Politische Bewegung in Gelsenkirchen 1967-1985 Teil 1/6

Erste Anfänge der APO in Gelsenkirchen (1967 -1969)

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Politische Bewegung in Gelsenkirchen 1967-1985 Teil 1/6

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Von Dietmar Kesten

2. Teil: Marxismus und Arbeiterbewegung

In diesem Teil soll ein Teil der Geschichte des Marxismus (Leninismus) und linker Gruppierungen in Gelsenkirchen dargestellt werden, soweit die Datenbank MAO über sie berichten kann. Dabei wird sie den Bogen von den Aktionen gegen die Notstandsgesetze (Mai 1968) bis hin zur Herausbildung der Marxisten-Leninisten Gelsenkirchen (1977/78) spannen. Im letzten Teil der „Politischen Bewegung in Gelsenkirchen“ soll sie dann mit der Darstellung der Marx-Engels (Bildungs-)Gesellschaft, Neue Hauptseite Theorie und last, but not least, der 1. Generation der Grünen abgeschlossen werden. Der II. Teil „Marxismus und Arbeiterbewegung“ beschäftigt sich mit folgenden Schwerpunktthemen:

Notstandsgesetzgebung (vgl. Mai 1968), Kubakampagne/Republikanischer Club Gelsenkirchen (vgl. Herbst 1969), Organisationsfrage/Vietnamdemonstration (vgl. Herbst-Dezember 1969), Aktionen von DKP SDAJ, SJD-Die Falken (vgl. Januar-Dezember 1969).

ULK/SDAJ Lehrlingsdemonstration (vgl. Februar 1970), Veranstaltungen der Friedrich-Engelsgesellschaft der DKP (vgl. Februar 1970), Lenin-Veranstaltungen der DKP (vgl. April 1970), Fahrpreiserhöhungen der Bogestra (vgl. Dezember 1970), Rote Garde Gelsenkirchen, KPD/ML, KJVD, Fraktionierung (vgl. Frühjahr 1970), Aufruf der Roten Garde „Das Hauptquartier bombardieren“ (vgl. März 1970). Erste Flugblätter der Ortsgruppe Gelsenkirchen der KPD/ML „Herunter mit den Mieten“ (vgl. Sommer 1970), Aktionen des KJVD bei Neuhaus (vgl. Mai 1970), Berichte der „Roten Fahne“ des KAB/ML, der „Roten Arbeiterjugend“, der „Sozialistischen Betriebskorrespondenz“ und der „Arbeitersache“ über Gelsenkirchen (vgl. 1970).

Der Rote Punkt in Gelsenkirchen (vgl. März/April 1971), Solidaritätsveranstaltungen der DKP/SDAJ und ihr nahestehenden Gruppen zum Roten Punkt in Bochum (vgl. Oktober-November 1971), Justizkampagne der DKP, Aktionen zur Einstellung des Verfahrens gegen Manfred Kapluck (vgl. ab November 1971), Verbotsdrohungen gegen die Maoisten (vgl. Sommer 1971), Berichte in der Presse von KJVD und KPD/ML-ZB über den Lehrlingskongress der Jusos (vgl. November 1970), Erhöhung der Tarife bei der Bogestra und die Stellung der Jusos zur Aktion Nahverkehr (vgl. März/April 1971), Polemik der DKP gegen die KPD/ML-ZB, Berichte des „KND“ über Gelsenkirchener Umschüler (vgl. April und Juni 1971). Ortsberichte über Gelsenkirchen im „KND“ und im „Parteiarbeiter“ (vgl. August-September 1971), Berichte aus dem „Roten Morgen“ der KPD/ML über Gelsenkirchen (vgl. August 1971), des „Klassenkampf“ aus Westberlin (vgl. September), „Betrifft: Erziehung“ (vgl. Dezember), der RKJ der GIM (vgl. Juni).

Die Schulgruppe der DKP in Gelsenkirchen (vermutlich gab es nur eine, die auch eine Zeitschrift herausgab, d. Vf.) war eine der wenigen Schulgruppen über einen längeren Zeitraum (vgl. Sommer 1972), die bekannt wurde. DKP Aktionen, die 1972 einen gewissen Höhepunkt erlebten, waren: Die Kampagne zur Ratifizierung der Ostverträge, die zumindest in Gelsenkirchen unter „Frühjahrskampagne“ firmierte, erlebte auch zu diesem Zeitpunkt (vgl. März-April) einen Höhepunkt, die abgelöst wurde von Angela-Davis Kampagne (vgl. Juni 1972), die wiederum in die Spanienaktivitäten (vgl. Juni 1972) einmündeten. Ab August (vgl. August-November) setzte die DKP am Ort durch ihre Wahlkreiskonferenzen und die Debatte um die Aufstellung der Kandidaten zur Bundestagswahl (vgl. November) sichtbare Zeichen.

1972 waren KPD/ML-ZB und KJVD vor allem durch die Entlarvung des „Lohndiktats der SPD-Regierung“ örtlich aktiv. Allerdings kamen sie über die Propaganda in Betriebszeitungen und Flugblättern nicht hinaus. Die KPD/ML-ZB beteiligte sich an den Aktionen gegen das Misstrauensvotum (vgl. April), an der örtlichen DGB-Demonstration zum 1. Mai (vgl. Mai). Und möglicherweise gab es auch Veranstaltungen auf Ortsebene zum „Kriegspakt Bonn-Moskau“ (vgl. Mai). Ihre Irlandaktionen (vgl. März) waren schon ein gewisser Höhepunkt. Mit dem verstärkten Auftreten der KJ-Inform Fraktion (vgl. Juli), begann die Krise der Organisationen auf Ortsebene, die bis spätestens November/Dezember 1972 nicht mehr öffentlich auftrat.

Aktivitäten der KPD gab es frühestens ab dem März 1973. Später dürfte sie sich (vgl. November) an einer örtlichen Jugendzentrumsinitiative beteiligt haben.

Der BSA berichtete in 1973 über eine Reihe von Veranstaltungen in Gelsenkirchen. (vgl. April, Mai und Juni). Diese Versammlungen wurden unter dem Thema „Kapitalistische Krise und sozialistische Antwort“ durchgeführt.

Die Ortsberichte über DKP/SDAJ halten sich nach MAO 1974 in Grenzen. Es gab wohl auf Ortsebene nur einige Aktionen. Erwähnenswert bleiben die Schulgruppe an der Gesamtschule Gelsenkirchen und der „Kommunist“ (vgl. März und Oktober).

1974 nahmen die Aktivitäten der KPD erheblich zu. Berichtet wurde von einem Parteitagsaufgebot nebst einer Programmveranstaltung (vgl. Januar). Ebenfalls im Januar wurde eine Arbeitersportinitiative vermeldet. Vermutlich stand der KOV Gelsenkirchen (falls es je eine geschlossene Gruppe gegeben haben sollte?) ab dem März in der Auseinandersetzung mit der DKP-Schulgruppe an der Gesamtschule (vgl. März).Gemeinsame Veranstaltungen mit der FRAP sollten wohl mithelfen, das Kadergerüst aufzufüllen und Propaganda für deren Kampf zu machen (vgl. April und November). Ein Rechtsopportunismus in der Ortsgruppe der Liga gegen den Imperialismus (vgl. ab dem September) war ein erstes Anzeichen für die kommende Fraktionierung (vgl. September-Dezember).

Die KPD/ML war ebenfalls 1974 relativ rege. Das wird bestätigt durch die Auseinandersetzungen mit der DKP (vgl. Januar), durch eigene Veranstaltungsreihen zu verschiedenen politischen Themen (vgl. Februar und März), durch Aktionseinheiten mit der FRAP (vgl. April und Juni), durch den 1. Mai in Gelsenkirchen, und vor allem durch den Höhepunkt, dem Roten Antikriegstag (vgl. September).

1974 machte auch der SpB durch seine multinationale 1.-Mai-Veranstaltung auf sich aufmerksam (vgl. Mai). Wichtig dürfte auch für den Berichtszeitraum ihre Bundeskonferenz gewesen sein (vgl. Mai).

Die Schulgruppe der DKP an der Gesamtschule war in 1975 wohl weiter aktiv. Und gab regelmäßig ihren „Kommunisten“ heraus. Daneben waren DKP und SDAJ auch zum 1. Mai wieder rege. Die Daten sind darüber nach MAO noch relativ spärlich gesät.

1975 brachte sich der SpB (wie schon 1974) durch seine Aktionen zum 1. Mai in Erinnerung (vgl. Mai). Berichte gab es auch von der KGB und dem KB.

Für die KPD war 1975 das zentrale Ereignis der 1. Mai in Gelsenkirchen (vgl. Mai).

1976 gab die DKP für Schalke ihren „Schalker Rundblick“ heraus.

Der KB berichtete 1976 im „Arbeiterkampfes“ u. a. auch über die ersten Anti- AKW Initiativen, die sich im Gelsenkirchener KOMIC trafen. (vgl. November und Dezember). Die Atomgegner in Gelsenkirchen dürften damit ihren Protest wohl auch in eine organisatorische Form gebracht haben.

Zentrales Ereignis für die KPD und ihrer Liga gegen den Imperialismus war wohl 1976 die Portugalveranstaltung (vgl. Januar).

Die Fraktionierung der KPD/ML ging auch in Gelsenkirchen in der Zeit von 1975-1977 weiter. Nach der Übernahme der Restbestände des Zentralbüros, wurde sie personell 1975 durch den Austritt einer Reihe ihrer Mitglieder weiter geschwächt. In der anschließenden Debatte wurde eine erste Initiative für die Gründung einer Marx-Engels (Bildungs-)Gesellschaft bis frühestens Frühjahr 1975 bekannt, die zunächst bis spätestens Sommer 1976 scheiterte. Der erste Bericht über eine neue Gelsenkirchener ML-Gruppierung, ging vermutlich auf eine Meldung des „Arbeiterkampf“ zurück (vgl. Mai 1977). Danach war eine Gelsenkirchener Arbeitsgemeinschaft Marxisten-Leninisten (wohl Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten, d. Vf.) an der 1. Mai Demonstration in Bochum beteiligt.

Wichtig für dieses Jahr dürfte dann auch wohl die endgültige Herausbildung der Anti-AKW Bewegung und einer Bürgerinitiative (B I) in Gelsenkirchen gegen den Schnellen Brüter in Kalkar im Mai 1977 gewesen sein. Ab Anfang des Jahres gab es vermutlich auch die erste BI gegen bundesweite Atomanlagen (vgl. Januar).

1977 und 1978 nahmen die Aktivitäten der Marxisten-Leninisten Gelsenkirchen erheblich zu. In den Auseinandersetzungen u. a. mit der KGB (später KGB/E, d. Vf.) schälte sich auch die spätere Neue Hauptseite Theorie (NHT), die die „Aufsätze zur Diskussion“ herausgaben, heraus (vgl. November 1977, Januar 1978, Juni-August 1978).
Notstandsgesetzgebung (1968)

Über die Aktionen gegen die NS-Gesetze in Gelsenkirchen liegen in MAO einige Informationen vor. Durch sie dürften vor allem junge Menschen mit dem Marxismus in Berührung gekommen sein, sofern sie nicht schon etwa in der am 5. Mai 1968 gegründeten SDAJ, der Jugendorganisation, der sich später konstituierenden DKP (26. September 1968), die ersten Schulungserfahrungen (etwa über die Friedrich Engels-Gesellschaft) sammelten. Letztere dürfte wohl in Verbindung mit dem August-Bebelkreis aus Gevelsberg in Verbindung gestanden haben. Die Marxistische-Arbeiterbildung der DKP (ab November 1969 dürfte sie auch in Gelsenkirchen aktiv geworden sein) gehörte zusammen mit der der Friedrich Engels-Gesellschaft in Gelsenkirchen (nicht zu verwechseln mit der Marx-Engels (Bildungs-)Gesellschaft, d. Vf.), die in MAO erstmals im Februar 1970 erwähnt wurde, zu den ersten Versuchen, sich mit der marxistischen Theorie zu beschäftigten. Etwa auch zu diesem Zeitpunkt fielen sie in Gelsenkirchen durch eine Reihe von Veranstaltungen auf.

Am 24. Mai 1968 besetzten Schülerinnen und Schüler des Sozialistischen Arbeitskreises für Jugend und politische Bildung, der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), ein Teil des Republikanischen Clubs Gelsenkirchen, der sich etwa zu dieser Zeit herausgebildet haben dürfte, und Mitglieder des Clubs Liberte (der vermutlich von der illegalen KPD ins Leben gerufen wurde), die Büroräume des Jugendsekretärs des DGB, Heinz Dörnemann. (1)

Der 27. Mai 1968 wurde in Gelsenkirchen zu einem Aktionstag gegen die Notstandsgesetze. An verschiedenen Schulen (u. a. am Mädchengymnasium Ricarda-Huch, Schalker Gymnasium, Realschule an der Grenzstraße, Bildungsanstalt für Frauenberufe und der Gertrud-Bäumler Realschule) kam es zum Ausstand. Rund 1.000 Schülerinnen und Schüler zogen durch die Gelsenkirchener Innenstadt. Die Demonstrationen sollen, laut Norbert Kozicki, von der „Ruhr-Aktion organisiert worden sein“, die vermutlich aus dem SDS-Bochum hervorgegangen war. (2)

Am 28. Mai versammelten sich, laut Kozicki, „etwa 300 Notstandsgegner auf der Kolpingstraße. Pastor Schröder, Pfarrer im evangelischen Kirchenkreis soll erklärt haben: „Um eine lebendige Demokratie zu erhalten, müssen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt die außerparlamentarische Opposition stärken. Während der Versammlung wurde bekannt gegeben, dass die Gelsenkirchener Bundestagsabgeordneten Löbbert und Gertzen nicht für die Notstandsgesetze stimmen wollen.“ Vermutlich waren auch Akteure der hiesigen Deutschen Friedensunion (DFU), die sich am 17. Dezember 1960 konstituiert hatte, unter den Demonstranten. (3)

Am 29. Mai 1968 legten etwa „1.300 Frauen der Textilfirma Eurovia die Arbeit nieder. Sie versammelten sich vor dem Verwaltungsgebäude. Es sprach der 1. Vorsitzende der IG Textil und Bekleidung und der Betriebsratsvorsitzende Otto Maslowski. Mit großer Empörung protestierten die Textilarbeiterinnen gegen die Zwangsverpflichtung von Frauen im Notstandsfall. Die rund 350 ausländischen Frauen unter den Streikenden - Italienerinnen, Spanierinnen und Griechinnen - erklärten sich mit ihren deutschen Kolleginnen solidarisch und trugen sich in eine Unterschriftenliste ein. Diese Resolution, die an die Bundestagabgeordneten adressiert war, wurde noch am selben Tag durch einen Boten zum Bonner Bundeshaus gebracht.” (4)

29. Mai 1968: Vermutlich legten auch an diesem Tag Beschäftigte des Coca-Cola Werkes in Gelsenkirchen die Arbeit nieder, um gegen die Notstandsgesetzgebung zu protestieren. (5)

29. Mai: Vermutlich noch vor dem 29. Mai (am 30. Mai passierte die Notstandsverfassung das Bonner Parlament, d. Vf.) beschloss eine Delegiertenversammlung der IG Metall in Gelsenkirchen einen „Entschließungsantrag zu den Notstandsplänen”. Erklärt wurde u. a.: „Diskussionen, Vorlesungsstreiks und Arbeitsniederlegungen sind ein legitimes, demokratisches Kampfmittel zur Verhinderung undemokratischer Gesetze. Die Delegierten erwarten in dieser Stunde der Gefahr, dass der Vorstand der IG Metall… gemeinsam mit allen, im DGB vereinten Gewerkschaften, vor der 3. Lesung der Notstandsverfassung alle Arbeiter und Angestellten zu großen, umfassenden Warnstreiks aufruft.” (6)

Mai 1968: Während der Aktionen gegen die Notstandsgesetze bildete sich, laut MLPD (2) in Bochum ab Mai das Komitee Sozialistischer Arbeiter und Studenten. Die Gruppe konzentriert sich in der Folge auf die Betriebe im IGM-Bereich, Krupp Bochumer Verein, Opel Bochum und Henrichshütte Hattingen. Die stärkste Gruppe (Bochumer Verein) nennt sich Betriebsgruppe 1 (B1). Sie gab die „Bochumer Arbeiter Zeitung“ heraus. (7)
Kubakampagne - Republikanischer Club Gelsenkirchen (1968-1969)

Die Kuba-Kampagne der Bochumer Projektgruppe Internationalismus (PGI) sorgte ab dem Sommer 1969 für einiges Aufsehen im Ruhrgebiet. Sie ging zurück auf die Reise einiger Berliner SDSler, die sich vermutlich im Sommer 1968 in Kuba aufhielten. Und dort einen Film abdrehten. Auf verschiedenen Veranstaltungen im Ruhrgebiet (in Gelsenkirchen u. a. in den damaligen DGB Räumen) wurde dieser Film gezeigt und firmierte unter dem Titel „Entwicklungshilfe oder sozialistische Revolution“. (8) Diese Veranstaltungsreihe sollte die Erkenntnis hervorbringen, dass die Zersplitterung der aktiven sozialistischen Gruppen beseitigt werden solle. Neben der SDAJ Gelsenkirchen, dem APB, Mitgliedern des Republikanischen Clubs und Vertretern der PGI, kam es im Anschluss an den Film zu einer lebhaften Aussprache über eine praktisch-politische Arbeit am Ort und Überwindung der lokalen Verzettelung. Dieser Diskussionsprozess dürfte auch der Beginn der Spaltung in ein sog. revisionistisches und antirevisionistisches Lager gewesen sein. Zum revisionistischen, dürften vor allem diejenigen Gruppen und Organisationen gehört haben, die der SDAJ und der DKP nahe standen. Das antirevisionistische Lager dürfte vor allem der RC und deren Sympathisanten gebildet haben, jene also, die ab Ende 1969/Anfang 1970 die Rote Garde Gelsenkirchen, die Jugendorganisation der KPD/ML vertraten.

Im Dezember 1968 begann vermutlich die Kuba-Kampagne der Bochumer Projektgruppe Internationalismus (PGI). Sie ging auf die Reise einer SDS-Gruppe im Sommer 1968 nach Kuba zurück. Sie wollte dort einen Film drehen. Aus der Diskussion um einen „revolutionären Kuba-Film“ entsteht die Kampagne „Zerschlagt die Entwicklungshilfe“ des INFI Berlin. In diesem Zusammenhang werden auch Auseinandersetzungen mit der Freiburger Gruppe Projekt Rotfilm geführt.

Veranstaltungen unter dem Oberbegriff „Entwicklungshilfe oder sozialistische Revolution?“ wurden durchgeführt in Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen, Düsseldorf, Duisburg, Marl, Wuppertal, Herne, Essen, Unna, Iserlohn, Hagen, Dinslaken, Bielefeld, Witten, Herdecke. Laut „Revolutionärer Weg“ und MLPD (2) fanden die meisten Veranstaltungen ca. im Herbst 1969 statt. Laut MLPD (2) waren auch Berliner SDS-Mitglieder beteiligt. Resultat dieser Veranstaltungsreihe war später u. a. eine gemeinsame Vietnamkampagne aller bzw. vieler Ruhrgebietsgruppen. (9)

Vermutlich wurde ab dem Oktober 1969 in Gelsenkirchen der Film der PGI „Entwicklungshilfe oder sozialistische Revolution?“ gezeigt. (10)

August-September 1969: Der RC Gelsenkirchen macht durch eine Reihe von Aktionen zur Bundestagswahl 1969 (28. September) auf sich aufmerksam. Später verteilte er u. a. Flugblätter zum „Konsumterror“. Inwieweit er an den Schulungen des Bochumer SDS über „Lohnarbeit und Kapital“ (Karl Marx) als organisierte Gruppen teilnahm, ist z. Zt. nicht nachprüfbar. „Lohnarbeit und Kapital“, „Das Kommunistische Manifest“ (Karl Marx) und andere Schriften standen auch im RC auf dem Schulungsplan.

Laut MLPD (2) organisierte in Bochum das Komitee Sozialistischer Arbeiter und Studenten ca. ab Sommer 1969 auch Intellektuellenzirkel. In diesen sollen SDS-Mitglieder, aber auch ESG-Mitglieder organisiert sein. Dabei soll es ab diesem Zeitraum bis ca. Dezember 1969 Kontakte zu folgenden Gruppen aufgebaut haben: RC Gelsenkirchen, RC Wattenscheid, RC Essen, RSJ Wuppertal, SB Wuppertal, SALZ Bochum, Lehrlingsgruppe Bochum, Sozialistischer Arbeitskreis Bielefeld, SALZ Dinslaken, SJD - Die Falken Duisburg, Sauerlandgruppen (Hagen, Schwerte, Iserlohn). (11)

Vermutlich gegen September 1969 erreichte eine aus der Kubakampagne der Bochumer Internationalismusgruppe (PGI) entstandene gemeinsame Vietnamkampagne aller Ruhrgebietsgruppen im Sommer und Herbst 1969 ihren Höhepunkt. Im Verlauf der Kampagne stellt sich den Gruppen verstärkt die Organisationsfrage. Im Spätsommer bis zum Winter wollte die B1, laut MLPD (2), im Ruhrgebiet durch Schulungsprojekte Kontakte zu den verschiedenen Ex-APO-Gruppen herstellen:

- Revolutionäre Sozialistische Jugend (RSJ) Wuppertal,
- Sozialistischer Bund (SB) Wuppertal,
- Sozialistischer Arbeitskreis Bielefeld,
- SJD - Die Falken Duisburg,
- RC und APB Gelsenkirchen,
- RC Wattenscheid u.a.m. (12)
Deutsche Kommunistische Partei - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (1969)

Frühe Aktionen der SDAJ Gelsenkirchen sind nach MAO kaum bekannt. Allerdings dürfte sie sich an verschiedenen Aktionen gegen die NS-Gesetze beteiligt haben. Erst mit der Gründung der DKP (26. Dezember 1968) dürften auch ihre Aktivitäten in einen (strengeren) organisatorischen Rahmen gestellt worden sein. Die Ortsgruppe der DKP, die sich etwa Zeitgleich mit den Septemberstreiks 1969 konstituiert haben dürfte, erreiche zu den Kommunalwahlen 1969 in Gelsenkirchen 2,3% aller Stimmen. Und war damit die stärkste linke Gruppe. Zum Ostermarsch 1969 kam es zusammen mit der Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF) zu einigen Aktionen. Später wurden weitere Aktivitäten (auch mit der DFU) bekannt.

Januar 1969: Das Innenministerium NRW berichtet von der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) der DKP, sie „hat im Laufe des Jahres 1968 ihren Aufbau im Wesentlichen abschließen können. Sie hat im Landesbereich zur Zeit ca. 650 Mitglieder und gründete Gruppen in Bielefeld, Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Gelsenkirchen, Köln, Hilden, Velbert, Mülheim, Herten, Siegen, Solingen und Wuppertal. Auch auf Ortsebene zeigt sich, dass die führenden Kräfte weitgehend aus dem kommunistischen Bereich - vor allem der DKP - kommen. Bereits jetzt machen Einzelinformationen deutlich, dass dieser Jugendverband in der Folge vor allem mit folgenden Schwierigkeiten zu rechnen haben wird:

Einmal mit dem Problem, Jugendliche anzusprechen und sie für die Ziele der Organisation zu begeistern. Wie aus Landesvorstandssitzungen bekannt wurde, macht sich schon kurz nach der Gründung der Gruppen eine gewisse Stagnation bemerkbar, weil die Vorstände nicht in der Lage sind, ein ansprechendes Programm für die Gruppenarbeit vorzulegen. Man denkt daran, die an einigen Orten mit der Gründung der SDAJ-Gruppen stillschweigend aufgelösten Jugendclubs wieder aufleben zu lassen, um aus ihrem Interessentenkreis den Nachwuchs für die SDAJ zu gewinnen. Zum anderen musste auch die SDAJ erkennen, dass sich ihr nicht nur an Parteidisziplin gewöhnte, sondern auch einer 'antiautoritären' Richtung zuneigende Kräfte anschlossen, die sich destruktiv auf das Gruppenleben auswirkten. Es kam vereinzelt zu internen Machtkämpfen sowie zu Ausschlüssen und Austritten. Bezeichnend ist, dass z.B. in Köln extrem links tendierende Studenten erst aufgenommen werden sollten, nachdem ein arbeitsfähiger Vorstand gewählt war. Widerstand in den Gruppen richtet sich auch gegen die Anleitung durch die DKP wie etwa in Siegen, wo sich die Leitung der Gruppe öffentlich gegen Beeinflussungsversuche örtlicher DKP-Funktionäre wandte und mehrere der Vorstandsmitglieder einer pro-chinesischen KP-Gruppe beitraten.

Nicht zuletzt zur Überwindung der aufgetretenen Schwierigkeiten hat der SDAJ-Landesvorstand im Januar 1969 einen Arbeitsplan für die Zeit bis zu den Bundestagswahlen beschlossen, der interne Maßnahmen zur Konsolidierung der Organisation und Aktions-Schwerpunkte für folgende Anlässe festgelegt:

- Ostermarsch 1969
- 1. Mai (Tag der Arbeit)
- 8. Mai (Tag der Kapitulation 1945)
- Bundestagswahlkampf.

Von den zahlreichen örtlichen linksextremen Jungendclubs in unserem Lande haben einige mit der Gründung von entsprechenden SDAJ-Gruppen ihre Tätigkeit eingestellt, jedoch sind sie - noch - nicht restlos und auch nicht ohne Schwierigkeiten in der SDAJ aufgegangen.“ (13)

Laut „Apo Press“ München fand am 18.1.1969 in Offenbach eine Sitzung des Zentralen Ausschusses der Kampagne für Demokratie und Abrüstung (KfDA) statt, „in deren Mittelpunkt die politische und organisatorische Vorbereitung der Ostermarschdemonstration 1969 stand. Größere Aktionen und Veranstaltungen sind u.a. geplant in Hamburg, Bremerhaven, Bremen, Hannover, Bielefeld, Köln, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Dortmund, Essen, Kassel, Mainz-Wiesbaden, Frankfurt, Offenbach, Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg, Kaiserslautern, Saarbrücken, Karlsruhe, Stuttgart, Nürnberg, München und Berlin ... Um Mitarbeit als unterstützende Organisation haben sich die SDAJ und der Sozialistische Bund beim ZA der Kampagne beworben“. (14)

Am 3.4.1969 gab die DKP die Nr.1/1969 ihrer Zeitung „Unsere Zeit“ heraus, die auch mit einem Regionalteil für NRW erschien. Außer Gelsenkirchen, Mannesmann Duisburg-Huckingen, Wanne Eickel, den Hahnschen Werken in Duisburg-Großenbaum, der JVA Remscheid-Lüttringhausen, den KFZ-Azubis Essen sowie der SDAJ Velbert, die im örtlichen IGM OJA auf die Jusos der SPD trifft, wurden von außerhalb NRWs auch die SDAJ-Gruppen in Mannheim und Hamburg erwähnt. (15)

Am 15.7.1969 will die DFU, laut DKP in „Unsere Zeit“ vom 31.7.1969, mit einer Ausstellung „Unser Nachbar DDR - eine Bilanz von 9 000 Tagen“ in der Dortmunder Westfalenhalle (Halle III) beginnen, die bis zum 25.7.1969 dauern soll. Später berichtete die DKP:

„DFU-AUSSTELLUNG ERFOLGREICH. Die DFU-Ausstellung „Unser Nachbar DDR - eine Bilanz aus 9 000 Tagen“ war in der vergangenen Woche in Dortmund erfolgreich. Am ersten Sonntag konnte in der westfälischen Industriestadt gegen Mittag der 5 000. Besucher von der Ausstellungsleitung mit einem Präsent begrüßt werden. Gegen 18 Uhr wurde der 6 000. Besucher registriert. Insgesamt sahen bisher 26 000 Bürger der Bundesrepublik in sechs Städten die Ausstellung.“

Im Zusammenhang mit Wahlkampfbehinderungen der ADF berichtete die DKP: „In Dortmund durfte z.B. die DFU nicht für die DDR-Ausstellung werben. Das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht machte sich zum Schützenhilfen der etablierten Parteien und gab der Stadt recht. Dazu erklärte die DFU, die in der ADF mitwirkt und deren politisches Wahlprogramm u.a. die Anerkennung der DDR fordert, dass das Gelsenkirchener Gericht bei Güterabwägung zum Nachteil des Grundgesetzes (GG, d .Vf.) entschieden habe.“ Erwähnung fand die ADF-Gelsenkirchen auch in der Ausgabe 16/1969 von „Unsere Zeit“. (16)

Am 4.9.1969 gab die DKP die Nr.23/1969 ihres Regionalteils „Unsere Zeit“ (UZ) heraus. Berichtet wird u.a. über die Polizei Gelsenkirchen/Recklinghausen, Studenten in Aachen, Düsseldorf, Köln und an der Uni Düsseldorf, über IGM und ADF in Ratingen, den Metallbetrieb DWU in Neviges und Tönisheide, die ADF Solingen und Wuppertal, das Kölner Amt für Außenwerbung (120 Beschäftigte) und Phönix-Rheinrohr in Duisburg-Meiderich. Angekündigt werden Veranstaltungen u.a. der DFG/IdK Dortmund. (17)

„Unsere Zeit“ der DKP wusste über eine Veranstaltung in Dortmund am 1.11.1969 in der Ausgabe Nr.33/1969 vom 13.11. zu berichten:

„NÜCHTERNER OPTIMISMUS - ERFAHRUNGSAUSTAUSCH AUF DKP-FORUM. Im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle wurde Arbeiterpolitik gemacht. Gleich in doppelter Ausführung. Vor dem Gewerkschaftstag der IG Holz tauschten 450 Kommunisten des Ruhrgebiets und Westfalens auf einem Forum ihre Erfahrungen aus: über ihre Arbeit in Betrieb und Gewerkschaft und über ihre Aktionen während des Kommunalwahlkampfes. Gesicht, Stil und Inhalt des Forums machte deutlich: Hier äußerte sich eine moderne Arbeiterpartei. 16 Diskussionsredner legten ihre Probleme auf den Tisch. - Der frisch aufgenommene Studienrat und der ergraute Arbeiterfunktionär Clemens Kraienhorst, dessen ganzes Leben erfüllt ist von der Vertretung der Arbeiterinteressen als langjähriger Betriebsratsvorsitzender der Zeche Rheinbaben (IGBE-Bereich) und als langjähriger Stadtrat in Bottrop. So weitgesteckt die Bandbreite ihrer Themen auch war - die konkrete Sachlichkeit blieb Trumpf.

Über die Lohnkämpfe, über die Klassenauseinandersetzung nahm ein Dortmunder Kommunist 75 Kollegen in die IG Metall (IGM, d. Vf.) auf und eroberte für die Gewerkschaft in seinem Betrieb eine neue Position mit Betriebsrat und Vertrauensmännern und allem was dazu gehört. Die Bottroper Kommunisten nahmen während ihres Wahlkampfes 10 neue Mitglieder in die Partei auf. 'Die neuen Genossen, die wir zuerst geworben haben', so berichtete Hermann Bode, 'haben ihrerseits wieder neue Mitglieder geworben.' Die dabei gemachten Erfahrungen verallgemeinerte Bode: 'Es ist möglich, die Partei bis zum Ende des nächsten Jahres zu verdoppeln.'

'Ich bin ein lebendiges Beispiel für den Erfolg, den der Genosse vor mir geschildert hat', so leitete der Studienrat Andreas Rahne seine Diskussion ein. Dann schilderte er seinen Weg zur DKP: 'Auf einer Versammlung fragte mich ein älterer Genosse: 'Wie kommst Du Hierher? Hat Dich ein Freund hierher geschickt?' 'Nein.' 'Sind Deine Eltern Kommunisten?' 'Nein.' 'Willst Du für eine Doktor-Arbeit hier Material sammeln?' 'Nein.' Antwort: 'Unsere Zukunft hängt vom Marxismus ab. Meine Zukunft und auch die von Willy Brandt.'

Sehr differenziert und sehr klassenbezogen schätzte Herbert Mies, stellvertretender Vorsitzender der DKP, die Bonner Koalition und die Regierungserklärung ein. Er sieht in der Widersprüchlichkeit der SPD/FDP-Koalition Gefahren und Chancen für die Arbeiterbewegung. Einerseits sei sie systemerhaltend und auf die Einbeziehung der Arbeiterklasse in das kapitalistische System orientiert, andererseits aber sei sie für den Druck der sozialdemokratischen Arbeiter und Gewerkschafter anfälliger und biete günstigere Ausgangspositionen. In Gelsenkirchen wurde bisher der Verkauf der UZ zu 90 Prozent beim Verlag abgerechnet.“ (18)

Bei den am 9.11.1969 in Gelsenkirchen stattfindenden Kommunalwahlen (KW) erhielt die DKP 2,3% der Stimmen. (19)

Zum 14.9.1969 brachte die DKP ihre Zeitung “Unsere Zeit Nr.25/1969 heraus. Berichtet wurde u. a. auch über die Demonstrationen der Demokratischen Aktion und der DKP gegen die NPD in Dortmund. Dabei wurden u. a. auch Aktionen in Gelsenkirchen erwähnt. „Die Bevölkerung demonstrierte zu Tausenden entschieden gegen die Provokation der braunen Rattenfänger und demonstrierte den Bonner Parteizentralen ein Musterbeispiel aktiven politischen Wahlkampfes gegen die Nazis vor.“ (20)

Die DKP brachte zum 13.11.1969 ihre „UZ“ Nr. 33/1969 heraus. Aus NRW werden die Kommunalwahlergebnisse der DKP aus Morsbach, Bottrop, Solingen, Remscheid, Wanne Eickel, Gelsenkirchen, Westerholt, Dinslaken, Velbert, Dortmund, Duisburg, Castrop Rauxel, Essen, Mülheim, Bochum, Oberhausen und Düsseldorf gemeldet. (21)
SJD - Die Falken (1969)

Über Aktivitäten der Falken im Berichtszeitraum, berichtete im wesentlichen der damalige IKD-Beauftragte. Die Berichte gaben einen Eindruck von den damaligen Diskussionen und von der politischen (linken) Situation im Ruhrgebiet. Die Falken in Gelsenkirchen, soweit sich das nach diesen einschätzen ließ, dürften aber keine Kaderschmiede im engeren Sinne gewesen sein.

Bereits zum 1.11.1969 verfasste der IKD-Beauftragte Ruhr einen Beitrag zu einem Falken-Seminar, das möglicherweise in Gelsenkirchen stattfand. Der IKD-Beauftragte berichtete: „Ich habe vor, am kommenden Wochenende zu einem Falken-Seminar zu gehen (Thema wahrscheinlich die Bundestagswahl). Der Kontakt läuft über einen Bochumer SDSler.“

Später hieß es: „Teilnahme an einem Falkenseminar; Diskussion über die Streiks, die anwesenden Kollegen haben interessante und detaillierte Informationen über die Lage an ihren Betrieben gegeben, z.B. wurde der Streik bei Mannesmann von den 30 – 40-jährigen geführt, die Arbeiterjugend war während der Streiks äußerst zurückhaltend ... Die Falken haben meist eine linke Maske auf, sie fühlen sich ungeheuer revolutionär, sind aber praktisch durch und durch sozialdemokratisch; nur einzelne Genossen können für unsere Perspektive gewonnen werden, die sich allerdings schleunigst von den Falken trennen müssen.“ (22)

Zum 15.11.1969 verfasste der IKD-Regionalbeauftragte fürs Ruhrgebiet einen Bericht über arbeitende Gruppen im Ruhrgebiet. Dabei wurde das Falkenseminar „Parlamentarismus und Rätedemokratie“, das in Gelsenkirchen stattfand, erwähnt. Der IKD-Beauftragte berichtete:

„Am fünftägigen Falkenseminar 'Parlamentarismus und Rätedemokratie' nahmen anfangs 15, später 25 Leute hauptsächlich aus Duisburg (Mannesmann), Wuppertal und Gelsenkirchen teil. Referent war Reinhart Wolff aus Berlin. Wir sprachen über Marx: Lohnarbeit und Kapital, diskutierten ein Referat von Wolff über Parlamentarismus und ein Referat eines SPD-Mitglieds über Parlamentsreform, schließlich in drei Gruppen Texte von Rühle, Marx, Rosa Luxemburg und der Kommunistischen Internationale. Die Arbeit war - im Gegensatz zum vorigen Seminar - sehr konzentriert.

Viel mehr noch als beim vorigen Mal haben mich die Bürokraten angekotzt, die permanent lügen. Sie legen Wert darauf, hier als Marxisten zu erscheinen, pflegen möglichst engen Kontakt mit der APO-Autorität Wolff. Ob sie selbst daran glauben, dass sie selbst revolutionär sind, ist gar nicht mal unbedingt auszumachen. Wenn man dann über die praktischen Konsequenzen der auf dem Seminar erarbeiteten Theorie spricht, treten allerdings Differenzen auf, aber diese Differenzen (Arbeit in der SPD, Umwandlung der Falken in 'sozialistischen Verband' (was ist das?))werden systematisch heruntergespielt und verkleistert, nicht nur von den Bürokraten, von Antiautoritariern reinsten Wassers, z.T. auch von Wolff. Bei fast allem, was ich gesagt habe, habe ich den Schwerpunkt darauf gelegt, dass diese Differenzen in den 'nur' praktischen Fragen ihren Ursprung in den Zielvorstellungen der verschiedenen Leute haben, dass die unterschiedlichen Zielvorstellungen nicht zur selben praktischen Konsequenz führen können; aber genau das Letzte wollten alle erreichen, sich auf ein einheitliches Verhalten einigen. Besonders lustig war das bei den rechten Falken aus Gelsenkirchen, von denen einer zu Anfang ganz offen und mit vollem Recht sich über die Kölner Gruppe (GIM-Einfluss) beschwert hatte - die hätten doch überhaupt keinen Platz mehr in dem Verband mit ihrer politischen Zielsetzung, was sich anhand der Grundsätze der Falken auch ganz leicht nachweisen lässt. Das Lustige war nun, dass Wolff und die Gelsenkirchener Falken nach einem gemeinsamen Weg suchten, die Falken zu 'politisieren'. Alle sprechen von 'Politisierung', der Umwandlung in einen 'sozialistischen Verband', oder - Wolff - von der 'sozialistischen Arbeit' und 'Selbstorganisation' mit dem Ziel, später die Falken zu verlassen. Aber alle weigern sich, eine politische Diskussion zu führen, die unterschiedlichen Vorstellungen gegeneinander abzugrenzen. Damit ermöglichen es die SDSler letzten Endes den Bürokraten, ihr linkes Image zu konservieren. Alle reden von Politisierung - wir spalten!

So wurde auch über die Frage diskutiert, ob denn ein Rausschmiss bei intensiverer 'politischer' Arbeit drohe und meist mit Nein beantwortet; und überhaupt nicht bedacht, ob das nicht auch davon abhängig sein könnte, was man unter 'politischer' Arbeit versteht. Hierauf habe ich besonders bei der Schlussdiskussion hingewiesen; dass ich nämlich bei meinen Zielvorstellungen (revolutionäre Jugendorganisation) sehr schnell den 'Freiraum' (so ein SDSler) überschreiten werde und mir darüber schon jetzt klar werden müsse. - Was ich dazu gesagt habe, dürfte aber kaum jemand mitbekommen haben, allenfalls die Wuppertaler.

X.X., 4352 Herten, ... , hat die gleiche Einschätzung der Falkenbürokraten wie ich und analysierte sehr gut die meisten Falken, die auf dem Seminar waren: auch sie sind links, eben weil es Mode ist, betreiben die Sache allerdings sehr unernst, sind im Grunde nicht bereit, die praktischen Konsequenzen zu ziehen. Das gilt besonders für A. und B. (Duisburg) und leider werden zwei Genossen von Mannesmann, C. und D. (die ich vorigen Seminar kenne), hier reingezogen. Da es Mode ist, links zu sein, glauben sie nun (vielleicht um sich abzuheben), Ultralinks sein zu müssen, was zum Ausdruck kam bei einer kurzen Debatte über die Gewerkschaften im Plenum, wo Wolff meinte, bei Siemens in Berlin sei jetzt der Moment gekommen, die Arbeiter aufzufordern, aus den Gewerkschaften rauszugehen. In einer einstündigen, sehr guten privaten Diskussion mit C. habe ich ihn schließlich umdrehen können; aber das wurde noch während des Seminars durch den Einfluss u. a. von Wolff zunichte gemacht.

