KARL ENGELTER, Architekt 1889-1936 (von Dr. Lutz Heidemann)

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Lo
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KARL ENGELTER, Architekt 1889-1936 (von Dr. Lutz Heidemann)

Beitrag von Lo »

[center].

Der Architekt Karl Engelter
von Dr. Lutz Heidemann[/center]

Der Architekt Karl Engelter ist mir seit langem bekannt. Ich habe ihn mehrfach lobend erwähnt, z.B. in dem „Stadtprofil Backsteinexpressionismus“ für seine interessanten Wohnhäuser in der der Siedlung Droste-Hülshoff-/ Hermann-Löns-Straße in Buer.
Aber die Person und sein Lebenswerk sind mir eher undeutlich geblieben, weil er oft nur im Zusammenhang mit Carl Dellweg gesehen wurde, mit dem er verschiedene Häuser der oben genannten Siedlung entwarf. Während sich bei Dellweg zuvor und danach viele realisierte Gebäude nachweisen lassen, ist das Oeuvre bei Engelter nach jetzigem Wissensstand ziemlich schmal.
In einem etwa 100seitigen Aufsatz über „Architektur und Städtebau in (Gelsenkirchen-) Buer zwischen 1911 und 1928“, der in einem Sammelband zur 100jährigen Erinnerung an die Stadtrechtsverleihung im Jahr 1911 erscheinen wird, habe ich verschiedene „Bausteine“ zu Engelter zusammengetragen.

Nicht zuletzt in den „Gelsenkirchener Geschichten“ fand ich interessante Fakten.
Besonders angetan hat es mir eine Graphik, die etwa 1934/35 entstanden sein wird, die der „User Lo“ eingestellt hat:
[center]Bild
Signierte Graphik (Radierung) von etwa 1934 [/center]

Sie zeigt den verschneiten Rathausplatz in Buer, der damals Adolf-Hitler-Platz hieß und insofern ein deutliches Zeitdokument darstellt. Das Bild signalisierte quasi das Ende einer fruchtbaren Bauepoche von Buer.
Die Graphik stand zum Verkauf; der jetzige Eigentümer ist leider unbekannt.
Ich erfuhr in Gesprächen mit den noch in Buer lebenden Nachkommen von Karl Engelter, dass der Künstler in den schwierigen Jahren der Weltwirtschaftskrise um 1930 häufiger derartige Zeichnungen angefertigt und verkauft hat. Auch seine Kinder haben in den Jahren zwischen 1960 und 1980 - und vielleicht auch noch später - Graphiken von Karl Engelter verkauft. Jetzt gäbe es aber keine Originale mehr in Familienbesitz.

Es wäre interessant, eine Übersicht darüber zu erhalten, was Engelter alles gezeichnet hat. Vielleicht melden sich Eigentümer. Gleichermaßen wäre interessant herauszufinden, was Engelter alles noch außerhalb von Buer gebaut und entworfen hat.
Eine Veröffentlichung von etwa 1929 enthält neben Entwürfen mit verschlüsselten Ortsangaben („Geschäftshaus für L.“ – wahrscheinlich Lünen) auch verschiedene ausgeführte Objekte, die ebenfalls keine Ortsangaben haben.

