45 Jahre Gelsenkirchen sind genug!
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45 Jahre Gelsenkirchen sind genug!
Es sind jetzt 45 Jahre, die ich in Gelsenkirchen wohne. Dieses Kapitel wird in Kürze ein Ende nehmen und ich möchte der werten Leserschaft mitteilen, wie froh ich darüber bin.
Ich bin nicht der einzige, der so denkt wie ich. Meine Schwester zog nach Essen, zwei gute Freunde zogen nach Goslar. Alle, die ich kenne und die konnten, waren heilfroh, diesen Ort verlassen zu können.
Ich kann sagen, schon viele Orte und Gegenden in Deutschland kennengelernt zu haben, aber Gelsenkirchen übertrifft alle an Häßlichkeit. Verläßt man das Ruhrgebiet, bekommt man schon ein ganz anderes, besseres Lebensgefühl. Und selbst innerhalb des Ruhrgebiets sucht Gelsenkirchen noch seinesgleichen im negaitven Sinne.
Ich versuche das hier kurz zu begründen. In den Siebzigern, als ich hier groß wurde, war es noch eine normale Arbeiterstadt. Keine Schönheit, klar, aber die Stadt hatte noch ein Gesicht. Die Bahnhofstraße hatte noch einen Namen für Bewohner der Nachbarstädte. Die Population kratzte an die 400.000 und wir waren eine rege Stadt mit einfacher aber stolzer Arbeiterbevölkerung.
Wir hatten Fachgeschäfte, großräumige Kinos, interessante Gastronomie, viele architektonisch wertvolle Gebäude.
Ich erspare mir die Aufzählung der einzelnen Orte, eingesessene Gelsenkirchener werden wissen, wovon ich rede.
Heute haben wir nichts mehr. Die Stadt, die sowieso nur durch Arbeiterkultur ihren besonderen Charme entwicklen konnte, hat sogar den verloren.
Alles ist weg. Ein-Euro-Läden statt Böcker und Eisen Koch, Apollo, Schauburg, alles weg. Der Bahnhof, das Rathaus, sie vielen den Kulturschändern zum Opfer. Grausam. Eines der wenigen Gebäude, welches Gelsenkirchen noch ein eigenes Gesicht gibt, das Hans-Sachs-Haus, bleibt glücklicherweise erhalten.
Die Population. Als ich früher im Wiehagen gewohnt habe, war die Bahnhofsgegend naturgemäß nicht gerade die elitäre Gegend. Heute hingegen ist es schwer, auch nur ein deutsches Wort zu hören, wen man sich dort hinbegibt.
Letzter Schlussstrich des Deutschtums am Bahnhof vollzog sich kürzlich. Zimbo im Bahnhofscenter ist jetzt endlich auch türkisch.
Ich bin also fremd in meiner Stadt geworden, obwohl ich seit 45 Jahren nicht umgezogen bin.
Ich werde im Juli nach Stuttgart ziehen und manch einer wird mich nach solch harschen Worten wohl kaum vermissen, aber ich habe das Gefühl, daß ich hier einen Großteil des Lebens verpasse.
Gruß Arndt
Ich bin nicht der einzige, der so denkt wie ich. Meine Schwester zog nach Essen, zwei gute Freunde zogen nach Goslar. Alle, die ich kenne und die konnten, waren heilfroh, diesen Ort verlassen zu können.
Ich kann sagen, schon viele Orte und Gegenden in Deutschland kennengelernt zu haben, aber Gelsenkirchen übertrifft alle an Häßlichkeit. Verläßt man das Ruhrgebiet, bekommt man schon ein ganz anderes, besseres Lebensgefühl. Und selbst innerhalb des Ruhrgebiets sucht Gelsenkirchen noch seinesgleichen im negaitven Sinne.
Ich versuche das hier kurz zu begründen. In den Siebzigern, als ich hier groß wurde, war es noch eine normale Arbeiterstadt. Keine Schönheit, klar, aber die Stadt hatte noch ein Gesicht. Die Bahnhofstraße hatte noch einen Namen für Bewohner der Nachbarstädte. Die Population kratzte an die 400.000 und wir waren eine rege Stadt mit einfacher aber stolzer Arbeiterbevölkerung.
Wir hatten Fachgeschäfte, großräumige Kinos, interessante Gastronomie, viele architektonisch wertvolle Gebäude.
Ich erspare mir die Aufzählung der einzelnen Orte, eingesessene Gelsenkirchener werden wissen, wovon ich rede.
Heute haben wir nichts mehr. Die Stadt, die sowieso nur durch Arbeiterkultur ihren besonderen Charme entwicklen konnte, hat sogar den verloren.