Noch zu X. X.: seine Falkengruppe hat 6 Mann, die aber schon alle über die Falkenpolitik hinaus sein sollen (und hoffentlich noch nicht bei der APO-Politik angekommen sind). So wie er die Gruppe schildert, müsste zwar sehr viel Schulung gemacht werden, wäre aber sehr vielversprechend. Ich habe ihm einigen Krempel mitgegeben, er will sich melden.

Allgemein zeigt sich, dass man die Falken, die überhaupt für die KJO in Frage kommen, nicht von sozialdemokratischen, sondern von ultralinken und antiautoritären Positionen herunterholen muss. Der Bochumer SDS wird ab sofort die Falkengruppen in Wuppertal, Duisburg, eventuell Herten, Düsseldorf und Neuss bemuttern; was daraus wird, ist natürlich noch nicht klar. Auf alle Fälle halte ich es grundsätzlich für notwendig, dass ich versuche, mich daran zu beteiligen (mit UNSERER Position, wie gehabt). Die Diskussion mit C. hat gezeigt, dass sie auf antiautoritären Positionen nicht so fest hocken, dass sie durchaus für eine revolutionäre Perspektive nicht verloren sind, aber auch, dass bei alleinigem Einfluss der SDSler sie sehr schnell im APO-Sumpf vollkommen versacken können. Der Unterschied zu Berliner APO-Gruppen ist, dass sie noch längst nicht so stark auf antiautoritäre und ultralinke Positionen festgelegt sind. Inwieweit ich das TECHNISCH organisieren kann, ist allerdings mehr als unklar.

Mit den Wuppertaler Genossen war ich in einer Gruppe. ...

Das Falkenseminar hat gezeigt, dass die Perspektive meiner Arbeit, die ich auf der Spartacus-Leitungssitzung vom 8.11.1969 dargelegt habe, offensichtlich eine Fiktion ist; es ist nicht möglich, qua Brief oder sporadischen Kontakt einzelne Genossen für die Perspektive der KJO zu gewinnen bzw. warm zuhalten; sowohl das Gewinnen als auch das Warmhalten setzt eine intensive Zusammenarbeit mit ihnen in ihrer praktischen Arbeit voraus. Das wird nur bei einigen Leuten möglich sein. Wir werden nicht einzelne feste Kader gewinnen, die in ihren Gruppen weitere raus brechen, sondern wir werden fast immer nur kleinere Gruppen gewinnen können, und zwar, indem wir einige Zeit in diesen Gruppen arbeiten. Wir können es uns wirklich nicht leisten, die durchaus zu gewinnenden Genossen z.B. aus Duisburg der lauernden APO zu überlassen, unter dem Vorwand, innerhalb kurzer Zeit sei kein einziger zu gewinnen.“ (23)

Laut IKD-Regionalbeauftragter Ruhrgebiet begann am 13.12.1969 ein zweitägiges Falkenseminar zur Ausbildungsfrage. Berichtet wurde:

„Ca. 80 Leute, zum größten Teil Lehrlinge, da. Darunter aber viele vollkommen unpolitische. GIM: Von der GIM waren da Sympathisanten X. (Düsseldorf), Y. und Z. (Köln). In den Gruppen sollen sie überhaupt nichts gesagt haben, im Plenum dito, waren aber angeblich in vorderster Front derjenigen zu finden, die nicht diskutieren, sondern sich austoben wollten.

A: ... (Sympathisanten der Kölner IKD-Gruppe) war dreifach vertreten. A1 hat am ersten Tag vollkommen unkritisch eine Aktion in Gelsenkirchen (zu vergleichen mit der Berliner RG-Aktion gegen Willy Sasse) für sinnvoll befunden. Am zweiten Tag allerdings hat A1 sich in sämtlichen Punkten mir angeschlossen (s. u.). A1 hat in Köln Kontakt zu 4 - 5 Lehrlingen, von deren Existenz die GIM nichts weiß. Ich habe A1 zugesagt, für diese Gruppe eventuell mal ein Referat zu halten."

Es folgen Ausführungen zu den Wuppertaler IKD-Sympathisanten (siehe dort). Fortgefahren wird mit einem Bericht über das Unabhängige Lehrlingskomitee: „Gelsenkirchen: In GE hat sich eine Lehrlingsgruppe gebildet (ULK, Flugblatt liegt bei). Ca. 10 Leute. Das Flugblatt wurde von allen aufgrund seines reformistischen Inhalts scharf kritisiert. Die ULK-Leute sind zum größten Teil unpolitisch, 2 sind in der DKP (angeblich nicht linientreu). Ich werde ggf. versuchen, dort hinzugehen, kann mir allerdings davon kurzfristig nichts erhoffen.

Im Zusammenhang mit dem ULK-Flugblatt stand die Diskussion in meiner Gruppe (ca. 15 Leute). Von der allgemeinen Kritik des ULK-Flugblatts ausgehend, erreichte ich ziemlich mühelos eine Kritik an der RG hinsichtlich ihrer Unfähigkeit, den Tageskampf mit dem Kampf ums revolutionäre Ziel zu vermitteln (es war der Häuptling der RG Wuppertal da, der allerdings sehr schwach ist; er hat darauf nichts entgegnet, faselte nur die ganze Zeit von 'knochenharten, knallharten Betriebsgruppen'; die RG hat in Wuppertal ca. 20 Leute), und konnte auch sehr leicht die drei SPARTACUS-Forderungen zur Ausbildungssituation unterbringen; die von einem SDler vorgebrachte SALZ-Parole nach 500 DM Lehrlingsgehalt nahm dieser schließlich selbst zurück.

Das Ganze ist aber nicht auf eine intensive Diskussion, sondern auf die weitgehende Unfähigkeit der anderen, Kritik zu üben, zurückzuführen. A1 hat mich insbesondere bei den 3 Punkten schwer unterstützt. Die drei Forderungen (und die Bedeutung von Übergangsforderungen) habe ich zum Schluss noch mal im Plenum vorgebracht, wo nicht mal die SDSler bei den 'staatlichen Lehrwerkstätten unter Kontrolle der Arbeiterorganisationen' Protest äußerten.

Hat sich das Auftreten auf dem Seminar nun gelohnt? Finanziell ja (60 DM), da noch Geld übrig war und ich dann einen 'Referenten' spielen konnte. Abgesehen von A1 sind aber keine neuen Kontakte geknüpft oder auch nur alte intensiviert worden; das sporadische Zusammensein auf Seminaren mit den Wuppertalern und B (Duisburg) halte ich aber doch für eine bessere Ausgangsposition, um bei gegebenen technischen Möglichkeiten eine intensivere Zusammenarbeit zu beginnen. Außerdem haben wir halt mal wieder revolutionäre Propaganda gemacht und die Klassenlinie vertreten. - Ich habe ca. 25 Exemplare von 'Arbeiterkontrolle - Mitbestimmung' verteilt.“ (24)

Am 14.12. verfasste der IKD-Regionalbeauftragte Ruhrgebiet einen Brief an die IKD Leitung. Zunächst wurde vom dem zweitägigen Falkenseminar berichtet. Aber auch schon im Vorgriff auf die Bochumer Vietnamdemonstration vom 20.12., an der auch der RC Gelsenkirchen teilnehmen sollte, und die für die weitere politische Entwicklung vieler (linker) Gruppen im Ruhrgebiet entscheidend gewesen sein dürfte. Ausgeführt wurde:

„2. Die dienstags tagende Gruppe in Dortmund ist doch nur eine von der RG dominierte LEHRLINGSGRUPPE, keine direkte RG-Gruppe. Sie arbeiten zurzeit nach der Parole 'Lehrlingsnummer - Rote-Garde-Nummer' (gegen autoritäre Pauker an Berufsschulen), es kommen Hilfe suchende Lehrlinge, die auch großzügig zufriedengestellt werden. Ich werde weiter hingehen ...

3. Durch eine Zeitungsnotiz bin ich überraschend zu der für mich zuständigen SDAJ-Gruppe Dortmund-Süd gestoßen. Sie hatten eine Veranstaltung mit dem Thema Vietnam mit angeblich bekannten Referenten angekündigt, die aber nicht kamen. Ein WAZ-Reporter haute ab, als sich das herausstellte, so blieb ich der einzige Fremde. Ca. 10 Leute, alle ca. 16 Jahre. Ich blieb die erste Stunde ruhig, so dass sie mich wohl schon vergessen hatten. Der Häuptling war nicht da (ist DKP-Mitglied), die Stelle nahm ein 16-jähriger ein, der klar auf DKP-Linie lag, aber kaum argumentieren konnte. Ca. 8 stimmten ihm mehr oder minder lauthals zu, 1 - 2 Mädchen übten Opposition, gaben aber schnell auf. Es ging um die Formulierung eines Vietnam-Flugblatts, wo die Minderheit die Denunzierung der US-Aggression als aus dem kapitalistischen System entspringend forderte. Dem schloss ich mich schließlich an (nachdem die Diskussion darüber schon hinaus war), so dass zum Schluss ein klarer Vorschlag von uns und ein sehr unklarer vom Chef zur Debatte stand. Die Sitzung löste sich aber sehr schnell organisch auf, das Flugblatt wird nun wohl die DKP gemacht haben. Ich werde an der Gruppe dranbleiben, bin mal wieder optimistisch.

4. APO-Vietnam-Demo 20.12. Bochum: Teilnahme von 150 Rotgardisten (allein 100 aus Essen) mit 25 Stalin-Bildern, SPARTAKUS-Teilnahme noch unbekannt (ebenso SDAJ Bochum, Essen). Es ist nach wie vor mit der Teilnahme von mindestens 15 Ruhrgebietsgruppen zu rechnen (was für uns wichtiger ist als die Zahl der individuellen Demonstranten, die auf 1 000 - 1 500 geschätzt wird; das erscheint mir allerdings unverständlich niedrig. Anscheinend wird die GIM auf dem anschließenden teach-in auftreten. Sofort anschließend an die Demo soll eine Kundgebung zu Vietnam mit 1 Referat eines 'Arbeiters' (DKP oder KPD/ML) und 1 Referat des AStA stattfinden; danach Marsch der 'arbeitenden Gruppen' in eine Schulaula (600 Plätze). Dazu gilt das im vorigen Brief gesagte. Ich schlage als Flugblattauflage 1 500 - 2 000 vor. Die APO befürchtet eine Stalin-Trotzki-Diskussion ('Lassen wir die Kapitalisten ihren Profit einheimsen, wir führen die Diskussion über Stalin-Trotzki' - X, Bochumer APO-Chef) aufgrund leicht missverstandener Äußerungen von mir in der SDS-MV und will das auf alle Fälle verhindern; das heißt für uns, dass wir (...) bei einer politischen Diskussion auf Intervention gefasst sein müssen - die APO will hauptsächlich Technisches klären, Adressen austauschen (ganz so schlimm ist es auch nicht).“ (25)
Die Bochumer Vietnamdemonstration (20.12.1969)

Mit der Roten Garde Essen gab es zur Mitte des Jahres 1969 eine der ersten strammen marxistisch-leninistischen Gruppen. Sie verstand sich als Jugendorganisation der KPD/ML. Und war später vorreitend in der Organisierung der großen Bochumer Vietnamdemonstration vom 20.12.1969. Es gelang ihr, viele Ruhrgebietsgruppen (u. a. auch die Gelsenkirchener Gruppe des RC, die spätere Rote Garde Gelsenkirchen, die sich nach der Vietnamdemonstration in Bochum gebildet hatte, und die zum Fraktionierungsprozess der Gruppen in Gelsenkirchen erheblich beitragen sollte) zu einer einheitlichen Demonstration zu vereinheitlichen. Mitorganisatoren waren u. a. Peter Weinfurth und Oliver Thomkins (Essen). Ab dem März 1970 waren beide wesentlich am Aufbau des KJ-Inform und des späteren Zentralbüros der KPD/ML beteiligt. Etwa zur gleichen Zeit nahmen auch Mitglieder des RC-Gelsenkirchen Kontakt zur KPD/ML-Ortsgruppe Bochum auf, um vermutlich auch über die anstehende Vietnamdemonstration zu
beraten. (26)

Bereits die „Bochumer Arbeiter-Zeitung” von Anfang November 1969 berichtete über die anstehende Vietnam-Demonstrationen. Und darüber, dass „die sozialistischen Arbeiter, Lehrlinge, Schüler und Studenten ihre Solidarität mit dem Kampf des vietnamesischen Volkes gegen den US-Imperialismus und ihre Solidarität mit dem Protest des amerikanischen Volkes gegen die kapitalistische Rüstungswirtschaft zeigen“ würden. Genannt wurden in der „BAZ“ Gruppen aus dem Umkreis von Bochum. (27)

Am 2.12.1969 berichtete der Regionalbeauftragte Ruhrgebiet der IKD über die Vorbereitungen für die Bochumer Vietnamdemonstration und über ein Treffen mit Oliver Thomkins. Bei diesem Treffen soll auch über den Ruhrgebietskongress aller (linker) Gruppen diskutiert worden sein, an dem auch Vertreter des RC-Gelsenkirchens teilnahmen. (28)

Am 6.12.1969 fand in Bochum eine der vermutlich größten Delegiertenkonferenzen von Ruhrgebietsgruppen statt, die sich über die Kubakampagne und die Vietnamkampagne zusammengeschlossen hatten, und an der auch die Bochumer Betriebsgruppe 1 (B1) teilnahm Ziel der Konferenz: Eine gemeinsame Vietnamdemonstration. Gelsenkirchen dürfte vermutlich mit einigen Vertretern anwesend gewesen sein.

Laut „Revolutionärer Weg“ führte das Komitee Sozialistischer Arbeiter und Studenten in Bochum eine Konferenz durch, an der Vertreter von ca. 35 Ruhrgebietsgruppen teilnehmen, um über weitere Perspektiven sowie Organisation zu beraten. Offensichtlich vertritt die Mehrheit der anwesenden Gruppen die SALZ-Konzeption (Sozialistisches Arbeiter und Lehrlingszentrum).

„Das weitere Ziel der Konferenz bestand darin, die Parole der Vietnamkampagne und der Demonstration ‚Unsere beste Unterstützung der vietnamesischen Revolution besteht darin, dass wir den Klassenkampf im eigenen Land vorantreiben weiterzuentwickeln’, d.h., vor allem die Organisationsform zu bestimmen, die in der Lage ist, den Klassenkampf in der BRD voranzutreiben. Von der Betriebsgruppe Bochum wird ein Antrag mit folgendem Wortlaut eingebracht ...

Die Zeitung hat die Aufgabe, die ideologische Auseinandersetzung im Zirkelwesen schon unter einheitlicher ideologischer Führung voranzutreiben, mit dem Ziel der Liquidierung des handwerklichen Zirkelwesens also der Schaffung einer marxistisch-leninistischen Partei oder der möglichen Verschmelzung mit einer bestehenden marxistisch-leninistischen Partei. Die Zeitung muss 3 Nummern unter einheitlicher Redaktion (Redaktionskomitee aus Vertretern von 6 der fortschrittlichsten Gruppen) geführt werden. Dann soll eine neue Delegiertenkonferenz die Redaktion entweder bestätigen oder abwählen. Die ideologische Auseinandersetzung muss über den Hauptwiderspruch der Epoche, über die Frage der richtigen Organisation des Proletariats, über die Frage der Strategie und der Taktik des Klassenkampfes, über die Bündnisfrage, über Inhalt und Ziele von Agitation und Propaganda, über die Frage des Hauptfehlers des Zirkelwesens, den Ökonomismus in all seinen Erscheinungsformen geführt werden. Dieses Programm muss als Redaktionsstatut als verbindliche Linie für die Redaktion beschlossen werden. Das zu wählende Redaktionskomitee muss das Recht haben, von einzelnen Gruppen Berichte zu speziellen Fragen anzufordern, und die Gruppen müssen sich verpflichten, der Aufforderung des Redaktionskomitees nachzukommen.“

„Als Alternativantrag lag ein Kompromissvorschlag vor, der im wesentlichen davon ausging, dass das von der Betriebsgruppe vorgelegte Redaktionsstatut und die politische Linie, die darin zum Ausdruck kommt, von den Gruppen noch nicht richtig eingeschätzt werden kann. Nur eine Nullnummer ist zunächst herauszubringen, in der die Positionen der marxistisch-leninistischen Fraktion (Hauptfront des Klassenkampfes) und das vorgeschlagene Redaktionsstatut veröffentlicht werden soll. Nach dem Erscheinen dieser Nummer soll eine neue Delegiertenkonferenz über die Linie der Zeitung entscheiden. Über die Frage der Zusammensetzung des Redaktionskomitees für diese Nummer wurde über folgende Alternative erneut abgestimmt: Der Antrag der Betriebsgruppe Bochum: Einheitsliste für ein sechsköpfiges Redaktionskomitee, das von der Betriebsgruppe (1 Vertreter), den Wuppertaler Gruppen (3 Vertreter), der Sauerlandgruppe (1 Vertreter) und der Gruppe Palästinensischer Arbeiter (1 Vertreter) bestimmt werden soll. ... Die Alternative war: Die Redaktion soll von der Delegiertenkonferenz personell bestimmt werden. (...) Der Antrag der Betriebsgruppe wurde mit 15:13 angenommen.“

Auf der Grundlage dieser Abstimmung erschien im Februar 1970 die Nummer 1 des Organs „Proletarische Linie - Organ der Marxistisch-Leninistischen Zirkel im Ruhrgebiet“, der wir die obigen Zitate entnahmen.

Laut MLPD (2) trafen sich in Bochum Zirkel von linken Gruppen um über eine gemeinsame Linie zu beraten. Vertreter von ca. 35 Gruppen sollen an dem Treffen teilgenommen haben. Federführend ist das Komitee Sozialistischer Arbeiter und Studenten Bochum. Der IKD-Regionalbeauftragte Ruhrgebiet berichtete:

„Auf einem Treffen gestern, an dem auch Vertreter von 15 APO-Gruppen im Ruhrgebiet teilnahmen, wurde die Vietnam-Demo vom 20.12. vorbereitet. (Ein Flugblatt, das an der Uni Bochum verteilt wurde, liegt bei.)

Zurzeit sieht die Planung so aus: 20.12. gegen 15 Uhr Demonstration in der Bochumer Innenstadt. Teilnahme-Schätzungen liegen zwischen 1 000 und 5 000 (2 000 halte ich für realistisches Minimum). Es fragt sich, ob die Bochumer Studenten schon alle in ihre Heimatorte abgereist sind. Es werden bestimmt Leute aus 20 Ruhrgebietsstädten kommen, aber eventuell eben nur je 10 - 20. Das macht uns natürlich nichts, denn es sind die politischsten. Und diese Schätzung halte ich durchaus für realistisch. Anschließend an Demo kurze Kundgebung im Freien. Danach teach-in in einer Aula mit 600 Plätzen. Hier sollen nur die politisierten Leute hinkommen, gedacht in erster Linie als Besprechung der arbeitenden Gruppen zwecks Klärung perspektivischer Vorstellungen und gegenseitiger Hilfe (in erster Linie durch Studenten der Bochumer Uni bei Schulungsarbeit).

Erwähnt wurden Gruppen in Rheinhausen, Gelsenkirchen, Homberg, Moers, Oberhausen, Bottrop, Münster (von denen waren keine Vertreter da), Duisburg (Kern von 30 - 40 Leuten, die aber noch nicht sich selbst als Kader verstehen), Essen (nur RG: sie machen zentrales Plakat fürs Ruhrgebiet, verteilen an ausgewählten Betrieben Flugblätter), Dortmund (es berichtet ein AUSS-Mann, der aber anscheinend auch Verbindung zur RG hat), Dinslaken, Hagen (auf der letzten Vietnam-Demo in Hagen waren 80 Leute), Bochum, Wuppertal (es berichtet ein Student von einer zum größten Teil aus Schülern bestehenden APO-Gruppe), Iserlohn, Wanne-Eickel (keine organisierte Gruppe), Herne, Witten: schon 17 Orte.“ (29)

Am 7.12.1969 verfasste der IKD-Beauftragte Ruhrgebiet einen Brief an die IKD-Leitung. Dort wurde aus Bochum berichtet, von der Ruhrgebietskonferenz, und den Vorbereitungen der Vietnamdemonstration am 20.12.1969. Da in diesen Berichten auch immer wieder von DEN Ruhrgebietsgruppen gesprochen wurde, die Gelsenkirchen mit einschloss, soll sein Bericht hier wieder gegeben werden.

„Ich mache folgenden Vorschlag: Flugblatt der IKD, Auflage 2 000, das am Ende der Demo auf der Kundgebung und ggf. nochmal im teach-in verteilt wird. Die Auflage kann sich noch ändern, wenn genauere Angaben über die erwarteten Teilnehmer vorliegen. Die APO will Vietnam nur auf der Kundgebung bringen (ca. 10 bis 15 Minuten; die RG verspricht dazu, sei an 'keinem Hick-Hack' interessiert, so dass wahrscheinlich wir auf dem teach-in die allgemeine Eintracht werden stören müssen). Das teach-in soll ausschließlich die Ruhrgebietssituation zum Inhalt haben. Ich schlage vor, dass wir auf der Kundgebung keinen Beitrag leisten. Unser Flugblatt sollte entweder nur ganz kurz ('wenn wir heute durch die Demonstration unsere Solidarität mit der vietnamesischen Revolution unter Beweis gestellt haben, so kommt es darauf an, einen REALEN Beitrag zur Unterstützung der vietnamesischen Revolution durch die Intensivierung des Klassenkampfs im eigenen Lande zu leisten' und damit hat man den Absprung zur KJO) oder gar nicht auf Vietnam eingehen. Wir müssen in dem Flugblatt uns (ganz kurz) abgrenzen von dem sterbenden Leichnam der Falken, im wesentlichen aber unsere Konzeption entwickeln aus der Ablehnung der Vorstellungen von Selbstorganisation, des Ultralinkstums (Gewerkschaftsfrage) und des Antiautoritarismus der APO (und des Fehlens jeglicher perspektivischer Vorstellung bei den APO-Gruppen im Ruhrgebiet) und aus der Ablehnung der RG, die wahrscheinlich durch ihr äußeres (folkloristisches) Auftreten als bedeutender erscheinen wird, als sie im Ruhrgebiet wirklich ist.“ (30)

Der IKD-Regionalbeauftragte Ruhrgebiet berichtete am 13.12.1969 von einem Falken-Seminar zur Ausbildungsfrage (siehe oben) Und davon, dass die Vorbereitungen zur Vietnamdemonstration einem Höhepunkt entgegen streben. Zusätzlich wurde über das ULK-Gelsenkirchen berichtet. Vermutlich dürften sich deren Vertreter, die mit der SDAJ sympathisierten, nicht an der Bochumer Demonstration beteiligt haben, sondern waren vermutlich eher in Dortmund zu finden, wo am 13.12. eine zentrale Vietnamdemonstration der DKP fürs Ruhrgebiet stattfand. (31)

Der Bericht des IKD-Regionalbeauftragten fürs Ruhrgebiet vom 15.12., ging u. a. auch auf das heutige Bochumer Vietnam-teach-in ein, an dem auch „15 APO-Gruppen“ aus dem Ruhrgebiet teilgenommen haben sollen. Zu einigen Gruppen wurde ausgeführt:

„An geeigneten Stellen Abgrenzung zu
- Falken (genügt Polemik: linker Flankenschutz der SPD; vielleicht auf den Vorwand eingehen, man könne dort mit staatlicher finanzieller Unterstützung revolutionäre Politik machen);
- SDAJ (etwas wichtiger, falls SDAJ-Gruppen da sind: reformistische Politik, ein Relativsatz über Rolle der stalinistischen Parteien - z.B. KPF Mai);
- RG (wichtig, da sie als sehr bedeutend erscheinen wird: Unfähigkeit, Tageskampf mit revolutionärem Endziel zu verbinden) und
- Hauptangriffspunkt die APO-Ideologie, in Gestalt des Bochumer SDS (wir sollten die 15 APO-Gruppen aufgrund ihrer Ungefestigtheit nicht mit dem SDS in einen Topf werfen) ...

Es ist möglich, dass gegen uns (aber wahrscheinlich nicht gegen Dich!) mit der Rednerliste, Redezeit etc. manipuliert wird. Wir müssen klar sehen, dass die APO-Leute auf unsere Beiträge kaum eingehen, sie beiseite wischen werden, um umso technizistischer über die Zusammenarbeit im Ruhrgebiet zu sprechen. Das werden wir in keinem Fall verhindern können, wir sollten es auch nicht zu lange versuchen: von den anwesenden Genossen, den politisiertesten aus dem ganzen Ruhrgebiet, werden für uns auch nur ganz wenige in Frage kommen.“ (32)

Über die Gruppen im Bochumer Raum berichtete auch die „Bochumer Studenten Zeitung“ in der Ausgabe Nr. 54/1969 vom 18.12. Erstmals wurde dort ein längerer Artikel des Bezirkskomitees der Roten Garde Ruhrgebiet abgedruckt, das zur Vietnamdemonstration am 20.12. aufrief. Ausgeführt wurde u.a.

„Der guten Organisation der Kapitalisten eine noch bessere der Arbeiter entgegensetzen ... Diese Organisation der Revolutionäre leitet den antikapitalistischen Kampf der Arbeiter an. Sie muss so gefestigt sein, dass keine Attacken der Kapitalisten ihr etwas anhaben können. Diese Organisation haben wir inzwischen gegründet, es ist die KPD/ML, die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten ... Neben der Partei schlägt Lenin auch noch verschiedene Massenorganisationen vor, die echt demokratisch in den Arbeitern verwurzelt sind, die das unbedingte Vertrauen der Arbeiter besitzen müssen. Wir haben uns der Roten Garde angeschlossen, weil sie die Jugendorganisation der Partei ist und wir als Jungendliche unsere Altersgenossen überzeugen müssen. Wir meinen, dass der einzige Weg der sein kann, dass man zunächst sich einmal klar darüber werden muss, was man eigentlich will! Man muss zunächst einmal feststellen, aus welcher Klasse man kommt, ob man Arbeiter, Student oder Schüler oder etwa Handwerker ist. Denn wenn einer Arbeiter ist, hat er andere Interessen, als wenn einer Schüler ist.“

Der Artikel richtet sich auch gegen „kleinbürgerliche Aktionen der SDS-Elite und der sogenannten APO“.

„Die Schüler haben in den letzten zwei Jahren mit den Studenten eine Menge Aktionen gemacht, aber das waren durchweg kleinbürgerliche Aktionen, das heißt Aktionen, die sich aus ihrer Klassenherkunft als Kleinbürger ergeben. Als Kleinbürger war und ist ihr ganzes Denken individualistisch. Ein Schüler macht keinen Streik, um seine Forderungen durchzusetzen, sondern er schreibt Proteste ... Die kleinbürgerlichen Intellektuellen können eben deshalb nicht die Notwendigkeit der Organisierung der Arbeiterschaft zu einer starken Kampforganisation erkennen ... All die Studenten und Schüler sollen erst einmal arbeiten gehen, dann würden sie auch ihre kleinbürgerliche Arroganz verlieren ... Wenn wir uns also organisieren, so nur auf einer einheitlichen Grundlage, damit nicht in kritischen Situationen der eine dies, der andere jene Richtung einschlagen will. Deshalb studieren wir in den Rote-Garde-Kollektiven an den einzelnen Betrieben und in den einzelnen Vororten zunächst sehr einfache, für jeden verständliche und dabei so unheimlich wichtige Werke der Genossen Marx: 'Lohnarbeit und Kapital', Lenin: 'Staat und Revolution', Stalin: 'Grundlagen des Leninismus', Marx: 'Kommunistisches Manifest' ... (ab dem Januar 1970 wurden die Rote Garde Mitglieder in Gelsenkirchen mit diesen Schriften angeleitet, d. Vf.). Diese Werke studieren wir praxisbezogen, das heißt, wir prüfen erst mal, ob das auch stimmt, was die Genossen da sagen. Aber nicht, indem wir wie die Studenten und SDSler uns ins stille Kämmerlein verkriechen und dort analysieren, sondern indem wir in die Massen der Arbeiter gehen und dort in der Praxis prüfen, ob es stimmt. Wir versuchen an möglichst vielen Betrieben und Berufsschulen, solche Kollektive einzurichten ... Wir organisieren uns also erstens aufgrund einer einheitlichen ideologischen Grundlage, das ist für uns der Marxismus-Leninismus und die Mao-Tsetung-Ideen und zweitens nach den Prinzipien des demokratischen Zentralismus, kurzum nach dem demokratischen Modell, das überhaupt denkbar ist und das zudem die Schlagkraft der Organisation keineswegs beeinträchtigt.“

Aufgerufen wurde dazu, sich am 20. 12. 69 in Bochum an einer Vietnamdemonstration zu beteiligen, die unter dem Motto: „Gegen den imperialistischen Vietnamkrieg der USA und für den Sieg der vietnamesischen Revolution im Volkskrieg!“ stehen soll. Der Artikel fordert zuletzt: „Jungarbeiter, Lehrlinge, revolutionäre Intellektuelle: Vereinigt euch in der Roten Garde!“ Als Kontaktadresse ist Peter Weinfurth, Essen angegeben. (33)

Am 20.12. 1969 fand in Bochum die vielleicht größte Vietnamdemonstration aller sog. antirevisionistischen Gruppen im Ruhrgebiet statt. In MAO gibt es dazu eine Reihe von Berichten.

In Bochum fand die von der Konferenz am 6.12.1969 vorbereitete Vietnamdemonstration statt, an der sich auch die Rote Garde (RG) der KPD/ML beteiligt. Die Demonstration ist gleichzeitig Abschluss einer Aktionswoche. Im Anschluss findet eine Konferenz der Ruhrgebietsgruppen statt (an der auch Vertreter des RC Gelsenkirchen teilnahmen, d. Vf.). Laut „Revolutionärer Weg“ versuchte das Komitee Sozialistischer Arbeiter und Studenten (B1) Bochum zur Demonstration ein Bündnis mit der DKP einzugehen (diese Behauptung kann nicht mehr nachgeprüft werden. Die Datenbank MAO hat dazu keinerlei Erkenntnisse, d. Vf.).

Zur Vietnamdemonstration in Bochum, um 15 Uhr ab Husemannplatz, soll auch die DKP aufgerufen haben. Die „Bochumer Studentenzeitung schrieb zu der Demonstration:

„Die Roten Garden des Ruhrgebiets und der Bochumer SDS veranstalteten am 20.Dezember eine zentrale Demonstration für die Vietnamesische Revolution und gegen den US-Imperialismus. Dazu waren alle linken Gruppen von der Ruhr und aus dem Sauerland eingeladen. Die Disziplin der 3 000 Teilnehmer (u. a. war auch der RC Gelsenkirchen mit allen Mitgliedern vertreten, die mit der Straßenbahn anreisten) selbst war gut in dem Sinne, dass die Polizei nicht unnötigerweise provoziert wurde, mit Ausnahme einer Handvoll frustrierter Anarchisten ... Schlecht war die Disziplin, was die äußere Form angeht. Die Roten Garden waren die einzigen, die einen relativ festen Block bildeten. Sie hatten auch die Plakate mit den Köpfen der großen Führer der Internationalen proletarischen Revolution, die in größerer Zahl zu sehen waren, vorbereitet. Die Teilnehmer waren sich, von den wenigen Revisionisten der DKP und des Spartakus abgesehen, über den Sinn dieser Veranstaltung insofern einig, dass es bei dieser Demonstration nicht darum gehen konnte, die außenstehenden Passanten zu agitieren, sondern die organisatorische Zersplitterung der sozial-revolutionären Bewegung des Ruhrgebiets zu überwinden.

Auf dem Treff der linken Gruppen, der eine Woche vorher stattgefunden hatte, wurde klar, dass die Frage nach der Organisationsform die wichtigste Frage für alle Gruppen im Augenblick ist ... Es kommt darauf an, den Massen klar zu machen, dass wir den Kampf gegen unsere Kapitalisten aufnehmen müssen, wenn wir dem vietnamesischen Volk wirklich helfen wollen ... Auf jenem Treff war auch ein Teach-in vorgeschlagen worden, auf dem nach der Demonstration das Konzept der Roten Garden und das des SDS verlesen werden und die Unterschiede von Vertretern der Gruppen diskutiert werden sollten. Der SDS hat keine einheitliche ideologische Grundlage erarbeitet. Ziel seiner organisatorischen Arbeit war bisher die Gründung eines SALZ, eines Sozialistischen Arbeiter- und Lehrlings-Zentrums. Das ist ein loser Zusammenschluss von regionalen Gruppen, die zum Teil sehr unterschiedlicher Auffassung sind. Ebenso sollte eine Zeitung gemacht werden. Das einzig organisatorisch Wichtige am SDS-Konzept war der überregionale Zusammenschluss, der aber schon längst von den Roten Garden durch die Errichtung von Bezirkskomitees erfolgreich praktiziert wird ... Wie notwendig aber die Schaffung einer engen und festen Arbeiterorganisation der Revolutionäre, eines Vortrupps der Arbeiterschaft, d.h. der Aufbau der Kommunistischen Partei (ML) ist, erläuterte der Sprecher der Roten Garde. Gleichzeitig muss die Gründung einer Massenorganisation der Partei erfolgen, in der alle sympathisierenden Kräfte des Volkes mit dem Marxismus-Leninismus vertraut gemacht werden und neue Kader herangebildet werden. Dabei bilden die Betriebszellen den wichtigsten Teil der Massenorganisation.“

Laut MLPD (2) trat die Rote Garde NRW (hauptsächlich in Gestalt der RG Essen) heute erstmalig öffentlich auf und hinterlässt bei vielen Teilnehmern den Eindruck einer geschlossenen Organisation. Der IKD-Regionalbeauftragte Ruhrgebiet verfasste über die Aktion einen Artikelentwurf für „Spartacus“ Nr.9/1969.

„RUHRGEBIETSKONFERENZ IN BOCHUM. Am 20. Dezember fand in Bochum die bisher bedeutendste 'nicht-revisionistische' Vietnam-Demonstration statt, an der sich 1 500 bis 2 000 Demonstranten aus dem ganzen Ruhrgebiet beteiligten. Insofern ist sie durchaus als Erfolg zu werten, wenn auch die Unorganisiertheit, das vollkommene Durcheinander den augenblicklichen Stand der 'Bewegung' im Ruhrgebiet demonstrierten: viele Gruppen, die noch sehr stark der antiautoritären Phase verhaftet sind, wollten dafür sorgen, dass in Bochum 'endlich mal was los ist'. Die Demonstration bewegte sich so im Kreise, keiner wusste, wo es nun eigentlich hingehen sollte, die einzelnen Blocks waren vollkommen desorganisiert, auch der Roten Garde, die vorher durch ihre Ankündigungen so viel Ehrfurcht eingeflößt hatte.

Der Bochumer SDS, der die Demonstration organisiert hatte, lud danach zusammen mit der Roten Garde und anderen Ruhrgebietsgruppen zu einem teach-in über 'die Organisationsfrage'. Die Diskussion wurde zeitweise verunmöglicht durch Zwischenspiele einzelner antiautoritärer und anarchistischer Gruppen; die anfangs 600 Beteiligten splitterten ab.

DIE GRUPPEN IM RUHRGEBIET

Wie schon die Demonstration, so zeigte sehr deutlich das teach-in, dass die einzelnen Gruppen im Ruhrgebiet noch stark der anti-autoritären Phase verhaftet sind, überhaupt keine genaueren Vorstellungen haben, aber oft auch nicht die Notwendigkeit einsehen, solche genaueren Vorstellungen zu entwickeln, um dann eine ZIELBEWUSSTE Arbeit zu entfalten. Die 'Bewegung' im Ruhrgebiet ist vielleicht ein Jahr hinter der in den APO-Hauptstädten Frankfurt und Berlin zurück. Die neuesten Ideen der APO-Häuptlingen in den beiden Zentralen kommen auch hier an, lassen sich aber nicht so 'organisch' wie anderswo in die praktische Arbeit einfügen: die 'Verspätung' der Bewegung bedeutet eben auch, dass die Genossen noch nicht so klar auf die jüngste Ideologie der APO, das Ultralinkstum eingeschworen sind, eben sowenig wie sie fest auf dem Boden des Antiautoritarismus stehen. Ein wesentlicher Grund ist sicherlich der erschwerte Kontakt der einzelnen Städte zu den Universitäten in Köln und Bochum. So gehen die Gruppen meist auf eigene Initiative ohne studentische Hilfestellung zurück. Aber dieser Vorteil ist auch wieder Grund ihrer Schwäche: kein konsequenter Bruch mit dem Sozialdemokratismus (linke Falkengruppen), das Fehlen jeglicher Schulung. So haben die einzelnen Gruppen meist einen wesentlich höheren Prozentsatz proletarischer Genossen als z.B. in Berlin.

Aus der fehlenden Gefestigtheit der Gruppen bei einer relativ neuen, relativ unabhängigen Bewegung, bietet sich nun die Konsequenz an, den alten APO-Fehler zu vermeiden, die Fragen der politischen Perspektive und der Organisation grundsätzlich zu diskutieren. Das hätte am 20. Dezember sicher nur begonnen werden können. Aber das hätte den Sprung der APO (in Gestalt des Bochumer SDS) über ihren eigenen Schatten bedeutet - und das darf nicht sein.
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Politische Bewegung in Gelsenkirchen 1967-1985 Teil 2/6

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DIE POLITIK DES BOCHUMER SDS

Der Bochumer SDS war zu solch grundsätzlicher Diskussion nicht bereit. Die SDSler schauen wie gebannt auf DIE PRAXIS der Gruppen, leiten aus dieser PRAXIS irgendwelche Notwendigkeiten ab, stellen aber nie die PRAXIS selbst infrage, fragen nicht, welche Zielrichtung ihre PRAXIS hat, ob eine revolutionäre Politik nicht eine andere Praxis erfordern würde. Diese Frage klang auf dem teach-in nur ganz kurz an (Hinweise der Bochumer SDSler auf grundsätzliche Fehler einiger Gruppen in der Frage des Berufsbildungsgesetzes (BBiG, d. Vf.), wurde aber im Folgenden überhaupt nicht weiter diskutiert. Auf welchem Niveau die einzelnen Gruppen auch stehen mögen, stets müssen wir die Infragestellung ihrer praktischen Arbeit aufgrund einer allgemein-gesellschaftlichen Analyse verlangen. Die Infragestellung der praktischen Arbeit gehört wesentlich zur Beziehung von Theorie und Praxis und ist damit Voraussetzung jeder revolutionären Politik. Die Diskussion auf dem teach-in lief hingegen wie geplant vollkommen technizistisch, einfacher gesagt: langweilig, hauptsächlich über das nächste Treffen (um dort wahrscheinlich die Diskussion zu führen, worüber man denn dann beim nächsten Mal diskutieren wolle ... ). Es wurde über organisatorische Fragen diskutiert, ohne dass eine politische Basis vorhanden war, auf der die Diskussion hätte ansetzen können.

ROTE GARDE

Die Rote Garde war schon auf der Demonstration weniger straff organisiert aufgetreten, als man das andernorts von ihr gewohnt ist, im teach-in lieferte sie einen Beitrag, der außer der Aufforderung 'Organisiert Euch in der Roten Garde' keine einzige Perspektive für den Kampf der Arbeiterjugend wies.

PERSPEKTIVEN UNSERER ARBEIT

In Berufung darauf, dass eine politische Diskussion über die Köpfe der Anwesenden hinweggehe, dass sie noch nicht reif für eine grundlegende politische Diskussion seien (aber natürlich reif sind, die verworrene APO-Politik OHNE grundsätzliche politische Diskussion zu machen!), erhielt schließlich der zweite Redner der Internationalen Kommunisten Deutschlands auf Beschluss der Mehrheit keine Gelegenheit mehr, die allgemein abgeleitete Perspektive der kommunistischen Jugendorganisation anhand eines Programms von Teilforderungen für den Kampf der Arbeiterjugend zu konkretisieren ...