Ich berichte in dem Aufsatz folgende Fakten:
Karl Engelter wurde am 4. Juli 1889 in Frankfurt am Main geboren. Elisabeth („Elly“) Neidlein - seine gleichaltrige Frau, stammte aus Essen; beide waren evangelisch. Vor dem Ersten Weltkrieg arbeitete Engelter im Baubüro von Krupp, das unter der Leitung von Metzendorf stand, und für den Bergbau. Eine schöne Broschüre, auf die noch eingegangen wird, enthält u.a. Häuser der Duisburger Siedlung Johannenhof der Zeche Rheinpreußen. Bei einer Veröffentlichung der „Route der Industriekultur“ wird der Architekt Vallentin als Entwerfer der Siedlung Johannenhof genannt; Engelter war dort wahrscheinlich Mitarbeiter.
Engelter hatte einen hohen Gestaltungsanspruch und wurde Mitglied des Deutschen Werkbundes. Ein Arbeitsschwerpunkt von ihm lag im gewerkschaftlich- genossenschaftlichen Bauen. Aus einer nicht ganz deutlich zu lesenden Unterschrift kann geschlossen werden, dass Engelter 1923 Geschäftsführer der „Bergmannssiedlung Bottrop, Buer, Gladbeck GmbH“ war. Diese Genossenschaft war u.a. Bauträger der Siedlungen Am Schlagbaum in Hassel und Bülsestraße/ Schützenstraße in Scholven.
Es könnte sein, dass sich Engelter um 1927 selbständig gemacht hat. 1928 entwarf er für den Drucker Johann Speier das nüchtern-moderne Wohn- und Geschäftshaus Horster Straße 62. Damals gab er als Anschrift Goldbergstraße 70 an. In der Zeit entwarf er zusammen mit Carl Dellweg die Siedlung Droste-Hülshoff-/ Hermann-Löns-Straße. Diesen backsteinexpressionistischen Duktus setzte Engelter auch bei einigen Häusern für Privatpersonen ein.
Darüber haben wir Kenntnis, weil über Engelter im Verlag Eckhard & Pesch, Düsseldorf (ohne Datumsangabe und Seitenzählung), eine Veröffentlichung mit dem Titel „Neuere Wohnungsbauten“ erschien.

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Veröffentlichung von 1929 oder 1930 mit einem wahrscheinlich von Engelter gestalteten Umschlag [/center]

Der Düsseldorfer Architekt und Journalist Theodor Huneke, wie Engelter Werkbundmitglied, verfasste die Einführung. Dieser Text ist ein Beispiel wie in den späten 1920er Jahren bei Geschmacksfragen argumentiert wurde. Über Engelter heißt es: „... Sein Stil ist reine Sachlichkeit, wahre Ehrlichkeit. Durch Zweckmäßigkeit, Material und Konstruktion wird die Form gemeistert; niemals sind die Fassaden und ihre Dekorationen dem Baukörper aufgezwungene Verkleidungen, sondern stets die Folgen wohlüberlegter, bestimmungsmäßiger Ordnung des Räumlichen. ...
Die praktische Aufgabe, dem Bauherrn nach seinem Wunsch und Willen ein Heim zu schaffen, fordert auch die bauliche Entscheidung von der Allgemeinheit. Und diese verlangt nicht nur Zweckerfüllung und Solidität, sondern auch erfühlte bodenwurzelnde Gestaltung, die ein Bauwerk, von weitem schon wie im Inneren, je nach seiner Bestimmung heimisch, freundlich, ernst oder verheißungsvoll erscheinen läßt. ...
Bei den Siedlungsbauten zwingt die Not unserer Zeit zu größter Sachlichkeit und Sparsamkeit im Bauen. Brachte der verlorene Krieg mit seinen Folgeerscheinungen eine völlige Umwälzung unseres Wirtschaftslebens, durch die auch die künstlerischen Berufe nicht unbeeinflusst blieben, so brauchen deswegen unsere Siedlungsbauten durchaus nicht ohne künstlerischen Wert zu sein. Nur wirkliches Künstlertum und ein inniges Vertiefen in die Aufgabe gehört dazu, um mit einfachen Mitteln und etwas farbiger Wirkung einem Bauwerk eine künstlerische Note zu geben...
... Der Architekt Engelter hat Bauwerke geschaffen, die... vor allem auch im Sinn des Heimatschutzes die bodenständige Bauweise wahrend, würdig und charakteristisch sich dem Landschafts- und Städtebilde anpassen und einfügen. Als solche sind die Ziegel- bzw. Klinkerbauten besonders hervorzuheben. “ (Ende des Zitates)

