus peter wolf
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Günther Braun als Freund und Förderer

Beitrag von klaus peter wolf »

Ich weiß leider nicht, was aus Günther Braun wurde. Ich habe ihn 1970 kennengelernt und 1980 den Kontakt zu ihm verloren. Ich mochte ihn sehr. Ich war noch Schüler am Grillo Gymnasium und drohte mal wieder sitzen zu bleiben, das erwähnte ich bei meiner eigenen Vorstellung während einer Lesung der Literarischen Werkstatt Gelsenkichen LWG. Es brachte mir Sympathien bei vielen anwesenden Schülern. Dann stand Günther Braun auf und sagte:" Ich hoffe, die Schule nimmt dem jungen Dichter nicht zu viel Zeit, denn es wäre schade, wenn er aufhören würde zu schreiben, nur um nicht sitzen zu bleiben." Er erntete dafür viel Gejohle und Beifall. Später outete er sich als Mathelehrer und bot mir kostenlose Mathestunden an. Ich war gerührt. Er hat nicht nur die zwei leider vergriffenen Bücher geschrieben sondern er dichtete täglich. Ein zwei Limericks am Tag waren für ihn kein Problem. Schreiben war für ihn wie Atmen. Eine Notwendigkeit. Er hat mir und meiner Freundin Mary oft Privatlesungen bei sich zu Hause gegeben. Das waren wundervolle Stunden voller Sprachwitz und poetischem Zauber. Dann sah er glücklich aus. Einmal, als ich einen Unfall hatte und mit Gehirnerschütterung und dickem Kopfverband im Bett lag, besuchte er mich und hatte natürlich ein Gedicht für mich dabei. "Nicht jeder, der auf den Kopf gefallen ist, ist auch auf den Kopf gefallen." Als Geschenk brachte er mir einen Kugelschreiber mit, mit dem man auch im Liegen schreiben konnte - also mit der Schreibspitze nach oben statt nach unten. Das war damals der neuste Schrei und sauteuer. So, meinte er, könnte ich auch an meinem Roman arbeiten, wenn ich auf dem Rücken liegen müsste. Manchmal kam er mir sehr einsam vor, auf der Suche nach einem Freund, aber irgendwie in einem unsichtbaren Käfig gefangen, der ihm vieles unmöglich machte. Die Welt ist nicht gerade geschaffen für einen knorzigen Querkopf wie ihn. Er hat an der Welt und wohl auch an sich selbst gelitten und manchmal mit seinen Gedichten und Geschichten der Welt ins Gesicht gelacht.
Klaus Peter Wolf

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Beitrag von Verwaltung »

Der klassische Limerick ist gerne frivol. Auch bei Günther Braun:
  • Wie sag ich das der Feuerwehr?

    Eine Bauernwitwe bei Trier
    holt' nachts sich herauf einen Stier.
    Treppauf ging es munter.
    Doch hernach wieder runter
    ging nicht um's Verrecken das Tier.


    Ungebührlicher Fall

    Ein Mädchen aus Ibbenbüren
    ließ gerne und oft sich verführen.
    Dann gab sie 'nen Ruck sich
    und sprach zu sich luchsig:
    Von jetzt an nur gegen Gebühren!


    Luder mit Herz

    Beim Kuraufenthalt in Malente
    'ne patente Maid ich bepennte.
    Was einzig mich störte
    war, daß die Betörte
    am Bahnhof beim Abschied so flennte.


    ... und 'nen Sack voll Flöh' ...

    Ein Jungfäulein ging mal bei Banz
    mit Aufsicht der Eltern zum Tanz,
    verschwand dabei scheu
    nur schnell mal ins Heu. -
    Vorn stimmt das Gedicht nicht mehr ganz.


    Nach Jahr und Tag

    Ein allzu Vitaler in Wimpfen
    ließ drum gegen Nachwuchs sich impfen.
    Von Haus zu Haus
    tobt' er sich dann aus,
    und jetzt ist ganz Wimpfen am Schimpfen.
Quelle: Gereimt ist alles möglich, Günther Braun, dva, 1974
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Beitrag von Verwaltung »

Eine Erfindung von Günther Braun - der Postleitzahlenlimerick:
  • Metamorphose in 584 Schwerte

    Es war ein Rekrut mal in 584,
    der über den Spieß sich be584.
    Der hat ihn bekehrt:
    volle Deckung gelehrt! -
    Es kriecht eine Schnecke bei 584.


    Strenge Sitten in 3351 Ippensen

    Beim zünftigen Schnapstrunk in 3351,
    da setzen zuerst an die L3351,
    dann n3351,
    dann k3351;
    so nehmen alldort an die R3351.