'Die APO', so hieß es im Beitrag eines IKD-Genossen in Bochum, 'ist im Dilemma von Reformismus und Putschismus gefangen.' Die Ruhrgebietskonferenz hat mit ihrer Weigerung, eine grundsätzliche Diskussion zu führen, dem ersten den Vorzug gegeben. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie das Pendel nach der anderen Seite ausschlägt. IKD-Gruppe Ruhrgebiet.“

Deswegen sollte der SP-Artikel mit IKD-RUHRGEBIET unterschrieben sein. Ich halte es für sinnvoll, als Delegierter der IKD-Ruhrgebiet an der Bochumer Konferenz vom 11.1. teilzunehmen. Wir sollten versuchen, unsere Vorstellungen in der Ruhrgebietszeitung zu entwickeln." Die Lehrlingsarbeit betreibende Gruppe des SDS Bochum berichtete:

„Das Problem der Zentralisierung und Vereinheitlichung der Ruhrgebietsarbeit war uns bereits durch die Köln-Kontakte und die Kontakte mit den Falken-Gruppen (SJD, d. Vf.) gestellt worden. Wir planten im Frühjahr 1970 eine zentrale Ruhrgebietsdemonstration gegen das neue Berufsbildungsgesetz (BBiG, d. Vf.) durchzuführen, was eine rein technische Lösung ohne die ideologische Einheit bedeutet hätte. Die Vietnamdemonstration erschien uns auf Grund fehlender Richtlinien für Agitation und Propaganda wie eines Organisationsplanes als verfrüht angesetzt. Wir erhielten von der Internationalismusgruppe den Auftrag der Vorbereitung des anschließenden Teach-Ins. Ohne das Wesen des Imperialismus klar erfasst zu haben und ohne die Internationalismusfrage durch unsere Praxis gestellt zu sehen, einigten wir uns mit der Internationalismusgruppe auf die Losung: 'Die Revolution in der dritten Welt unterstützen, heißt für euch konkret, die Revolution im eigenen Land voranzutreiben.' In vorbereitenden Diskussionen mit der Roten Garde Essen (RG, d. Vf.) wurden wir zum ersten Mal mit Lenins These der Notwendigkeit einer Kampforganisation zur Führung der Klassenkämpfe in jeder Situation und mit dem Leninschen Plan des Aufbaus der Partei als Kaderpartei konfrontiert; dazu mit der Tatsache, dass dieser Aufbau mit der KPD/ML und der RG als ihrer Massenorganisation der Jugend bereits in Angriff genommen ist.

Der Mangel an Richtlinien für die konkrete Agitation und Propaganda in der Lehrlingsarbeit sowie der Mangel an praktischen Erfahrungen seitens der Roten Garde verhinderte die Auseinandersetzung über die Praxis; unsere Unkenntnis des Marxismus-Leninismus verhinderte eine ideologische Auseinandersetzung, zwang uns jedoch zur Auseinandersetzung mit den marxistisch-leninistischen Prinzipien. Unser Plan eines zentralen Organs wurde durch den Verweis auf Lenin bestätigt, aber Unklarheit blieb in bezug auf die Ruhrgebietszirkel als Adressaten: sollten sie als zukünftige Kader oder als Masse der Jugendlichen angesprochen werden? Inhaltlich war die Vorbereitung des Aufbaus einer Kampforganisation konzipiert, diese wiederum war noch nicht als m.-l.-Kaderpartei bestimmt. Ergebnis dieser Unklarheiten war unsere Rede zum Vietnam-Teach-in. Während die Rote Garde es mit ihrem prinzipienfesten Aufruf nicht schaffte, die Wünsche und Bedürfnisse der Jugendlichen aufzugreifen, liefen wir den Gruppen mit unserer Kritik der Fehler hinterher: Wir forderten auf zu 'intensiver Selbstschulung' ohne ein konkretes Schulungsprogramm, ohne Organisationsplan der Schulung, ohne die Notwendigkeit der ideologischen Vereinheitlichung zu begründen. Wir forderten mit den gleichen Fehlern zur Orts- und Betriebsanalyse auf mit Beibehaltung der ökonomistischen Strategie der Konfliktpolitik in Großbetrieben durch Lehrlingskader nach vorheriger Konsolidierung der einzelnen Gruppen.“ (inwieweit diese Lehrlingsgruppe Kontakte zu Gelsenkirchen hatte, ist z. Zt. noch unklar, d. Vf.). (34)

Deutsche Kommunistische Partei - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (1970)
Aktivitäten der DKP und der SDAJ in Gelsenkirchen waren 1970 nach MAO vor allem: Beteiligung an der vom ULK/SDAJ organisierten Lehrlingsdemonstration im Februar 1970, Schulungen der Friedrich-Engels Gesellschaft vom Februar, Lenin-Veranstaltungen der DKP im April, Berichte von der DFU aus dem Juni, Proteste gegen die Fahrpreiserhöhungen der Bogestra aus dem Dezember.

Am 19.2.1970 gab die DKP die Nr.8/1970 des Regionalteils NRW ihrer „Unsere Zeit“ (UZ) heraus. Danach führten in Gelsenkirchen „die eigene SDAJ, das Unabhängige Lehrlingskomitee (ULK) und u.a. die Jugendvertretung der Schalker Eisenhütte eine Lehrlingsdemonstration mit 200 Personen durch“. Veranstaltungen werden angekündigt von der DFG/IdK Dortmund, der DKP Stadtteilgruppe Duisburg-Neudorf, den SDAJs Dortmund, Essen und Velbert/Neviges sowie der SDAJ und dem Lehrlingskomitee (LK) Köln, von der DFU Düsseldorf, Gütersloh, Oberhausen und Paderborn und der Friedrich Engels Gesellschaft Gelsenkirchen. (35)

Nach einem Bericht der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen vom 22.4., soll am 26.4.1970 eine „Lenin-Veranstaltung” der DKP Gelsenkirchen in Gelsenkirchen stattfinden. (36)

Am 23.4. erneuerte der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen seinen Hinweis auf eine „Lenin-Veranstaltung“ in Gelsenkirchen in einer „Presseinformation“ und verband das mit einer Einladung. (37)

Die DKP will im Rahmen ihrer „Lenin-Tournee“ am 26.4. „eine Veranstaltung mit dem Botschafter der Sowjetunion (SU) durchführen“ (vermutlich war der Bonner Botschafter Semjon Zarapkin gemeint, d. Vf.). (38)

Am 30.5.1970 gab die DKP die Nr.22/1970 des Regionalteils NRW von „Unsere Zeit“ heraus. Veranstaltungen wurden u.a. angekündigt aus Düsseldorf, für Frauen in Gelsenkirchen, von der SDAJ Gruppe Neviges und der DFU Köln. (39)

Die Nr.26/1970 von „Unsere Zeit” der DKP, die am 27.6. erschien, beschäftigte sich u.a. auch mit der DFU Gelsenkirchen. (40)

Die DKP gab am 7.11.1970 ihre „UZ” Nr. 45/1970 heraus. Berichtet wurde u. a. auch von Gelsenkirchen. (41)

Am 21.12.1970 berichtete die DKP in der „UZ“ Nr.1/2 1971 von den Fahrpreiserhöhungen der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG (Bogestra).

„FAHRPREISERHÖHUNG. Bis zum Februar kann die Fahrpreiserhöhung der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG (Bogestra) durch Aktionen abgewendet werden. Dann nämlich will der Aufsichtsrat endgültig beschließen, was er kurz vor Weihnachten anvisierte: 'Angemessene Preiserhöhung!“ (42)

Rote Garde Gelsenkirchen/KPD/ML (1970)
Die KPD/ML in Gelsenkirchen und deren erste Gehversuche, die sie über ihre Rote Garde startete, ist in MAO relativ gut dokumentiert. Sie beteiligte sich zunächst an der ideologischen Fraktionierung, gab zusammen mit der Roten Garde Essen einen „Lehrlingsaufruf” und erste Flugblätter (u. a. „Vereinigt Euch in der Roten Garde”) heraus. Und war wohl auch an der Schrift „Bombardiert das Hauptquartier” beteiligt. Später (etwa im August) brachte die Ortsgruppe Gelsenkirchen die ersten Flugblätter heraus („Herunter mit den Mieten”), die vor dem Schalker Verein und im Stadtteil Hüllen verrteilt wurden. Treffpunkt der Roten Garde war ein Ladenlokal an der Bismarckstraße. An hiesigen Berufsschulen verteilte sie u.a. Flugblätter mit dem Titel „Hinein in die Rote Garde”. Und hatte in den ersten Monaten sogar einen regen Zulauf.

Am 14.2.1970 verfasste Peter Weinfurth, laut „Revolutionärer Weg” Nr.1/1971, einen Brief an den damaligen Landesvorsitzenden der KPD/ML, Willi Dickhut, in dem auch über Gruppen im Ruhrgebiet (u.a. Gelsenkirchen) berichtet wurde. Das Dokument war für Gelsenkirchen deshalb von einer gewissen Wichtigkeit, weil es den Bogen von der PGI, der Vietnamdemonstration und der Fraktionierung von SALZ-Gruppen spannte. Allerdings hatte es nie, wie Peter Weinfurth damals behauptete, eine SALZ Gruppe in Gelsenkirchen gegeben. Gemeint war wohl der Republikanische Club.

Das Dokument lautete: „Über die Machenschaften der B1 (in) Bochum. Entstanden aus den studentischen Streiks 1968/69 an der Uni Bochum hatte sich eine Gruppe unter der Führung von Genger (späterer Politleiter des Zentralbüros, d. Vf.) gebildet, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, von der Uni aus in der Arbeiterklasse Propaganda zu treiben. Sie hatte auch zunächst Erfolg bei einem Großbetrieb, dem Bochumer Verein (Krupp BV - IGM-Bereich, d. Vf.), jedoch gelang es der Gruppe nicht, eine über das Zirkelwesen hinausgehende Form der Organisation aufzubauen. Die Folge war, dass die Gruppe mehr und mehr zerfiel und sie reduziert wurde auf ihre Initiatoren, die studentischen Genossen.

Im Sommer 1969 stießen wir von der Roten Garde (RG, d. Vf.) zum ersten Mal auf die B1. Vorher hatten wir die Rote Garde Arbeit nur in Essen gemacht. Durch die Ereignisse lernte ich die B1 als trotzkistisch ausgerichteten Zirkel kennen. Das ist ganz unbestreitbar und lässt sich durch zig Materialien belegen. Sie treten offen für die Mandelsche Arbeiterkontrolle ein und waren auch in Briefverbindung mit der IV. Internationale. Als sie nun mit ihrer Politik scheiterten, gaben sie ihre trotzkistischen Positionen auf und wurden zu Ökonomisten. Sie gaben die Bochumer Arbeiterzeitung heraus, die bisher in zwei Exemplaren erschienen ist. Ferner gingen sie daran, eine sozialistische Massenorganisation aufzubauen. Zu diesem Zweck setzten sie eine konzertierte Aktion in Gang. Hierbei muss man aber berücksichtigen, dass es jetzt völlig unmöglich ist, die einzelnen Fraktionierungen, die damals von Woche zu Woche sich änderten und die völlig undurchschaubar waren, aufzuzeigen. Sicher ist nur, dass alle Gruppen das SALZ-Konzept unterstützten und sich aktiv an seinem Aufbau beteiligten. Es mag auch sein, dass einzelne Fraktionen das Konzept nicht voll unterstützten, jedenfalls eindeutig lässt sich eine allen verbindliche Linie erkennen, nämlich die ökonomistische:

a.) Die Berliner Ruhrkampagne erschien im Sommer regelmäßig in Bochum, und gemeinsam wurden Analysen erarbeitet. Rabehl war insbesondere dort und war bemüht, sogar zu organisieren. Die Ruhrkampagne hat es sich zum Ziel gesetzt, die Klassenkämpfe im Ruhrgebiet voranzutreiben. Zu diesem Zweck war sie bestrebt, eine sozialistische Massenorganisation aufzubauen. Dies sollte geschehen in der Form von zentralen Kampagnen.

b.) Die erste zentrale Kampagne war die Cuba-Film-Kampagne. Eine Gruppe SDS-ler reiste im Ruhrgebiet und Umgebung herum, bestrebt, den Cuba-Film zeigend, Gruppen zu initiieren.

c.) Christoph Ebner, AStA-Mitglied, reiste derweilen permanent im Ruhrgebiet herum und fertigte eine Analyse der bestehenden linken Zirkel in den einzelnen Städten an.

d.) Nun konnte man zum nächsten Schritt kommen und an den Aufbau der sozialistischen Massenorganisation gehen. Derweilen kamen immer noch des Öfteren Berliner Ruhrkampagneleute nach Bochum. Man setzte als nächste Kampagne die Vietnamkampagne an. Ende Dezember sollte eine große Demonstration (vgl. 20.12.1969, d. Vf.) stattfinden und im Anschluss daran wollte man dann die Massenorganisation ins Leben rufen.

e.) Zudem hatte man einen Plan erstellt, wer von den Studenten wann wo (bei welcher Gruppe) Schulung betreiben sollte. Somit zeichnete sich im Dezember schon das Gerippe einer Massenorganisation ab. Am 6. Dezember wurde eine zentrale Konferenz einberufen, an der Vertreter aller Zirkel teilnahmen, auf der Demonstration wurde ein teach-in abgehalten und nachher am 11. Januar wieder eine Delegiertenversammlung abgehalten. Diese wählte sogar die Redaktion einer Zeitung, die demnächst erscheinen sollte. Wahrscheinlich wäre dieser Versuch, eine sozialistische Massenorganisation aufzubauen, auch ohne unsere Politik gescheitert, denn die inneren Widersprüche der einzelnen Gruppen und Zirkel waren immens, jedoch unser Auftreten hatte zur Folge, dass einerseits das SALZ als Konzeption gestorben ist, dass andererseits der Ökonomismus ideologisch geschlagen und liquidiert ist. Unsere Politik kennzeichnete sich dadurch, dass wir bestrebt waren, übrigens zur gleichen Zeit, wie die zweite zentrale Kampagne anlief, überregional im Ruhrgebiet zu organisieren. Dabei ist zu sagen, dass wir außerordentlich schwach waren und eigentlich überhaupt nicht in der Lage sein konnten, gegen immerhin 35 Zirkel und doch einigermaßen qualifizierte Studenten als Führer dieser Zirkel anzukommen. Zunächst organisierten wir auch parallel zueinander.

Jedoch lässt sich sagen, dass wir im Dezember für sie überraschend eine Stärke gewonnen hatten, die sie zwang, mit uns bei der Durchführung der Dezemberdemonstration ein Bündnis einzugehen. Hatten sie bisher unangefochten das Zirkelwesen angeführt, sowohl ideologisch als auch organisatorisch und politisch, stellt die B1 und die ihr angelagerten Zirkel auch tatsächlich praktisch die einzige Gruppe in NRW dar, die in der Lage war, die linke Bewegung zu führen, so war jetzt eine völlig neue Lage entstanden. Eine Gruppe war aus dem Nichts entstanden, die ideologisch es mit jedem aus der B1 aufnehmen konnte, die man also als die tatsächlich am weitesten fortgeschrittene Gruppe bezeichnen konnte. Diese trat jetzt an die Öffentlichkeit und machte der B1 den Führungsanspruch streitig. Somit entwickelte sich die Vietnamdemonstration zu einer Kraftprobe zwischen Roter Garde und B1. Wir agitierten die B1 als führendes Zentrum einerseits, was ihren Ökonomismus anging, tatsächlich eine Massenorganisation aufzubauen.

Wir hatten damit durchschlagenden Erfolg. Wir konnten ein klares Konzept darlegen, wir vertraten den fortgeschrittenen Standpunkt der straffen Organisation und zeigten dies auch praktisch in der Durchführung der Demonstration. Wir hinterließen somit einen bleibenden Eindruck bei den Massen, während die B1 im Grunde nur die bisherige SDS-Praxis von Bochum auf das Ruhrgebiet ausdehnte. Als dann die entwickelsten Gruppen des SALZ zu uns übertraten (Dinslaken, Gelsenkirchen, Hagen) war es endgültig aus, das SALZ war tot und die Rote Garde war wesentlich gestärkt (was Dinslaken anbelangt, so gab es dort im Januar/Februar einen Rote Garde Stützpunkt, der aus einigen Genossen bestand, die sich jedoch spätesten im April wieder von der Organisation trennten, d. Vf.). Sie hatte sich zur führenden Kraft entwickelt und ihre Aufgabe wird es in der nächsten Zeit sein, diesen Führungsanspruch, zum ersten Mal auf der Demonstration unter Beweis gestellt, auch in Zukunft zu behaupten.

Die weitere Entwicklung war nun dadurch gekennzeichnet, dass die B1 nun unbedingt versuchen musste, uns die errungene Führung wieder zu nehmen. Offensichtlich wählte sie den zweiten Weg. Am 11. Januar 1970 wurde in Bochum öffentlich Selbstkritik geübt und man setzte sich vom Ökonomismus ab. Man sagte, die Hauptaufgabe wäre der Aufbau der marxistisch-leninistischen Partei. Dabei will man sich aber nicht uns anschließen, sondern parallel zu uns eine Unione aufbauen. Dass man sich nicht uns anschließen will, begründet man mit der Behauptung, bei uns gebe es Fraktionen und sie wollten sich mit der proletarischen Fraktion zusammenschließen, um die sektiererische zu bekämpfen ... Es scheint, dass die B1 durch die Herausgabe ihrer Zeitung (die ehemalige SALZ-Zeitung) versuchen will, uns ideologisch zu schlagen, sich so ihren Einfluss bei den Zirkeln zurückerobern will und nebenbei noch bereit ist, mit Methoden zu arbeiten, die der Beschreibung spotten.

Allein, dass sie ihr Papier verbreiten wollen, und damit überall ausposaunen, in der KPD/ML gebe es Fraktionen und ferner gar nicht daran denken, mit uns irgendwie zusammenzuarbeiten, sondern uns arrogant von oben herab behandeln und nur unter ganz bestimmten Umständen sich herablassen, mit uns zu fusionieren. War also die Situation im Dezember dadurch gekennzeichnet, dass wir uns die Führung erkämpften, was sich darin zeigte, dass wir zu ihnen gingen und wir sie um Diskussion baten. Jetzt ist die Situation genau umgekehrt, die B1 versucht, uns die Führung wieder abzunehmen, was sich darin ausdrückte, dass sie zu uns kommt und um Diskussion bittet. Wir haben gestern eine lange Diskussion, ein Informationsgespräch mit der B1 in Essen geführt ... Das Fazit des Gespräches war, dass wir in den grundlegenden ideologischen Fragen einer Meinung sind, dass aber die B1 noch prüfen will, wie die Sache mit den falschen Linien und Fraktionen bei uns ist und erst dann entscheiden will, ob sie bei uns mitmachen will oder nicht, aber in jedem Falle ansonsten die Politik verfolgt, im Zirkelwesen eine marxistisch-leninistische Schulung und Propaganda zu entfalten und das vor allem durch ihr Kaderorgan machen will. Sehr wichtig ist ferner, dass die Berliner Ruhrkampagne nach der Erstellung des Papiers mit 5 Leuten ins Ruhrgebiet kam, um die B1 davon abzuhalten, was in dem Papier fixiert ist. So ist auch das Zurückweichen der B1 gestern einzustufen.

Es ist sogar durchaus möglich, so scheint es, die Ruhrkampagne vollständig von der B1 zu isolieren, wir werden dazu in der nächsten Woche ein Informationsgespräch führen. Auf der anderen Seite setzt sich der Prozess fort, dass die entwickelten Zirkel zu uns überlaufen. Eine Gruppe Studentinnen aus Bochum, die noch im Dezember 1969 maßgeblich und aktiv die Vietnamdemonstration durchgeführt hatte, hat inzwischen ihre Fehler eingesehen, will sie korrigieren und nun sich aktiv am Aufbau der Roten Garde beteiligen (gemeint ist wahrscheinlich ein Teil des ehemaligen Weiberrates des SDS-Bochum, ein Teil der Kommune Kohlenstraße, der Kommune Bongardstraße, d. Vf.) ... Ein weiteres Beispiel, wie isoliert in Wirklichkeit die B1 ist, besteht darin, dass ein führendes Mitglied der B1, nach eigenen Angaben ihr ehemaliger Chefideologe, ein Student, ebenfalls ihnen den Rücken zugewandt hat und in der Roten Garde mitarbeiten will. Er kommt ebenfalls mit wirklich ehrlichen Absichten zu uns und setzt sich vor allem von der neuesten Strategie der B 1 entschieden ab.“ (43)

Im März 1970 wurden laut MLPD (2) „Mitglieder der B1 Bochum vom Landeskomitee (LK) der Roten Garde (RG der KPD/ML) NRW in die Organisation aufgenommen und auf Rote Garde Gruppen im Ruhrgebiet verteilt, wo sie grundorganisiert werden“. Nach unserem Kenntnisstand handelt es sich dabei u.a. um die Ortsgruppen Recklinghausen, Gelsenkirchen, Essen und Bochum/Wattenscheid. (44)

Ebenfalls im März 1970 wurde von der Roten Garde (RG) Gelsenkirchen der KPD/ML das erste Flugblatt überhaupt herausgegeben. Es wird vor Gelsenkirchener Berufsschulen mit dem Ziel verteilt, „Handelsschüler, Lehrlinge und Jungarbeiter in der Roten Garde“ zu organisieren. Der Titel des Flugblatts lautet: „Vereinigt euch in der Roten Garde“. Die Rote Garde Gelsenkirchen änderte kurze Zeit später ihren Namen in KJVD Gelsenkirchen der späteren KPD/ML-ZB. (45)

Wohl am 4.3.1970 verfasste die RG Gelsenkirchen der KPD/ML den Aufruf „Das Hauptquartier bombardieren“, in dem die liquidatorische Linie in der KPD/ML angegriffen wird. Diese würde dafür eintreten, dass die Landesleitung Berlin der KPD/ML über die Rote Garde zu bestimmen habe, wodurch die organisatorische Selbstständigkeit der Roten Garde vernichtet wird. In ihrer Opposition gegen die Liquidatoren, für die sich bald, nach einem ihrer Führer - Ezra Gerhard - , der Name 'Ezristen' einbürgern wird, weiß sich die RG NRW einig mit der KPD/ML NRW und den Landesverbänden Niedersachsen von KPD/ML und Roter Garde. Da zu einigen Landesverbänden kein Kontakt bestehe, habe man sich mit diesen noch nicht abstimmen können, dennoch sind die Verfasser zuversichtlich, dass auch die anderen Landesverbände von KPD/ML und RG ihre Position teilen werden.

U.a. hieß es: „Der Landesverband Nordrhein-Westfalen ruft hiermit alle Rotgardisten in Deutschland dazu auf, den Kampf aufzunehmen gegen die Partei- und Rote Gardefeindliche Fraktion, die die Führung der Roten Garde in einem Landesverband und auf Bundesebene usurpiert hat und seit geraumer Zeit dabei ist, die Rote Garde zu liquidieren. Ihr Ziel ist es, die Rote Garde Bewegung zu zerschlagen. Sie erklären offen, dass sie es nicht für schlimm halten, wenn sie die Rote Garde liquidieren und behaupten, die Rote Garde dürfe jetzt keine Massenorganisation sein. Sie sind objektive Agenten der Bourgeoisie. Sie tarnen ihre konterrevolutionären Absichten mit revolutionären Phrasen, indem sie behaupten, man dürfe die Rote Garde nicht aufbauen solange man noch keine Klassenanalyse habe. Sie tarnen die Errichtung ihrer bürgerlichen Diktatur über die Rote Garde mit der Erklärung, die Rote Garde dürfe jetzt keinen demokratischen Zentralismus haben. Deshalb solle die Partei- Landesleitung Berlin über alles in der Roten Garde bestimmen. Damit verraten sie die Grundprinzipien der III. Kommunistischen Internationale über die Jugendorganisation! Sie haben eine reaktionäre Linie geschaffen, die mit dem Marxismus-Leninismus nichts mehr gemein hat. Sie haben die Grundprinzipien des Marxismus-Leninismus über Bord geworfen und in einer solchen Lage haben alle Marxisten-Leninisten die Pflicht, diese liquidatorische Richtung zu zerstören ... Wir rufen alle Rotgardisten dazu auf, alles daranzusetzen, die Liquidatoren zu stürzen! Entfaltet die Massenkritik! Leitet eine groß angelegte Kampf-Kritik-Umformung ein! Reorganisieren wir die Rote Garde!“

In dem Aufruf wurde weiter gegen drei entscheidende Punkte polemisiert, die auch als die eigentlichen Gründe für die Spaltung der KPD/ML anzusehen sind:

1. Frage des Verhältnis von Theorie und Praxis.
2. Verhältnis von Parteiorganisation zur Jugendorganisation (Demokratischer Zentralismus).
3. Verhältnis von Intelligenz zur Arbeiterklasse.

Abgedruckt wurde dieser Aufruf in einer bisher unbekannten Zeitung mit dem Namen „Bolschewik - Theoretisches Organ der Roten Garde“ (vgl. 7.3.1970). (46)

Im Mai 1970 berichtete der KJVD Gelsenkirchen (die Umbenennung in KJVD erfolgte auf einer Konferenz in Bochum vom 18.-20. 4.1970, d. Vf.) davon, dass „in den kleinen Klitschen ein 13-Stunden-Tag nichts außergewöhnliches (ist). So kennen die Lehrlinge in einer Gelsenkirchener Firma nichts anderes.“ (47)

Später, am 12.5.1970, berichtete der KJVD im „Kampf der Arbeiterjugend” N. 2/3 1970 vom August:

„LEHRLINGSSTREIK IN GELSENKIRCHEN. Am Dienstag streikten in der Gelsenkirchener Kleinfirma Neuhaus die Lehrlinge und Angestellten. Sie halten den Betrieb praktisch in Gang, denn ohne sie sind der Meister und die beiden Gesellen völlig hilflos. Einige der Lehrlinge sind im Kommunistischen Jugendverband Deutschland organisiert. Sie hatten erkannt, dass sie dadurch ihre Interessen gegen das Kapital am besten vertreten, dass sie sich zusammenschließen in einer starken Kampforganisation, dem KJVD. Sie wussten, dass ein Einzelner hilflos gegen die Macht des Kapitals ist.

So organisierten sie den Streik gegen den Kapitalisten Neuhaus. Neuhaus beutet die Lehrlinge systematisch aus. Sie müssen nicht nur täglich 8 Stunden und 10 Minuten arbeiten, sondern darüber hinaus noch jeden Tag bis zu zwei Stunden die ganze Werkstatt aufräumen, putzen, fegen, die Toilette reinigen und Wagen waschen. Es gibt nur ein kleines Waschbecken für alle Lehrlinge. Als ein Lehrlinge vergessen hatte, sich abzumelden, als er abends nach Hause ging, befahl Neuhaus ihm, in der nächsten Woche den sogenannten Wochendienst zu machen, also die ganze Klitsche von vorn bis hinten aufzuräumen. Außerdem hatte Neuhaus die Erhöhung der Ausbildungsbeihilfe erst ab Januar 1970 und nicht ab Dezember 1969 bezahlt, was eine Einbuße von 65 DM bzw. 90 DM für die Lehrlinge bedeutet. Die Angestellten sind drei Gehaltsstufen zu tief eingestuft worden. Das bedeutet, dass sie monatlich 500 DM zu wenig bekommen.

Das wollten sich die Lehrlinge und Angestellte nicht länger bieten lassen. Sie traten in den Streik, weil sie - der Parole der KJVD folgend, dass Streik ein sehr wirksames Mittel gegen die Kapitalisten ist, viel wirksamer als bloße Verhandlungen und Mauscheleien . wissen, dass Neuhaus auf sie angewiesen ist, dass er ohne sie pleite gehen wird und so gezwungen ist, auf ihre Forderungen einzugehen.“

Der KJVD revidiert später seine Angabe über „einige“ Mitglieder bei Neuhaus in derselben Publikation, aber in einem anderen Artikel: „Wäre der eine Lehrling nicht im KJVD gewesen, dann wäre es dort nie zum Streik gekommen.“

Selbstkritisch berichtet die KDAJ-Redaktion des KJVD von ihren Fehlern: „Ein zweites Beispiel ist der Artikel zum Lehrlingsstreik in Gelsenkirchen selbst. Hier hätten wir beispielsweise darauf hinweisen müssen, dass der ganze Streik zwar eine Menge Vorteile brachte für die Lehrlinge und Angestellten bei Neuhaus, dass diese Vorteile aber lediglich auf dem WIRTSCHAFTLICHEN Gebiet liegen und nichts an der POLITISCHEN Lage der Lehrlinge ändern:

Unter diesem Gesichtspunkt nützen die ganzen Werkzeuge gar nichts, die Neuhaus den Kollegen jetzt stellen muss, nutzen die paar Pfennige mehr überhaupt nichts: Immer noch müssen sie genauso wie früher ihre Arbeitskraft an einen, wenn auch kleinen, Kapitalisten verkaufen, der die Produktionsmittel besitzt und von dem sie total abhängig sind.

Auf den Putz gehauen wurde auch ganz schön in dem Artikel: Zum Beispiel waren nicht 'einige', sondern nur EINER von den Lehrlingen im KJVD organisiert. Weiterhin kamen die Lehrlinge zum KJVD, weil SIE streiken WOLLTEN: der KJVD hat sie lediglich in dieser Absicht bestärkt, als ihnen dann doch wieder Zweifel kamen.“ (48)

Am 13.5. berichtete der KJVD ebenfalls von KFZ-Neuhaus Gelsenkirchen: „Sie verteilten (die Arbeiter und Angestellten, d. Vf.) zusammen mit einigen KJVDlern Flugblätter an allen umliegenden KFZ-Betrieben, und informierten die Kollegen über den Streik bei Neuhaus. Sie forderten:

- Strikte Einhaltung des Achtstundentages! Keine Überstunden mehr!
- Die Werkzeuge müssen von der Firma gestellt werden!
- Kein Putzen und Fegen des Frühstücksraumes und der Toiletten!
- Einstufung der Angestellten in Lohngruppe 4!
- Nachzahlung der vorenthaltenen Erhöhung der Ausbildungsbeihilfe!

Zusammen mit den Genossen vom KJVD gingen die Lehrlinge, die alle Mitglieder der IG-Metall seien, zur Gewerkschaft. Sie legten dem Gewerkschaftsvertreter ihre Forderungen vor. Er stellte sich voll hinter die Forderungen der Lehrlinge und unterstützte ihren Streik gegen den Kapitalisten Neuhaus. 'So etwas wirkt Wunder. Was ihr getan habt, war genau richtig!' Er sagte, dass er zwar nichts Juristisches gegen Neuhaus machen könne, da der Streik illegal sei, dass er aber mit der Kreishandwerkerschaft verhandeln wolle und sich voll für die Lehrlinge einsetzen würde.

Er tat also seine Pflicht, nicht mehr, trotz seiner schönen Worte. Das zeigte sich ganz klar daran, dass er nichts dafür unternahm, die einzige Forderung, die über gesetzlich festgelegten Rahmen hinausging, durchzusetzen. Die Nachzahlung der Erhöhung der Ausbildungsbeihilfe für Dezember 1969 wurde nicht durchgesetzt, da die Erhöhung nicht in einem Tarifvertrag festgelegt, sondern nur eine Empfehlung war.

Daran sehen wir, dass nicht die Gewerkschaften die Arbeiterklasse verraten haben, sondern nur die rechten Gewerkschaftsbonzen. Die Lehrlinge folgten den Parolen des KJVD: MACHT DIE GEWERKSCHAFTEN WIEDER ZUR KAMPFORGANISATION DER ARBEITERKLASSE! ENTLARVT DIE RECHTEN GEWERKSCHAFTSBONZEN. Sie kämpften in ihrer Massenorganisation, der IG-Metall, gegen die Kapitalisten.

Bei den Verhandlungen zeigte sich, dass die Lehrlinge nicht bereit waren, von ihren Forderungen abzugehen. Neuhaus und die Herren von der Kreishandwerkskammer mussten auf die Forderungen der Lehrlinge und Angestellten eingehen, und die Lehrlinge brauchen jetzt keine Überstunden mehr machen und nicht mehr die Bude zu fegen.

Der Streik bei Neuhaus ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass die Jungarbeiter und Lehrlinge, wenn sie sich nur von den Mao Tse-tung-Ideen leiten lassen, wenn sie sich im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands zusammenschließen, Erfolge im Kampf gegen die Kapitalisten erringen werden. Es zeigt sich, dass es von enormen Vorteil für jeden Jungarbeiter und Lehrling ist, sich dem KJVD anzuschließen, denn er schließt sich einer Organisation an, die kompromisslos die Interessen der Arbeiterklasse vertritt. Zum ersten Mal wurde im Falle des Streiks bei Neuhaus der Durchbruch erzielt. Unter der Führung des Kommunistischen Jugendverbands kämpften die Lehrlinge in der Gewerkschaft erfolgreich gegen die Kapitalisten. Der Misserfolg bei der letzten Forderung kann für uns nur ein Ansporn sein, die Organisation der Jungarbeiter und Lehrlinge noch mehr zu stärken, damit beim nächsten Mal alle Forderungen auch erfüllt werden. Der Erfolg der Lehrlinge bei Neuhaus wird viele Lehrlinge veranlassen, Mitglied im KJVD zu werden.“ (49)

Zum 15.5.1970 gaben die KPD/ML-ZB und ihr KJVBD erstmals ihren „Kommunistischen Nachrichtendienst“ heraus. Auf den 12 Seiten im DIN A4 Format wurde u.a. zunächst aus NRW berichtet über einen Lehrlingsstreik in Gelsenkirchen. (50)

Am 25.5.1970 berichtete der KJVD der KPD/ML-ZB vermutlich aus dieser Woche über die Folgen des Streiks bei Neuhaus Gelsenkirchen. Ausgeführt wurde: „Kurze Zeit nach dem Gelsenkirchener Lehrlingsstreik erhielt der in den KJVD-Flugblättern als Verantwortliche benannte Genosse einen Brief vom Rechtsanwalt des Herrn 'KFZ-Meister Erwin Neuhaus, Gelsenkirchen', in dem unter anderem zu lesen stand: 'Den Betrieb meines Mandanten als 'kleine Klitsche' zu bezeichnen, stellt eine Beleidigung und somit einen Verstoß gegen Paragraph 185 StGB dar ... Wenn Sie darüber hinaus Herrn Neuhaus als 'Ausbeuter' und 'Kapitalisten' bezeichnen, so würde dies sicherlich auch eine Beleidigung bedeuten, wenn der Ausdruck von anderen gebraucht worden wäre.'

Also, „Klitsche“ darf man auf keinen Fall sagen (der Mammutkonzern Neuhaus ist wahrscheinlich gerade dabei, die ganze Branche aufzukaufen), aber 'Ausbeuter' und 'Kapitalist' darf man sagen: Falls man ein Kommunist ist allerdings nur ... Der Herr Rechtsanwalt war der Meinung, dass 'die ausgesprochenen Beleidigungen mit dem Ausdruck des Bedauerns' zurückgenommen werden müssten, und dass 'Gebühren' u. ä. von 37,77 DM bezahlt werden müssten. Das KJVD-Mitglied war nicht der Ansicht und teilte dass Herrn Neuhaus' Erfüllungsgehilfen schriftlich mit. Der ließ seitdem nichts mehr von sich hören. Eins zeigt sogar diese kleine Sache: Dass das herrschende Recht immer das Recht der Herrschenden ist, wie es Karl Marx einmal ausdrückte.“ (51)

Im Juni 1970 erschien die Nr.271970 der Zeitung „Der Kampf der Arbeiterjugend“. Aus NRW wurde über den KJVD Gelsenkirchen berichtet. (52)

Im Juli 1970 berichtete das KJ-Inform (nationale Leitung des KJVD, d. Vf.) in seinem „Agit-Prop-Rundschreiben“ Nr. 1/1970 über den KJVD Gelsenkirchen und deren Beteiligung bei den Neuhaus-Aktionen. (53)

In der Nr. 3/1970 seiner Zeitung „Der Kampf der Arbeiterjugend“ vom 1.8. wurde auch über den KJVD Gelsenkirchen und seiner Beteiligung am Neuhaus-Streik berichtet. (54)

Im Juli/Anfang August 1970 wurden vermutlich auch die ersten Aktivitäten der Ortsgruppe Gelsenkirchen der KPD/ML bekannt. Ein erstes Flugblatt lautete: „Herunter mit den Mieten“. Zu diesem Zeitpunkt kommt es immer wieder zu kleinen Scharmützeln mit der DKP bei kleineren Aktionen in Gelsenkirchen. (55)

In der 4/1970 des „KDAJ“ vom September 1970, wurde auch über den KJVD Gelsenkirchen berichtet. (56)

Am 5.12.1970 „provozierte die NPD am 5.12. (laut KPD/ML-ZB) „mit einem Korso von fast 100 Autos quer durch die Essener Arbeiterviertel die Arbeiter. Gegen diese Faschistentrupps schlossen Vertreter von verschiedenen demokratischen Gruppen mit der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten und dem Kommunistischen Jugendverband Deutschland ein Aktionsbündnis in der 'Demokratischen Aktion'. Die KJVD Ortsgruppe Gelsenkirchen nahm an dieser Aktionseinheit teil.“

KPD/ML-ZB und KJVD berichteten auch: „Am Samstag, 5.12., sollte in Essen eine faschistische Aktion Widerstand für das Ruhrgebiet gegründet werden. Die NPD hatte am Samstag zu einem Autokorso durch Essen aufgerufen. Das hatte die Stadtverwaltung zuerst verboten, das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte jedoch dieses Verbot wieder aufgehoben und gleichzeitig eine Empfehlung ausgesprochen, sämtliche Gegendemonstrationen zu verbieten: An diesem Beispiel zeigt sich deutlich, wie die Justiz in der BRD die Faschisten unterstützt und fördert und die antifaschistischen Kräfte zu unterdrücken versucht. Der Autokorso der NPD wurde durch antifaschistische Demonstranten aus allen Schichten der Bevölkerung aufgehalten: Sie rissen die NPD-Plakate von den Wagen und schlugen zum Teil die Windschutzscheiben ein. Die antifaschistischen Demonstranten wurden von der Bevölkerung unterstützt - so brachten Hausfrauen Eier und Äpfel zum Werfen. Die Gründungsveranstaltung der Aktion Widerstand fand danach nicht statt.“

In einem weiteren Bericht der KPD/ML-ZB hieß es: „Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte diese Demonstration erlaubt mit folgenden Begründungen: die NPD sei nicht verfassungswidrig, habe also Versammlungsrecht. Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehe nicht durch die NPD, sondern durch Störungen ihrer Veranstaltungen ihrer politischen Gegner. Außerdem richte sich der NPD-Autokorso gegen den deutsch-polnischen Vertrag und damit gegen einen 'außergewöhnlich wichtigen Vorgang für die Gesamtheit des Volkes' - 'es liegt daher im legitimen Interesse der Antragstellerin (NPD), als einer nicht verbotenen Partei, dass sie durch den geplanten Demonstrationszug nach ihren Vorstellungen auf die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Einfluss zu nehmen sucht.

Vertreter der demokratischen Bewegung gegen die Faschisten (IdK, DKP, SDAJ, Spartakus (AMS, d. Vf.), Spartacus, Jusos (der SPD, d. Vf.)) vereinigten sich mit der KPD/ML und dem KJVD in einer 'Demokratischen Aktion', um gegen die NPD aufzutreten. Der KJVD übernahm die Aufgabe, ein Flugblatt für die Krupp-Betriebe (IGM-Bereich, d. Vf.) herauszugeben, während DKP und IdK ein Flugblatt in der Innenstadt vertreiben wollten. Im Flugblatt der KPD/ML und des KJVD wurde der Zusammenhang zwischen der Krise des Kapitalismus, der SPD und den Faschisten als Stütze der Kapitalisten geschildert, mit dem Ergebnis: 'Die Arbeiterklasse - einzig konsequenter Feind der Faschisten.
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Politische Bewegung in Gelsenkirchen 1967-1985 Teil 3/6

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Der KJVD organisierte auch die Kundgebung der 'Demokratischen Aktion' im Arbeiterviertel Frohnhausen: Zwei Stunden lang diskutierten die Genossen des KJVD aus mehreren Städten mit Arbeitern, die aufgrund des Flugblattes gekommen waren oder dort wohnten, verteilten Flugblätter und verkauften viele Rote Fahnen und trugen dazwischen über Megaphon Berichte aus dem KND über bisherige Aktionen der Faschisten und das Verhalten der SPD vor.