Alles ist weg. Ein-Euro-Läden statt Böcker und Eisen Koch, Apollo, Schauburg, alles weg. Der Bahnhof, das Rathaus, sie vielen den Kulturschändern zum Opfer. Grausam. Eines der wenigen Gebäude, welches Gelsenkirchen noch ein eigenes Gesicht gibt, das Hans-Sachs-Haus, bleibt glücklicherweise erhalten.
Die Population. Als ich früher im Wiehagen gewohnt habe, war die Bahnhofsgegend naturgemäß nicht gerade die elitäre Gegend. Heute hingegen ist es schwer, auch nur ein deutsches Wort zu hören, wen man sich dort hinbegibt.
Letzter Schlussstrich des Deutschtums am Bahnhof vollzog sich kürzlich. Zimbo im Bahnhofscenter ist jetzt endlich auch türkisch.
Ich bin also fremd in meiner Stadt geworden, obwohl ich seit 45 Jahren nicht umgezogen bin.
Ich werde im Juli nach Stuttgart ziehen und manch einer wird mich nach solch harschen Worten wohl kaum vermissen, aber ich habe das Gefühl, daß ich hier einen Großteil des Lebens verpasse.
Gruß Arndt
@arndt
Ich bin wie Du in GE geboren (1952) und habe dort bis 1973 gewohnt.Aufgewachsen bin ich in der Josefinenstr. und habe dann nach der Flucht aus diesem tollen Wohngebiet in der Dresdener Str. gewohnt bis zu meiner Emigration.Damals war GE noch GE aber die Liebe und auch ein guter Job haben dafür gesorgt das ich nach Franken ins Exil gegangen bin(Nürnberg und jetzt Erlangen).Ich bin im Jahr wenigstens 2x in Ge und jedes mal fahre ich geschockt nach Hause.Meine Heimat ist nicht mehr GE sondern Franken.Ich trage immer noch GE im Herzen und wenn ich dann die GG lese und mich auf den Seiten Erinnerungen einholen, die ich schon fast vergessen habe, stelle ich immer mehr fest wie sehr GE heruntergekommen ist.Du hast schon recht die Bahnhofstr. ist eine "ich weiß garnicht was" für eine Straße geworden und ihr Gesicht total verloren.Dönerbuden.1€ Läden,leere Kaufhäuser und sicher auch ein Mangel an deutscher Kundschaft.Ich habe mal zu meiner Mutter gesagt(der Grund meiner GE-Besuche) wenn sie mal gestorben ist werde ich nicht mehr nach GE kommen.Wenn ich ehrlich bin da möchte ich eigentlich nicht mal mehr begraben sein.Und das macht mich sehr traurig.
Schöne Grüße
Heinz
Ich bin wie Du in GE geboren (1952) und habe dort bis 1973 gewohnt.Aufgewachsen bin ich in der Josefinenstr. und habe dann nach der Flucht aus diesem tollen Wohngebiet in der Dresdener Str. gewohnt bis zu meiner Emigration.Damals war GE noch GE aber die Liebe und auch ein guter Job haben dafür gesorgt das ich nach Franken ins Exil gegangen bin(Nürnberg und jetzt Erlangen).Ich bin im Jahr wenigstens 2x in Ge und jedes mal fahre ich geschockt nach Hause.Meine Heimat ist nicht mehr GE sondern Franken.Ich trage immer noch GE im Herzen und wenn ich dann die GG lese und mich auf den Seiten Erinnerungen einholen, die ich schon fast vergessen habe, stelle ich immer mehr fest wie sehr GE heruntergekommen ist.Du hast schon recht die Bahnhofstr. ist eine "ich weiß garnicht was" für eine Straße geworden und ihr Gesicht total verloren.Dönerbuden.1€ Läden,leere Kaufhäuser und sicher auch ein Mangel an deutscher Kundschaft.Ich habe mal zu meiner Mutter gesagt(der Grund meiner GE-Besuche) wenn sie mal gestorben ist werde ich nicht mehr nach GE kommen.Wenn ich ehrlich bin da möchte ich eigentlich nicht mal mehr begraben sein.Und das macht mich sehr traurig.
Schöne Grüße
Heinz
HK
- timo
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- Registriert: 29.04.2008, 23:48
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Re: 45 Jahre Gelsenkirchen sind genug!