    Buße in 5591 Eller

    Ein Strohwitwer naschte in 5591
    vom Plaumenmuse im K5591.
    Beim dritten Glas jäh
    mußt' er zum WC.
    Das Pflaumenmus aber war schn5591.


    Einmal ist keinmal in 3101 Offen

    Jüngst hatt' ich die Schöne aus 3101
    recht 3101herzig getr3101.
    Doch vergebens mein H3101;
    jetzt sagt sie betr3101:
    "Das gilt nicht; da war ich bes3101."


    Aufstieg aus X3231 Ottleben

    Es möchte ein Händler aus X3231
    den Zeiten zum Trotz wie ein GX3231,
    statt im ewigen TrX3231
    lieber recht flX3231,
    und flott eben kann man von SchrX3231.
Quelle: Gereimt ist alles möglich, Günther Braun, dva, 1974
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blockka04
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Essig essen(z)

Beitrag von blockka04 »

O-Ton G. Braun im M-Unterricht 1975:

"Selten ess ich Essig! Ess ich Essig, ess ich Essig mit Salat!"

Habe letztens einen alten Klassenkameraden getroffen, der sich auch als erstes an diese Nazi-Diffamierungen erinnern konnte. Weiß jemand, ob da was dran ist? Oder wurde G. Braun wie so viele in den letzten beiden Kriegsjahren zwangsrekrutiert?
Selbstverständlich klauen Dir Ausländer Deinen Job! Aber wenn Dir jemand ohne Geld, Kontakte und Sprachkenntnisse Deinen Job wegnehmen kann, bist Du vielleicht einfach nur Scheiße!“ Louis C.K.
Que hora son mi corazon! (Manu Chao)

Heinz
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Re: Essig essen(z)

Beitrag von Heinz »

blockka04 hat geschrieben:Habe letztens einen alten Klassenkameraden getroffen, der sich auch als erstes an diese Nazi-Diffamierungen erinnern konnte. Weiß jemand, ob da was dran ist? Oder wurde G. Braun wie so viele in den letzten beiden Kriegsjahren zwangsrekrutiert?
Ich habe den nie für einen Nazi gehalten. Aus den Limericks lässt sich das bestimmt auch nicht ableiten.

pito
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Re: Essig essen(z)

Beitrag von pito »

Heinz hat geschrieben:Aus den Limericks lässt sich das bestimmt auch nicht ableiten.
Sicher nicht.

Nach dem, was ich jetzt alles über ihn gehört / gelesen habe, glaube ich nicht, dass er für sowas wie Nazi-Ideologie anfällig war. Der lebte zu sehr in seiner eigenen Welt.

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klaus peter wolf
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günther braun nazigerüchte

Beitrag von klaus peter wolf »

An den Gerüchten, Günther Braun habe eine Nazi Vergangenheit gehabt oder er sei einer der "Unverbesserlichen" gewesen, ist nichts dran. Es sind üble Verleumdungen. Ich habe viele Stunden mit ihm diskutiert. Wir waren wahrlich nicht immer einer Meinung! Schließlich gehörte er einer ganz anderen Generation an als ich. Er war Mathelehrer und ich noch Pennäler mit Fünf in Mathe. Man kann dem kautzigen Typen viel vorwerfen, aber eins sicher nicht: dass er irgendwie rechts war. Ganz im Gegenteil. Politisch war sein Standpunkt links von der SPD. Die Grünen gab es damsls als Partei noch gar nicht. Aber Umweltthemen waren ihm wichtig. Er las linke Autoren und Publikationen. Mein erstes Konkret-Heft bekam ich von ihm und eine DVZ ( eine Zeitschrift die damals der Deutschen Friedensunion nahestand und damit zum DKP Umfeld gehörte) Er riet mir, an die Redaktion Gedichte zu schicken. Was ich tat und sie wurden auch gedruckt, was ich zuerst von ihm erfuhr, denn er hatte diese Wochenzeitschrift abonniert. In Diskussionen mischte er sich gern mit klaren linken Standpunkten ein. Also bitte vergeßt diesen Nazi Unsinn. Wenn man ihn schon politisch einordnen will -wogegen er sich bestimmt mit einem Limerick gewehrt hätte-dann war den Kommunisten viel näher als den Sozialdemokraten. Aber er war der DDR gegenüber keineswegs unkritsch. Ich habe ihn immer als einen freien Geist empfunden, der mit seiner Lyrik Spott verspritzte. Uniformen hasste er und als Einzelgänger waren ihm im Grunde Parteien, Clubs und Verein immer verdächtig. Ein, ein Nazi war er ganz sicher nicht.
Klaus Peter Wolf

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Beitrag von Verwaltung »

Mit fremdsprachigen Ortsnamen trieb er es gerne verrückt:
  • Breitseiten in Brighton

    'nen stämmigen Bayern in Brighton
    durft ich dort am Strande beglighton.
    Mit dem durchs Gedränge
    kam man nie in die Enge;
    der rief schon von wightom: "Auf d' Sighton!"