Die 'demokratischen Kommunisten' der DKP und IdK usw. zerschlugen zwar später den NPD-Autokorso, aber sie verbanden ihre antifaschistischen Aktionen nicht mit der Agitation unter der Arbeiterklasse, sondern spalteten sogar die Aktionseinheit gegen die Faschisten: Die Essener IGM-Führung und die anderen Organisationen riefen nicht zu der in der 'Demokratischen Aktion' beschlossenen Kundgebung auf, sondern zu mehreren zersplitterten Treffpunkten und einem Gegen-Autokorso: So erweisen sich Sozialfaschisten, Reformisten und Revisionisten auch in der Aktionseinheit gegen die Faschisten als übelste Spalter.“

Die DKP Essen/Gelsenkirchen meinte:

„NPD PLANT ERNEUT: PROVOKATION IN ESSEN
Wie der Bezirksvorstand der Deutschen Kommunistischen Partei Ruhr-Westfalen erfahren hat, will die NPD zusammen mit anderen neofaschistischen Elementen am Samstag, den 5. Dezember 1970 in Essen die Terror-Organisation 'Aktion Widerstand' (AW, d. Vf.) für das Ruhrgebiet gründen. Ursprünglich sollte dieses Vorhaben in der Essener Gruga-Halle verwirklicht werden. Nach massiven Protesten demokratischer Bürger und Organisationen ließ die NPD diesen Plan fallen. Stattdessen wollen sich die Neofaschisten nun am 5. Dezember um 10 Uhr in Essen-Kray treffen, um von dort aus, ähnlich wie in Würzburg, mit Hetzparolen durch Essen zu demonstrieren.

Bekanntlich demonstrierten in Würzburg NPD- und CSU-Anhänger gemeinsam mit Transparenten durch die Stadt, auf denen offen zur Ermordung des Bundeskanzlers Willy Brandt aufgefordert wurde. In Essen soll diese Mordhetze gegen alle, die für die Ratifizierung des Moskauer Vertrages eintreten, fortgesetzt werden. Nach demonstrativen Aktionen gegen die Verständigung mit der Sowjet-Union und der Volksrepublik Polen wollen sich die Neofaschisten um 14 Uhr im Lokal 'Kuhaupt', 43 Essen-Kray, Am Bocklerbaum 23, Tel.: 59 12 66, wieder treffen, um die 'Aktion Widerstand' zu gründen. Als Mittagessen ist eine großdeutsche Erbsensuppe vorgesehen.

Aus bisher völlig unverständlichen Gründen hat der Essener Polizeipräsident den Neofaschisten sowohl die Demonstrationen als auch die Versammlung bei 'Kuhaupt' genehmigt, obwohl ihm bekannt sein dürfte, dass die Veranstalter mit ihrer Mordhetze nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen zahlreiche Bestimmungen des Strafgesetzbuches verstoßen. Alle wahrhaft demokratischen Kräfte bewerten die bevorstehende Aktion der Neofaschisten als eine ungeheuerliche Provokation. Dies umso mehr, als vor den Bundestags-Wahlen im Ruhrgebiet zehntausende Demokraten gegen das Auftreten der Neofaschisten protestierten.

Die DKP wendet sich an alle demokratischen Kräfte: Verhindert die am 5. Dezember geplanten neofaschistischen, kriminellen Aktionen! Die DKP wendet sich vor allem an die SPD, die Gewerkschaften und die demokratischen Jugendorganisationen mit dem Angebot, in gemeinsamen Aktionen das Rechtskartell zu stoppen und einer Politik der Entspannung und der europäischen Friedenssicherung den Weg zu bahnen ... “ (57)

KAB/ML, Rote Arbeiterjugend, RFO Saarland, SBG Regensburg (1970)
Im Berichtszeitraum für 1970 gab es in Gelsenkirchen wenige Aktivitäten anderer Gruppen. Erwähnenswert erschienen nur einige Äußerungen der „Roten Fahne“ des KAB/ML und der „Roten Arbeiterjugend“ (Zeitung des Aktionskreises Lehrlinge Mainz), der RFO-Organisation Saarland, der „Sozialistischen Betriebskorrespondenz“ und der „Arbeitersache“ gewesen zu sein.

Im Juli 1970 berichtete der KAB/ML in seinem Zentralorgan „Rote Fahne“ über Gelsenkirchen. (58)

In der Nr.1/1970 der „Roten Arbeiterjugend“ vom August 1970, wurde über „des mit uns befreundeten 'Kommunistischen Jugendverband Deutschlands“ bei Neuhaus Gelsenkirchen berichtet. (59)

Die Rote Fahne-Organisation (RFO) Saarland bzw. die Sozialistische Betriebsgruppe der Röchlingschen Eisen- und Stahlwerke Völklingen berichtete in ihrer „Roten Fahne“ Nr. 7/1970 vom August auch über Gelsenkirchen. (60)

Am 1. August 1970 berichtete die „Sozialistischen Betriebskorrespondenz“ in der Nr. 4/1970 über Gelsenkirchen. (61)

In der „Arbeitersache“ (Regensburg) vom 22.9.1970 wurde von der SBG Regensburg u.a. auch über Gelsenkirchen berichtet. (62)

Deutsche Kommunistische Partei - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (1971)
Aus den ersten Monaten des Jahres 1971 liegen in MAO zunächst Berichte der verschiedenen marxistisch (leninistischen) Gruppen über den Roten Punkt vor. Hier werden sie nicht mehr besonders erwähnt, da eine Arbeit über den Roten Punkt 1971 in Gelsenkirchen bereits vorliegt. (63) Darüber hinaus gab es wiederum viele Berichte in den diversen Zeitungen. Wichtig waren die Justizkampagne der DKP und verschiedene Aktionen gegen die Einstellung des Verfahrens im Rahmen des RP gegen Manfred Kapluck.

Die DKP berichtete am 13.1. in ihrer „UZ“ über Gelsenkirchen und die Rote Punkt Aktion. (64)

Vom 30.1. liegen von der DKP in der „UZ“ Nr. 5/1971 ebenfalls einige Berichte über Gelsenkirchen vor. Wiederum gab es auch Berichte über die ARP und die Verweise auf „Demonstrationen in vielen Städten“. Berichtet wurde dort auch über die Jusos der SPD in Gelsenkirchen, den Falken, Naturfreundejugend (NFJ, d. Vf.), den Jungdemokraten (Judos der FDP, d. Vf.), Schülern und Studenten und einer „Gelsenkirchener Bürgerinitiative“. Allerdings war nicht bekannt gemacht worden, um welche es sich hier handelt. Zu vermuten wäre, dass sie sich entweder im Rahmen der Agitation gegen Müllverbrennungsanlagen gebildet hat, oder zur ARP
gehörte. (65)

Die DKP brachte am 6.2.1971 ihre „UZ“ Nr.6/1971 heraus. Berichtet wurde neben den Aktionen des Roten Punkt auch über die beabsichtigte Preiswelle bei der Bundesbahn (Standorte Gelsenkirchen/Gladbeck) und der Gelsenkirchener Schülermitverwaltung. (66)

Neben vielen weiteren Berichten der DKP in „Unsere Zeit“, lud sie auch ab dem März 1971 verstärkt dazu ein, an Schulungen teilzunehmen, die sich auch im Rahmen der ARP mit einer Justizkampagne beschäftigen sollen, so in einer „Presseinformation“ vom 29.3. (67)

Am 3.11.1971 gab der Bezirksvorsitzende des DKP Bezirkes Ruhr-Westfalen, Manfred Kapluck, auf einer Bezirksdelegiertenkonferenz, laut dem Bezirksvorstand, eine Erklärung zu den Roter-Punkt (ARP) Prozessen in NRW wegen der Fahrpreisaktionen im März und April 1971 ab. Danach soll er erklärt haben:

„Uns ist bekannt, dass etwa 1 120 Verfahren gegen Teilnehmer der Protestaktion 'Roter Punkt' eingeleitet wurden. Erste Urteile wurden gesprochen. Vorwiegend sind junge Menschen betroffen, vor allem Lehrlinge, Schüler und Studenten. Die seinerzeitigen Attacken der Polizei gegen Demonstranten und die gegenwärtigen Verfahren der Justiz gehen zurück auf eine Forderung des CDU-Vorsitzenden Köppler. Wenn die sozialdemokratisch geführte Landesregierung der CDU folgt, dann können wir Kommunisten dem nicht tatenlos zusehen. Wir stehen an der Seite der Demonstranten der Aktion 'Roter Punkt', ob es Jungsozialisten (Jusos der SPD, d. Vf.), Gewerkschafter, Mitglieder des Sozialdemokratischen Hochschulbundes (SHB, d. Vf.) oder der SDAJ sind. Wir verurteilen die Justizwillkür und fordern die sofortige Einstellung aller Verfahren gegen Bürger unseres Landes, die sich durch aktiven Protest für einen 50-Pfennig-Einheitstarif im Nahverkehr eingesetzt haben.“ (68)

Zum 4.11.1971 rief die ARP zu einer Solidaritätsveranstaltung am 12. Oktober in der Bochumer Ruhrlandhalle auf. Dabei wurde auch dazu aufgerufen, sich mit den angeklagten Demonstranten zu solidarisieren. Für den RP-Gelsenkirchen unterzeichnete seinerzeit der SDAJ-Ortsvorsitzende Hermann Lenz. (69)

Die öfter in Gelsenkirchen während Veranstaltungen der DKP und SDAJ in Gelsenkirchen auftretenden Dietrich Kittner und Die Conrads (später kam u. a. Hannes Wader dazu, d. Vf.), traten während einer Veranstaltung der Aktionen Roter Punkt (ARP) des Ruhrgebiets (bzw. des Aktionskomitees aus Bochum, Dortmund und Gelsenkirchen) in der Bochumer Ruhrlandhalle am 12.10.1971 auf. (70)

Am 13.12.1971 gab der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen (heute) zwei „Presseinformationen“ zum Verfahren gegen seinen Vorsitzenden Manfred Kapluck in Gelsenkirchen heraus. Aus diesem Anlass wurde erneut „gegen die Fahrpreiserhöhungen Stellung bezogen“. (71)

Der Protest gegen den Vorsitzenden Manfred Kapluck in Gelsenkirchen (DKP), setzte sich auch am 15.12. fort. Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gab dazu (heute) die Schrift „Protest gegen antidemokratische Justizkampagne“ mit zwei Seiten DIN A 4 und eine „Presseinformation“ zum Verfahren gegen heraus. Uns lag auch ein der Schrift bei gehefteter, separat nummerierter Text vor, bei dem es sich um Unterlagen auf vier Seiten DIN A 4 zur Nazivergangenheit diverser Richter und Staatsanwälte handelte. In der heutigen Ausgabe wird vom Freispruch gegen Kapluck berichtet. (72)

Ab dem 15.12. gab die DKP zum heutigen Roter Punkt Prozess gegen seinen Vorsitzenden Manfred Kapluck in Gelsenkirchen Unterlagen zur Nazivergangenheit von Richtern und Staatsanwälten heraus. Die Justizkampagne der DKP setzte sich damit fort. (73)

Vermutlich am 15.12. oder 16.12.1971 fand vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen ein Prozess gegen den DKP Bezirksvorsitzenden Ruhr-Westfalen, Manfred Kapluck, statt, der Polizeibeamten „faschistische Methoden“ bei der Liquidierung einer Fahrpreisdemonstration in Gelsenkirchen vorgeworfen hatte. Eine „Presseinformation“ der DKP merkte dazu an:

„PROTEST GEGEN ANTIDEMOKRATISCHE JUSTIZKAMPAGNE. Präsidiumsmitglied der DKP entlarvt Nazi-Richter, die im Justizdienst tätig sind. Zu dem am Mittwoch, 15.12.1971, vor dem Amtsgericht in Gelsenkirchen anberaumten Prozess gegen den Bezirksvorsitzenden der DKP Ruhr-Westfalen, Manfred Kapluck, teilt die DKP mit: Der Prozess wird geführt, weil der Bezirksvorsitzende der DKP während der Protestaktionen gegen Fahrpreiserhöhungen in Gelsenkirchen zu Protokoll gegeben hatte, dass Polizeibeamte mit 'faschistischen Methoden' gegen Demonstranten vorgegangen seien.“

Zitiert wurde Kaplucks Erklärung vom 3.10.1971 und fortgefahren: „Das Verfahren gegen den Bezirksvorsitzenden der DKP hat eine Begleiterscheinung. Bereits auf der 2.Bezirks-Delegiertenkonferenz erklärte die DKP, dass sie dagegen protestiert, dass nach wie vor im Justizdienst des Landes Nordrhein-Westfalen aus der Zeit des Faschismus belastete Richter und Staatsanwälte tätig sind. Der Bezirksvorsitzende der DKP, Manfred Kapluck, wird darum den Prozess zum Anlass nehmen, die Öffentlichkeit über Staatsanwälte und Richter in Nordrhein-Westfalen zu informieren, die aus der nazistischen Vergangenheit erheblich belastet sind.

Die DKP betrachtet das Vorgehen gegen den Bezirksvorsitzenden, Manfred Kapluck, als einen Justizskandal. Ausgerechnet die Justiz in Nordrhein-Westfalen will darüber urteilen, ob das brutale Vorgehen der Polizeigruppen in Gelsenkirchen mit Recht als 'faschistische Methoden' gekennzeichnet wurde, obwohl im Justizapparat dieses Landes zahlreiche ehemalige faschistische Richter und Staatsanwälte noch heute tätig sind. Die DKP fordert die sofortige Suspendierung aller Justizbeamten, die aus der Nazizeit belastet sind.

Die DKP Ruhr-Westfalen leitet zugleich eine Untersuchung ein, wie der Polizeiapparat des Landes mit aus der Nazizeit belasteten Beamten durchsetzt ist. Das brutale Vorgehen verschiedener polizeilicher Einsatzgruppen zum 'Schutz' von NPD-Veranstaltungen sowie gegen junge Demonstranten während der Aktionen 'Roter Punkt' veranlassen zu dieser Untersuchung ...

Die Deutsche Kommunistische Partei Ruhr-Westfalen wird weiter ermitteln und die Öffentlichkeit von den Ergebnissen in Kenntnis setzen. Die DKP hält es für dringend erforderlich, dass Justiz- und Polizeiorgane von aus der Nazizeit belasteten Beamten gesäubert werden.“ (74)

Dass das Innenministerium NRW über “zahlreiche DKP-beeinflusste Veranstaltungen in NRW “zu berichten wusste, konnte nicht verwundern; denn schließlich schoss die DKP in ihrer Justizkampagne auch gegen das Ministerium. 1971, in der Zeit vom Oktober-November, berichtete das Innenministerium über die DKP und den Aktionen gegen Fahrpreiserhöhungen, ARP und RPA:

„In 15 Städten des Landes Nordrhein-Westfalen kam es in der Zeit vom 13.1.1971 bis 20.6.1971 zu insgesamt 19, vorwiegend von kommunistischen Organisationen gelenkten Veranstaltungen im Rahmen der Aktion 'Roter Punkt'. An ihnen haben pro Veranstaltung im Durchschnitt 320 Personen teilgenommen. Der Polizeieinsatz betrug im Durchschnitt pro Veranstaltung 200 Beamte. 93 Polizeibeamte wurden hierbei verletzt. Es kam zu 945 vorläufigen Festnahmen; 929 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. Hervorzuheben sind hierbei Aktionen in Aachen, wo im April an verschiedenen Veranstaltungen im Durchschnitt 200 bis 300 Personen teilnahmen und insgesamt über 3.000 Polizeibeamte eingesetzt werden mussten, in Dortmund - 29 Veranstaltungen mit durchschnittlich 750 Personen, Polizeieinsatz insgesamt über 8.000 Beamte - und Gelsenkirchen, wo bei den verschiedenen Veranstaltungen im Schnitt 600 Personen teilnahmen und insgesamt ca. 3.500 Polizeibeamte eingesetzt wurden.“ (75)

KPD/ML-ZB und KJVD (1971)
Im Berichtszeitraum stand die betriebliche Agitation und Propaganda der Ortsgruppen des KJVD und der KPD/ML-ZB im Vordergrund. (76) 1971 kam es in Gelsenkirchen zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen mit der DKP und der SPD in den bereits erwähnten und dokumentierten Betriebszeitungen „Roter Gußstahl-Arbeiter” und „Heisser Ofen“. Darüber hinaus waren für den Berichtszeitraum die Anträge zum Verbot der Maoisten aus dem Sommer durch die Gelsenkirchener Vertreterversammlung der IG Metall wichtig. (77) Die Berichte aus „KND“, „Rote Fahne“ und „KDAJ“ kamen über die Erwähnungen der Ortsgruppen nicht hinaus. Die DKP entfaltete zum Jahresende (November-Dezember) eine Offensive gegen die KPD/ML-ZB am Ort. Dokumentiert ist das in der „Stahlstimme“ der DKP. Allerdings sind darauf z. Zt. keinerlei Reaktionen der Ortsgruppe bekannt. Neu waren dagegen die Berichte der KPD/ML-ZB über Umschüler in Gelsenkirchen.

Am 6.2.1971 berichtete der „KND“ Nr. 10/1971 auch von Gelsenkirchen. (78)

Aus dem März 1971 berichtete der „KDAJ“ Nr. 3/1971 u. a. auch von der Werbewoche des Zentralorgans des KJVD in Gelsenkirchen, sowie dem Verkauf vor einigen Betrieben. Die Verantwortlichkeit des „KDAJ“ läge jetzt bei einem Genossen aus Gelsenkirchen. Außerdem hätte die Ortsgruppe sich auch intensiv mit dem Joso-Lehrlingskongress der SPD am 28.11.1970 beschäftigt. Ein Leserbrief kam aus Gelsenkirchen:

„AN DIE REDAKTION KAMPF DER ARBEITERJUGEND“

„Bei jeder Zeitung 'Kampf der Arbeiterjugend' stelle ich erneut fest, dass in fast jedem Artikel unheimlich stark gegen die SPD geschossen wird. Es ist ziemlich frustrierend, wenn man feststellt, dass Arbeiter, die vorher wenigstens die 'Arbeiterpartei' SPD gewählt haben, nun von dieser enttäuscht sind, und als Alternative dazu nun die CDU sehen. Ich möchte deshalb vorschlagen, in Artikeln klar herauszustellen, wie ist die SPD, wie die CDU und die Parallelen zueinander, damit der Arbeiter klar sehen kann, dass die SPD nicht für sie eintritt, dass es die CDU schon gar nicht tun würde, und infolgedessen beide Parteien der Kapitalistenklasse sind. Wir sollten den Arbeitern mit Nachdruck durch die Artikel in der Zeitung klarmachen, dass die CDU keine Alternative ist.' (D.S. Gelsenkirchen)“

UNSERE ANTWORT:

„Du hast recht, wenn du sagst, dass wir in dieser Zeitung auch ausdrücklich klar machen sollen, dass die CDU keine Partei für die Arbeiter ist. Wir haben das bisher zu sehr vernachlässigt. Aber warum ist es richtig, immer wieder neu die Machenschaften der SPD-Führer zu enthüllen?

Für viele Jungarbeiter und Lehrlinge gilt die SPD gegenüber der CDU/CSU als fortschrittlich. Wenn sie auch ihre Angriffe auf die Arbeiterklasse und die Arbeiterjugend nicht billigen, so sehen sie zumindest doch in der SPD das kleinere Übel. Dazu kommt, dass die SPD durch ihre Leute in den Betrieben, durch ihre Betriebsräte und Vertrauensleute einen großen Einfluss auf die Kollegen hat. Sie helfen den Kollegen auch ab und zu in kleineren Dingen, unterstützen aber ansonsten die Angriffe der Kapitalisten und der SPD-Regierung voll und ganz. Und gerade weil der Einfluss der SPD auf die Arbeiterklasse groß ist, gerade deshalb kann sie die Angriffe der Kapitalisten besonders gut durchführen. Sie kann die Notstandsgesetze (NSG - vgl. 30.5.1968, d. Vf.) mit durchpeitschen, sie kann das Berufsbildungsgesetz mit durchpeitschen, und ihre Leute in den Betrieben, in der Gewerkschaft sorgen dafür, dass ein geschlossener Kampf der Kollegen gegen diese Angriffe nicht zustande kommt, sie sorgen dafür, dass die Arbeiter sich nicht von der SPD abwenden.

Aus diesem Grund müssen wir uns immer wieder klarmachen, die SPD ist nicht das kleinere Übel, sondern sie liefert uns an unsere Feinde aus, spaltet unsere Kampffront. Gleichzeitig päppelt sie mit unseren Steuergeldern die Faschisten hoch. Deshalb ist solange kein geschlossener Kampf gegen die Angriffe des Kapitals und gegen die wachsende faschistische Gefahr möglich, solange die SPD-Führer noch einen so großen Einfluss auf die Kollegen haben. Deshalb berichten wir in dieser Zeitung so viel von den Verrätereien der SPD-Führer, egal ob sie Brandt oder Wehner oder Betriebsrat XY heißen.

Und der Ausweg für die Arbeiterklasse? Wir entlarven ja nicht nur die SPD-Führer, sondern zeigen auch auf, wie dagegen zu kämpfen ist, nämlich organisiert in der Kommunistischen Partei und im Kommunistischen Jugendverband." (79)

Ab dem März 1971 berichteten der „KND“, die „Rote Fahne“ und der „KDAJ“ verstärkt über die Fahrpreiskampagne in Gelsenkirchen. Im „KDAJ“ aus dem April 1971 (Nr. 4), griff der KJVD die Stadtbonzen von Dortmund und Gelsenkirchen an.

„Nicht nur die SPD-Führer in der Regierung rauben den Arbeitern mit Steuererhöhungen und Preiserhöhungen bei Bahn und Post den Lohn. Die SPD-Stadträte stehen ihnen in nichts nach. In vielen Städten Westdeutschlands erhöhten die Straßenbahngesellschaften die Tarife. Teilweise bis zu 50 Pfg. pro Fahrt wie in Bochum und Gelsenkirchen (bei der Bogestra, d. Vf.).“ (80)

Am 22.3. 1971 fetzte sich der „KND“ mit den ortsansässigen Jusos Gelsenkirchen, die Befürworter der „Aktion Nahverkehr“ (dem Zusammenschluss aus Bochumer und Gelsenkirchener Betriebsräten und Stadtvertretern der Bogestra) gewesen sein sollen. (81)

Der „KND“ Nr. 29/1971 vom 17.4., berichtete auch über Gelsenkirchen. (82)

Die DKP distanzierte sich laut einer Ausgabe der Gelsenkirchener “Buerschen Zeitung vom 22.4. scharf von der KPD/ML, die Kritik an dem Lohnabkommen geübt hatte" (gemeint war hier die KPD/ML-ZB und die Bergbautarifrunde 1971). (83)

Ein Antrag zum „Verbot der KPD/ML” durch die Gelsenkirchener Vertreterversammlung der IG Metall, nahmen KPD/ML-ZB und KJVD zum Anlass, im Juni 1971 eine heftige Polemik in ihrer Betriebspresse gegen DKP und SPD zu starten. In einem Antrag hieß es dort:

„Der 10. ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die IG Metall wird über ihren Vorstand und den DGB alle nur möglichen und geeigneten Maßnahmen ergreifen, um gegen den Rechts- und Linksradikalismus (Anarchisten und Maoisten) vorzugehen, der durch seine Aktionen die parlamentarische Demokratie in Frage stellt und gefährdet. Wir fordern ein Verbot dieser Gruppen und schärfste Bestrafung bei Vergehen gegen die rechtstaatliche Ordnung.

Die organisierten Kolleginnen und Kollegen können es auf die Dauer nicht hinnehmen, dass diese Gruppierungen dem systematischen Auf- und Ausbau des sozialen Rechtsstaates Bundesrepublik Deutschland entgegenwirken. Bewaffnete Überfälle auf Einrichtungen des Staates sowie Brandstiftung der linksextremistischen Gruppen werden aufs schärfste verurteilt. Die Attentats- und Terrorgruppen der NPD und der Aktion Widerstand (AW, d. Vf.) müssen wegen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verboten werden.

Die Waffenfunde bei der europäischen Befreiungsfront, die Mordhetze in Würzburg, München, Bonn und Essen, der Attentatsversuch auf den Bundespräsidenten Heinemann durch rechtsextremistische Kräfte der NPD und der Aktion Widerstand sprechen eine Sprache, die man heute nicht mehr übersehen darf, da man sonst das Wesen der freiheitlichen Demokratie in Frage stellt.“ (84)

Am 10. Juni 1971 berichtete der „KND“ Nr. 52/1971 über Gelsenkirchener Umschüler. „Damit die Umschüler sich nicht wehren können, werden sie durch Streikverbot und vertrauliche Berichte für die Personalakte im Arbeitsamt, die jederzeit eine politische Überprüfung der Umschüler ermöglicht, unter Druck gesetzt. Wegen dieser Maßnahmen nimmt die Unruhe unter den Umschülern zu, obwohl sie noch mit Illusionen verbunden ist: Im Juni 1971 protestierten die 300 Umschüler des Berufsförderungswerkes (BFW, d. Vf.) Graf Bismarck in Gelsenkirchen gegen ihre Ausbildungsverhältnisse. Sie richteten eine Petition an den Bundestag, in der sie verschiedene Reformen, u.a. feste Ausbildungsverträge, forderten.

Bei diesem Demonstrationen und Protestresolutionen zeigen sich zwei Sachen, dass zum einen die Unruhe unter den Werktätigen wächst, zum anderen haben sie noch Illusionen über die Politik der SPD-Führer, die sie weiter an die SPD-Führer fesseln.“ (85)

In der Broschüre der Propagandaabteilung beim Zentralbüro der KPD/ML-ZB „Vorwärts im Geiste des 1. Mai. Aus der Arbeit der KPD/ML. Eine Broschüre für Arbeiter" vom 14.6.1971, wurde auch über die Agitation der Gelsenkirchener Ortsgruppen gegen die SPD berichtet. Weiter wurde eingegangen auf Gelsenkirchen Buer und den 1. Mai. (86)

Die Nr.7/1971 des „KDAJ“ vom Juli 1971berichtete u. a. auch von Gelsenkirchen. (87)

Am 14.7.1971 ging der „KND“ Nr. 53/1971 in seinem Leitartikel „Kampf den Verbotsdrohungen gegen revolutionäre Organisationen“ auch auf die Anträge zum Gewerkschaftstag aus Gelsenkirchen ein. Und vermutlich noch einmal auf die Äußerungen der DKP in der „Buerschen Zeitung“ (April) ein. (88)

In der Nr. 7 des „Parteiarbeiters“, des Funktionärsorgans der KPD/ML-ZB vom September 1971, wurde auch ein Organisationsplan des Org.-Büros für Gelsenkirchen vorgestellt. Enthalten war dort u.a. der Hinweis, dass die Ortsgruppe der KPD/ML-ZB den „politischen Kampf gegen das Lohndiktat“ überall führen werde, und dass sie dabei seien, „eine umfassende Offensive gegen die Sozialdemokratie (am Ort, d. Vf.) zu führen. (89)

Am 4.9.1971 gaben KPD/ML-ZB und KJVD ihren „KND“ Nr.67/1971 heraus. Berichtet wurde u. a. auch über Gelsenkirchen, die Verbotsanträge und die „üble Hetze“ der DKP gegen die KPD/ML am Ort. Weiter hieß es: „Nicht umsonst kommen alle Anträge zum Verbot 'maoistischer Gruppen' aus Städten, wo die Sozialdemokratie in kampfstarken Betrieben schon stark an Einfluss verloren hat: so aus Duisburg (Mannesmann, Thyssen), Dortmund (Hoesch), Gelsenkirchen (Schalker Verein) ...“ (90)

Im November des Jahres entfaltete die DKP eine Offensive gegen die KPD/ML-ZB auf Ortsebene. Vor allem in ihrer „Stahlstimme“ schrieb sie sich ihren Frust von der Seele. Dass die DKP sich dabei im Ton vergriff war damals ortsüblich. Der Höhepunkt ihres Pamphlets waren die Sätze: „Eine sektiererische, anarchistische Gruppe Bochumer Schüler, Studenten und gescheiterter Existenzen, versucht mit einer wahrhaften Papierflut, Einfluss auf die Arbeiter und Angestellten des Schalker Vereins zu gewinnen.“ Eine Reaktion der Ortsgruppe der KPD/ML-ZB ist nicht bekannt gemacht worden. (91)

Am 10.11.1971 erschien jedoch vermutlich als Reaktion darauf, die Nr. 86/1971 des „KND“. Berichtet wurde u. a. auch über die Angriffe der DKP gegen die „Maoisten“. Vermutlich konnte das als versteckter Hinweis auf die Ortsangriffe der DKP gegen die KPD/ML-ZB verstanden werden. (92)

„Der Kampf der Arbeiterjugend“ (Zentralorgan des KJVD) berichtete in seiner Ausgabe Nr.1 vom Januar/Februar 1972 von Gelsenkirchen aus dem November 1971 (24.11.). Allerdings fehlte auch hier eine Stellungnahme zu den Anwürfen der DKP. Das war verwunderlich, da sonst die Ortsgruppe des ZB und des KJVD ebenfalls nicht zimperlich mit ihren politischen Gegnern umgingen. Vielleicht war es mehr Taktik; denn bereits 1972 sollten sie den Betriebsgruppen der DKP Bündnisangebote (u. a. zu den Betriebsratswahlen im März) unterbreiten. (93)
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Politische Bewegung in Gelsenkirchen 1967-1985 Teil 4/6

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RKJ der GIM, KPD/ML-ZK, Klassenkampf, Betrifft: Erziehung (1971)
Von anderen Gruppen und Organisationen weiß die MAO Datenbank für 1971 nur über die KPD/ML-ZK, den „Klassenkampf“ „Betrifft: Erziehung“ und RKJ der GIM zu berichten. Andere Daten liegen z. Zt. nicht vor.

Am 17.7.1971 berichtete die RKJ der GIM von einer „Lehrlingszentren-Konferenz“, die in Düsseldorf stattfand. Verhaltene Solidarität wurde in diesem Zusammenhang mit dem KJVD geübt, der von der Gewerkschaftsjugendbürokratie gemaßregelt worden sein soll. Außerdem wurde auf die „Verbotsanträge“ aus Gelsenkirchen verwiesen. (94)

Die Nr. 8/1971 des „Roten Morgen“ der KPD/ML-ZK vom August 1971 berichtete auch über Gelsenkirchen. (95)

Im September 1971 erschien in Berlin die Nr. 18/1971 des „Klassenkampf“. U. a. wurde auch über Gelsenkirchen berichtet. (96)

Die Zeitung „Betrifft: Erziehung“ aus dem Dezember 1971 erklärte sich für eine Gesamtschule in Gelsenkirchen. Außerdem bekundet die Zeitung „Solidarität“ mit „35 Lehrern aus Gelsenkirchen“, die wegen „umstrittener Inhalte von Unterrichtseinheiten“ sich von den Eltern gemaßregelt fühlten. (97)

Deutsche Kommunistische Partei - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (1972)
Neben der Schulgruppe der DKP an der Gesamtschule (GS) Gelsenkirchen, wo sie ab dem Februar 1972 ihren „Kommunist“ herausgab, fiel ihre „Frühjahrskampagne 1972 für Abrüstung, Sicherheit und internationale Solidarität“ (Ratifizierung der Ostverträge) auf (ab März 1972), die am 1. April in Gelsenkirchen einen Höhepunkt durch eine Demonstration mit anschließender Kundgebung erlebte. Daneben waren Aktionen gegen das Misstrauensvotum (April) bedeutsam. Mit der Angela Davis Kampagne (ab Juni) setzte die DKP auf ein weiteres Standbein in Gelsenkirchen. Sie zog sich bis in den Herbst hinein. Ein neuer Schwerpunkt am Ort waren die Spanienaktivitäten, die in eine Spanienkundgebung (24.6.) einmündete. Desweiteren war die Wahlkreiskonferenz zur Aufstellung von Kandidaten zur Bundestagswahl (August) ein wesentliches Ereignis. Mit der Aufdeckung eines Müllkippenskandals (September) endete nach der Datenbank ein ereignisreiches Jahr für die DKP.

An der Gesamtschule (GS) Gelsenkirchen gab die Schulgruppe der DK am 4.2.1972 erstmals ihren „Kommunist“ heraus und gründete dort eine Schulgruppe. (98)

Am 14.2. (zur Mitte Februar) erschien vermutlich das nachfolgende Flugblatt in Gelsenkirchen, das von einer Reihe von Personen unterzeichnet war (u.a. vom Betriebsratsvorsitzenden der Schalker Eisenhütte in Gelsenkirchen, Helmut Bublitz), wobei weitere Unterschriften an das Büro NRW der Kampagne für Demokratie und Abrüstung (KfDA), 43 Essen-Rellinghausen, Kaninenbergstraße 24 zu senden sind. Das Flugblatt lautete:

„AUFRUF ZUR 'FRÜHJAHRSKAMPAGNE 1972 FÜR ABRÜSTUNG, SICHERHEIT UND INTERNATIONALE SOLIDARITÄT. Über 20 Jahre lang hat der Kalte Krieg die Lösung aller europäischen Nachkriegsprobleme verhindert. Die Konfrontation von NATO und Warschauer Vertrag (WP, d. Vf.) beherrscht die politische Entwicklung Europas. Ohne völkerrechtliche Garantie der Nachkriegsgrenzen bleibt der Frieden unsicher und gefährdet. Milliarden von Mark werden weiterhin sinnlos für die Rüstung verschwendet, dringende soziale Bedürfnisse der Bevölkerung können nach wie vor nicht erfüllt werden. Doch die Kräfte der Entspannung und des friedlichen Ausgleichs sind stärker geworden! Dadurch hat sich die Möglichkeit eröffnet, die militärische Konfrontation in Europa zu überwinden und ein von allen Staaten getragenes Sicherheitssystem zu schaffen.

Die Unterzeichnung der Verträge mit der Sowjetunion und der Volksrepublik Polen durch die Bundesregierung. die Einleitung der Ratifizierung dieser Verträge, das Abkommen der vier Mächte über Westberlin, das Abkommen über den Transitverkehr von und nach Westberlin zwischen den Regierungen der DDR und der BRD sowie das Abkommen zwischen der Regierung der DDR und dem Senat von Westberlin, die Übereinstimmung der Auffassungen von L. Breschnew und W. Brandt über wichtige Probleme der europäischen Sicherheit, die in dem Gespräch auf der Krim deutlich wurde, die Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Frankreich und die Fortschritte in der Diskussion um die Abrüstung sind wichtige Beiträge zur Sicherung des Friedens.

Die Mehrheit der Bevölkerung setzt jetzt große Erwartungen in die Fortsetzung dieser Politik. Weitere Stationen müssen die schnelle Ratifizierung und Verwirklichung der Verträge mit der Sowjetunion und Polen, die rasche Herbeiführung der gesamteuropäischen Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE, d. Vf.), die Aufnahme der DDR und der BRD in die UNO und die völkerrechtliche Anerkennung der DDR sein! Aber die Gefahren für unsere Sicherheit und unseren sozialen Fortschritt sind noch nicht entscheidend beseitigt. Barzel, Strauß und Springer, die Führungen der Vertriebenenverbände, die Aktion Widerstand (AW, d. Vf.), die Spitzen des Militärs und die Rüstungskonzerne verschärfen ihre Angriffe gegen die Verabschiedung der Verträge durch den Bundestag, um die endgültige Anerkennung und Sicherung der Grenzen in Europa zu verhindern. Das Wettrüsten, die Politik der Abschreckung und der atomaren Drohung soll fortgesetzt, die Überwindung der Militärblöcke aufgehalten werden. Gegen diese Politik müssen alle für Entspannung und Frieden eintretenden Kräfte aktiv werden.

Trotz unterschriebenem Gewaltverzicht und neuen Möglichkeiten für die Abrüstung werden in diesem Jahr ca. 25 Milliarden DM direkt für Militär und Rüstung ausgegeben. Kein Teil des Bundeshaushalts ist so stark erhöht worden. Dadurch wächst der verhängnisvolle Einfluss der Rüstungsindustrie in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Dringende demokratische Reformen können nicht verwirklicht werden. Die Umweltverschmutzung, Giftablagerung auf Müllkippen und in Flüssen, die zunehmende Verpestung der Luft durch die Großindustrie erhöhen die Gefahr für die Bevölkerung in NRW. Die sozialen Notstände im Wohnungs-, Verkehrs-, Gesundheits- und Bildungswesen verschärfen sich. Weiterhin werden Naturschutz- und Erholungsgebiete in Militärgelände umgewandelt. Nur die aktive Einflussnahme aller Demokraten kann die Abrüstung und Militarisierung stoppen und die konsequente Fortführung einer Politik der friedlichen Koexistenz in Europa sichern. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Herstellung auch des Weltfriedens geleistet.

Allgemein sind die Möglichkeiten zur Beseitigung der internationalen Kriegsherde und Kriege heute gewachsen. Stärker geworden ist überall auf der Welt die Bewegung gegen die barbarische Aggression des US-Imperialismus in Indochina. Moralisch, politisch und militärisch hat die US-Regierung eine Niederlage erlitten. Aber während Nixon vom Frieden redet, wird die Aggression verschärft: immer mehr Massaker und Flächenbombardements und zunehmende Unterdrückung, Polizeiterror und Unrechtsjustiz gegen die wachsende Friedensbewegung in den USA selbst in den Städten Südvietnams. Immer weniger Verbündete der USA sind bereit, die Kosten für den US-Völkermord in Indochina mitzutragen. Denn die arbeitenden Menschen lehnen die Aggression ab und wollen sich nicht zusätzlich Milliarden für den US-Krieg aufbürden lassen. Auch die Bundesregierung muss endliche ihre politische und materielle Hilfe für die verbrecherische US-Politik und das Saigoner Regime einstellen!

Deshalb rufen wir auf zu einer 'Frühjahrskampagne 1972 für Abrüstung, Sicherheit und internationale Solidarität', die ihren Höhepunkt findet in den Aktionstagen vom 25. März bis 1. April 1972.

- FÜR SCHNELLE RATIFIZIERUNG UND VERWIRKLICHUNG DER VETRÄGE MIT DER SOWJETUNION UND POLEN!
- FÜR MEHR SOZIALE SICHERHEIT DURCH KÜRZUNG DES RÜSTUNGSHAUSHALTS!
- FÜR MILITÄRISCHE ENTSPANNUNG IN EUROPA DURCH VERMINDERUNG DER TRUPPEN UND RÜSTUNGEN!
- FÜR EINE KONFERENZ ÜBER SICHERHEIT UND ZUSAMMENARBEIT IN EUROPA!
- FÜR DEN ABZUG ALLER US-TRUPPEN AUS INDOCHINA!
- EINSTELLUNG JEDER UNTERSTÜTZUNG DURCH DIE BUNDESREGIERUNG!
- FREIHEIT FÜR ANGELA DAVIS UND ALLE VERFOLGTEN AMERIKANISCHEN DEMOKRATEN!"