[center]Bild
Foto von ca. 1929 aus dem erwähnten Buch von einem von Engelter entworfenen Doppelhaus an der Droste-Hülshoff-Straße.
Leider hat sich die originelle Backstein-Vorgartenmauer nicht erhalten.
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Die Familie Engelter wohnte um 1934 in Erle in dem Haus Heinrichstraße 63 und später in einer Genossenschaftswohnung der „Selbsthilfe“ an der Goldbergstraße. Karl Engelter starb im Februar 1936, seine Frau 1954. Das Paar hatte drei Töchter und vier Söhne. Zwei Söhne – Karl geboren 1912 und Giselher geboren 1926 - starben im Zweiten Weltkrieg; Siegfried geboren 1930 wurde Bildhauer; zuletzt wurde 1932 Gernot geboren. Von Siegfried stammt das eindrückliche Familiengrab auf dem Hauptfriedhof Buer, das wohl nach dem Tod der Mutter entstand.
Die erwähnte Schrift über Engelter enthält mehrere Zeichnungen von geplanten und ausgeführten Objekten. Einige der Zeichnungen, zusammengesetzt aus dichten kurzen Strichen, haben quasi als Miniaturen einen graphischen Wert. Sie sind signiert und ähneln einigen unsignierten Zeichnungen von öffentlichen Projekten in der Schrift „Ideale Siedlungsstadt“. Engelter könnte versucht haben, sich ein „Zubrot“ als Illustrator zu verschaffen. Signierte Zeichnungen von ihm aus den 1930er Jahren weisen nicht mehr eine so dichte Strichstruktur auf.

[center]Bild
Zeichnung von der Reichsbank-Filiale Buer, abgedruckt in einer Veröffentlichung der Stadt Buer vor Fertigstellung des Gebäudes.
Ein kleines ´E´ in der linken unteren Ecke könnte die Signatur von Engelter sein
.[/center]

[center]Bild
Zeichnung vom Polizeiamt Buer, dem späteren Polizeipräsidium, unsigniert. Derartige Zeichnungen waren in der Mitte der 1920er Jahre nicht ungewöhnlich; ich möchte deshalb nicht in den Fehler verfallen, jede gute Zeichnung Engelter zuzuschreiben.[/center]
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Bild
Das sog. Goldberghaus in Buer, in einem Nachbargebäude wohnte zeitweilig die Familie Engelter [/center]


[center]Bild
Karte mit Motiv aus Alt-Buer, signiert, undatiert[/center]

[center]Bild
Von Siegfried Engelter geschaffener Familiengrabstein auf dem Hauptfriedhof Buer.
Ein Mann – man denkt an den Architekten – ist ein Schnitter auf dem Feld.
Da greift ihm der Tod mit Sense im Arm auf die Schulter. (Foto Heidemann)
Links seitlich gibt es noch eine Einzelstele für Margret Engelter 1914-1978, eine Tochter.
Das Grab wurde auch abgebildet in: "100 Jahre Hauptfriedhof Buer", Beiträge zur Stadtgeschichte XXI 1999, S. 105.

_______________________________________________
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Nachsatz:
Herr Dr. Heidemann würde sehr gern mehr über den Architekten Karl Engelter in Erfahrung bringen. Ganz besonders interessiert sich Herr Dr. Heidemann für die obige Zeichnung des Buerschen Rathauses. Sie wurde im Oktober 2007 bei eBay zum Kauf angeboten. Der Käufer ist nicht bekannt. Vielleicht gibt es aber auch eine Postkarte oder einen Druck davon, der eine größere Auflösung hat, um das Bild für eine Dokumentation über Karl Engelter, die Herr Dr. Heidemann aktuell in Arbeit hat, nutzen zu können.
Wer also etwas über das Bild weiß und helfen kann: Herr Dr. Heidemann würde sich sehr darüber freuen.

Lo

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Lupo Curtius
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Beitrag von Lupo Curtius »

Vielen Dank für diese Informationen. Daraus ist ein WIKI-Artikel zu Karl Engelter entstanden: http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... l_Engelter
8)

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Heinz O.
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Beitrag von Heinz O. »

[center]Anzeige von Karl Engelter in "10 Jahre Spar-und Bauverein Selbsthilfe E.M.B.G.H - Buer in Westfalen" erschienen 1930Bild
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