    Roman-Schicksal in Bordeaux

    In einem Büraux in Bordeaux
    las jemand 'nen Reauxreauxreaux.
    Der gefiel ihm nicht seaux;
    drum zerriß er ihn reauxh
    und hängt' ihn auf Kleaux für'n Peauxpeaux.


    Meineid in Clyde

    Bei Dior kauft' ein Mädchen aus Clyde
    ein Klyde; doch die Freundin der Myde.
    die redet vor Nyde
    - mit dem hyligsten Yde,
    daß das Klyde sie nicht klyde' - es ihr lyde.


    Nächstenliebe in Leicester

    In einer Familie in Leicester
    liebt ein Bruder die eigene Schweicester.
    Für die Leicesterer steht feicest:
    Der Kerl treibt Inzeicest.
    Seit geicestern ist drum in Arreicest er.

    Man entleicest ihn; drauf preicest er in Leicester
    die Schweicester, die beiceste, nur feicester.
    Doch Leicester verleicest er:
    Was schert denn in Cheicester
    der Leicesterer Leicesterer Geleicester!
Quelle: Gereimt ist alles möglich, Günther Braun, dva, 1974
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pito
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Beitrag von pito »

Die Limericks des Günther Braun
muss man erst mal zu sich traun.
Muss sorgsam sie lesen,
verstehen ihr Wesen,
um sich beim Reim nicht verzuhaun.

:lol:

pito
Abgemeldet

Beitrag von pito »

  • Ex-Pauker lehrt über Limericks
    von Detlef Marwig
    Bild
    ...
    Der gelernte Mathe-Pauker ist inzwischen eine feste Größe der Gelsenkirchener Literaturszene. Über die Grenzen der Nacht bekannt wurde er durch einen Sammelband von ihm verfasster "Limericks", die hinterlistig, zum Schmunzeln anregend, kein Tabu ausließen.

    ...

    Unter dem Titel "Mit Zucker, Brot und Notenpeitsche" rückt er - wieder voller Ironie - auf 264 Seiten dem Alltag sowohl von Lehrern als auch von Schülern auf den Leib. Ein "heiteres Pädagogikum" nennt er das gereimte und ungereimte aus der Schule. Ein Verlag hat sich schon gemeldet.

    ...
    • Programmierter Durchfall:

      Wenn Schülers Angst vor der Zensur
      stets nur Verstärkung noch erfuhr
      und er auch bebt vor Lehrers Groll,
      dann hat er bald die Hosen voll.
      Verständlich, daß, so abgelenkt,
      der Schüler nur noch "Sch...e!" denkt.
      In der gereinigten Ausgabe lies "Schande".
    Wer den peniblen, bedächtigen Mathematiker in seiner präzise geordneten Wohnung an der Gildenstraße erlebt, erwartet alles, nur diese witzigen Bosheiten nicht. Zumal der "Spaßvogel" selbst nur sparsam lacht.

    Bei Günther Braun geht dennoch alles nahtlos ineinander über: Mathematik, Pädadgogik, Humor, Satire. So haben ihn auch die Berichte über das Sozialwerk St. Georg zu einem bissigen Potpourrie von 33 Versen nach mehr oder minder bekannten Volkslieder und Operettenmelodien angeregt. Vers nach 12 nach der Melodie "Wir versaufen unser' Oma ihr klein Häuslein" lautet:
    • "Wir versaufen die Behinderten-Milliönlein,
      Milliönlein, Milliönlein.
      Köstlich schmecken uns auf Reisen Henkell-Söhnlein
      von den Landesmitteln, daß es nur so kracht (manche Nacht)."
    Funk und Fernsehen bedient der Gelsenkirchener Ostfriese häufig mit Limericks, Versen und listigen Fragen. Zum Beispiel zu der Sendung "Der große Preis" die Frage: "Wo liegen die Langerhansschen Inseln?" Sie liegen in der Bauchspeicheldrüse ...

    Natürlich hat er auch schon einiges in Ostfriesich-Platt veröffentlicht. Für seine ernsteren Chansons sucht er noch einen Interpreten.
Quelle: WAZ 8. April 1982

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