Unterschrieben war dieser Aufruf hier ("Die Angabe der Funktionen dient nur zur Information") vom AStA der PH Rheinland, vom DFG/IdK Bundesvorstand Essen, vom Bundesvorstand der Deutschen Jungdemokraten (DJD bzw. Judos der FDP) Bonn, vom Deutscher Freidenkerveband (DFV) Bundesvorstand Schwerte, von der Landesjugendpresse (LJP) NRW Solingen, vom MSB Spartakus Bundesvorstand Bonn, vom Politischer Arbeitskreis Schulen (PAS) Bundesvorstand Bonn, vom Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Bundesvorstand Dortmund, von der Sozialdemokratischer Hochschulbund (SBH) Bundeszentrale Bonn, vom Verband Deutscher Studentenschaften (VDS) Vorstand Bonn, von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, VVN-Landesverband NRW Düsseldorf, von der Westdeutschen Frauenfriedensbewegung (WFFB), Geschäftsführende Bundesleitung Essen und aus:

- Aachen von Alfons Vogel, Vorsitzender des RC; Helmut Creutz, Innenarchitekt sowie vom AStA der RWTH, dem Republikanischen Club (RC) und dem TEAM der Evangelischen Studentengemeinde (ESG);
- Ahrensburg von Margarethe Bruhn, Oberin i. R.;
- Alsdorf von Günther Muhs, Recherchent;
- Baden-Baden von Prof. Dr. Robert Raphael Geis;
- Bielefeld von Klaus Peter Henning, Student; Helmut Steinkamp, Rechtsanwalt und vom AStA der PH Bielefeld;
- Bochum von Albert Ankenbrink, Metallarbeiter; Prof. Dr. Urs Jaeggi; Günter Kampkötter, Amtmann; Volker Köster, Schriftsetzer; Peter Moczynski, stellvertretender Vorsitzender des Bezirksjugendausschusses des DGB Bochum;
- Bonn von Thomas Ferber, Geschäftsführer des VDS; Hannelotte Reiffen, Vorsitzende des RC; Ina Hinze, Hausfrau; Karl-D. Bredthauer, Redakteur 'Blätter für deutsche und internationale Politik'; Arnold Bruns, Mitglied des ÖTV-Bundesjugendausschusses; Dr. Alfred Cornelius, Oberstudienrat und vom World University Service (WUS);
- Dinslaken von Kurt Weber, Kranführer, Schiedsrichter des DFB;
- Dortmund von Wolfgang Bartels, Mitglied des KJA des DGB; Walter Brehm, Pfarrer; Hans Jörg Henneke, Chefredakteur des Jugendmagazins 'Elan'; Ulrich Sander, Journalist; Harald Tanck, Jugendvertreter Hoesch AG (IGM-Bereich); Frank Werkmeister, Verleger;
- Düsseldorf von Rudi Bergmann, Landesjugendsekretär der Naturfreundejugend (NFJ) in NRW; Werner Ot* (Vorlage beschädigt), Kreisgesellenausschussvorsitzender; Fritz Paszkiewicz, Betriebsrat; Gustav Trambowsky, Elektriker; Helmut Naust, Chemiefacharbeiter; Dieter Baumann, Pfarrer; Martha Buschmann, Sekretärin des Weltfriedensrates; Bruno Neurath, Mitglied des Bundesjugendausschusses der Sozialistischen Jugend Deutschlands 'Die Falken' (SJD der SPD); Dieter Süverkrup, Grafiker; Jens A. Schütte, Werbefotograf; Josef Weber, Oberst a.D. und vom AStA der Universität;
- Duisburg von Heinz Lukrawka, Betriebsratsvorsitzender; Arbeitsgemeinschaft Kreis Moerser Frauen, Rheinhausen; Trude Seven, 1.Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Duisburger Frauen; Paul Gerhard Schoenborn, Pfarrer Rheinhausen;
- Essen von Grit Weisberg, Landesvorsitzende der WFFB/NRW; Alois Stoff, Landesvorsitzender der DFG/IdK NRW; Dieter Oswald Vorsitzender der Gewerkschaftsjugend (DGB); Peter Steller, Vorsitzender der SDAJ; Hans-Peter Kroues, Tischler; Christine Cesar, Photographin; Manfred Sokolof, Betriebsrat; Joachim Weiler, Lehrer; Rainer Hegselmann, Student; Rolf Neumann, Betriebsrat; Dr. Reinhard Köster, Dozent am Predigerseminar; Horst Hildebrandt, Pfarrer; Dagmar Ritter, Beamtin; - Gelsenkirchen von Lothar Bürgel, Betriebsrat; Otto Krüger, Vertrauensmann; Helmut Bublitz, Betriebsratsvorsitzender; Simon Gerlach, Pfarrer; Marianne Gienau, Hausfrau; Rolf Buschmann, Vertrauensmann; Helmut Oslowski, Betriebsrat; Julius Bischoff, Betriebsrat; Wilhelm Dudda, Betriebsrat;
- Gladbeck von Rosemarie Krane, Hausfrau;
- Hagen von Lothar Richtarsky, stellvertretender Vorsitzender des Kreisjugendausschusses der Gewerkschaft ÖTV und vom AStA der PH Ruhr;
- Hamm von Heinz Joedecke, Kaufmann Heessen;
- Hattingen von Viktoria Krützner, Sekretärin; Sonja Fagin, Gymnasiastin;
- Herne von Alfred Kwapis, Vertrauensmann der CPK;
- Köln von Maria Pause, WFFB; Peter Epkens, Betriebsrat; Heinrich Schulz, Betriebsrat; Prof. Dr. Walter Fabian; Wilhelm M. Breuer, Dipl. Volkswirt, Mitglied des WFR; Helmut Friedrich, Betriebsratsvorsitzender; Albert Heidinger, Vorsitzender der Jugendvertretung von Siemens (IGM-Bereich); Prof. Erwin Kuckertz, Staatl. Hochschule für Musik; Hans Otto Schaefler, Architekt; Peter Schlösser, Student; Dieter Wellershoff, Schriftsteller sowie vom Sozialdemokratischen Hochschulbund (SHB) Köln und der Gruppe 'Interpol';
- Lüdenscheid von Ute Dzewas, kaufmännische Angestellte;
- Monheim von Günter R. Bröhl, Redakteur;
- Morsbach von Fritz Hoffmann, Gemeinderat, Ortsverwalter IGM;
- Münster von Dipl.-Ing. Schlepper, Baurat a.D.;
- Oberhausen von Gert Immich, Studienrat; vom Arbeitskreis Progressive Kunst (APK);
- Olpe von Karl-Heinz Kammertöns, Verlagsangestellter;
- Opladen von Heinrich Adams, Weichenwärter; Anna Adams, Hausfrau;
- Recklinghausen von Clemens Müller, Jugendbildungsarbeit, Teamer in der Gewerkschaft NGG;
- Schwerte von Hubert Freistühler, Buchhändler und Verlger;
- Solingen von Rudi Wachtendonck, Betriebsratsvorsitzender; Hannelore Drumm, Verkäuferin; Ursula Pflanz, Angestellte; Peter Berg, Stellvertretender Landesvorsitzender der Landesjugendpresse NRW; Johannes Weidenheim, Schriftsteller;
- Troisdorf von Karl-Heinz Prinz, Chemiearbeiter;
- Velbert von Gertrud Wolferts;
- Walsum von Gerhard Melzer, Pfarrer;
und aus Wuppertal von Hans Jacobs, Religionslehrer und Herbert Lederer, Mitglied des Jugendausschusses der CPK. (99)

Im März 1972 gab die DKP an der Gesamtschule Gelsenkirchen ihren „Kommunist“ Nr. 2 heraus. (100)

Am 1.3. verfasste Der DKP Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen heute im Umfang von einer Seite DIN A 4 die folgende:

„EINLADUNG
Liebe Genossinnen und Genossen, hiermit laden wir Dich zu unserer nächsten Regionalberatung ein, die am Mittwoch, 8.März 1972 um 10 Uhr im DKP-Zentrum, Dortmund, Oesterholzstr.27 stattfindet.

Im Mittelpunkt der Regional-Beratung stehen zwei Tagesordnungspunkte:
1.) Die Auswertung der 2. Parteivorstands-Tagung
2.) Stand der Vorbereitung der Betriebsräte- und Jugendvertreterwahlen (BRW bzw. JVW, d. Vf.).“

An den Regional-Beratungen nahmen auch Gelsenkirchener Vertreter der DKP teil. Weiter hieß es: „Für die Regional-Beratungen werden zwei Tagesordnungspunkte vorgeschlagen:

1.) DIE AUSWERTUNG DER ZWEITEN PARTEIVORSTANDS-TAGUNG
Diskussion über Aktionen für die schnelle Ratifizierung und die Verwirklichung der Verträge von Moskau und Warschau (mit der SU bzw. Polen, d. Vf.). Welche Argumente gibt es in der Bevölkerung nach der Bundestagsdebatte? Gibt es Forderungen von betrieblichen oder gewerkschaftlichen Gremien, die sich für eine schnelle Ratifizierung der Verträge einsetzen? Gibt es Beschlüsse oder Initiativen aus den Gewerkschaften bzw. von demokratischen Organisationen, die sich gegen die beabsichtigte Provokation der Rechtskräfte richten, die einen 'Marsch auf Bonn' vorbereiten?

Wie unterstützt unsere Partei die Frühjahrskampagne 'Für Abrüstung, Sicherheit und internationale Solidarität'? Hier geht es vor allem um Initiativen in den Kreisen und um Vorbereitung der großen Kundgebung und Demonstration, die am 1.April in Gelsenkirchen stattfindet. Diskussion über den Beschluss des Parteivorstandes, Vorbereitungen für die Herausgabe der 'UZ' als Tageszeitung zu schaffen. Wie kann die Arbeit mit der 'UZ' so verbessert werden, dass eine Tageszeitung gute Startmöglichkeiten erhält?

Die gesamte Diskussion sollte verbunden werden mit einem Erfahrungsaustausch über die Durchführung der Jahreshauptversammlungen und der Vorbereitung der Kreis-Delegiertenkonferenzen.

2.) STAND DER VORBEREITUNG DER BETRIEBSRÄTE- UND JUGENDVERTRETERWAHLEN
Wir machen auf folgende wichtige Termine aufmerksam:
11.März 1972 - 3.Bezirksvorstands-Tagung in Dortmund
19.März 1972 - Beginn des Betriebsarbeiter-Lehrgangs auf der Parteischule 'Karl Liebknecht'
26. März 1972 - Beratung der erweiterten Arbeitsgruppe für Bergbau-Politik (IGBE-Bereich, d. Vf.)
(Die 1.Bergarbeiter-Konferenz wurde auf den 23.April 1972 verlegt)
31.März 1972 - Unterstützung und Beteiligung an der Kundgebung im Rombergpark (in Dortmund, d. Vf.)
1.April 1972 - Beteiligung an der Kundgebung und der Demonstration in Gelsenkirchen.“ (101)

Am 25.4.berichtete die DKP vom Misstrauensvotum. Heute werden auch Erklärungen und Telegramme an den Bundestag bzw. die CDU/CSU-Fraktion von Betriebsbelegschaften aus Gelsenkirchen abgegeben wurden. (102)

Vom Misstrauensvotum wurde auch am 25. 4. berichtet, dass in Gelsenkirchen „die Schüler der Gesamtschule, des Grillo-Gymnasiums und des Human-Gymnasiums“ streikten. (103)

Innerhalb des DKP-Bezirks Ruhr-Westfalen wurde am 26.4. eine Übersicht im Umfang von zwei Seiten DIN A 4 über Initiativen im Bezirk anlässlich des Misstrauensvotums erstellt. Hierbei handelt es sich um Berichte aus dem Bezirk allgemein, aus Betrieben in Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen und Oberhausen, aus dem IGM-Bereich vom 25.4.1972 von der Weserhütte in Bad Oeynhausen, von Mannesmann und Rheinstahl Duisburg, Meyer und Schwabedissen Herford, und aus Mülheim von der Friedrich-Wilhelm-Hütte und der Pumpenfabrik Wernert, aus dem ÖTV-Bereich vom Fuhrpark Duisburg und den Dortmunder Verkehrsbetrieben.

Über Schüleraktionen am 25.4.1972 wird berichtet aus Essen, Gelsenkirchen und Mülheim, über Studentenaktionen von der PH Essen. Nach einer unvollständigen Übersicht" wird berichtet über Kundgebungen am 25.4.1972 in Bochum, Essen, Herford, Mülheim, Münster und Oberhausen. Vom 26.4.1972 wird berichtet von der landesweiten Demonstration in Bonn und aus dem IGM-Bereich aus Dortmund von Hoesch, Hoesch MFD und Rheinstahl-Union-Brückenbau, aus Oberhausen von Babacock und der Gute-Hoffnungs-Hütte (GHH) und aus Essen von Krupp-Widia, AEG Kanis und den Essener Eisenwerken.

Über für den 27.4.1972 geplante Aktionen wird berichtet aus Oberhausen und Gelsenkirchen sowie aus dem IGM-Bereich von Krupp Essen, Opel Bochum und Mannesmann Duisburg. Die DKP berichtete auch: „Wie wir erfahren haben, wollen die Belegschaften mehrerer Betriebe heute um 10 Uhr aus ihren Betrieben heraus zu einer Kundgebung in die Innenstadt demonstrieren. Auf dieser Kundgebung spricht u.a. ein Landtagsabgeordneter der SPD.“

Innerhalb des DKP-Bezirks Ruhr-Westfalen wurde angekündigt:

„GELSENKIRCHEN: Die Betriebe Rheinstahl-Hüttenwerk-Schalker-Verein, Gußstahlwerke, Schalker Eisenhütte, Grillo-Funke und Küppersbusch (alle IGM-Bereich, d. Vf.) beabsichtigen um 10 Uhr die Arbeit einzustellen, zu demonstrieren und um 10 Uhr 30 eine Kundgebung in der Innenstadt durchzuführen. Auf der Kundgebung sollen u.a. ein Landtags-Abgeordneter der SPD und der Betriebsratsvorsitzende Helmut Bublitz sprechen.“ (104)

Im Juni 1972 gab die DKP für Gelsenkirchen-Horst eine Ausgabe ihres „Horster Fensters“ als „Extrablatt“ heraus. (105)

Am 3.6.1972 begann in Frankfurt/M. der zweitägige Angela Davis Kongress, mit, laut 'SBK', fast 10 000 Teilnehmern. U.a. sprechen Herbert Marcuse, Wolfgang Abendroth und Oskar Negt. O. Negt erteilt u.a. der RAF eine klare Absage. Vor allem die Frankfurter Spontis greifen Negt deshalb, laut SBü, in der Folgezeit heftig an. Eine Kundgebungsrede sei von dem Gelsenkirchener Betriebsrat Willi Scherer gehalten worden. Der KB zählt auf der Demonstration 7 bis 8 000, auf der Kundgebung gar 10 000 Teilnehmer. Zu dieser vom Sozialistischen Büro initiierten Aktion rief auch der KSV Frankfurt auf. (106)

Der Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen führt seine 4.Tagung am 10.6. in Essen durch. Nach eigenen Angaben befasst man sich u.a. mit der Spanienkundgebung in Gelsenkirchen (am 24.6.1972) und der Veränderung des Arbeitsplanes anlässlich der Bundestagswahlen (am 19.11.1972). (107)

Der DKP-Kreisvorstand Dortmund verfasste am 14.6.den folgenden Brief, der uns als Spiritcarbonabzug von einer Seite DIN A 4 vorlag:

„An alle Kreisvorstandsmitglieder. Genossinnen und Genossen,
wir erinnern daran, dass am Montag, 19.6.1972 um 18 Uhr 30 eine außerordentliche und erweiterte Kreisvorstandssitzung stattfindet. Wir wollen uns auf dieser Beratung mit Problemen beschäftigen, die auf der 3. Parteivorstandstagung behandelt wurden. Wir werden Stellung nehmen zu den Problemen möglicher Neuwahlen zum Bundestag (BTW, d. Vf.). Wir bitten Euch, dafür zu sorgen, dass jeweils zwei bis drei andere Vorstandsmitglieder ebenfalls an der Kreisvorstandssitzung teilnehmen. Gleichzeitig erinnern wir daran, dass am 22.6.1972 alle stellvertretenden Gruppenvorsitzenden zu einer Beratung ins Zentrum eingeladen werden. Wir bitten Euch, darauf hinzuwirken, dass alle stellvertretenden Gruppenvorsitzenden diesen Termin wahrnehmen. (108)

Einen Tag später (15.6) verfasste ebenfalls der DKP-Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen ein Papier, das uns als Brennmatrizenabzug von drei Seiten DIN A 4 vorlag:

„Liebe Genossinnen und Genossen,
eine Einladung für die Regionalberatung, die am Montag, 19.Juni 1972 um 19 Uhr stattfindet, habt Ihr bereits erhalten. Hiermit möchten wir Euch einige Hinweise zur Vorbereitung dieser Regional-Beratung übermitteln.“

Diese behandeln als ersten Punkt die Spanien-Kundgebung in Gelsenkirchen (am 24.6.1972) und als zweiten die Bundestagswahlen (am 19.11.1972): „Im Rahmen einer Diskussion über aktuelle politische Fragen beraten wir konkrete Aufgaben zur Vorbereitung der wahrscheinlich noch in diesem Jahr stattfindenden Bundestags-Wahlen.

Dazu gibt es folgende Anregungen:
- Auf den Regional-Beratungen werden die Vorschläge für Direktkandidaten und Genossen, die auf der Landesliste kandidieren diskutiert und festgelegt.
- Zur Durchführung der notwendigen Kreis-Delegiertenkonferenzen, auf denen die Direktkandidaten nominiert werden und Delegierte für die Landes-Konferenz zu wählen sind, machen wir folgende konkrete Vorschläge: Essen, 19.August, Dortmund, 20. August, Castrop-Rauxel, Herne, 22.August, Bottrop-Gladbeck, 23.August, Recklinghausen, 24.August, Bochum, 25.August, Gelsenkirchen 26.August, Duisburg, 27. August, Wanne-Eickel, Wattenscheid, Mülheim, Moers, Dinslaken, 29.August, Oberhausen, Hattingen, Ahlen, Unna-Hamm, 30.August. Selbstverständlich können diese Termine noch verändert werden. Auf keinen Fall dürfen sie jedoch später liegen, da darunter die intensive Wahlvorbereitung leiden würde ...

Sämtliche Kreisorganisationen sind aufgefordert, sich eine genaue Übersicht über die technischen Mittel zur Vorbereitung des Wahlkampfes zu machen. Die notwendige Vorbereitung des Wahlkampfes erfordert, die SPENDENAKTION FÜR DIE DRUCKMASCHINE unmittelbar zu verstärken und bereits eingegangene Spenden sofort zu überweisen. Wir müssen bereits im Juli alle Voraussetzungen schaffen, um den erhöhten Druckanforderungen der Monate August, September, Oktober Rechnung tragen zu können. Jeder von uns weiß, dass mit dieser Spendenaktion letztlich eine außerordentliche Kostenersparnis verbunden ist. Sollten wir jedoch die technischen Möglichkeiten zur Vorbereitung der Bundestags-Wahl nicht schaffen, dann besteht die Gefahr, dass die örtliche Wahlagitation nur in sehr beschränktem Umfang durchgeführt werden kann.“ (109)

Der DKP-Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen verfasst am 16.6 ein Schreiben von vier Seiten DIN A 4, welches teilweise identisch mit einem gestrigen Schreiben ist. Ausgeführt wurde:

„An die Vorsitzenden der Grundorganisationen der DKP Ruhr-Westfalen
Liebe Genossinnen und Genossen,
auf dem 'Tag des Gruppenvorsitzenden' informierten wir Euch darüber, dass am 24.Juni 1972 um 18 Uhr in Gelsenkirchen im Hans-Sachs-Haus eine Solidaritäts-Kundgebung 'Freiheit für Spanien' stattfindet. Erste Flugblätter konnten wir Euch bereits mitgeben. Inzwischen findet vor allem in den Kreisen des engeren Ruhrgebietes eine umfangreiche Flugblattverteilung statt ... Wir bitten darum, dass alle Grundeinheiten unserer Partei die Solidaritäts-Kundgebung unterstützen.“

Zu den Bundestagswahlen (am 19.11.1972) und auch zu der Aufstellung von Kandidaten in Gelsenkirchen wurde ausgeführt:

„Liebe Genossinnen und Genossen,
bereits die 3.Parteivorstands-Tagung beschäftigte sich mit bevorstehenden WAHLEN ZUM BUNDESTAG. In seinem Referat betonte der Vorsitzende der Partei Kurt Bachmann, dass wir bereit sind, uns jeder Form des Kampfes zu stellen. 'Wir werden so wie im außerparlamentarischen Kampf auch für den Kampf um Parlamentssitze eine eigenständige Alternative entwickeln. Wenn Neuwahlen stattfinden sollten, dann werden wir einen energischen und offensiven Kampf führen.'

Entsprechend der gegenwärtigen parlamentarischen Situation in Bonn und nach den Erklärungen der Bundestags-Parteien muss damit gerechnet werden, dass noch in diesem Jahr, Ende November, Neuwahlen zum Bundestag stattfinden. Darauf wird sich unsere Partei unverzüglich einstellen. Mit der DKP nimmt die einzige sozialistische Partei in der Bundesrepublik an den Bundestags-Wahlen teil, eine Partei, die die Interessen der Arbeiterklasse konsequent vertritt und auf dem Düsseldorfer Parteitag (am 25.11.1971, d. Vf.) mit den Thesen der DKP programmatische Vorstellungen zu allen Forderungen der arbeitenden Bevölkerung entwickelte. Der Bundestags-Wahlkampf stellt uns vor die Aufgabe, Millionen Bürger der Bundesrepublik mit dieser Politik der DKP bekannt zu machen.

Im Kampf für die Ratifizierung der Verträge (mit Polen und der SU, d. Vf.) standen wir in der ersten Reihe der demokratischen Kräfte der Bundesrepublik. Hier ebenso wie in Lohnauseinandersetzungen und bei der unmittelbaren Interessenvertretung der Arbeiter war es stets unser Ziel, die DKP als Partei der Arbeiterklasse zu stärken, um somit wiederum die Interessen der Arbeiter und Angestellten noch erfolgreicher vertreten zu können. Unser Vertrauen in der Arbeiterklasse und bei der arbeitenden und lernenden Jugend ist größer geworden. Im Bundestags-Wahlkampf wird sich unsere Partei besonders an die Arbeiterschaft und an die junge Generation wenden. Das kann uns nur gelingen, wenn die wichtigsten Parteiorganisationen der DKP, wenn unsere Grundeinheiten ihre ganze Kraft im Wahlkampf entfalten und jeder Genosse aktiv wird.

Die Hauptmethode des Bundestags-Wahlkampfes wird das persönliche Gespräch mit der arbeitenden Bevölkerung sein. Wir sollten davon ausgehen, dass wir nur denjenigen, den wir persönlich mit unseren Argumenten überzeugen, auch für eine Unterstützung unserer Politik gewinnen können. Darum werden wir solche bewährten Methoden, wie die Durchführung von Informationsständen in den Wohnsiedlungen während des Wahlkampfes in verstärktem Maße anwenden. Wir werden von Haus zu Haus gehen und Gespräche führen, und mit den Arbeitern der Betriebe darüber diskutieren, dass man diesmal die DKP wählen muss, weil sie die einzige Partei ist, die die Arbeiter-Interessen konsequent vertritt.

Bereits jetzt kommt es darauf an, den Wahlkampf vorzubereiten ...

2.) Bereits in der zweiten Hälfte des Monats August führen wir in unserem Bezirk Kreis-Delegiertenkonferenzen durch, auf denen die Direktkandidaten nominiert werden und Delegierte für die Landes-Konferenz (am 30.9.1972, d. Vf.) zu wählen sind.

3.) Wir schlagen allen Grundorganisationen der Partei vor, sich bereits jetzt Gedanken darüber zu machen, wie die Grundorganisationen den Wahlkampf führen werden. Nach den Kreis-Delegiertenkonferenzen kann man unmittelbar mit der Popularisierung der Kandidaten der DKP beginnen. Bereits jetzt sollte sich jede Grundeinheit unserer Partei erste Vorstellungen über einen Wahlkampfplan erarbeiten. Was beschäftigt die arbeitende Bevölkerung in Eurem Stadtteil, in der Wohnsiedlung? Wie können wir die unmittelbaren Forderungen der Bevölkerung, die wir vertreten, mit dem Bundestags-Wahlkampf in Verbindung bringen?

Wo sind die Schwerpunkte im Wohngebiet? (Arbeitersiedlungen, Wohngebiete, in denen unsere Partei bereits gewisse Erfolge in der Interessenvertretung der Bevölkerung, aber auch bei Wahlen erreichen konnte). Wie gewährleisten Betriebsgruppen und Wohngebietsgruppen eine enge Zusammenarbeit, um die Arbeiter nicht nur über Betriebszeitungen und das persönliche Gespräch zu erreichen, sondern auch in ihren Wohnsiedlungen? In welchen Betrieben erscheinen noch keine Betriebszeitungen unserer Partei? Können wir Voraussetzungen schaffen, bis zum Wahlkampf mit ersten Betriebszeitungen dort die Kandidaten der DKP zu popularisieren?

Wann führen die Grundeinheiten unserer Partei in Wohnsiedlungen oder in der Nähe von Betrieben öffentliche Versammlungen durch? Wann könnten Jugendforen durchgeführt werden? (Hierbei sollten sich die Grundorganisationen nicht zu viel Versammlungen vornehmen. Es kommt darauf an, von Haus zu Haus das Gespräch mit der arbeitenden Bevölkerung zu führen) ...

Liebe Genossen,
das sind erste Gedanken zur notwendigen Vorbereitung des Bundestags-Wahlkampfes. Selbstverständlich wird sich der Bezirksvorstand unserer Partei mit den Aufgaben des Wahlkampfes noch ausführlich befassen. Bereits auf der 4.Tagung des Bezirksvorstandes (am 10.6.1972, d. Vf.) wurde beschlossen, den Bezirks-Arbeitsplan im Sinne der notwendigen Aufgaben des Bundestags-Wahlkampfes für das zweite Halbjahr 1972 zu verändern. Trotz der wichtigen zusätzlichen Aufgaben, die in den nächsten Monaten vor unserer Partei stehen, hoffen wir, dass alle unsere Genossen im Juli durch einige Urlaubswochen noch genügend Kraft zur Lösung der vor uns stehenden Aufgaben sammeln können.“ (110)

Der DKP-Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen bereitete am 19.6. die Regionalberatung vor, die am Montag, 19.Juni 1972 um 19 Uhr stattfinden und sich u.a. mit dem "Stand der Teilnehmerwerbung für die Kundgebung" 'Freiheit für Spanien' am 24.6.1972 in Gelsenkirchen befassen soll. (111)

Am 20.6. gab der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen eine „Presseinformation“ zur Spanienveranstaltung in Gelsenkirchen (am 24.6.1972) heraus. (112)

Der DKP-Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen berichtete am 24.6. von der Tagung des DKP-PV bzw. der Spanien-Kundgebung in Gelsenkirchen, es „nehmen an der Kundgebung sämtliche Mitglieder des Parteivorstandes der DKP teil. Aus diesem Grunde unterbricht der Parteivorstand seine am 24. und 25.6. stattfindende Beratung." Berichtet wurde auch in: NRW vom Kreisvorstand Dortmund (am 31.7.1972) und im IGBE-Bereich von der BG Hansa (am 15.8.1972) und in Essen vom DKP-Kreisvorstand (am 21.6.1972). (113)

Heute (24.6.) berichtete der DKP-Kreisvorstand Dortmund davon, dass er die Kreisvorstandsmitglieder darin erinnerte, heute Abend in Gelsenkirchen an der Kundgebung „Freiheit für Spanien“ teilzunehmen. „Zu diesem Zweck fahren um 17 Uhr Busse vom Dortmunder Busbahnhof nach Gelsenkirchen. Wir bitten Euch, Teilnehmer für diese Aktion zu werben.“ (114)

Zur heutigen (24.6.) Spanienveranstaltung in Gelsenkirchen unter dem Motto „Freiheit für Spanien - Solidaritätskundgebung mit den spanischen Antifaschisten und Demokraten gegen die faschistische Franco-Diktatur“, wurde auch u.a. mit einem Flugblatt „Freiheit für Spanien“ aufgerufen. Sprechen sollen Vertreter der DKP, der SDAJ, des MSB Spartakus und der Gemeinschaft ehemaliger republikanischer Spanienkämpfer.

Von der DKP ruft der Bezirk Ruhr-Westfalen auf (am 20.6.1972). Dessen Vorstand berichtet am 15.6.1972, anlässlich der am 19.6.1972 stattfindenden Regionalberatung:

„Kundgebung 'Freiheit für Spanien' am 24.Juni 1972 um 18 Uhr in Gelsenkirchen, Hans-Sachs-Haus. Die 4. Bezirksvorstandstagung unserer Partei (am 10.6.1972, d. Vf.) unterstrich die Bedeutung der Kundgebung und forderte die Kreisvorstände und Grundeinheiten der Partei auf, die Solidaritäts-Kundgebung mit aller Kraft vorzubereiten und Teilnehmer für die Veranstaltung zu werben. Außer den Mitgliedern des Bezirksvorstandes nehmen an der Kundgebung sämtliche Mitglieder des Parteivorstandes (PV, d. Vf.) der DKP teil. Aus diesem Grunde unterbricht der Parteivorstand seine am 24. und 25.6. stattfindende Beratung. Es sollte unser besonderes Anliegen sein, für die Kundgebung zahlreiche junge Arbeiter, Schüler und Studenten zu werben. Selbstverständlich bemühen wir uns, für die Kundgebung spanische Kollegen zu gewinnen.

Auf der Kundgebung sprechen: Max Schäfer, Mitglied des Präsidiums der DKP, ehemaliger Offizier der internationalen Brigaden in Spanien; Willi Höhn, Vorsitzender der Gemeinschaft ehemaliger republikanischer Spanienkämpfer in der BRD; Rolf Priemer, Bundesvorsitzender der Sozialistischen deutschen Arbeiterjugend (SDAJ); Christoph Strawe, Bundesvorsitzender des Marxistischen Studentenbundes (MSB, d. Vf.) Spartakus. Auf der Regional-Beratung wollen wir uns eine genaue Übersicht über den Stand der Teilnehmerwerbung für die Kundgebung verschaffen.“ (115)

An der Gesamtschule (GS) Gelsenkirchen gab die Schulgruppe der DKP im August ihren „Kommunist“ Nr. 4 heraus. (116)

Ebenfalls im August gab die DKP Gelsenkirchen eine Ausgabe ihres ihr „Horster Fensters“ heraus. (117)

Am 26.8.1972 soll auf Vorschlag des DKP-Bezirksvorstandes Ruhr-Westfalen eine Wahlkreiskonferenz der DKP zur Aufstellung der Kandidatenliste für die Bundestagswahl stattfinden. (118)

Am 5.9. gab die DKP Bezirk Ruhr-Westfalen zu ihrer heutigen Pressekonferenz eine „Presseinformation“ heraus. Darin hieß es: „DKP deckt Giftskandal von internationalem Maßstab“ auf, in der auf Cyanidablagerungen außer in Bochum-Gerthe auch auf den Müllkippen Brandheide in Castrop-Rauxel, Emscher Bruch in Gelsenkirchen, in Dortmund-Marten und Kalkbeuren bei Köln sowie die Einleitung in die Nordsee eingegangen wurde. (119)

Im Dezember des Jahres 1972 gab an der Gesamtschule (GS) die Schulgruppe der DKP eine Ausgabe ihren „Kommunist“ heraus. (120)

KPD/ML-ZB und KJVD (1972)
KPD/ML-ZB und KJVD legten 1972 in Gelsenkirchen ihre ganze Aufmerksamkeit auf die „Entlarvung“ der SPD-Führer und auf das „Lohndiktat der SPD-Regierung“. Dafür schienen der „Heisse Ofen“ und der „Roter Gußstahl-Arbeiter“ prädestiniert zu sein. Über alle wesentlichen Ereignisse für den Ort wurde dort berichtet. (121)

Die überregionalen Berichte, etwa in der „Roten Fahne“, „KDAJ“ oder im „KND“, gaben Hinweise auf den Stand der Parteiarbeit in Gelsenkirchen. Einen frühen „Links- und Rechtsopportunismus“ soll es danach in Betriebszeitungen und bei leitenden Kadern ab dem Januar gegeben haben. Später, ab dem Sommer 1972, und im November/Dezember sei zunächst eine „KJ-Inform Fraktion“ aufgetreten die ihren Sitz auch in Gelsenkirchen gehabt habe, dann zum Spätherbst sollen weitere Mitglieder der Partei und des Jugendverbandes die Organisation verlassen haben. Dokumentiert sind in MAO Irlandaktionen (im März), Beteiligung durch Flugschriften an dem Misstrauensvotum in Bonn (April) und Mai durch möglicherweise eigene Veranstaltungen auf Ortsebene.

Am 19.1. gab die KPD/ML-ZB ihren „KND“ Nr. 5/1972 heraus. Von der Politabteilung des Zentralbüros wurde dort auch ein Artikel zur Parteidiskussion veröffentlicht, mit dem Hinweis, dass die Politik „der Fraktion 'Links'opportunismus reinsten Wassers“ sei. Das war ein erster Hinweis auf Gelsenkirchener Verhältnisse. Der Artikel ging auf den Austritt einer Reihe von Mitgliedern aus der KPD/ML-ZB und dem KJVD bzw. dessen Bundesleitung KJ-Inform ein: Formuliert wurde u. a:

„Die Politik Wer ist heute in Westdeutschland der Prellbock gegen den Sieg des Kommunismus in der Arbeiterschaft? Wer ist heute das Hauptbollwerk gegen die sozialistische Revolution? Wer ist heute die Hauptkraft des Monopolbürgertums gegen die Arbeiter und alle Werktätigen? Die Fraktionisten antworten: Die soziale Hauptstütze sind diejenigen, welche den Sozialismus in Worten führen, und in den Taten Paktierer mit der Bourgeoisie sind. Die SPD-Regierung hat weder in Worten oder in Taten den Sozialismus gefordert. Also ist die Sozialdemokratie nicht der gefährlichste Feind der Arbeiterklasse. Auch der Masseneinfluss der Sozialdemokratie wird geleugnet. Die SPD ist ... nicht bürgerliche Arbeiterbewegung, sondern letztlich seit dem Godesberger Programm bürgerliche Partei der Bourgeoisie und des Kleinbürgertums. Die neuen politischen Kräfte, die die Arbeiterschaft vom Sozialismus abhalten, sind die DKP, der KAB und verschiedene Teile der SPD (wie Jusos und verschiedene linke Flügel). Die DKP übernimmt immer mehr die Rolle des Sozialdemokratismus, die Hauptgefahr ist demnach die DKP.“

Diese Auffassungen schätzt das ZB als „linksradikales Gewäsch“ ein und folgerte: „Die Sozialdemokratie ist nach wie vor zu einem nicht geringen Teil bürgerliche Arbeiterbewegung ... Heute kann sich die Sozialdemokratie fest auf die Gewerkschaftsorganisationen stützen. Für die Hochfinanz ist es unerlässlich, die Kampforganisationen der Arbeitermassen an den imperialistischen Staat zu binden, sonst sind ihre Tage gezählt. Wenn der Kommunismus diese breitesten und umfassendsten Organisationen der Arbeiter erobert, dann wankt der bürgerliche Staat. Die westdeutschen Gewerkschaften aber sind die Hochburgen der Sozialdemokratie. Die Sozialdemokratie ist das Haupthindernis der Befreiung der westdeutschen Werktätigen ... Darum ist es unmöglich, dass die Sozialdemokratie, die soziale Hauptstütze der Herrschaft des Finanzkapitals, diese Diktatur aufrechterhält, stützt und verbissen verteidigt, ohne bedingungslos mit dem Staatsapparat, seinen Unterdrückungsorganen und Ausbeutungsinstrumenten zu verschmelzen. Darum ist es auch vollkommener Unsinn, die modernen Revisionisten für die wichtigste soziale Stütze des bürgerlichen Staates zu halten: Ihr Einfluss in den Gewerkschaften ist verhältnismäßig gering. Sie stützen sich immer mehr auf bestochene Arbeiterschichten und studentische und kleinbürgerliche Bewegungen ... Das Gerede von der Hauptgefahr DKP ist nichts als 'linkes' Gewäsch, den politischen Hauptangriff gegen die Revisionisten zu richten, ist echter, ungeschminkter Linksopportunismus, der den gefährlichsten Feind des Volkes ungeschoren lässt ... Die KPD/ML wird diese Kapitulation nicht durchführen, weil sie gleichzeitig einer Aufgabe des revolutionären Endziels, der Eroberung der Diktatur des Proletariats und des Sozialismus, gleichkäme. Gerade für den Sturz des imperialistischen Staates kämpfen, heißt gegen die Sozialdemokratie kämpfen. Die Partei muss gegen diese Fraktion ihre korrekte Linie verteidigen, gleichzeitig muss sie aber Fehler in ihrer Linie aufdecken und sich fragen, worin die berechtigte Kritik der Angriffe der Fraktion besteht.“ (122)

Vom Landeskomitee NRW des KJVD der KPD/ML-ZB wurde am 28.2. die Broschüre „Nieder mit dem Imperialismus - Freiheit für das Irische Volk!“ herausgegeben. Und für eine Demonstration am 11.3. in Dortmund aufgerufen. An der Agitation dafür beteiligte sich auch der KJVD Gelsenkirchen. Für die Broschüre wurde u.a. auch bei Hoesch Phoenix Dortmund (IGM-Bereich) und Schalker Verein Gelsenkirchen (IGM-Bereich) geworben und sie wird auch durch den KJVD bei Minister Stein/Hardenberg Dortmund (IGBE-Bereich) verkauft. (123)

In Gelsenkirchen wollen KPD/ML-ZB und KJVD am 9.3. eine Irland-Veranstaltung durchführen, wobei der Ort bei den Verkäufern der „Roten Fahne“ (RF) und des „Kampf der Arbeiterjugend“ (KdAJ) zu erfragen war. Aufgerufen wurde dazu u.a. im IGM-Bereich beim Schalker Verein und bei Gußstahl. Die Veranstaltung fand in einer Gaststätte auf der Bochumer Straße statt. (124)

Am 11.3. führte der KJVD der KPD/ML zum Abschluss seiner Irland-Woche eine Irland-Demonstration durch, zu der, laut dem „KDAJ“ die Ortsgruppe Dortmund, laut dem „KND“ der gesamte Landesverband NRW aufruft. Angereist waren auch KJVDler aus Gelsenkirchen. Außerdem beteiligen sich auch die KPD/ML-ZK und griechische MLer an der, laut KJVD, 500-köpfigen Demonstration. Aufgerufen wurde dazu auch bei der Hoesch Westfalenhütte Dortmund (IGM-Bereich Dort sowie bei Hoesch Phoenix wurde auch berichtet, dass der Zug zu den britischen Kasernen verboten wurde. Aufgerufen wurde in Dortmund auch im IGBE-Bereich bei Minister Stein durch die KPD/ML-ZB und den KJVD. In Gelsenkirchen wurde u.a. aufgerufen beim Schalker Verein (IGM-Bereich). (125)

An der am 27.4.1972 stattfindenden Demonstration während der Arbeitszeit zur Unterstützung der Ostpolitik beteiligten sich, laut KPD/ML-ZB, ca. „2 500 Personen“. Die KPD/ML-ZB schickte auch Vertreter zur Beobachtung. Aus dem IGM-Bereich beteiligten sich ca. 400 Kollegen von Gußstahl, ca. 1 000 von Rheinstahl und ca. 1 000 von Küppersbusch, Müllarbeiter (ÖTV-Bereich), Berufs- und Berufsaufbauschüler. Die KPD/ML-ZB verteilt nach eigenen Angaben auch Flugblätter, diskutiert mit einigen Kollegen und verkauft die 'Rote Fahne'. (126)

Der „KND“ berichtete in seiner Ausgabe Nr. 33/1972 vom 5.5. auch knapp über die 1. Mai Demonstration in Gelsenkirchen. Eingegangen wurde auch auf die Aktionen gegen das Misstrauensvotum in Bonn. Das ZB betonte auch im „KND“ dass nun an jedem Ort, wo die Partei tätig ist, die Agitation gegen den „Kriegspakt Bonn-Moskau“ zu erfolgen hätte. (127)

Der „KND“ Nr. 10/1972 vom 15.5. berichtete ebenfalls über das Misstrauensvotum und den Aktionen in Gelsenkirchen. Berichtet wurde auch über eine Reihe von Kurzkundgebungen gegen den „Kriegspakt Bonn - Moskau“, die die KPD/ML-ZB gemeinsam mit dem KJVD um den 10.5.1972 herum in Arbeitervierteln und vor Betrieben durchgeführt hat. Von allen Betriebszeitungen der KPD/ML-ZB seien Extrablätter verteilt worden. Allerdings ist z. Zt. nicht bekannt, ob es auch Kurzkundgebungen in Gelsenkirchen gegeben hat. (128)

Im Juli 1972 verlassen ehemalige Funktionäre des KJ-Inform und weitere Mitglieder der KPD/ML-ZB und des KJVD die Organisationen. Und verfassen die Schrift: „Nieder mit den Spaltern - Zur Spaltung der Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten im Frühjahr 1970“. Erscheinungsort der Schrift ist Gelsenkirchen. Darin wurde u.a. die Gründung der KPD/ML am 31.12.1968 als „korrekt und revolutionär“ bezeichnet. Die KPD/ML-ZB dagegen sei eine "Spalterorganisation". Erklärt wurde weiter, dass die „KPD/ML-ZK vorbehaltslos“ unterstützt werde. (129)

Mit dem September 1972 dürfte der Anschluss einer Reihe von Mitgliedern des KJ-Inform, der KPD/ML-ZB und der KJVD-Ortsgruppe an die KPD/ML-ZK erfolgt sein, die spätestens bis zum März 1973 aus der Konkursmasse des Zentralbüros und seiner Unterorganisationen profitierte. Und eine eigene Ortsgruppe bildete. Die KPD/ML-ZB dürfte ab dem Jahresende 1972 nicht mehr existent gewesen sein. Andere Mitglieder des ZB, die in der Zwischenzeit bis zur Auflösung zentrale Aufgaben übernommen hatten, traten offiziell nicht mehr in Erscheinung. (130)
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Politische Bewegung in Gelsenkirchen 1967-1985 Teil 5/6

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KPD, KJO Spartacus (1972)
Erwähnenswert ist in 1972 nach MAO zunächst die Aufnahme der Parteiarbeit durch die KPD in Gelsenkirchen bis spätestens Mai 1972. Zunächst gab es eine Kontaktaufnahme in Gelsenkirchen-Buer, später in Gelsenkirchen Hassel (ab Mai 1972). Der KJO-Spartacus schien nach dem Austritt seiner Ortsgruppe (bis spätestens März 1972) in Gelsenkirchen zunächst nicht mehr präsent zu sein.