Das klingt ein bißchen so, als sei Zimbo mit Dönerspießen aus der Stadt gejagt worden. Mir wär's auch lieber gewesen, wenn sie im Bahnhof geblieben wären (Bratwurst für 1 € war immer eine nette Sache), aber da das ja nun offensichtlich nicht sein sollte, ziehe ich einen weiteren türkischen Imbiss immer noch dem Leerstand des Ladenlokals vor. Nebenbei schmeckt die Dönertasche da ganz gut.Arndt hat geschrieben: Letzter Schlussstrich des Deutschtums am Bahnhof vollzog sich kürzlich. Zimbo im Bahnhofscenter ist jetzt endlich auch türkisch.
Ansonsten sprichst Du wohl das aus, was viele denken. Ich seh's nicht ganz so drastisch und habe auch schon (zumindest aus der Perspektive des Besuchers) weniger wohnliche Städte als Gelsenkirchen gesehen, aber grundsätzlich hast Du nicht unrecht. Wenn's nicht die kleinen Details oder der große Ballverein sind, die einen hier halten, dann spricht durchaus einiges dafür, sein Glück woanders zu suchen.
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Re: 45 Jahre Gelsenkirchen sind genug!
Arndt hat geschrieben:... ich habe das Gefühl, daß ich hier einen Großteil des Lebens verpasse.
Das ist der einzige Satz deines "Liebesbriefs", der wirklich einen Grund bezeichnet, Gelsenkirchen zu verlassen. Alles andere ist entweder relativierbar oder stimmt gar nicht. Aber dass man hier nicht eben im Zentrum der kulturellen Lebendigkeit lebt, das ist wohl so. Es gibt viel schönere, spannendere Orte, an denen man leben kann.
So fahre denn. Aber täusche dich nicht darüber hinweg, dass Gelsenkirchen nach 45 Jahren ein nicht unerheblicher Teil deines Lebens ist. Nicht, dass du es am Ende mitnimmst.
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Tja, hoffentlich findet er in seiner neuen Heimat genügend "Deutschtum" ( ), da reicht man Ausländern tatsächlich die Hände :
http://www.stuttgart.de/item/show/32141 ... c6f5bf25c8
Chancen für Migranten - Chancen für die Stadt
Etwa 40 Prozent der Stuttgarter Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Dazu zählen die im Ausland geborenen Einwohner mit und ohne deutschen Pass sowie deren Kinder.
( Auszug aus http://www.stuttgart.de/index.php/integration )
http://www.stuttgart.de/item/show/32141 ... c6f5bf25c8
Chancen für Migranten - Chancen für die Stadt
Etwa 40 Prozent der Stuttgarter Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Dazu zählen die im Ausland geborenen Einwohner mit und ohne deutschen Pass sowie deren Kinder.
( Auszug aus http://www.stuttgart.de/index.php/integration )
Hallo Teekesselchen, mir ist völlig bewußt, daß dies ein heikles Thema ist. Dennoch stehe ich zu meiner Meinung und bekräftige sie hier:Teekesselchen hat geschrieben:Tja, hoffentlich findet er in seiner neuen Heimat genügend "Deutschtum" ( ), da reicht man Ausländern tatsächlich die Hände :
Dieses Thema wird heute immer sehr emotional behandelt. Das will ich gar nicht. Ich spreche hier von normalen Empfindungen fern von Fremdenhaß oder ähnlichem.
Ich habe zwei Jahrzehnte lang in einem mittelständischen Betrieb als Handwerker gearbeitet und im Laufe dieser Tätigekeit in GE Türken, Griechen, Italiener usw. kennengelernt. Die meisten davon waren normale Arbeitskollegen mit positiven und negativen Eigenschaften wie ich sie wohl selbst habe.
Dennoch finde ich es falsch, wenn ich in meinem Stadtteil kein deutsch mehr höre, obwohl ich nicht umgezogen bin. Früher konnte ich Sonntag morgens quatschen, am Büdchen oder sonstwo, heute bin ich fremd, ein Deutscher.
Das ist nicht normal.
- Lo
- Ehemaliges Mitglied der Verwaltung
- Beiträge: 6709
- Registriert: 22.09.2007, 17:34
- Wohnort: Oberhausen (früher Erle...)
- Kontaktdaten:
Ich wohne nun 32 Jahre in Oberhausen, und doch habe ich zu Gelsenkirchen, der Stadt, in der ich geboren bin und meine ersten 26 Lebensjahre verbrachte, eine ganz besondere Beziehung, beinahe so etwas wie eine kleine Sehnsucht.
Ob es "die Wurzeln" sind? Vielleicht.
Oder liegt es daran, dass ich hier in diesen ersten Jahren auch meine größten prägenden Gefühle, die eben Kindheit, Jugend und das Erwachsenwerden mit sich bringen, erlebt habe?
Kinderfreundschaften, Verliebtsein....