Die „Rote Fahne“ der KPD Nr.4/1972 vom 19.4., berichtete vom „weiteren Fortschritt vom Aufbau der Partei“. Danach sei die Parteiarbeit im Ruhrgebiet bereits seit dem 10.4. in vollem Gange. „Die Mitgliederversammlung der Region Rhein-Ruhr am 12.März hatte dem Vorschlag des Zentralkomitees, eine Reihe weiterer Zellen einzurichten, zugestimmt“. Neben einer Zelle Westerholt/Polsum, wurde auch darüber berichtet, dass eine Kontaktaktadresse für Gelsenkirchen eingerichtet werde. (131)

Zum 24.5.1972 gab die KPD ihre „Rote Fahne“ Nr. 4471972 heraus. Bekannt gemacht wurde dort eine Kontaktadresse für Gelsenkirchen Buer (später Hassel, nach der RF Nr. 445/1972 vom 31.5.). In Hassel sollen danach Zusammenkünfte im „Haus Bölt, Marlerstraße 132“ erfolgen. Weiter wurde auch aus Gelsenkirchen berichtet. erfolgen. Außerdem berichtete die „Rote Fahne“ wohl auch vom Gelsenkirchener 1. Mai. (132)

Am 4.3.1972 begann nach einem Spartacus-Rechenschaftsbericht, die zweitägige 3. Bundeskonferenz des KJO Spartacus. Ob es Mandate für Gelsenkirchen gegeben hatte, ist unklar. Berichtet wurde aber darüber, dass die Ortsgruppen Bonn, Duisburg, Lennestadt, Gelsenkirchen und der Neuling Bottrop ganz, Essen fast ganz ausgetreten seien. Danach musst es auch eine eigene OG Gelsenkirchen des KJO Spartacus gegeben haben, deren Aktivitäten im Moment noch im Dunklen liegen. Im Rechenschaftsbericht der Zentralen Leitung (ZL), der auf der Konferenz diskutiert wird, wird u.a. ausgeführt, dass in den letzten Monaten in NRW und Berlin die Hauptaktivität in Fahrpreiskämpfe gesteckt worden sei. In Berlin müsse man den Fraktionierungsprozess im Sozialistischen Frauenbund Westberlin (SFB) unterstützen. Die Spaltung vom 12.12.1971 habe einen Mitgliederverlust von 50% bedeutet. (133)

Deutsche Kommunistische Partei - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (1973)
1973 fiel die DKP primär durch ihre Beteiligung am Kongress „Freiheit für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique“ (ab Januar) auf. Diese Kampagne zog sich eigentlich durch das ganze Jahr. Es gibt aber in MAO zunächst wenige Dokumente, die bekannt machen könnten, dass Aktionen direkt von Gelsenkirchen ausgingen. Daneben richteten die örtlichen Gruppen von DKP und SDAJ vermutlich auch schwerpunktmäßig ihren Blick auf die Auseinandersetzung in Gestalt des Trotzkismus. Hierzu gab es vermutlich mehrere Veranstaltungen. Eine datierte aus dem Februar 1973. Aktionen mit Flugschriften, die unter dem Motto standen „Freiheit im Beruf - Demokratie im Betrieb“, sind aus dem April belegt.

Spätestens bis zum 10. Januar, erschien ein Flugblatt des Organisationskomitee - Kongress „Freiheit für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique“ (möglich ist auch ein Erscheinen schon zur Mitte Januar gewesen, d. Vf.)", das womöglich die örtliche DKP Gelsenkirchen mitunterzeichnete. Dort hieß es:

„SOLIDARITÄTS-DEMONSTRATION FREIHEIT FÜR ANGOLA, GUINEA-BISSAU UND MOCAMBIQUE! FRIEDEN FÜR VIETNAM JETZT!

Portugal führt gegen die Völker von Angola, Guinea-Bissau und Mozambique einen mörderischen Krieg. Wie die USA in Vietnam, versucht Portugal in Afrika mit Folter, Napalmbomben und Erntevernichtungen seine Herrschaft über das letzte große Kolonialreich der Erde aufrechtzuerhalten. Ausländische Konzerne geben Portugal, selbst ein armes und zurück gebliebenes Land, durch ihre Investitionen den ökonomischen Rückhalt. Die Kolonialherrschaft sichert ihnen Extraprofite. Deshalb leisten die NATO-Staaten militärische, ökonomische und politische Unterstützung, ohne die Portugal seinen Krieg nicht führen könnte. Hierbei hat sich auch die BRD besonders durch Waffenlieferungen an Portugal als eine der zuverlässigsten Stützen des Kolonialregimes erwiesen. Seit Jahren führen die USA einen grausamen Krieg in Vietnam, in dem bisher Millionen Menschen getötet wurden. Durch gezielte Falschmeldungen versucht Nixon, die Weltöffentlichkeit zu täuschen und - bombardiert verstärkt weiter. Gegen das Volk von Vietnam wird der schwerste Luftangriff aller Zeiten geführt. Auch wir in der BRD müssen durch breite Solidaritätsaktionen dazu beitragen, diesen Verbrechen der US-Regierung ein sofortiges Ende bereiten.

Diese Kriege sind Völkermord!

Die Völker von Angola, Guinea-Bissau und Mozambique haben den Kampf gegen ihre Unterdrücker aufgenommen. Analphabetismus, Auslieferung an Krankheiten und Seuchen, Ausbeutung zu Hungerlöhnen, Streikverbot, Verweigerung des Wahlrechts und des Rechts auf gewerkschaftliche und politische Organisierung - das ist die Hinterlassenschaft einer 500-jährigen 'zivilisatorischen Mission' Portugals in Afrika. Die unterdrückten Völker haben erkannt, dass nur ihr Kampf die Ursachen ihrer Not beseitigen kann. Dieser Kampf gegen die Kolonialmacht richtet sich zugleich gegen die Verbündeten Portugals. Hierbei haben die fortschrittlichen Menschen dieser Länder eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Ihre Aktion, ihr Protest, ihr massiver öffentlicher Druck sind ebenso notwendig wie ihre materielle Solidarität.

Die gleichen Kräfte, die sich an der Ausbeutung und Unterdrückung der Völker Afrikas und dem Völkermord in Vietnam beteiligen, bekämpfen auch hier alle Bemühungen der arbeitenden Menschen, ihre materiellen und sozialen Lebensbedingungen zu verbessern. Solidarität bedeutet daher nicht nur Hilfe für die Befreiungsbewegungen selbst, sondern liegt auch im Interesse derjenigen, die sich für demokratische Rechte und gegen die unkontrollierte Machtausübung durch die Konzerne einsetzen.

Wir rufen alle fortschrittlichen Menschen und Organisationen auf, mit den kämpfenden Völkern der portugiesischen Kolonien Solidarität zu üben! Keine bundesdeutsche Unterstützung für den Kolonialkrieg Portugals - Stoppt westdeutsche Waffenlieferungen! Unterstützt die Befreiungsbewegungen FRELIMO, MPLA und PAIGC!

Wir fordern die sofortige Unterzeichnung des Friedensabkommens mit der Demokratischen Republik Vietnam durch die USA! Schluss mit der Unterstützung des US-Krieges durch die BRD! Wir rufen auf zu einer SOLIDARITÄTS-DEMONSTRATION am 13. Januar 1973 in Dortmund, Alter Markt, 12. 30 Uhr."

Das Flugblatt wird unterstützt:
- bundesweit von Aktion Selbstbesteuerung (ASB) - Bundesvorstand, Deutsches Komitee für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique, Bonn, Deutsche Friedensgesellschaft/Internationale der Kriegsdienstgegner (DFG/IdK), Bundesvorstand, Internationaler Arbeitskreis (IAK), Bundesvorstand Berlin, MSB Spartakus (der DKP) - Bundesvorstand, Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ der DKP) - Bundesvorstand, SHB-Bundesvorstand und Sozialistisches Büro (SBü) Offenbach;
- aus Baden-Württemberg von Aktion Dritte Welt (ADW) Heidelberg-Land, Aktion 1/3 Heidelberg, Aktion Kritischer Konsum (AKK) Karlsruhe, Amnesty International (AI) Asperg, Esslingen und Karlsruhe, Informationszentrum Dritte Welt (IZ3W) Freiburg und Lehrlingsgruppe Mühlacker;
- aus Bayern von AKUZ (?) Augsburg, Amnesty International (AI) Freising und Gundelfingen, DGB-Jugend Würzburg, Gewaltfreie Aktion (GA) Augsburg, Gewaltfreie Aktion (GA) München, Schülerbasisgruppe Aurach und SJD - Die Falken (der SPD) Schweinfurt;
- aus Berlin von Arbeitskreis Antirassismus, Hendrik-Kraemer-Haus und Komitee Südliches Afrika (KSA);
- aus Bremen vom Arbeitskreis Entwicklungshilfe;
- aus Hamburg von Arbeitsgemeinschaft für Lateinamerika, Komitee Südliches Afrika (KSA) und Pogrom (Redaktion);
- aus Hessen von Aktion Antirassismus Darmstadt, Amnesty International (AI) Marburg, Antiimperialistisches Informationsbulletin (AIB) Marburg und Evangelische Studentengemeinde (ESG) Gießen;
- aus Niedersachsen von Aktion Dritte Welt (ADW) Afferde, Arbeitskreis Dritte Welt (AKDW) Lüneburg, Arbeitskreis Entwicklungshilfe *Ditzum, Evangelische Jugend Alfeld und SJD - Die Falken (der SPD) Hannover;
- aus NRW von Aktion Dritte Welt (ADW) Düren, Aktion Dritte Welt (ADW) Gelsenkirchen, Aktion Dritte Welt (ADW) Viersen, Aktion Dritte Welt (ADW) Wesel, Aktionskomitee Afrika (AKAFRIK) Bielefeld, Aktionskomitee Afrika (AKAFRIK) Münster, Aktionskreis Dritte Welt (ADW) Dortmund, Aktionskreis Dritte Welt (ADW) Mettmann, Aktionskreis Dritte Welt (AKDW) Minden, Amnesty International (AI) Hagen, Antiimperialistische Liga Münster, DKP-Hochschulgruppe Köln, DPSG (?) Aachen, Kampagne Südliches Afrika Münster, Kritischer Katholizismus Köln, Naturfreundejugend (NFJ) Dortmund, Ökumenischer Arbeitskreis Dritte Welt Lippe, Ökumenischer Arbeitskreis Duisburg, Progressive Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer (PPK) Duisburg, Projektgruppe Afrika in der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) und Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Bielefeld, Tribunalgruppe Aachen, Verband der Kriegsdienstverweigerer (VK) Bonn;
- aus Rheinland-Pfalz von Aktionskreis Dritte Welt (ADW) Landesjugendpfarramt Kaiserslautern; Arbeitskreis 'Martin Luther King' Höhr-Grenzhausen, AStA der PH Landau, DPSG (?) Daun und Shalom Arbeitsgemeinschaft Westerwald,
- aus dem Saarland vom Antiimperialistischen Komitee (AIK) Saarbrücken;
- aus Schleswig-Holstein von Chlamydomonas Kaltenkirchen;
sowie aus unbekanntem Ort durch die Projektgruppe Gesellschaftliche Entwicklung Neustadt.

Verantwortlich für das Flugblatt ist das Organisationskomitee Kongress 'Freiheit für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique', 46 Dortmund, Ruhrallee 62. (134)

Im Februar 1973 gab die DKP eine Ausgabe ihres „Horster Fensters“ heraus. (135)

Am 5.2. gab die Schulgruppe der DKP an der Gesamtschule Gelsenkirchen, vermutlich in dieser Woche ihren „Kommunisten“ Nr. 1/1973 heraus. (136)

Am 9.2.1973 führten die DKP und SDAJ im DKP-Zentrum Gelsenkirchen (Luipoldstraße), laut Spartacus Bolschewiki/Leninisten, eine Veranstaltung "Trotzkismus - Feind der Arbeiterklasse" durch. Dies ist vermutlich eine Reaktion u.a. auf die Tätigkeit der Spartacus Bolschewiki/Leninisten Sympathisantengruppe Gelsenkirchen, die im Bergbau (IGBE-Bereich) und der Stahlindustrie (IGM-Bereich) arbeite und eine Wahlkampagne durchführt. (137)

In Dortmund will die Initiative 'Freiheit im Beruf - Demokratie im Betrieb' im Fritz Henßler Haus am 12.4 eine Pressekonferenz zur bundesweiten Demonstration gegen die Berufsverbote (BV) am 14.4.1973 in Dortmund durchführen. Vermutlich dort verteilt sie folgenden Text:"

„62 örtliche und regionale Initiativ-Komitees im gesamten Bundesgebiet bereiten die Demonstration und Kundgebung vor, zu der am Samstag, 14. April 1973, in Dortmund etwa 15 000 Teilnehmer erwartet werden. Nachdem etwa 3 000 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter hunderte Betriebs- und Gewerkschaftsfunktionäre, Jugendsprecher, Jugendleiter verschiedener Jugend-Organisationen, Pädagogen und kirchliche Würdenträger den Aufruf unterzeichneten, gehen wenige Tage vor dem Stattfinden der Dortmunder Manifestation Zustimmungen zahlreicher Organisationen ein.

Den Aufruf unterzeichneten folgende überörtliche Organisationen: Bezirksvorstand SJD Die Falken (der SPD, d. Vf.), Niederrhein; Landesjugendleitung NFJD, Rheinland (Naturfreundejugend, d. Vf.); Landesjugendkonferenz NFJD, Westfalen; Landesvorstand Jungdemokraten (Judos der FDP, d. Vf.), NRW; Bundesvorstand DFG/IdK; Bund demokratischer Wissenschaftler (BdWi, d. Vf.); Bezirksvorstand SJD Die Falken, Ostwestfalen; Bundesvorstand der SDAJ (der DKP, d. Vf.); Bernhard Nordhoff, Bundesvorsitzender SHB; MSB Spartakus, Bundesvorstand; Vorstand der Assistentenschaft der Ruhr-Uni Bochum (RUB, d. Vf.); Landesjugendleitung NFJD, Saar; Landesvorstand der SMV der berufsbildenden Schulen NRW; Bezirksvorstand der SMV der berufsbildenden Schulen, Regierungsbezirk Münster; Bundesvorstand VK; Landesvorstand Humanistische Union (HU, d. Vf.), NRW; Landesvorstand SMV der allgemeinbildenden Schulen NRW, Jugendvertretung der Westfälischen Rundschau Dortmund (DruPa-Bereich, d. Vf.); Jungsozialisten (Jusos der SPD,d. Vf.) Bezirk Hannover; Jungdemokraten, Niedersachsen; Evangelische Jugend Niedersachsen; SHB Niedersachsen; Jungdemokraten Landesvorstand West-Berlin; Verband der Studenten der Berufspädagogik e.V.; Jungsozialisten, Bremen; Landesjugendring (LJR, d. Vf.), Bremen; SJD Die Falken, Bremen

Dem Aufruf des Verbandes Deutscher Studentenschaften (VDS,d. Vf.) schlossen sich inzwischen mehr als 26 ASten von Hochschulen der Bundesrepublik an. Als Sprecher auf der Eröffnungs- und Abschlusskundgebung erklärten sich bereit:
Prof. Dress, Bielefeld
Fred Herger, Mitglied der Bundesjugendleitung der NFJD
Hans-Otto Wolff, Betriebsrat Hoesch AG (IGM-Bereich in Dortmund, d. Vf.)
Prof. Horst Holzer, München
Sprecher des Bundesvorstandes des VDS
Bernd Hüser, Jugendsprecher Hoesch AG, Dortmund
Vera Achenbach, Bundesvorstand SDAJ
Pfarrer Simon Peter Gerlach, Gelsenkirchen
Ruttger Booß, Lehrer.“ (138)

Die KPD/ML-ZK (1973)
1973 nahmen auch die Aktivitäten der KPD/ML-ZK in Gelsenkirchen zu. Durch die Übernahme der Restbestände der KPD/ML-ZB und durch den Aufbau der eigenen Ortsgruppe und der Roten Garde, konnten sie ihre politische Agitation und Propaganda erheblich verstärken. Die KPD/ML-ZK setzte durch die Übernahme des „Heissen Ofen“ die Propaganda des ZB einfach fort, ohne ihren Einfluss nennenswert verbreiten zu können. Belegt ist u. a. auch die Arbeit bei Seppelfricke, wo sie später (wohl ab 1977) eine Betriebsrätin stellte. Leitender Kader dürfte der Arzt Wolfgang Gedeon gewesen sein. 1973 beschränkte sich zudem die Arbeit der KPD/ML-ZK auf die reine Propagandatätigkeit. Sie war aber auch an den Rote-Punkt Aktionen am Ort beteiligt (März/April). Zudem war sie wohl auch im überörtlichen Kampfkomitee Roter Punkt (Februar) vertreten, dass vor allem in Bochum für Furore sorgte. Und beteiligte sich wohl auch an den Bochumer Aktionen im März. Ein wichtiges Standbein der KPD/ML-ZK dürften die Veranstaltungen mit der Gesellschaft der Freunde Albanien (April, Oktober) gewesen sein, wobei sie (die GdFA) als Unterorganisation der KPD/ML-ZK firmierte.

Am 13.1. begann laut KPD/ML-ZK ein „zweitägiger Kongress Freiheit für Angola, Guinea-Bissau und Mosambik", der von „Revisionisten und Reformisten organisiert“ worden sei. Laut KPD handelt es sich um einen Kongress der Friedrich Ebert Stiftung (FES) der SPD, die übrigens auch in Gelsenkirchen aktiv war. Aufgerufen wurde auch zu einer heutigen Demonstration um 12 Uhr 30 am Alten Markt durch das Organisationskomitee für den Kongress (Antiimperialistisches Komitee (AAK, d. Vf.). Die Ortsgruppen der KPD/ML-ZK (vermutlich auch die Gelsenkirchener) verteilen dazu Flugblätter. Ausgeführt wurde im Flugblatt:

„Liebe Freunde und Genossen!
Das faschistische Portugal führt in Afrika einen grausamen, blutigen Krieg gegen die Völker von Angola, Guinea-Bissau und Mozambique. Es kann diesen Krieg führen, weil es Hilfe von seinen militärischen Verbündeten in der NATO bekommt, weil es die politische und finanzielle Unterstützung der Regierungen der imperialistischen Länder hat und weil die Konzerne dieser Länder durch ihre Investitionen dem Kolonialregime den unverzichtbaren ökonomischen Rückhalt sichern. Die BRD gehört in allen drei Punkten zu den zuverlässigsten Stützen des portugiesischen Kolonialismus.

Die Völker von Angola, Guinea-Bissau und Mozambique sind nicht länger gewillt, sich dem kolonialen Joch zu beugen. Sie haben geführt von ihren Befreiungsbewegungen MPLA, PAIGC und FRELIMO den Kampf um Freiheit und nationale Unabhängigkeit aufgenommen. Sie wissen aber auch, dass dieser Kampf nur Erfolg haben kann, wenn ALLE beteiligten Gegner zur Niederlage gezwungen werden. Hier kommt den fortschrittlichen Menschen in Ländern wie der BRD eine wichtige Rolle zu: Ihre Aufgabe ist es, durch massiven öffentlichen Druck auf ihre Regierungen dafür zu kämpfen, dass jegliche Unterstützung, die dem portugiesischen Kolonialkrieg dienen kann, aufhört.

Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen und zugleich einen Beitrag zur Stärkung der Solidaritätsbewegung in der BRD zu leisten, haben über 50 Aktionsgruppen, Organisationen, Jugend- und Studentenverbände (darunter auch das AIB) beschlossen, einen Solidaritätskongress unter dem Motto 'Freiheit für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique' durchzuführen. Dieser Kongress wird am 13./14. Januar 1973 in Dortmund stattfinden (zentrale Adresse: 46 Dortmund-Hörde Am Richtersbusch 6). Die aktive Solidarität mit den Befreiungsbewegungen verbindet hier christliche, demokratische und sozialistische Gruppen zu einem breiten Aktionsbündnis. Eine unser vordringlichsten Aufgaben muss es sein, die Öffentlichkeit in unserem Land durch Informationen über den Kolonialkrieg und über die Rolle der Konzerne und Regierungen der BRD für unsere Forderungen zu gewinnen.

Das AIB hat zu diesem Zweck verschiedene Materialien herausgegeben, die bei der Redaktion bestellt werden können (...). Das 'REFERAT UND MATERIALIEN ÜBER DEN KOLONIALKRIEG PORTUGALS GEGEN DIE VÖLKER VON ANGOLA, GUINEA-BISSAU UND MOCAMBIQUE' haben wir in verbesserter Form erneut aufgelegt, da die Nachfrage nach einem Standard-Referat, das auch 'Nicht-Spezialisten' in die Lage versetzt, als Referenten oder in Diskussionen aufzutreten, immer stärker wurde. Photos, Karten und Texte der WANDZEITUNG 'Solidarität mit den Völkern von Angola, Guinea-Bissau und Mozambique' sollen die Aufmerksamkeit der Betrachter auf die verschiedenen Aspekte des Kolonialkriegs und des nationalen Befreiungskampfes lenken. Sie ist besonders für die Verwendung in Schulen, Jugend- und Gemeindehäusern, Universitäten und auf Anschlagbrettern in Betrieben geeignet.

Der Terror der portugiesischen Soldateska, Zwangsarbeit und die Kämpfer der Befreiungsbewegungen ebenso wie das Leben in den befreiten Gebieten, die Aufbauleistungen und die Beteiligung der Frauen am Kampf sind Themen einer 15-teiligen PHOTOAUSSTELLUNG. Ein PLAKAT mit einem Aufruf zur materiellen Hilfe für die kämpfenden Völker der portugiesischen Kolonien fordert zu Geldspenden auf ein Solidaritätskonto auf. Dieses Konto wurde 1970 eingerichtet von Prof. W. Abendroth, Prof. H.W. Bartsch, W. Breuer, G. Mathiessen, R.J. Priemer, Dr. E. Runge, B. Schilling, K.H. Schröder, Dr. H. Schulte, Dr. K. Steinhaus, Dr. M. Walser, F. Werkmeister, Prof. E. Wulff.

Wir glauben, dass diese Materialien überall dort, wo die Öffentlichkeit angesprochen werden soll - auf Versammlungen, Teach-Ins, Seminaren, bei Informationsständen etc. - von Nutzen sein können.“

Das Antiimperialistische Arbeitskomitee (AAK) berichtete:

„PORTUGIESISCHE KOLONIEN
KONGRESS FREIHEIT FÜR ANGOLA, GUINEA-BISSAO UND MOZAMBIQUE (DORTMUND, DEN 13./14. JANUAR 1973).
Der Kongress 'Freiheit für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique', der am 13./14.1.73 in Dortmund stattfand, stellt ein wichtiges Ereignis in der Entwicklung der Solidaritätsbewegung mit den Völkern der portugiesischen Kolonien in der BRD dar. Über 80 lokale Gruppen und bundesweite Organisationen mit unterschiedlichen politischen und weltanschaulichen Positionen waren bereit, auf diesem Kongress ihr Engagement für den Befreiungskampf der Völker in Angola, Guinea-Bissau und Mozambique gemeinsam zu manifestieren, gemeinsame Forderungen sowie Vorstellungen über weitere gemeinsame Aktionen zu entwickeln.

Die Repräsentanten der 3 Befreiungsbewegungen, Antonio Neto (MPLA Angola), Gil Fernandez (PAIGC Guinea-Bissau) und Armando Panguene (FRELIMO Mozambique) stellten die Situation des Kampfes in ihren Ländern dar. In sechs Arbeitsgemeinschaften diskutierten die ca. 1 000 Kongressteilnehmer über den nationalen Befreiungskampf, den portugiesischen Kolonialismus, die Rolle der Republik Südafrika (Namibia, d. Vf.) die Unterstützung Portugals durch die BRD und die NATO-Staaten, das Verhältnis von Kirche und Kolonialismus und über die Aufgaben der Solidaritätsbewegung in der BRD.

Übereinstimmung wurde in allen Arbeitsgemeinschaften über die Durchführung einer von der UNO proklamierten Solidaritätswoche mit den Völkern von Angola, Guinea-Bissau und Mozambique vom 25. Mai bis 1. Juni erzielt. Sie soll dazu dienen, dass in möglichst vielen Orten in der BRD alle engagierten Gruppen und Organisationen gemeinsame lokale Aktionen durchführen. Es hier vor allem darauf ankommen, die Befreiungsbewegungen politisch und materiell zu unterstützen, von der Bundesregierung die Einstellung aller Hilfe für Portugals Kolonialkrieg zu fordern und über die Ursachen der Beteiligung an der Ausbeutung und Unterdrückung der Völker der portugiesischen Kolonien durch westdeutsche Konzerne und Regierungen zu informieren. Das Organisationskomitee des Kongresses ( ... ) wird auf allgemeine Empfehlung hin regionale Vorbereitungstreffen organisieren, auf denen alle Fragen der UNO-Woche konkret diskutiert werden sollen ( ... ). Den Abschluss des Kongresses bildete die Verabschiedung eines Appells sowie eines offenen Briefes an Bundeskanzler Brandt.“

Vom AAK werden folgende Organisation als Unterstützer aufgeführt (Mitglieder des Organisationskomitees sind von und durch ein OK in Klammern gekennzeichnet): -bundesweit Aktion Selbstbesteuerung (ASB) - Bundesvorstand, Amnesty International (AI), Deutsche Sektion e.V., Deutsches Komitee für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique, Bonn (OK), Deutsche Friedensgesellschaft / Internationale der Kriegsdienstgegner (DFG/IdK), Bundesvorstand, Internationaler Arbeitskreis (IAK), Bundesvorstand, Jungsozialisten (Jusos) in der SPD - Bundesvorstand, MSB Spartakus (der DKP) - Bundesvorstand, Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ der DKP) - Bundesvorstand (OK), SHB-Bundesvorstand, Sozialistisches Büro (SBü) Offenbach und Verband Deutscher Studentenschaften (VDS);
- aus Baden-Württemberg Aktion Dritte Welt (ADW) Heidelberg-Land, Aktion 1/3 Heidelberg, Aktion Kritischer Konsum (AKK) Karlsruhe, AStA der Fachhochschule Mannheim, Informationszentrum Dritte Welt (IZ3W) Freiburg (OK) und Lehrlingsgruppe Mühlacker;
- aus Bayern AKUZ (?) Augsburg, DGB-Jugend Würzburg, Gewaltfreie Aktion (GA) Augsburg, Gewaltfreie Aktion (GA) München, Katholische Hochschulgemeinde/Aktionskreis Dritte Welt (KHG/ADW) München, Schülerbasisgruppe Aurach und SJD
- Die Falken (der SPD) Schweinfurt;
- aus Berlin Arbeitskreis Antirassismus, Hendrik-Kraemer-Haus und Komitee Südliches Afrika (KSA);
- aus Bremen Arbeitskreis Entwicklungshilfe;
- aus Hamburg Arbeitsgemeinschaft für Lateinamerika, Komitee Südliches Afrika (KSA) und Pogrom (Redaktion);
- aus Hessen Arbeitskreis Dritte Welt Marburg, Aktion Antirassismus Darmstadt, Antiimperialistisches Informationsbulletin (AIB) Marburg (OK), Cabora Bassa Gruppe Frankfurt, Evangelische Studentengemeinde (ESG) Gießen und Katholische Hochschulgemeinde (KHG) Darmstadt;
- aus Niedersachsen Aktion Dritte Welt (ADW) Afferde, Arbeitsgemeinschaft Christlicher Schüler Hannover, Arbeitskreis Entwicklungshilfe Ditzum, AStA der TU Clausthal-Zellerfeld, Evangelische Jugend Alfeld und SJD - Die Falken (der SPD) Hannover;
- aus NRW Aktion Dritte Welt (ADW) Düren; Aktion Dritte Welt (ADW) Gelsenkirchen, Aktion Dritte Welt (ADW) Viersen, Aktion Dritte Welt (ADW) Wesel, Aktionskomitee Afrika (AKAFRIK) Bielefeld (OK), Aktionskomitee Afrika (AKAFRIK) Münster, Aktionskreis Dritte Welt (ADW) Dortmund (OK), Aktionskreis Dritte Welt (ADW) Minden, Deutsche Jungdemokraten (Judos der FDP) Dortmund, DKP-Hochschulgruppe Köln, Evangelische Studentengemeinde (ESG) Aachen, Evangelische Studentengemeinde (ESG) Köln, Jugendausschuss der Vereinigten Kirchenkreise Dortmund und Lünen, Kampagne Südliches Afrika Münster, Kritischer Katholizismus Köln, Naturfreundejugend (NFJ) Dortmund, Ökumenischer Arbeitskreis Dritte Welt Lippe, Ökumenischer Arbeitskreis Duisburg, Progressive Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer (PPK) Duisburg, Projektgruppe Afrika in der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) und Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Bielefeld, Tribunalgruppe Aachen, Verband der Kriegsdienstverweigerer (VK) Bonn und Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) e.V. - Landesverband NRW;
- aus Rheinland-Pfalz Aktionskreis Dritte Welt (ADW) Landesjugendpfarramt Kaiserslautern; Arbeitskreis 'Martin Luther King' Höhr-Grenzhausen, AStA der PH Landau, DPSG (?) Daun und Shalom Arbeitsgemeinschaft Westerwald,
- aus dem Saarland das Antiimperialistische Komitee (AIK) Saarbrücken;
- aus Schleswig-Holstein Chlamydomonas Kaltenkirchen;
sowie aus unbekanntem Ort die Projektgruppe Gesellschaftliche Entwicklung Neustadt.

Das AAK veröffentlicht neben dem Offenen Brief an Bundeskanzler Willy Brandt (SPD), dem Appell und einem Interview mit dem Vertreter des Weltbundes Demokratischer Jugend (WBDJ) auch ein:

„GEMEINSAMES REFERAT DES ORGANISATIONSKOMITEES
Werte Kongressteilnehmer, liebe Freunde! Wenn wir heute hier den Kongress 'Freiheit für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique' durchführen, so können wir auf eine Zeit intensivster Vorarbeit zurückblicken, in der alle den Kongress unterstützenden Organisationen ihren Beitrag geleistet haben. Die Solidaritätsbewegung mit den Völkern der portugiesischen Kolonien in der Bundesrepublik hatte noch mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zunächst kam es darauf an, mit den lokal arbeitenden Gruppen Kontakte zu knüpfen, einen Informationsaustausch herzustellen und auch andere politische Verbände und Organisationen für die Unterstützung unserer Ziele zu gewinnen. Es galt ebenfalls, die Bevölkerung der BRD über die Verbrechen des portugiesischen Kolonialismus in Afrika aufzuklären, die der größte Teil der Presse unseres Landes geflissentlich verschweigt.

Und wenn wir heute über die Aktivitäten seit dem 30. September Bilanz ziehen - seit der Wahl des Organisationskomitees in Bonn - so können wir feststellen, dass die Solidaritätsbewegung mit den kämpfenden Völkern der portugiesischen Kolonien in den letzten Wochen in der BRD einen Aufschwung genommen hat, dessen Ausdruck dieser Kongress ist. Es haben Veranstaltungen und Vortragsreihen über die Probleme des Kampfes in den portugiesischen Kolonien stattgefunden, Informationsstände, Sammlungen und andere Aktionen. Wir sind der Meinung, dass die Durchführung des Kongresses einen wichtigen Anstoß für diese Aktivitäten gegeben hat. Der Kongress versteht sich als Ausdruck einer ständig wachsenden Solidaritätsbewegung in der Bundesrepublik. Er wird - so hoffen wir - einen wichtigen Beitrag zur weiteren Stärkung der Bewegung und zum gemeinsamen Handeln aller antiimperialistischen und fortschrittlichen Kräfte unseres Landes leisten. Und der Kongress ist ein Teil einer immer größer werdenden Kampagne auf der ganzen Welt, geführt von allen fortschrittlichen Menschen gegen Unterdrückung und Krieg, für Unabhängigkeit und ein gerechtes Gesellschaftssystem.

Eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung der Solidaritätsbewegung und zur Vorbereitung des Kongresses begann vor ca. drei Jahren durch die Arbeit der 'Dritte-Welt-Gruppen'. Diese Gruppen leisteten wichtige Beiträge bei der Veröffentlichung von Informationen über diese Problematik. Dieser Kongress wird von einer Anzahl 'Dritte-Welt-Gruppen' initiiert und wird heute von rund 80 Gruppen und Organisationen getragen. Darunter sind die Vorstände der größten Jugend- und Studentenorganisationen unseres Landes - der Jungsozialisten, der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend, der Deutschen Friedensgesellschaft/Internationale der Kriegsdienstgegner, der Naturfreundejugend, des Verbandes Deutscher Studentenschaften, des SHB und des MSB Spartakus - um nur einige zu nennen.

Wir glauben, dass diese Tatsache ein Ausgangspunkt sein muss, um von der gemeinsamen Kongressvorbereitung zu einer großen, einheitlichen Solidaritätsbewegung in unserem Lande zu kommen. Diesen Kongress tragen Gruppen und Organisationen unterschiedlicher weltanschaulicher und politischer Auffassungen. Und natürlich zeigen sich bei einem solchen Bündnis Schwierigkeiten. Auch im Organisationskomitee haben wir oft stundenlang um gemeinsame Formulierungen ringen müssen oder konträre Standpunkte bestehen lassen müssen. Wir können aber heute rückblickend sagen, uns hat eines immer wieder geeint: Das gemeinsame Ziel der Solidarität mit den Freunden der Befreiungsbewegungen, die gemeinsame Unterstützung ihres harten und schweren Kampfes für die Unabhängigkeit ihrer Völker, für das Recht, eine Gesellschaftsordnung nach ihrem eigenen Willen aufzubauen.

Die gemeinsame Solidarität sollte auch die oberste Maxime des Kongresses sein. Es darf nicht Sinn und Zweck des Kongresses sein, die hier und jetzt erreichten Positionen auseinander zu diskutieren, gegensätzliche Standpunkte über zu betonen oder dort ideologische Auseinandersetzungen zu führen, wo sie fruchtlos sind. Wir alle wissen, dass dieser Kongress von einem breiten Bündnis von Gruppen und Organisationen getragen wird, die unterschiedliche politische, ideologische und weltanschauliche Auffassungen vertreten. Unserer Meinung nach hat der Kongress mit seinen Arbeitsgemeinschaften die Aufgabe, die gemeinsamen Auffassungen zu diskutieren: Er soll eben diese unterschiedlichen Kräfte zur Zusammenarbeit in einer Frage führen, in der Frage der Solidarität mit den Völkern Angolas, Guinea-Bissaus und Mozambique.

Entwicklung dieser Solidaritätsbewegung stellte die Beteiligung von bundesdeutschen Konzernen am Bau des Cabora-Bassa-Staudammes in Mozambique dar. Siemens, AEG, BBC, Hochtief und Voith bezeichneten ein Projekt mitten im Kolonialkriegsgebiet von Mozambique seit über drei Jahren ausdrücklich als 'Musterprojekt'. Sie sprachen von einer UNO-Empfehlung, die es nie gegeben hat. Sie sprachen von einer Billigung der OAU, die nie stattgefunden hat. Sie sprachen von Bewässerung und Industrialisierung der Umgebung, es gibt dafür jedoch keinerlei Realisierungsmöglichkeit, denn die gesamte Elektrizität wird nach Südafrika überführt. Durch die Cabora-Bassa-Kampagne wurde vielen klar, warum sich die westdeutschen Konzerne an diesem Projekt beteiligen: Sie fördern den Kolonialkrieg bewusst, um Mineralien und billige Arbeitskräfte im südlichen Afrika im Griff behalten zu können.

Und es sind dieselben Konzerne, die an Portugal Waffen liefern. Sie machen noch Profite mit den Waffenlieferungen an das Kolonialregime, das der Absicherung ihrer wirtschaftlichen Interessen dient. So z.B. der Siemens-Konzern mit den von Blohm und Voß (IGM-Bereich in Hamburg, d. Vf.) an Portugal gelieferten drei Korvetten. Diese Konzerne scheuen nicht einmal davor zurück, das Grundgesetz (GG, d. Vf.) der BRD zu brechen oder den schmutzigen Krieg zu unterstützen, wenn es um ihre Profite geht. Weiterhin wurde in dieser Cabora-Bassa-Kampagne gezeigt, dass bisher alle Bundesregierungen zu den wichtigsten Lieferanten von Kriegsmaterial für Portugals Kolonialkrieg gehören.

Für Kuba, Nordvietnam oder Nordkorea wurden von keiner Bundesregierung Hermes-Bürgschaften bewilligt. Aber die Hermes-Bürgschaften für das Kolonialkriegsprojekt des faschistischen Portugal wurden am 5. Juni von dieser SPD-FDP-Regierung unterzeichnet! Die Bundesregierung zog auch als Folge der Cabora-Bassa-Kampagne die Hermes-Bürgschaft für das Uran-Projekt in Namibia zurück; wir wissen aber auch, dass dieselbe Bundesregierung über ihre Beteiligung an der Urangesellschaft über einen VEBA-Anteil von 30% weiter dieses Projekt betreibt. Diese Bundesregierung betreibt über die Konzerne VW, Lufthansa, Salzgitter in Südafrika legalisierten Rassismus, um Geschäfte zu machen: Sie ist mit ihrem Einfluss auf den Aufsichtsrat von Krupp am Raub der hochwertigen Eisenerzlager von Cassinga in Angola als Hehler beteiligt!

Keiner der Beamten in den Aufsichtsräten dieser staatlichen Firmen ist - im Gegensatz zu Sozialisten und Demokraten in der Bundesrepublik - vom Berufsverbot (BV, d. Vf.) bedroht, obwohl gerade sie gegen elementare Teile des Grundgesetzes dieses Staates verstoßen. Strauß hatte für den Fall eines CDU/CSU-Wahlsieges Waffenlieferungen an die südafrikanischen Unterdrücker angekündigt. Mit diesen reaktionären Traditionen muss endgültig und sofort gebrochen werden! Wir fragen von dieser Stelle aus die Bundesregierung: Werden zu dieser Zeit auf der Werft Abeking und Raßmussen in Bremen-Vegesack Schnellboote für Portugal gebaut, deren Elektronik von Siemens geliefert wird. Verhandelt die Regierung der Südafrikanischen Republik mit Blohm und Voß über die Lizenz für den Bau von sechs Korvetten? Wir fordern: Sofortiger Stopp von Waffenlieferungen an das faschistische Portugal ...

Nicht der Monokel tragende General Spinola, sondern die PAIGC schafft den Frieden in Guinea-Bissau. Nicht Krupp und Gulf-Oil, sondern die MPLA vertritt die Interessen der Bevölkerung Angolas, nicht die Kriegselektronik-Spezialisten Siemens und AEG, sondern die FRELIMO bringt die Beendigung des Krieges für Mozambique. Der UN-Sicherheitsrat hat im November 1972 Portugal aufgefordert, mit den Vertretern der Bevölkerungen der Kolonien Verhandlungen aufzunehmen, mit den Befreiungsbewegungen. Der Weltkirchenrat hat den Beitrag für das Anti-Rassismus-Programm auf 2 Millionen Dollar erhöht. Wir, die Veranstalter dieses Kongresses, sind also nicht Teile der kleinen radikalen Minderheit, die wie diese Konzernherren die Beschlüsse der UNO über den Haufen werfen. Die Aufbauleistungen der Befreiungsbewegungen von Angola, MPLA, von Guinea-Bissau, PAIGC, von Mozambique, FRELIMO, sind Teil einer weltweiten antiimperialistischen Bewegung, zu der auch dieser Kongress einen Beitrag leisten will. Dass diese Entwicklung unter besonderer Beteiligung von NATO-Staaten mit Waffengewalt verzögert wird, fordert unser Engagement gegen die Politik der NATO-Staaten.

Wir fordern die Bundesregierung auf, zu erklären: Ist sie weiterhin - wie am 27.10.1971 in der Frankfurter Rundschau berichtet wurde - bereit, militärische Ausrüstungen an Portugal zu liefern? Wir fordern: Keine westdeutschen Waffen für Portugal! Will sie weiterhin den Diebstahl der Erze von Angola durch die Hehlerei von Krupp fördern, will sie weiterhin die Cabora-Bassa-Bürgschaften aufrecht erhalten? Wir fordern: Stoppt die Ausbeutung Afrikas durch bundesdeutsche Konzerne! Will sie weiterhin den Einsatz der von ihr gelieferten Düsenjäger in den Kolonien durch Stillschweigen gutheißen, die angeblich unter Endverbleibsklauseln geliefert wurden? Ist sie bereit, endlich die Verurteilung des Kolonialkrieges durch Dänemark und die Niederlande in der NATO zu unterstützen? Wir fordern: Keine NATO-Hilfe für Portugal! Wir fragen: Ist sie bereit, bei der bevorstehenden Unabhängigkeit Guinea-Bissaus die PAIGC - wie auch die anderen Befreiungsbewegungen - diplomatisch anzuerkennen? Wir fordern: Die Anerkennung der FRELIMO, MPLA, PAIGC als die einzigen rechtmäßigen Vertreter der Völker von Mozambique, Angola und Guinea-Bissau! In der Entwicklung der Solidarität mit den Befreiungsbewegungen in den portugiesischen Kolonien hat es in der BRD in der letzten Zeit wichtige Fortschritte gegeben. Wir sind der Meinung, dass die Tribüne des Kongresses auch dazu genutzt werden sollte, konkrete Festlegungen für die Weiterentwicklung zu treffen. Ich möchte die Sammelaktion der 'Deutschen Journalisten Union' (DJU in der IG DruPa, d. Vf.) für Schreibmaschinen erwähnen. Diese Schreibmaschinen sollen für die Verbreitung ihrer Informationsmaterialien den Befreiungsbewegungen zur Verfügung gestellt werden.

Wir begrüßen ebenfalls die Planungen kirchlicher Gruppen und Institutionen, am 20. Mai dieses Jahres einen Angola-Sonntag durchzuführen und möchten für die Diskussion in den Arbeitsgemeinschaften dazu anregen, durch gleichzeitige Aktionen auf örtlicher Ebene in der BRD einen Beitrag zur Woche der Solidarität mit den kämpfenden Völkern der portugiesischen Kolonien vom 25. Mai bis 1. Juni dieses Jahres zu leisten, zu dem die UNO weltweit aufgerufen hat. Der heutige Kongress wird in seinen Arbeitsgemeinschaften jedem die Möglichkeit geben, sich über die Arbeit der Befreiungsbewegungen aus erster Hand zu informieren sowie über die politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge der kolonialen Ausbeutung und deren Unterstützung durch die NATO-Staaten und die Bundesrepublik. Die Arbeitsgemeinschaften bieten die Möglichkeit zur Diskussion und Auseinandersetzung und sollen zu konkreten Vorschlägen für die weitere gemeinsame Arbeit führen. Wir tragen in der BRD die Verantwortung für die gemeinsame Unterstützung der Befreiungsbewegungen. Wir müssen in unserem Lande unseren Beitrag zur Schaffung der Voraussetzungen leisten, damit die Völker Angolas, Guinea-Bissaus und Mozambique frei und unabhängig ohne koloniale Unterdrückung und imperialistische Ausbeutung selbst über ihr Schicksal bestimmen können.

Am 13.1. demonstrieren, laut AAK, im Verlauf des Kongresses ca. 2 000 Menschen. Laut dem Vertreter des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ) beteiligen sich über 800 Menschen am Kongress. Laut SDAJ Dortmund der DKP führen heute und morgen "verschiedene Jugend- und Studentenverbände und vielfältige örtliche Solidaritätskomitees in Dortmund den Kongress 'Freiheit für Angola, Guinea-Bissau und Mozambique' durch. Mit diesem Kongress wurde die Öffentlichkeit in der BRD über die Verbrechen der portugiesischen Kolonialisten und seiner westdeutschen Helfershelfer, Konzerne wie Siemens, Krupp u.a.m. aufgeklärt und zu Solidaritätsaktionen aufgerufen. Der Kongress spielte eine wichtige Rolle bei der Herstellung des einheitlichen Handelns der Jugend und Studenten und in Vorbereitung auf das X. Festival. Im Organisationskomitee für den Kongress arbeiten: Arbeitskreis Dritte Welt / Afrika-Komitee / Antiimperialistisches Informations-Bulletin / Cabora-Bassa-Gruppe / Deutsches-Angola-Komitee / Informationsgruppe Dritte Welt / Jungsozialisten / Katholische Deutsche Studentenvereinigung / Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend. Der Kongress wurde darüberhinaus von den Jungdemokraten, der Naturfreundejugend, der SJD - Die Falken, dem VDS, dem SHB und dem MSB-Spartakus unterstützt.“ (139)

Am 24.1.1973 wurde nach eigenen Angaben heute in Dortmund das Solidaritätskomitee: Freiheit für alle politischen Gefangenen konstituiert ohne dass Angaben über die Beteiligten gemacht wurden. Anlass ist u.a. der heutige Rote-Punkt Prozess gegen Klaus Dillmann. U. a. wurde in diesem Prozess auch auf die Aktionen in Gelsenkirchen verwiesen. (140)

Die Ortsgruppen der KPD/ML-ZK und die noch vorhandenen der KPD/ML-ZB, einigten sich laut einer persönlichen Notiz von Dillmann darauf, „dass gemeinsam dazu Agitprop und Vorbereitungen stattzufinden“ habe. Inwieweit sich die Ortsgruppe der KPD/ML-ZK an den Aktionen beteiligte, ist im Moment nicht auszumachen.

Am 24.2.1973 gab der „Rote Morgen“ in seiner Ausgabe Nr.7/1973 bekannt, dass sich überall im Ruhrgebiet Kampfkomitees Roter Punkt gebildet hätte. So schrieb die Ausgabe:

„Fahrpreiserhöhungen gibt es derzeit in Solingen, Remscheid, Wiesbaden, Mannheim, Kassel, Frankfurt, Düsseldorf und bei der BOGESTRA (Bochum Gelsenkirchener Straßenbahngesellschaft), die für das halbe Ruhrgebiet zuständig sei. Dort hätte in Gelsenkirchen KPD/ML-ZK und Rote Garde die Initiative für ein Roter Punkt Komitee ergriffen, zu dessen Gründung sich 50 Jugendliche (Lehrlinge, Schüler und Studenten) einfanden. Mittlerweile stehe auch die Bezirksschülervertretung dahinter.“ (141)

In Bochum fand am 21.3.1973 eine Demonstration des Kampfkomitees Roter Punkt gegen die Fahrpreiserhöhungen der BOGESTRA statt, an dem sich auch vermutlich auch die Gelsenkirchener Gruppe der KPD/ML-ZK beteiligte. Die KFR berichtete am 28.3.

„BOCHUM: FAHRPREISERHÖHUNG UM 4 bis 61%. Nachdem die BoGeSTra (Bochum-Gelsenkirchener-Straßenbahn AG) 1971 kurz nach den Dortmunder Fahrpreiserhöhungen ihre Tarife schon einmal drastisch erhöht hatte, steht jetzt wieder eine Anhebung um einen Betrag von 4-61% bevor. Die BoGeStra hat versucht, diese neuerlichen Preissteigerungen mit gestiegenen 'Lohnkosten' zu begründen. Doch einige Zahlen genügen, um diese Rechtfertigung als Betrugsmanöver zu entlarven: Die BoGeStra hat in den letzten Jahren 25 Millionen DM an Lohnkosten EINGESPART - durch 'Rationalisierung', d. h. gesteigerter Arbeitshetze für ihre Angestellten, versteht sich! Die ganze Sache wird noch dadurch besonders makaber, dass Bochum ursprünglich auf der Liste der Städte stand, für die probeweise ein ?-Pfennig-Einheitstarif eingeführt werden sollte: Der Plan scheiterte am Einspruch der Opel-Kapitalisten!

Gegen diese Maßnahmen der Bochumer Bourgeoisie hat sich ein KAMPFKOMITEE ROTER PUNKT gebildet, in dem sich eine ganze Reihe demokratischer und revolutionärer Organisationen zusammengeschlossen haben, um über gemeinsame und wirksame Maßnahmen gegen die geplante Fahrpreiserhöhung zu beraten. Leider konnten - wie so oft - eine Einheit aller fortschrittlicher Gruppen nicht erreicht werden, da die DKP im geheimen ihr eigenes Komitee gründete, und trotz aller Angebote nicht bereit war, mit dem 'Kampfkomitee Roter Punkt' zusammen zuarbeiten. Das Kampfkomitee hat am vergangenen Mittwoch, den 21. März 1973 zu einer ersten Demonstration in der Bochumer Innenstadt aufgerufen. Etwa 400 Menschen folgten diesem Aufruf, schlossen sich der Demonstration an und gaben damit ihrem festen Willen Ausdruck, aktiv gegen die Fahrpreiserhöhungen zu kämpfen.“ (142)

Am, 14.4.1973 gab die KPD/ML-ZK ihren „Roten Morgen“ Nr. 14/1973 heraus. Aus NRW und Gelsenkirchen wurde vom Fahrpreiskampf berichtet. (143)

Laut „Roter Morgen“ Nr. 17/1973 vom 17.4. besuchen laut und mit KPD/ML, ca. „50 Personen eine Veranstaltung der Gesellschaft der Freunde Albaniens (GdFA)“ in Gelsenkirchen. (144)

Vermutlich beteiligten sich am 1. Mai in Gelsenkirchen auch Vertreter der KPD/ML-ZK an der Demonstration des DGB. Die „DOS“ Nr. 20/1973 des AStA der PH Dortmund berichtete, dass sich „in Gelsenkirchen, Witten und Kamen linksradikale Kommunisten oder (muss wohl „und“ heißen, d. Vf.) rechtsradikale 'Aktion-Widerstand'-Mitglieder (AW, d. Vf.) am Rande der Mai-Kundgebung aufhielten“. (145)

Am 1.5.1973 führte die KPD/ML-ZK eine Maiveranstaltung durch. (146)

Am 5.5.1973 gab die KPD/ML-ZK ihren „Roten Morgen“ Nr. 17/1973 heraus. Auch aus Gelsenkirchen wurde berichtet. Aber wohl nicht im Zusammenhang mit der „Beilage“ In dieser wurde nämlich eine Resolution der Delegierten der KPD/ML-ZB aus Baden-Württemberg, Hessen, NRW, Berlin und Wasserkante veröffentlicht, die die Auflösung der KPD/ML-ZB bekanntgeben. (147)

Zum 21.5.1973 gab der AstA der der PH Dortmund seine „DOS“(Dortmunder Studentenzeitung) Nr.20/1973 heraus. Enthalten ist u. a. auch der Hinweis auf die Gelsenkirchener 1. Mai Demonstration. (148)

Die KPD/ML-ZK gab am 9.6.ihren „Roten Morgen“ Nr. 22/1973 heraus. Berichtet wurde u. a. von der Gesellschaft der Freunde Albaniens, die es jetzt wohl auch in Gelsenkirchen gibt (d. Vf.). (149)

Am 7.7.berichtete die KPD/ML-ZK u. a. auch über ihre derzeitige Spendenkampagne für Vietnam. Spenden gingen danach auch von der Roten Garde Gelsenkirchen ein. (150)

Am 15.10.1973 fand laut „Roter Morgen“ Nr. 42/1973 in Gelsenkirchen eine Solidarisierung einer Albanienveranstaltung mit dem bei Thyssen Duisburg entlassenen G. Wagner statt. (151)

Am 27.10.1973 berichtete der „Rote Morgen“ in seiner Nr. 42/1973 u. a. auch über eine Albanienveranstaltung in Gelsenkirchen. (152)

In Gelsenkirchen führte die DKP, laut KPD, vermutlich heute eine Veranstaltung zum 55.Jahrestag der KPD-Gründung durch, an der sich „1 400 Personen beteiligten“. Gegen die KPD und die Ortsgruppe der LgdI wird geprügelt. Berichtet wurde u. a. auch, dass am selben Tag eine Veranstaltung zum selben Thema mit fast 100 Personen in der Gelsenkirchener Innenstadt (Neustadt) durchgeführt wurde, an der sich auch die KPD/ML beteiligte. (153)
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Politische Bewegung in Gelsenkirchen 1967-1985 Teil 6/6

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Aktivitäten der KPD (1973)
Spuren der beginnenden Aktivitäten der KPD in Gelsenkirchen lassen sich nach MAO verstärkt ab März 1973 nachweisen. Sie berichtete in ihrer „Roten Fahne“ eigentlich regelmäßig über Gelsenkirchen. Vermutlich beteiligte sie sich auch an den regionalen Jugendzentrumsinitiativen. Im Berichtszeitraum gab es eine solche Initiative im November des Jahres.

Die „Rote Fahne“ der KPD Nr. 10/1973 vom 7.3. berichtete u. a. von den Gelsenkirchener Fahrpreisaktionen, wo sie sich vermutlich oder ihr Rote Fahne Freundeskreis (RFFK) mit einem Flugblatt auch an die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe wandte. (154)

Im Juni 1973 gab das Regionalkomitee Rhein/Ruhr des KJV der KPD eine Broschüre zum Jugendarbeitsschutz heraus. Aufgerufen wurde u. a. in dieser, sich Mit Informationen an „die Parteibüros bzw. Kontaktadressen der KPD zu wenden. Diese gibt es in Gelsenkirchen, Düsseldorf, Dortmund und Aachen“. (155)

Am 7.11.1973 gab die KPD ihre „Rote Fahne“ Nr. 45/1973 heraus. Berichtet wurde u. a. vom RFFK Gelsenkirchen. Allerdings war in dieser Ausgabe die Kontaktadresse aus Gelsenkirchen fortgefallen, die später wieder eingerichtet wurde. (156)

In Dortmund fand laut KJV der KPD am 17.11.1973 eine Demonstration des Aktionskreises für ein freies Jugendzentrum (AKJZ) statt. Danach Es beteiligen sich auch Jugendzentrumsinitiativen aus Kamen, Velbert, Bielefeld, Wuppertal, Herne und Gelsenkirchen. Zu vermuten ist, dass sich der RFFK ab dem Oktober an einer solchen Initiative beteiligte. Berichtet wurde u. a. in der „Roten Fahne“:

„WIR HATTEN ZWEI HÄUSER, JETZT HABEN WIR KEINES, DOCH WIR WERDEN IMMER MEHR. WIR WERDEN EIN HAUS BEKOMMEN!

Die sattgefressenen Stadt-Bosse wollen das unterbinden. Sie gehen jetzt so weit, das demokratische Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit wieder einmal in Dortmund zu verweigern. Unsere große Demonstration am Samstag wurde verboten. Angeblich würden wir wieder Gewalt anwenden. Wer wendet Gewalt an? Wir nicht! Das konnten tausende von Passanten am Samstag sehen. Trotz Verbot formierte sich ein 300 bis 500 Mann starker Zug. Wir zogen durch die Innenstadt. Die Bullen lösten uns auf, wir formierten uns wieder, manchmal schlugen die Bullen zu, 28 wurden verhaftet, mehrere zusammengeschlagen.

Jetzt ist klar, die Stadt gibt uns freiwillig kein Haus. Sie wollen uns kriminalisieren. Sie geben uns kein Freizeitzentrum, keine 100 000 DM. Doch für unsere Unterdrückung (Polizeieinsatz, Zumauerung dreier Häuser) gaben sie bereits mehr als 100 000 DM aus. WARUM?"

Zur regionalen Demonstration ruft auch der KOV der KPD auf, doch: „Die schon lange geplante Demonstration für ein freies Jugendzentrum am 17.11. wurde verboten. Dieses DEMONSTRATIONSVERBOT wurde aber durchbrochen: Zweimal formierte sich ein Demonstrationszug, Sprechchöre, Transparente: Für ein freies Jugendzentrum! Polizei und Jugendamt - Gegen die Jugend Hand in Hand! Es wurden extra Bochumer Bullen angekarrt, um diese Demonstration zu zerschlagen. Wieder 12 Festnahmen. Aber damit wuchsen nur Sympathien und Unterstützung der Dortmunder für die gerechten Forderungen der Jugendlichen.“

Laut KPD haben die Jugendlichen und der AKJZ "dem Demonstrationsverbot getrotzt!" U.a. wurde ausgeführt: „Eine vom Dortmunder Aktionskreis 'Für ein freies Jugendzentrum' für Samstag, den 17.11., angemeldete Demonstration wurde am 16.11. verboten. Initiativgruppen aus Kamen, Velbert, Bielefeld, Wuppertal, Herne, Gelsenkirchen, die für ein freies Jugendzentrum kämpfen, hatten sich dem Aufruf angeschlossen. Trotz der aufgefahrenen Polizeimaschinerie gelang es, zweimal einen Demonstrationszug zu bilden und durch die Einkaufsstraßen zu ziehen. Zigtausende verfolgten interessiert, teils begeistert die Demonstration von fast 1 000 Jugendlichen, unter der Parole 'Für ein freies Jugendzentrum', 'Polizei und Jugendamt, gegen die Jugend Hand in Hand' ... Das Verbot der Demonstration des Aktionskreises richtet sich gegen eine Initiative, die die Sympathie vieler hundert Jugendlicher hat, in der Jugendliche mit sehr unterschiedlichen politischen Vorstellungen zusammenarbeiten. Aber unsere Entschlossenheit hat wohl die sozialdemokratischen Funktionäre im Jugendamt erschreckt: Verzögerungstaktik, Räumungsklage und Demonstrationsverbot sind die Antwort der Volks- und Jugendfeinde. Aber die erfolgreiche Demonstration wird unserer Arbeit einen großen Aufschwung geben! Noch entschlossener werden wir für ein freies Jugendzentrum kämpfen. Die Rechnung der Jugendfeinde wird nicht aufgehen.“

Laut den 'Ruhrnachrichten' waren in Dortmund "starke Polizeikräfte aufgeboten worden, um die nicht genehmigte Demonstration des 'Aktionskreises für ein freies Jugendzentrum' zu verhindern. Insgesamt sechs Hundertschaften und ein Polizeihubschrauber waren nach Angaben der Polizei im Einsatz als sich die Demonstranten ab zwölf Uhr in der Innenstadt trafen. Bei der dichtesten Ansammlung waren nach Mitteilung der Polizei etwa 250 Personen auf dem Alten Markt. Die Veranstalter, die von der Polizei gebeten wurden, für eine Zerstreuung der Ansammlung zu sorgen, kamen dieser Aufforderung nach. 13 Personen, die sich weiter zu Wort melden wollten oder Flugblätter verteilten, wurden festgenommen. Nach Feststellung der Personalien konnten sie die Polizeiwache wieder verlassen. Schlagstöcke wurden nach Angaben der Polizei nicht eingesetzt. Es gab auch keine Verletzten. Obwohl sich nach der Festnahme der 13 Personen keine Vorfälle mehr ereigneten, blieb die Innenstadt noch für Stunden unter Polizeibewachung. Der Einsatz war erst nach 5 Uhr beendet".

Laut ZDL beim Diakonischen Werk wird eine Demonstration des AKJZ und weiterer Gruppen gegen die Jugendpolitik der Stadt Dortmund, verboten. Trotzdem demonstrieren etwa 250 Menschen für ein 'Freies Jugendzentrum'. "Ca. 2 000 Polizisten belagern die City um die Demonstration zu verhindern". Es kommt zu 25 Festnahmen.

Laut „WAZ“ demonstrieren trotz Verbot ca. 250 Menschen in Dortmund für ein „freies Jugendzentrum“: „Mit einer neuen - dem Gedränge in der von Kauflustigen überfüllten City angepassten Taktik - ging die Polizei diesmal vor. Etwa ein Fünftel der Beamten hatte sich in ziviler Tarnkleidung unter die Demonstrantengruppen gemischt, deren harter Kern kaum die Zahl 250 überschritt. Brennpunkt waren neben dem unteren Westenhellweg und der Brückstraße, der Alte Markt, und die Freitreppe vor dem Hauptbahnhof. Auf Grund von Beobachtungen der Zivilbeamten wurden jeweils besonders aktive Demonstranten in blitzschnellem Zugriff 'herausgepickt'. Auf diese Weise nahm die Polizei insgesamt 25 Akteure zur Feststellung der Personalien vorläufig fest ... Zur Unterstützung des 'Freien Jugendzentrums' waren auch Gruppen aus Wuppertal und Hattingen nach Dortmund gekommen. Um eine erneute Hausbesetzung am Borsigplatz zu verhindern, hatte die Polizei acht leerstehende Häuser in diesem Bereich mit einem starken Aufgebot abgesichert.“ (157)

Der BSA (1973)
Der Bund Sozialistischer Arbeiter hatte sich wohl ab dem April des Jahres in Gelsenkirchen festsetzen können. „Der Funke“, das Organ des BSA berichtete in steter Folge über den Ort. Vor allem dürfte der BSA durch eine Reihe von Veranstaltungen bekannt geworden sein (April, Mai und Juni).

Am 1.4.1973 gab der BSA seinen „Funken“ Nr.26/1973 heraus. Er mobilisierte mit ihm für die Versammlungen, die unter dem Motto standen: „Die kapitalistische Krise und eine sozialistische Antwort“ zwischen dem 11. und dem 18.4.1973. Versammlungen bzw. Veranstaltungen fanden danach statt in: Berlin, Gelsenkirchen, Bochum, Essen-Borbeck, Köln, Frankfurt-Höchst, -Gallus und -Riederwald, Hanau, Tübingen, Günzburg und Freiburg. (158)

Der BSA gab auch im „Funken“ bekannt, dass er heute (18.4.) in Gelsenkirchen eine Versammlung durchführen möchte. Thema: „Die kapitalistische Krise und eine sozialistische Antwort“. (159)

Auch am 1.5. sollen sich nach dem „Funken“ Nr.28/1973 die Aktivitäten des BSA in Gelsenkirchen fortgesetzt haben. Hier wurde auch der SJB-Gelsenkirchen erwähnt. Vermutlich dürfte es sich aber nicht um eine eigene Ortsgruppe gehandelt haben, sondern nur um eine Kontaktadresse. (160)

Der BSA brachte seinen „Funken“ Nr.30/1973 am 1.6. heraus, in dem u.a. berichtet wird, dass die bisherige ungarische Sektion der Lambertisten nicht mehr mit der OCI zusammenarbeitet. Positiv erwähnt wird dagegen die zum eigenen Internationalen Komitee gehörende Liga Communista aus Peru mit ihrem Zentralorgan „Communismo“. Kontaktmöglichkeiten zum SJB werden angegeben für Hannover, Mainz, Gelsenkirchen, Bochum, Essen-Borbeck, Köln, Frankfurt-Höchst-Mitte und -Ost, Hanau, Tübingen, Günzburg und Freiburg. (161)

Deutsche Kommunistische Partei - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (1974)
Für 1974 kann über DKP/SDAJ wenig gesagt werden. Weiterhin gab die Schulgruppe an der Gesamtschule ihren „Kommunisten” heraus (März und Oktober).

Im März gab die DKP an der Gesamtschule Gelsenkirchen eine Ausgabe ihres „Kommunisten“ heraus. (162)

Die 2. Ausgabe des „Kommunisten“ 1974 erfolgte vermutlich im Oktober. Über den Einfluss des „Kommunisten“ lässt sich wenig sagen. Ob die Schulgruppe über 1974 hinaus weiterbestand, muss noch geklärt werden. (163)

KPD, KOV, Liga gegen den Imperialismus (1974)
Die Aktivitäten der KPD und deren Unterorganisationen nahmen 1974 in Gelsenkirchen erheblich zu. Bereits im Januar wurde in Gelsenkirchen als Parteitagsaufgebot die „Durchführung einer Programmveranstaltung“ beschlossen. Im Januar wurde auch eine Arbeitersportinitiative der KPD bekannt. Der KOV dürfte am dem März auch in Gelsenkirchen bekannt geworden sein. Mit der FRAP führte die KPD einen Kongress zum 42. Jahrestag der 2. Spanischen Republik im April durch. 1974 dürfte auch die Liga gegen den Imperialismus die Arbeit in Gelsenkirchen aufgenommen haben, die gleich wieder, nämlich ab dem September, durch einen „Rechtsopportunismus“ in Verruf geriet. Im November und Dezember nahmen die Widersprüche zwischen der Gelsenkirchener Ortsgruppe der Liga und der Verbandsführung erheblich zu, die auch zu Ausschlüssen und damit auch zur späteren Abspaltung führten. Erwähnenswert ist für 1974 noch die bundesweite Großveranstaltung der FRAP Spanien in Gelsenkirchen, die mit der KPD und ihren Unterorganisationen und der Freundschaftsgesellschaft des deutschen und spanischen Volkes am 16.11. eine Veranstaltung durchführte.

Vermutlich wurde Anfang Januar 1974 nach der „Roten Fahne“ Nr. 2/1974, von der KPD in Gelsenkirchen „als Parteitagsaufgebot die Durchführung einer Programm-Veranstaltung beschlossen“. (164)

Am 9.1.1974 berichtete die KPD in ihrer „Roten Fahne“ Nr.2/1974 über den Arbeitersport in Gelsenkirchen. Leider ist nicht bekannt gemacht worden, um welche es sich hier handelte. (165)

Der Kommunistische Oberschülerverband (KOV) der KPD gab im März 1974 seinen „Schulkampf“ Nr.3/1974 heraus. Aus NRW berichtet die Sympathisantengruppe Warendorf von der Realschule und vom Laurentianum, wo die Schülervertretung (SV) von reaktionären Judos der FDP gestellt werde. Von der Gesamtschule Gelsenkirchen wird berichtet über die DKP-Schulgruppe. (166)

Laut Informationen der KPD in der „Roten Fahne“ Nr.16/1974, will die spanische Frente Antifascistay Patriota (FRAP) mit ihr (der KPD) am 20.4. „ihren Kongress“ durchführen.

Laut „ID“ fand in Gelsenkirchen zum 43.Jahrestag der 2.spanischen Republik eine Solidaritätsveranstaltung statt. Organisiert wurde sie von der FRAP und der Freundschaftsgesellschaft des deutschen und spanischen Volkes (FGDSV).

Laut KGB/E ist der Hauptredner auf der Veranstaltung Alvarez del Vayo (Außenminister der spanischen Republik von 1936-1939). An der Veranstaltung nahmen ca. 1 300 Menschen teil.

Laut KPD/ML würde die KPD dabei die MCE Spanien unterstützen. (167)

Die „Rote Fahne“ Nr.17/1974 befasste sich in ihrer Ausgabe Nr.17/1974 vom 24.4. auch mit der Gelsenkirchener Veranstaltung vom 20.4. (168)

Am 17.6.1974 führte die KPD vermutlich ihren ersten Altgenossentreff mit Teilnehmern aus:
- Baden-Württemberg aus Mannheim;
- Hamburg;
- Hessen aus Kassel und Frankfurt;
- NRW aus Eschweiler, Köln, Düsseldorf, Niederschelden, Gelsenkirchen, Bochum Weiden und Bonn,
sowie aus Rheinland-Pfalz aus Worms durch.
In einer Resolution soll die KPD unterstützt worden sein. (169)

Die „Rote Fahne“ der KPD Nr.29/1974 vom 17.7. berichtete anlässlich des 50jährigen Gründungstages des Rotfrontkämpferbundes (RFB) der Weimarer KPD aus Dortmund Dorstfeld und Nordstadt, Gelsenkirchen-Buer und Recklinghausen. (170)

In der „Roten Fahne“ Nr.39/1974 vom 25.9. wurde u. a. von einem „Rechtsopportunismus“ berichtet. Dieser dürfte sich auf eine politische Abweichung bezogen haben. In der „RF“ hieß es lapidar dazu: „Rechtsopportunisten traten in einigen Grundorganisationen in Baden-Württemberg auf, aber auch in LgdI und Rote Hilfe (RH) e.V. in NRW in Bonn und Gelsenkirchen, in Hamburg und in Bayern in München.“ (171)

Am 12.11. protestierte die OG der Liga gegen den Imperialismus der KPD in einer Resolution an den Zentralvorstand (ZV), den Landesverband NRW sowie die Mitgliederversammlung des Bezirks Ruhrgebiet der LgdI im November „gegen den vom Landesvorstand NRW immer unverblümter durchgeführten Ausschlussterror gegenüber Genossen, die eine inhaltliche Kritik an der Linienänderung der Liga äußern“. Sie wendet sich dagegen, dass in Bonn und Gelsenkirchen Mitglieder wegen angeblichem „Rechtsopportunismus" (in Bonn bisher 42, in Gelsenkirchen heute 7) jeweils gegen den Willen der OG ausgeschlossen werden. Die OG Gelsenkirchen bezeichnet diese „Ausschlusspolitik als außerordentlich schädlich für den antiimperialistischen Kampf in der BRD". Letztlich würde sie „zur Spaltung der antiimperialistischen Bewegung" führen. (172)

Zur bundesweiten Großveranstaltung der FRAP Spanien wurde in Gelsenkirchen am 16.11. aufgerufen durch die Freundschaftsgesellschaft des deutschen und spanischen Volkes. Von einem deutsch-spanischen Solidaritätsfest in Gelsenkirchen berichtet auch die KPD. (173)

Am 27.11. berichtete die KPD in ihrer „Roten Fahne“ Nr.48/1974 von der am 16.11.stattgefundenen Spanien-Veranstaltung. (174)

Von ausgeschlossenen Hamburger Mitgliedern der Liga gegen den Imperialismus (LgdI) der KPD wurde am 23.12. die Schrift „Ausgeschlossene Mitglieder der Liga gegen den Imperialismus: Wohin geht die Liga gegen den Imperialismus? Analysen und Dokumente zum Kampf zweier Linien in der Liga. Die Frage des Hauptwiderspruchs. Der Kampf der KPD-Linie gegen die Rechtsopportunisten“ herausgegeben. Vermutlich hatten an dieser Broschüre auch Gelsenkirchener Liga-Mitglieder mitgearbeitet; denn sie enthielt Informationen, die nur aus dem Gelsenkirchener stammen konnten. Bekannt gemacht wurde auch, dass u. a. gegen Norbert Seefelder aus Gelsenkirchen (leitendes Mitglied der Lgdl in NRW), gegen Jochen Staadt (ex-Vorsitzender des 1. und 2. Zentralvorstandes), gegen Hannes Heer in der Ortsgruppe Hamburg-Eimsbüttel wohl ein Ausschlussverfahren eingeleitet wurde. Danach wurde Gelsenkirchen A. direkt ausgeschlossen und in der OG Münster wurden von 80 Mitgliedern 2 Mitglieder des Vorstandes und 2 aktive Mitglieder ausgeschlossen. (175)

KPD/ML (1974)
Auch die Aktivitäten der KPD/ML nahmen 1974 erheblich zu. Im Januar kam es wohl während einer Veranstaltung der DKP zu Handgreiflichkeiten. Regelmäßige Veranstaltungen zu den verschiedenen Anlässen sind ab dem Januar nachzuweisen. Ein Arbeitertreffen wurde wohl ab dem Februar eingerichtet. „Gegen politische Unterdrückung” hieß das Motto einer Kampagne, die in die obligatorischen 1. Mai Vorbereitungen übergingen. FRAP-Veranstaltungen bzw. Spanienveranstaltungen waren aus dem April und September zu vermelden. Der Höhepunkt der Arbeit der KPD/ML war zweifelsfrei die Demonstration am Antikriegstag durch den Stadtteil Schalke (1.9.).

Am 5.1 nahmen laut „Roter Morgen” der KPD/ML ca. „1.400 Menschen an einer DKP-Veranstaltung „zum 55. Jahrestag der Gründung der KPD“ teil. KPD/ML und Rote Garde verteilten zu diesem Anlass Flugblätter. Gegen die KPD/ML, so die Zeitung, sei mit Prügel vorgegangen worden. (176)

Zum 12.1. berichtete der „Rote Morgen“ in seiner Ausgabe Nr.2/1974 von der Roten Garde und einer kommenden Parteiveranstaltung in Gelsenkirchen. (177)

Am 12.1. besuchten, laut KPD/ML in Gelsenkirchen, heute „über 200 ihre Veranstaltung "5 Jahre KPD/ML“. (178)

Der „Rote Morgen“ Nr.3/1974 berichtete am 19.1.neben dem Oßwald/Schulte Prozess auch von der Parteiveranstaltung in Gelsenkirchen vom 12.11. (179)

Der „Rote Morgen“ Nr.6/1974 vom 9.2. berichtete u.a. neben Sascha Haschemi auch von einem Arbeitertreff der KPD/ML in Gelsenkirchen. (180)

Die Nr.8/1974 des „Roten Morgen“ vom 23.2. berichtete auch aus Gelsenkirchen. (181)

Die KPD/ML gab am 2.3. ihren „Roten Morgen“ Nr.9/1974 heraus. Berichtet wurde u.a. auch von den Ortsgruppen der Partei und der Roten Garde aus Gelsenkirchen. Daneben auch von den Fahrpreiserhöhungen der Bochum-Gelsenkirchener-Straßenbahn AG und von geplanten Aktionen der KPD/ML. (182)

Der „Rote Morgen“ berichtete am 9.3. in seiner Ausgabe Nr.10/1974 von einer weiteren Veranstaltung „der Partei in Gelsenkirchen“. (183)

Aus Gelsenkirchen wurde im „Roten Morgen“ Nr.12/1974 vom 23.3. berichtet. Auch davon, dass die DKP eine Frontstellung gegen die KPD/ML aufgebaut habe. Auf einer eigenen Veranstaltung soll dazu Position bezogen werden. Auch wolle die KPD/ML demnächst eine Veranstaltung gegen „die politische Unterdrückung durchführen“. (184)

Am 30.3.berichtete die KPD/ML im „Roten Morgen“ Nr.13/1974 auch davon, dass in Gelsenkirchen eine Spendensammlung für „politisch Verfolgte“ durchgeführt wurde. (185)

Die Ortsgruppe Gelsenkirchen der KPD/ML berichtete im „Roten Morgen“ Nr.15/1974 vom 13.4. von ihren Vorbereitungen auf den 1. Mai. Berichtet wurde weiter auch von einer kommenden Veranstaltung der FRAP (Spanien) in Gelsenkirchen. (186)

Laut KPD/ML Gelsenkirchen möchte die FRAP heute (13.4) mit ihr eine Veranstaltung durchführen. (187)

Der „Rote Morgen“ Nr. 17/1974 vom 27.4. rief zu einer 1. Mai Veranstaltung der KPD/ML in Gelsenkirchen auf. Gleichzeitig zur Teilnahme der Genossen an der Gelsenkirchener DGB-Demonstration. Aus NRW wurde weiter berichtet von der FRAP-Spanienveranstaltungen in Gelsenkirchen. Nachgedruckt wurden auch die Titelköpfe einer Reihe von Zeitungen der KPD/ML und ihrer Roten Garde bzw. dem KSB/ML. Danach gaben KPD/ML und Rote Garde für den Schalker Verein weiter den „Heissen Ofen“ heraus, die „Rote Flamme“ für Küppersbusch. (188)

Die KPD/ML gab zum 18.5. den „Roten Morgen“ Nr.20/1974 heraus. Berichtet wurde u.a. auch aus Gelsenkirchen von der 1. Mai Kundgebung. (189)

Die „Bochumer Arbeiterzeitung“ der KGB Nr.5/1974 vom Juni berichtete neben dem Oßwald/Schulte-Prozess auch von der Spanienveranstaltung der KPD/ML in Gelsenkirchen. (190)

Die KPD/ML gab ihren „Roten Morgen“ Nr.3/1974 am 24.8. heraus. Vermutlich dieser Ausgabe ist ein Extrablatt August zum Roten Antikriegstag (RAKT) am 1.9.1974 beigelegt, in dem zu Demonstrationen in Kiel, Berlin, Gelsenkirchen, Mannheim und München aufgerufen wurde. (191)

Zum Roten Antikriegstag (RAKT) führte die KPD/ML laut „Roter Morgen Extra” vom 7.9. am 1. 9. in Gelsenkirchen eine Demonstration durch, an der sich auch die Organisation Griechischer ML (OGML), die PCE/ML Spanien und die Rote Hilfe (RH) beteiligen. (192)

Zum 7.9. gab die KPD/ML ihren „Roten Morgen“ Nr.36/1974 heraus. Berichtet wurde u.a. auch über den Roten Antikriegstag in Gelsenkirchen. (193)

Spartacusbund (1974)
Der Spartacusbund, der in Gelsenkirchen zum damaligen Zeitpunkt durch die ML-Gruppierungen wohl eher unbeachtet worden war, war in 1974 ebenfals wohl ziemlich aktiv. Die Datenbank nennt zwei wichtige Ereignisse: Die Maiveranstaltung im Revierpark und die dreitätige 2. Bundeskonferenz.

Am 28.4. führte laut „Spartacus“ Nr.5/1974 vom 1.6. der Spartacusbund im Revierpark Nienhausen in Gelsenkirchen eine Maiveranstaltung durch, an der sich „fast 500 Personen“ beteiligt haben sollen. Die Veranstaltung wurde vom Multinationalen Arbeiterkomitee durchgeführt, in dem der SpB selbst sowie Lucha Obrera (LO) Spanien, Lotta Continua (LC) Italien und die Betriebsgruppe Hülsbeck und Fürst (HuF - IGM-Bereich) Velbert im Kreis Mettmann mitarbeiten. Am 1. Mai will das Komitee in Essen demonstrieren. (194)

In Gelsenkirchen-Schalke begann laut „Spartacus“ Nr.5/1974 der SpB am 17.5. nach eigenen Angaben „mit seiner dreitägigen 2. Bundeskonferenz“. (195)

Der Spartacusbund (SpB) gab sein 'Spartacus' Nr.5/974 am 1.6. heraus. Berichtet wurde u.a. von der eigenen Bundeskonferenz. Aus NRW wurde weiter berichtet vom Multinationalen Arbeiterkomitee aus Gelsenkirchen und Essen, wohl auch über die KPD/ML in Gelsenkirchen. (196)

Deutsche Kommunistische Partei - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (1975)
Beständig war im Berichtszeitraum die Schulgruppe der DKP an der Gesamtschule in Gelsenkirchen, wo sie weiter ihren „Kommunisten“ herausgab. Am traditionellen 1. Mai beteiligten sich DKP und SDAJ SJD-Die Falken und die Jusos, wie gewohnt, ohne sonderlich aufzufallen. Am Rande der 1.-Mai-Demonstration kam es zu einigen Rangeleien mit der KPD, die sich in Gelsenkirchen am 1. Mai zeigte.

Im Februar 1975 gab die Schulgruppe der DKP an der Gesamtschule Gelsenkirchen eine Ausgabe ihres „Kommunisten“ heraus. (197)

An der Gesamtschule (GS) Gelsenkirchen gab die Schulgruppe der DKP im März eine Ausgabe ihres „Kommunisten“ heraus. (198)

Auch im Juni 1975 gab die DKP an der Gesamtschule ihren „Kommunisten“ heraus. (199)

Am 1. Mai fielen DKP und SDAJ nicht sonderlich auf. Sie verteilten Flugblätter wie andere auch. Die SDAJ marschierte zusammen mit den Falken-SJD und den Jusos. Am Rande der Demonstration kam es, nach vorliegenden Berichten, zu einigen Rangeleien mit Vertreter der KPD, die sich in Gelsenkirchen zeigten. (200)

Spartacusbund, Kommunistische Gruppe Bochum, Kommunistischer Bund (1975)
1975 fiel auch wieder der Spartacusbund auf. Nach den uns vorliegenden Berichten war die eigene Ortsgruppe (oder Sympathisanten) relativ rege. Am 1. Mai verteilten oder verkauften sie während der Demonstration und wohl auch auf dem Kundgebungsplatz (Hauptmarkt) das Organ „Voran“. Berichte zum 1. Mai gab es von der Kommunistischen Gruppe Bochum und dem Kommunistischen Bund. Ein Bericht des KB über eine Deutsch Chinesische Freundschaftsgesellschaft lässt sich nicht so ohne weiteres zuordnen. Möglich war, dass sie der KPD/ML anhängig war.