Aber auch der Menschenschlag hier in GE ist sehr speziell.
Rauh vielleicht, aber mit viel Herz. Und ehrlich.
Ich freue mich immer über jede Gelegenheit, nach Gelsenkirchen kommen zu können.
Insofern sind die Gelsenkirchener Geschichten, über die ich ja nun permanent Kontakt zu dieser Stadt und Zugang zu Informationen haben kann, für mich so etwas, wie ein Geschenk.
Vielleicht sehe ich Gelsenkirchen auch nur durch die rosarote Brille der Vergangenheit, die ja bekanntlich mit goldenem Pinsel malt... Egal.
Jemand, der hier lebt und sich entscheidet, wegzugehen, tut das ja nicht spontan, mal eben so. Das ist sicher auch ein langer Entscheidungsprozess bis zu diesem Schritt.
Wichtig ist es, dass man ihn dann auch tut.
Nicht gegen Gelsenkirchen, sondern für sich perönlich.
Viel Glück dort!
Vergessen kannst Du Deine alte Stadt sowieso nicht
Ob es "die Wurzeln" sind? Vielleicht.
Oder liegt es daran, dass ich hier in diesen ersten Jahren auch meine größten prägenden Gefühle, die eben Kindheit, Jugend und das Erwachsenwerden mit sich bringen, erlebt habe?
Kinderfreundschaften, Verliebtsein....
Aber auch der Menschenschlag hier in GE ist sehr speziell.
Rauh vielleicht, aber mit viel Herz. Und ehrlich.
Ich freue mich immer über jede Gelegenheit, nach Gelsenkirchen kommen zu können.
Insofern sind die Gelsenkirchener Geschichten, über die ich ja nun permanent Kontakt zu dieser Stadt und Zugang zu Informationen haben kann, für mich so etwas, wie ein Geschenk.
Vielleicht sehe ich Gelsenkirchen auch nur durch die rosarote Brille der Vergangenheit, die ja bekanntlich mit goldenem Pinsel malt... Egal.
Jemand, der hier lebt und sich entscheidet, wegzugehen, tut das ja nicht spontan, mal eben so. Das ist sicher auch ein langer Entscheidungsprozess bis zu diesem Schritt.
Wichtig ist es, dass man ihn dann auch tut.
Nicht gegen Gelsenkirchen, sondern für sich perönlich.
Viel Glück dort!
Vergessen kannst Du Deine alte Stadt sowieso nicht
Komm´doch mal gucken: https://www.kohlenspott.de/
Nur zwei Bemerkungen:
Wenn es Krisenjahre sind, die unsere Städte prägen, prägen sie sie überall. Kommt es da auf ein mehr oder weniger wirklich an?
Gelsenkirchen begreife ich mitten in Nordrhein-WEstfalen angesiedelt:
Ne Stunde Zugfahrt ins "Gebirge", ne Stunde Zugfahrt in die Millionenstadt. Da kann man wenig "verpassen".
Wenn es Krisenjahre sind, die unsere Städte prägen, prägen sie sie überall. Kommt es da auf ein mehr oder weniger wirklich an?
Gelsenkirchen begreife ich mitten in Nordrhein-WEstfalen angesiedelt:
Ne Stunde Zugfahrt ins "Gebirge", ne Stunde Zugfahrt in die Millionenstadt. Da kann man wenig "verpassen".
- ausdemhinterhof
- Beiträge: 1325
- Registriert: 25.10.2007, 21:11
- Wohnort: zwischen den Welten
hallo
Hallo Arndt,
ich wünsche Dir in Stuttgart alles gute. Ich hoffe Du hast gute Gründe für die Stadt.
Ich kenne einige Leute dort und bin regelmäßig in Böblingen....
Wenn Du da nicht einen "Sprachfehler" hast bist Du da Ausländer. Egal wo Du herkommst.
Viel Glück in der Fremde und einen Tipp! Die in Ländle sind fanatische Mülltrenner!
Wer da nicht am Samstag auf dem Wertstoffhof ist und "richtig" trennt gehört nicht dazu!
Glückauf
ich wünsche Dir in Stuttgart alles gute. Ich hoffe Du hast gute Gründe für die Stadt.
Ich kenne einige Leute dort und bin regelmäßig in Böblingen....
Wenn Du da nicht einen "Sprachfehler" hast bist Du da Ausländer. Egal wo Du herkommst.
Viel Glück in der Fremde und einen Tipp! Die in Ländle sind fanatische Mülltrenner!
Wer da nicht am Samstag auf dem Wertstoffhof ist und "richtig" trennt gehört nicht dazu!
Glückauf
lebdamitsonstnix