Im Januar 1975 berichtete der Spartacusbund in seinem „Spartacus“ Nr.12/1975 von der eigenen Ortsgruppe und Sympathisanten aus Gelsenkirchen. (201)

Die Kommunistische Gruppe Bochum gab vermutlich im Mai 1975 die Nr.12/1975 ihrer „Bochumer Arbeiterzeitung“ heraus. Berichtet wurde u. a. vom 1. Mai in Gelsenkirchen. (202)

Der in der SPD und vor allem den Jusos arbeitenden trotzkistischen Voran-Gruppe gelingt es, nach eigenen Angaben, am 1. Mai einen Massenverkauf ihres Zentralorganes „Voran“ in Berlin, Nordhessen, Bochum, Gelsenkirchen, Erwitte, Köln, Remscheid, Mannheim, Stuttgart und München zu organisieren. (203)

Am 1. Mai 1975 beteiligten sich laut KB in Gelsenkirchen „ca. 15.000“ an der DGB-Demonstration. (204)

Der KB berichtete in seinem „Arbeiterkampf“ Nr. 61/1975 vom 21.5. auch über eine Gelsenkirchener Gruppe der Deutsch Chinesischen
Freundschaftsgesellschaft. (205)

KPD (1975)
Als zentrales Ereignis der KPD für 1975 kann der 1. Mai betrachtet werden. Die vorliegenden Daten geben einen guten Überblick über die Vorbereitung und Durchführung des 1. Mai in Gelsenkirchen, an dem sich auch vermutlich die Liga gegen den Imperialismus, der KOV, ihre Rote Hilfe, das NVK und vermutlich auch der KSV beteiligt hatten. Berichte über den 1. Mai gab es auch in anderen Organen (etwa im „Arbeiterkampf“).

Am 17.3.1975 berichtete das Regionalkomitee der KPD von Gelsenkirchen, vermutlich im Rahmen der Betriebsratswahlen. (206)

Das Regionalkomitee der KPD rief am 31.3. dazu auf, die Vorbereitungen für den „Regierungsmai“ in Gelsenkirchen in Angriff zu nehmen. (207)

Mit der Nr.16/1975 der „Roten Fahne“ vom 23.4., gab die KPD ihre Termine für ihre Maiveranstaltung bekannt. Aus NRW wird der Wahlaufruf zu den LTW/KW veröffentlicht und es sollen Mai-Veranstaltungen stattfinden in Attendorn, Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen, Solingen. Demonstrieren will man in Gelsenkirchen. (208)

Die KPD, vermutlich das Büro Bielefeld, gibt bei Stübbe-Demag Kalldorf vermutlich Mitte dieser Woche das folgende Flugblatt von zwei Seiten DIN A4 unter Verantwortung von Thomas Luczak, Dortmund, heraus. Auf der Vorderseite wird aufgerufen zur Stübbe-Demag-Veranstaltung am 29.4.1975, auf der Rückseite heißt es neben weiteren Aufrufen zur Maiveranstaltung in Dortmund und zum 1. Mai in Gelsenkirchen:

„Die Wirtschaft muss sich 'gesundrationalisieren' und 'gesundschrumpfen'. Das ist das Zauberwort in den Mündern von Konzernherren, Schmidt-Regierung und bürgerlichen Wirtschaftsexperten. Was aber bedeutet das für die Arbeiterklasse? Genau das, was sie seit anderthalb Jahren zu spüren bekommt: Massenentlassungen, steigende Arbeitslosenzahlen und verschärfter Rationalisierungsdruck. Denn 'gesund' werden sollen die Profite der Monopole, die Lage der Arbeiterklasse wird unerträglicher ... Das alles heißt: Massenentlassungen bei Aufrechterhaltung der Produktionsziffern. Massenentlassungen zur Sicherung von Extraprofiten für die Kapitalisten ... Dieser kapitalistischen Krisenwirtschaft gilt es die geschlossene Kampffront der Arbeiter und Werktätigen entgegenzusetzen!

IN DER KRISE KÄMPFEN!

Aus dem Grunde führen wir in dieser und der nächsten Woche Solidaritätstage mit Eurem Kampf gegen die Stilllegung durch. Wir werden der umliegenden Bevölkerung von Eurem Kampf berichten und eine Unterschriftensammlung durchführen. Der Höhepunkt wird die Solidaritätsveranstaltung am kommenden Dienstag sein.“ (209)

Spätestens am 28.4. gab die KPD bzw. ihr Büro Bielefeld, ein Flugblatt mit dem Titel „Dem Regierungsmai eine Absage“ heraus. Aufgerufen wurde darin, sich an der 1. Mai-Demonstration in Gelsenkirchen zu beteiligen. U. a. hieß es:

„Während die Kollegen des Erwitter Zementwerkes (CPK-Bereich, d. Vf.) den Betrieb seit dem 10.März besetzt halten, um gegen Entlassungsmanöver des Seibel-Kapitalisten vorzugehen, während die Anker-Arbeiter (IGM-Bereich, d. Vf.) von Entlassung und Rationalisierung bedroht sind, während die Arbeitslosigkeit in Bielefeld ihre höchsten Ausmaße erreicht, da erdreisten sich Bundeskanzler Schmidt und DGB-Vetter am 1. Mai in Gelsenkirchen in trauter Eintracht die Arbeiter noch aufzufordern, den Gürtel enger zu schnallen, dem Krisenprogramm der SPD-Regierung zuzustimmen! Die Arbeiter und Werktätigen in unserem Land sollen beklatschen, dass sie es sind, auf deren Rücken die Krise ausgetragen werden soll!

HERAUS ZUM ROTEN 1. Mai!

Kollegen, lassen wir es nicht zu, dass gerade jetzt, vor der Wahl, der 1. Mai, den jeder Arbeiter in der Welt als den internationalen Kampftag seiner Klasse feiert, dieser Tag herabgewirtschaftet wird zu einer Wahlkampfprostitution derjenigen Partei, die sich sozialdemokratisch nennt, aber schon seit Jahren, ebenso wie die CDU, die Interessen des Monopolkapitals vertritt.

ERTEILEN WIR DIESEM REGIERUNGSMAI IN GELSENKIRCHEN EINE KLARE ABSAGE!

Fahrt mit nach Gelsenkirchen; dort wird unsere Partei, unter roten Fahnen, mit den revolutionären Forderungen der Arbeiterklasse, der Bourgeoisie und ihren dortigen Vertretern den Kampf ansagen, und wir werden dort für die einzig wirkliche Alternative eintreten, die den Arbeitern und Werktätigen unseres Landes bleibt:

FÜR DEN SOZIALISMUS!
GEGEN KRISENWIRTSCHAFT UND POLITISCHE UNTERDRÜCKUNG - FÜR DIE SOZIALITISCHE DEUTSCHE REPUBLIK!
Abfahrt 1. Mai, 7 Uhr 30 Gesundheitsamt!
KÄMPFT MIT DER KPD
WÄHLT AM 4. MAI LISTE 9 KPD.“ (210)

Am 29.4. erschien ein Flugblatt des Regionalkomitees (RK) NRW der KPD für Gelsenkirchen. Das Flugblatt lautete:

„NIEDER MIT DEM REGIERUNGSMAI VON SCHMIDT UND VETTER IN GELSENKIRCHEN!

Am 1. Mai, dem internationalen Kampftag der Arbeiterklasse, kommen Bundeskanzler Schmidt und DGB-Vorsitzender Vetter nach Gelsenkirchen. Hier in Gelsenkirchen soll der Regierungs-Mai gefeiert werden; der Tag, den die Arbeiterklasse sich erkämpft hat, der Tag, an dem sie ihre Entschlossenheit demonstriert, mit dem System von Arbeitslosigkeit, Krise und Krieg Schluss zu machen, soll zu einer Wahlveranstaltung für die SPD herabgewürdigt werden. Hier wollen sich Schmidt und Vetter die Zustimmung der Arbeiter und Werktätigen zu ihrer Lohnraubpolitik und Krisenwirtschaft abholen!

Hier sollen wir auf die arbeiterfeindlichen Maßnahmen der SPD-Regierung eingeschworen werden! Kein Wort werden wir hören über die wirkliche Lage der Arbeiterklasse in unserem Land, kein Arbeiter, kein Arbeitsloser wird zu Wort kommen. Im Gegenteil: wieder einmal werden Schmidt-Regierung und Gewerkschaftsführung gemeinsame Sache machen. Die Unterstützung des SPD-Wahlkampfes durch die DGB-Führung am 1. Mai reiht sich ein in ihre Politik des Arbeiterverrats: Mit den Unvereinbarkeitsbeschlüssen (UVB, d. Vf.) sollen alle diejenigen aus der Gewerkschaft ausgeschlossen werden, die die letzten Tarifabschlüsse Lohnraubabschlüsse nennen, die mit einem klaren Programm zu den Betriebsratswahlen (BRW, d. Vf.) kandidiert haben. Trotz all dieser Maßnahmen ist es den kämpferischen Arbeitern gelungen, fortschrittliche und revolutionäre Arbeiter in die Betriebsräte zu wählen, z.B. bei Blohm und Voss, Hamburg, bei Armstrong, Münster und anderswo.

ES LEBE DER 1. MAI - DER INTERNATIONALE KAMPFTAG DER ARBEITERKLASSE!
KOMMT ZUR KUNDGEBUNG DER KPD AUF DEM NEUMARKT UM 11 UHR 15 AM 1. MAI!

Gegen die Unvereinbarkeitsbeschlüsse und politischen Entlassungen müssen wir die Einheitsfront aller Arbeiter herstellen! Das werden wir auch auf dem Hauptmarkt in Gelsenkirchen klarmachen! Mit der KPD werden Arbeiter und Arbeitslose, Werktätige, Schüler und Hausfrauen durch Parolen und Sprechchöre ihre Forderungen zur Sprache bringen, um dem Regierungs-Mai die Einheitsfront aller Ausgebeuteten und Unterdrückten entgegenzusetzen und um zu demonstrieren, dass die Arbeiter und Werktätigen die Lügen und Hinhalteparolen der SPD nicht länger hinnehmen werden. Sie werden die Forderungen aus den Betrieben, die Forderungen der Arbeitslosen zur Sprache bringen:

Den Kampf gegen die Krisenwirtschaft der SPD/FDP-Regierung, gegen politische Unterdrückung, gegen Unvereinbarkeitsbeschlüsse und Gewerkschaftsausschlüsse! Wir werden klar machen, wofür wir unseren Kampf führen: für den Aufbau der sozialistischen deutschen Republik, für die Herrschaft der Arbeiterklasse, für ein System ohne Ausbeutung, Krisen und Arbeitslosigkeit.

GEGEN KRISENWIRTSCHAFT UND POLITISCHE UNTERDRÜCKUNG!
FÜR DIE HERRSCHAFT DER ARBEITERKLASSE!
WÄHLT KPD - KÄMPFT MIT DER KPD!“

Eingeladen wurde auch zu einer eigenen Veranstaltung am 29.4.1975 in Gelsenkirchen. (211)

In Gelsenkirchen (im Haus Bölt, Buer-Hassel) will die KPD heute (29.4) eine 1. Mai-Veranstaltung durchführen. Das RK der KPD rief auf:

„KOMMT ZUR VERANSTALTUNG GEGEN ARBEITSLOSIGKEIT UND POLITISCHE UNTERDRÜCKUNG!

Es sprechen u.a.:
Marianne Brentzel, Mitglied des RK NRW der KPD, Landtagskandidatin in Dortmund
Dorothee Eisele, Landtagskandidatin in Gelsenkirchen-Buer
Kollegen des Arbeitslosenkomitees (ALK, d. Vf.) in Dortmund
arbeitslose Kollegen vom Wahlausschuss der KPD in Buer
DI., 29.4. 19 UHR IM HAUS BÖLT, BUER-HASSEL, MARLER STR.132, BUS 97 UND 98.“ (212)

Am 1. Mai führte die KPD, nach eigenen Angaben, eine Maidemonstration gegen Schmidt und Vetter durch, deren Kundgebung knapp 10 000 verfolgten. Danach demonstrierten über 1 000 mit der KPD in die Innenstadt. Die KPD/ML sei nicht aufgetreten. Laut Kommunistischer Gruppe Bochum wurde auf der 1. Mai-Demonstration die Rede von Bundeskanzler Schmidt massiv durch AnhängerInnen von KPD und Liga gegen den Imperialismus (LgdI) gestört.“ (213)

Nach eigenen Angaben erhielt die KPD in NRW bei den Landtagswahlen am 4.5. teilweise mehr Stimmen als die DKP. In Gelsenkirchen-Buer, wo die DKP 600 Stimmen verliert, erzielt die KPD mit 224 Stimmen 0,3%. (214)

In der „Roten Fahne“ Nr.18/1975 vom 7.5. berichtete die KPD u.a. von ihren 1. Mai Aktionen in Gelsenkirchen. Bei der Maiaktionseinheit mit der KPD/ML habe es Auseinandersetzungen gegeben. Sie habe die oppositionellen Blöcke der KPD beim DGB als „Handlanger des DGB-Apparats“ beschimpft.

Aus NRW wurde weiter berichtet von den Landtagswahlen, u.a. aus Attendorn, Bielefeld, Bochum, Castrop-Rauxel, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Gelsenkirchen, Köln, Solingen und dem Landkreis Düren sowie von den Maiaktionen in Aachen (vgl. 30.4.1975), Dortmund und Gelsenkirchen. (215)

Der Kommunistische Bund berichtete in seinem Arbeiterkampf Nr.61/1975 vom 21.5. u.a. aus Gelsenkirchen über die KPD, die KPD/ML und von den Landtagswahlen. (216)

Deutsche Kommunistische Partei - Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (1976)
Für 1976 kann die Datenbank MAO nur eine Datei für die DKP/SDAJ nachweisen. Der „Schalker Rundblick“ aus dem Juni erschien wohl in seiner ersten Ausgabe.

Im Juni 1976 gab die DKP Gelsenkirchen ihren „Schalker Rundblick“ heraus. (217)

Spartacusbund, Kommunistische Gruppe Bochum, Kommunistischer Bund (1976)
Über den Spartacusbund liegen für 1976 keine Berichte vor. Dagegen berichtete der Kommunistische Bund in seinem „Arbeiterkampf“ über Gelsenkirchen. Wichtig dürfte indes die beginnende Formierung des Kampfes gegen AKW gewesen sein. Vermutlich ab dem Spätherbst 1976, dürfte es erste Initiativen gegeben haben.

Der „Arbeiterkampf“ Nr., 85/1976 vom 26.7. berichtete von einer Spaniensolidarität in Gelsenkirchen. Weiter wurde berichtet, dass sich für die kommenden Kommunal- und Landtagswahlen die Frage eines Wahlbündnisses, eventuell örtlich auch eine Eigenkandidatur, stellen würde. Allerdings ist nicht bekannt, ob das Gelsenkirchen relevant war. Der KB als eigenständige Gruppe ist in Gelsenkirchen wohl nie in Erscheinung getreten. (218)

Das Komitee zur Unterstützung des Kampfes der Völker Spaniens, das in Gelsenkirchen ansässig ist, veranstaltete, laut KB, im Jugendzentrum KOMIC am 31.7. ein spanisches Kulturfest. (219)

Laut KB fand am 18.12. in Essen die erste KB-Veranstaltung statt, auf der die Erfahrungen aus dem Kampf gegen das AKW Brokdorf aufgearbeitet werden. Ca. 70 Personen sollen anwesend gewesen sein. Vertreter verschiedener Initiativen berichteten über ihre Aktivitäten und über die Möglichkeit, im selbstverwalteten Jugendzentrum KOMIC in Gelsenkirchen am Treffen von Atomgegnern teilzunehmen.

Damit dürfte auch vermutlich die Präsenz von Atomgegnern in Gelsenkirchen ab diesem Zeitraum nachgewiesen sein, worüber im Moment noch zu wenig bekannt ist. Auch darüber, inwieweit es dem KB oder Initiativen gelang, den Kampf gegen AKW zu verbreitern. (220)

KPD und Liga gegen den Imperialismus (1976)
Die KPD und die Liga machten 1976 durch die Portugalveranstaltung am 25.1. auf sich aufmerksam. Die Berichte geben einen knappen Überblick über das Ereignis. Interessant ist der Rückblick der KPD auf den 1. Mai 1975 in Gelsenkirchen. Danach hätten „Hundertschaften der Polizei“ versucht, den 1. Mai der KPD zu verhindern.

Laut RK NRW der KPD sowie der LgdI-LV NRW soll am 25.1. eine Großveranstaltung zu Portugal stattfinden. Davon berichtete die Liga gegen den Imperialismus am 19.1. Ein Flugblatt hatte zum Inhalt: „Kein neues Prag in Portugal! Großveranstaltung der LgdI und der KPD mit Vertretern der PCP/ML und der AOC in Gelsenkirchen“.

„PORTUGAL: VORWÄRTS zu Unabhängigkeit, Freiheit und Sozialismus! Das portugiesische Volk kämpft seit dem Sturz des Faschismus für eine Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne ausländische Einmischung, für Freiheit und Sozialismus. Aber kaum schmolz der Einfluss der USA-Imperialisten, trat ein neuer Feind auf den Plan, gewillt, seine faschistische Diktatur zu errichten: Breschnews Agentur, die 'PCP' Cunhals, versucht mit allen Mitteln der Verschwörung, der Unterwanderung, durch Hetze und Irreführung, die Macht an sich zu reißen.

Der russische Sozialimperialismus redet von 'Haupttendenz Entspannung', aber in Wirklichkeit will er ganz Europa in seine Abhängigkeit bringen. Denn Europa ist der Schlüssel zur Weltherrschaft, um die die Kreml-Zaren mit den USA-Imperialisten ringen. Im Kampf der Völker Europas um Unabhängigkeit und Freiheit steht das portugiesische Volk an vorderster Front.

- Welche Interessen verfolgen die beiden Supermächte in Portugal?
- Was steckt hinter den 'friedlichen Absichten' der Sowjetunion?
- Wie kann die Unabhängigkeit und Freiheit Portugals verteidigt werden?
- Für welche Ziele kämpft die portugiesische Arbeiterklasse und die PCP/ML?

Diese und andere Fragen beantworten Redner der
- PCP/ML und AOC
- Liga gegen den Imperialismus
- KPD

auf einer gemeinsamen Großveranstaltung am Sonntag, 25.1., um 17 Uhr im Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen, Eberstraße.

Unterstützt mit uns den Kampf des portugiesischen Volkes für Unabhängigkeit, Freiheit und Sozialismus!
Gegen die Vorherrschaftspläne des sowjetischen Sozialimperialismus in Europa!
Für Unabhängigkeit und Einheit der europäischen Völker und Staaten!
Nieder mit Cunhal, dem Lakaien des sowjetischen Sozialimperialismus!“ (221)

Die “Rote Fahne” der KPD Nr.3/1976 vom 21.1. berichtete u.a. auch von den Vorbereitungen zur Portugalveranstaltung in Gelsenkirchen am 25.1. Aus Gelsenkirchen wurde weiter berichtet vom schließungsbedrohten Krankenhaus Bergmannsheil (420 Beschäftigte, 300 Betten) in Buer, über dessen beide Abteilungen Innere Medizin und Chirurgie, u.a. Neurochirurgie und Unfallchirurgie, was besonders für den Bergbau (IGBE-Bereich), wie das Veba-Kraftwerk und die Zechen Schlegel und Eisen Herten, Westerholt Polsum, Hugo Gelsenkirchen, Unser Fritz Essen, Consolidation Gelsenkirchen, Ewald Recklinghausen und die Betriebe im CPK-Bereich wie Veba-Chemie und Glas und Spiegel Gelsenkirchen wichtig ist. Eingegangen wird in diesem Zusammenhang auch auf das Evangelische Krankenhaus Gelsenkirchen, das Vincenzkrankenhaus in Essen-Stoppenberg sowie das Hafenkrankenhaus Hamburg und Blohm und Voß (B+V) Hamburg. (222)

Am 25.1.1976 führten KPD und LgdI eine Portugalveranstaltung mit einem Mitglied der PCP/ML und einem Mitglied der Arbeiter- und Bauern Allianz (AOC) Portugal durch. Aufgerufen zur Großveranstaltung um 17 Uhr im Hans-Sachs-Haus in der Eberstraße wurde u.a. mit einem Flugblatt in NRW. (223)

Die für heute in Dortmund angekündigte Portugalveranstaltung von KPD und LgdI fand am 25.1. in Gelsenkirchen statt. (224)

Die KPD gab am 28.1. ihre „Rote Fahne“ Nr.4/1976 heraus. Berichtet wurde u.a. von der Portugalveranstaltung in Gelsenkirchen. (225)

Laut „Rote Fahne“ der KPD Nr.23/1976 vom 9.6. fand in Dortmund am 31.5. vermutlich in dieser Woche ein Prozess statt, bei dem wegen der Maidemonstration 1975 zwei Geldstrafen verhängt werden. Ein Flugblatt mit dem Titel „POLIZEIÜBERFALL AUF ROTE 1. Mai DEMONSTRATION! DEMONSTRANTEN VOR GERICHT!“ ging auch auf Gelsenkirchen ein.

„Am 1. Mai 1975 demonstrierten die KPD und die KPD/ML gemeinsam durch die Dortmunder Nordstadt. Unter der Losung 'Für ein unabhängiges, vereintes und sozialistisches Deutschland' setzten sie dem Regierungsmai der Schmidtregierung und der Gewerkschaftsbonzen den roten 1. Mai entgegen. Am Vormittag hatten über 1 000 Menschen gegen diesen Regierungsmai in Gelsenkirchen protestiert und dem Kanzler Schmidt unüberhörbar seine reaktionäre und arbeiterfeindliche Politik entgegengehalten. 'Lohnraubkanzler, Arbeitslosenkanzler, Krisenkanzler' - schallte es ihm tausendfach entgegen. Einige Hundertschaften der Polizei konnten diese Manifestation des roten 1. Mai nicht verhindern ... “ (226)

Kommunistischer Bund, Kommunistische Gruppe Bochum/Essen, Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten, Arbeiterbund (1977)
Für 1977 lassen sich dann auch Gelsenkirchener Marxisten Leninisten nachweisen, die im „Arbeiterkampf“ als „Arbeitsgemeinschaft Marxisten-Leninisten“ tituliert. werden. Allerdings dürfte die Gruppierung sich einige Zeit früher konstituiert haben. Vermutlich eher mit dem Austritt einer Reihe ihrer Mitglieder aus der KPD/ML zur Mitte bis zum Ende des Jahres 1976. Alfred Schröder gab in der „Kommunistischen Debatte“ zu Protokoll, dass etwa zu diesem Zeitraum die ersten Gehversuche der Marx-Engels (Bildungs-)Gesellschaft in Gelsenkirchen erfolgten, die teilweise auch unter Volk und Wissen firmierte. Über die Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten, weiß ab 1977 zunächst nur die KGB/E zu berichten. Vertreter einer Gelsenkirchener ML-Strömung nahmen auch, nach vorliegenden Berichten, am 1. Mai in Bochum teil. Eine Bürgerinitiative gegen den Schnellen Brüter in Kalkar vermeldete auch der KB, der nach dem Bericht zumindest jetzt in einer Anti-AKW Bewegung in Gelsenkirchen etwas an Einfluss zu gewinnen schien.

Am 1. Mai 1977 kamen, laut KB im „Arbeiterkampf“ Nr.104/1977, in Bochum auf zwei DGB-Demonstrationen ca. „ca. 1 500 - 2 000 Menschen zusammen:“ „Die oppositionellen Blöcke marschierten am Schluss: KBW (50), KB (50), Uni-Spontis (30 - 40), danach die AE der MLer, nämlich KPD (unter 20), KGB/E (25), GIM (unter zehn), AG Ges. (30-40) (Arbeitsgemeinschaft Gelsenkirchener ML, d. Vf.) ... Auf der Kundgebung der MLer waren 200 Leute, auf der Mai-Veranstaltung des KB (in Aktionseinheit mit MIR (Chile, d. Vf.) und CISNU (Iran, d. Vf.)) waren es 250.“ Dass die GIM als MLer zählen, scheint interessant (d. Vf.).

Laut KGB/E beteiligen sich nur 40 - 50 Personen (früher 150) am KBW-Block. Zum 1. Mai rief der AB auch in Bochum auf. Es finden zwei Betriebsdemonstrationen von Krupp und den Stahlwerken Bochum (SWB - beide IGM-Bereich) sowie eine gemeinsame Demonstration mit ca. 6 000 Personen statt. Nach seiner Darstellung rief die KGB/E zu Bündnisverhandlungen für eine klassenkämpferische Demonstration auf. Es kamen GIM, KB, KPD, GOG Opel Bochum, die Gesundheitsgruppe und die Frauengruppe Bochum. Der KHB des AB beteiligte sich nicht, weil die KPD teilnehmen durfte.

In Bochum beteiligt sich die Internationalistische Tendenz der OG Ruhrgebiet des Spartacusbund (SpB), laut den anderen Fraktionen, an der Maidemonstration im Frauen- und Anti-AKW-Block. (227)

Am 1. Mai 1977 fand, laut Arbeiterbund, vermutlich auch zum 1. Mai eine Demonstration der NPD statt. (228)

Der Arbeiterbund gab am 3.5.1977 seine „KAZ“ Nr. 111/1977 heraus. Berichtet wurde auch über den Gelsenkirchener 1. Mai. (229)

Laut KB im „Arbeiterkampf“ Nr. 105/1977 „hatten der KB und die AK-Ökologie-Frauengruppe aus Essen zu einem Aktionstag in den Orten um Kalkar, dem Standort des 'Schnellen Brüters' (vermutlich Mitte Mai) aufgerufen. Die Aktion wurde von den BIs Duisburg und Gelsenkirchen unterstützt“. Eine Veranstaltung sei „von ca. 80 Menschen besucht“ worden sein. (230)

Kommunistische Gruppe Bochum/Essen, die Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten, der Kommunistische Bund (1977-1978)
Der frühe Niedergang der ML-Bewegung (231) führte zu zahlreichen Fraktionierungen und Neugründungen von Gruppen. Eine von ihnen waren auch die Marxisten-Leninisten Gelsenkirchen, die sich aus ehemaligen Mitgliedern der KPD/ML, der Liga gegen den Imperialismus, der KPD und Unorganisierten rekrutiert haben dürften. Dieser Kreis, der auch im März 1979 die erste Ausgabe der „Aufsätze zur Diskussion“ (0-Nummer) herausgab und später als Neue Hauptseite Theorie bekannt wurde, beteiligten sich an einer Reihe von Konferenzen. Im Berichtszeitraum vor allem wohl an denen, die die KGB/E (die später als Alte Hauptseite Theorie bezeichnet wurde, d. Vf.) einberief. Der Rechenschaftsbericht an die 5. ordentliche MV der Kommunistischen Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) vom November 1977 berichtete u.a. auch von der Entwicklung Gruppen in Bochum und anliegenden Städten. Ausgeführt wurde u.a.:

„1. der KBW, einmal stärkste organisierte Kraft, ist im Berichtszeitraum weiter in die politische Isolation geraten. Er hat schwere organisatorische Verluste, insbesondere unter den Studenten gehabt ... In Bochumer Betrieben hat der KBW wohl Leute oder Kontakte bei Dr. C. Otto, Krupp und Stahlwerke Bochum. In der gewerkschaftsoppositionellen Bewegung hat der KBW keinerlei Einfluss. Am 1. Mai konnte er für seinen Block nur noch 40 - 50 Leute mobilisieren (früher 150).

2. Die KPD war bereits weitgehend zerfallen, konnte sich aber durch Verstärkung von auswärts wieder stabilisieren. Den Hauptanteil hat der KSV. Ihr ganzer Verband (mit Liga) ist etwa in Bochum personell gleich stark wie Wir ...

3. Die KPD/ML hat wohl stagniert ...

4. Der KB arbeitet jetzt fast 2 Jahre in Bochum. Zu Anfang hat er relativ stark zugenommen, wie ja bundesweit in dieser Zeit. Inzwischen ist dieser Aufschwung jedoch gebrochen und der KB stagniert personell mehr oder weniger.

5. Die Spontis haben in Bochum ideologisch einen sehr großen Einfluss. Ihre Schwerpunkte sind die Uni und die Frauengruppe aber auch andere Initiativen ... So sind mehrere Versuche um den Buchladen herum ihre Kräfte über ein 'Sponti-Plenum' zusammenzufassen gescheitert ...

6. Die Trotzkisten sind bisher in jeder Hinsicht unbedeutend, außer der Mitarbeit der GIM im SOKO ...

Insgesamt gibt es gegenwärtig in Bochum rund 300 aktive Revolutionäre und etwa ebenso viele mehr oder weniger starke Sympathisanten dieser Gruppen. Ein Indikator dafür ist die Mobilisierung dieser Kräfte zum 1. Mai, die in den letzten Jahren zwischen 300 und 700 geschwankt hat ... Kontakte werden unterhalten zum KAB-Kassel, KAB(RW) Raum Frankfurt, IKG Bonn, KAG Osnabrück und zur Gruppe Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten.“

Mit folgenden Gruppen soll wohl auch noch in der nächsten Zeit intensiv ein Gespräch geführt werden: Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten, Duisburger Gruppe 'Klassenkampf', Gruppen in Kiel und Nürnberg ... Es gibt noch mehrere solcher Gruppen, in Berlin und im Saarland ... Deswegen soll auch in der organisierten Auseinandersetzung die Zusammenarbeit mit denjenigen Gruppen, mit denen die größte Einheit herrscht (gesucht werden), und die Schaffung einer gemeinsamen breit zu vertreibenden theoretischen Zeitung (vorbereitet werden).“ (232)

Am 15.1.1977 gab der KB seinen „Arbeiterkampf“ Nr.117/1977 heraus. U.a. erscheint auch ein Kommuniqué zu den Unvereinbarkeitsbeschlüssen und gegen Verbotsdrohungen, die gegen KB, KBW, KPD und KPD/ML gerichtet sein sollen. Aus Gelsenkirchen waren Mitunterzeichner: BI gegen Atomanlagen Gelsenkirchen und Jugendzentrum (JZ) Gelsenkirchen. (233)

Vermutlich nahm der KABD im Laufe des Jahres 1977 (im Spätherbst) seine Arbeit in Gelsenkirchen über einen Stützpunkt auf. (234)

Im Januar 1978 verabschiedete die KGB/E ihren Arbeitsplan bis Juni 1978. Danach sollen die Kontakte zu: KAG Osnabrück, Gelsenkirchen, KAB Kassel, IKG Bonn, KAB/RW Frankfurt verstärkt werden. Innerhalb der ML-Bewegung würde es jetzt gelten, die Auseinandersetzung um die 'Drei-Welten-Theorie' zu verfolgen, da „die Auseinandersetzung um diese Frage ... in der nächsten Zeit von großer Bedeutung für den antiimperialistischen Kampf“ (sei). Zusammenfassend muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die Entwicklung der Widersprüche in der kommunistischen Bewegung in der BRD entscheidend von der internationalen kommunistischen Bewegung abhängt sowie allgemein von der internationalen Entwicklung. Mit der Entwicklung des Imperialismus ist der Kampf um die Befreiung der Arbeiterklasse international geworden. Dies müssen wir immer bei unserer Politik berücksichtigen.“ (235)

Im März 1978 berichtete die KGB/E in seinem „Rundbrief“ Nr.3/1978: „Nach einem Bericht eines Vertreters des KAB Kassel in Bochum, soll sich der KAB/RW Frankfurt in der bisherigen Form aufgelöst haben. Er teile sich jetzt in zwei Gruppen auf: Eine Marx-Engels-Gesellschaft (wohl Studienkreisinitiative, d. Vf.), die Schulungsarbeit betreibt und die noch nicht so fortgeschrittenen Genossen zusammenfasst, den 'Revolutionären Weg', in dem sich die fortgeschrittenen Genossen befinden, die eine theoretische Zeitung erstellen. Erste Aufgabe dieser Gruppe soll eine Untersuchung der ML-Bewegung und der Ursachen des bisherigen Scheiterns sein. Eine organisierte Praxis fällt damit bei diesem Konzept weg ... Es scheint sich also bei den Frankfurtern der Einfluss der Gelsenkirchener ziemlich breit gemacht zu haben.“

Danach dürfte sich zunächst zum Anfang des Jahres der KAB/RW Frankfurt fraktioniert haben. Die wohl wichtigste Gruppe, die den Frankfurter Ableger der sich später konstituierenden NHT (Gelsenkirchen) bildete, rief wohl auch eine Marx-Engels Studiengesellschaft bis spätestens 1980 ins Leben, die zum damaligen Zeitpunkt in Gelsenkirchen (1979) schon bestand. (236)

Laut „Arbeiterkampf“ Nr. 129/1978 vom 16.5., beteiligten sich am 1. Mai 1978 ca. „1.700 Menschen“ an der DGB-Demonstration. Vermutlich nahm auch der KABD an dieser Demonstration teil und verteilte Flugblätter. (237)

Im Juni 1978 führte die KGB/E laut „Rundbrief“ vom August Gespräche mit folgenden Gruppen durch:

Gruppe aus Frankfurt,
Gruppe aus Mainz,
Herausforderung/Kiel,
Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten.
Bei den Frankfurtern soll es sich weder um den KAB/RW noch um die ausgetretenen KBW'ler (Frankfurter Zirkel) handeln. Sie würden „keine homogene Gruppe“ bilden. „Hauptsächlich bestand wohl ein Interesse an praktischen Fragen (z.B. Gewerkschafsfrage) und einen Erfahrungsaustausch darüber.“

Die Mainzer würden bestehen „aus einem Kern von 6 Genossen, die z.Zt. regelmäßig eine Schulungsarbeit über unsere Organe sowie Fragen der politischen Ökonomie betreiben. Darüber hinaus besteht noch ein weiterer Schulungskreis von 15 Leuten ... Die Genossen halten unsere Grundlagen im wesentlichen für korrekt." Ein weiteres Gespräch mit den Mainzern ist für den September/Oktober geplant.

„Der Entwicklung der Zusammenarbeit mit dieser Gruppe misst der ZA (Zentralausschuss, d. Vf.) große Bedeutung bei, da wir hier erstmalig eine Gruppe von Genossen haben (teilweise Ausgetretene aus KBW, KPD/ML-ZB u. ä.), die sich fast uneingeschränkt mit unserer Linie identifizieren können.“

Ein Gespräch wurde auch mit der Gruppe um Herausforderung Kiel geführt: „Die Gruppe zählt sich auch zur Bewegung ... der HS Theorie. An der gemeinsamen Erklärung der Gelsenkirchener und an ihrem Buch „Unsere nächsten Aufgaben“(Seefeld, d. Vf.) bestehen mittlerweile von Seiten der 'Herausforderung' nach anfänglichen Sympathien für die ersten Veröffentlichungen der Gelsenkirchener erhebliche Kritiken."

"Das Gespräch mit den Gelsenkirchenern beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der theoretischen Arbeit insbesondere mit deren Ausgangspunkt, Inhalte und nächste Aufgaben ... Die Genossen bleiben weiter bei der Behauptung, dass wir bisher keine Antwort auf die Frage gegeben hätten, warum die Bewegung bisher nicht die notwendigen Aufgaben auf dem Gebiet von Theorie und Programm geleistet habe. Die KGB/E sei ebenso wie die ganze Bewegung gescheitert. Bei der Gründung habe die KGB in ihrer Plattform eine Analyse des westdeutschen Imperialismus angekündigt, die sie bisher nicht geleistet habe ... Die theoretischen Aufgaben der Bewegung können nach Ansicht der Gelsenkirchener erst benannt werden, wenn die Frage des Scheiterns der Bewegung und ihrer gemachten Fehler untersucht und erklärt worden sei.“ Der Knotenpunkt der theoretischen Arbeit würde in der „Analyse der Geschichte der ML-Bewegung, der Ursachen ihres Scheiterns“ bestehen. (238)

Innerhalb der KGB/E erscheint der „Rundbrief“ Nr. 5/1978 am 9.8. Enthalten sind u. a.:

Arbeitsplan des Zentralausschusses,
Thesen zur Notwendigkeit der gewerkschaftlichen Organisierung fortschrittlicher Lehrer und Erzieher innerhalb und außerhalb der GEW,
Berichte über Gespräche mit Gruppen in Frankfurt, Mainz, Kiel und Gelsenkirchen. (239)
Im September 1978 wurde vom ZA der KGB/E (für diesen Monat) Gespräche in Bonn mit der Initiative für eine KG, und in Osnabrück mit der KAG, sowie eine Veranstaltung in Gelsenkirchen zur Entstehung des russischen Marxismus geplant. (240)

Am 28.9.1978 lud der Kreis Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten (KGML) zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung zur "Entstehung des russischen Marxismus“ ein (241)

Anfang Oktober 1978 erschien in Gelsenkirchen vermutlich die Schrift: „Auf dem Kampfboden des Marxismus-Leninismus. Zur Diskussion in der ML-Bewegung anhand einer Kritik des Programms des Arbeiterbundes zum Wiederaufbau der KPD". Autor ist Theodor Phillipi. Die Schrift erscheint in Gelsenkirchen und steht ideologisch in der Nähe des ehemaligen ZK-Mitgliedes der KPD/ML Claudio Sperandio. (242)

In Gelsenkirchen fand am 14.10., vom Kreis der Gelsenkirchener Marxisten-Leninisten organisiert, eine Veranstaltung zur Entstehung des russischen Marxismus statt. (243)

Anfang November 1978 wurde vom ZA der KGB/E und dem LK des KAB Kassel eine Broschüre mit dem Titel: „Stellungnahme aus Gelsenkirchen zu der gemeinsamen Erklärung zum Parteiaufbau (Entwurf) des Zentralen Ausschuss der KGBE und des LK des KAB Kassel" herausgegeben. (244)

Ca. Mitte November 1978 erschien, herausgegeben von einer Gruppe Marxisten-Leninisten in Nürnberg/Fürth/Erlangen, die vom Ex-KABD Mitglied Robert Kurz mitgetragen wurde, die Nr.1/1978 der Zeitung „Diskussionsbeiträge“. Die „Diskussionsbeiträge“ sind als Antwort auf einen "Gelsenkirchener Vorstoß zum Frühjahr dieses Jahres ... zu verstehen“. Die Verfasser schrieben u. a.: „Die Diskussionsbeiträge werden bis zur Klärung der Formen für die Auseinandersetzung im nationalen Rahmen in unregelmäßigen Abständen weiter herausgegeben. Die vorliegenden Beiträge befassen sich hauptsächlich mit der Frage der Herangehensweise an die Aufgabe, eine 'Strömung' zu formieren." Insbesondere werden die beiden Entwürfe für eine "Gemeinsame Erklärung" (vorgelegt von der Gruppe Volk und Wissen Gelsenkirchen bzw. der Kommunistischen Gruppe Bochum/Essen (KGB/E) und dem KAB Kassel (KABK) einer Kritik unterzogen.

Die Nummer gliedert sich in die Punkte:

Wie kann eine 'Strömung' formiert werden,
Warum 'gemeinsame Erklärungen' gegenwärtig nicht hilfreich sind,
Gibt es eine Logik der 'geschlossenen Zirkel' und des demokratischen Zentralismus,
'Monolithismus', 'Liberalismus' und 'Kampf zweier Linien',
Notizen zur 'Erklärung des Parteiaufbaus' der KGB/E und des KAB Kassel,
Brief an KG Bochum/Essen und KAB Kassel. (245)
Im Dezember 1978 wurde von der Frankfurter Gruppe Revolutionärer Weg (GRW) die Broschüre „Materialien zur Kritik des Opportunismus der 'Gruppe Volk und Wissen (Gelsenkirchen)'“ herausgegeben. (246)


Wir danken Dietmar Kesten, dass er uns seine Arbeit hier zur Verfügung gestellt hat. Anmerkungen oder Diskussionen bitte hier

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