Wohnen im Gewerbegebiet
Bürgerforum zur die Ansiedlung von Haus Vogelsang
Markante historische Gebäude erhalten
Unternehmensleiter Steinmann (HVG), RAG Montan Immobiliengesellschaft, Vertreter der Stadt Gelsenkirchen und Politiker informierten die Bürger ausführlich über das Vorhaben auf dem alten Zechengelände an der Bergmannsglückstraße. Trotz der widrigen Wetterumstände kamen viele interessierte Bürger zu der Informationsveranstaltung in die Markuskirche um Neuigkeiten zu erfahren.
Wirklich Neues gab es eigentlich nicht, es war alles vorher schon bekannt gemacht worden. Doch die Anwohner der Bergmannsglückstraße, die sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen hatten, wurden scheinbar in Unkenntnis gelassen. Ihnen geht es vorrangig darum, ihre Häuser und ihr Wohnumfeld vor einer möglichen Firmenansiedlung zu schützen. Wie die Zeiten sich ändern, wer hätte jemals gedacht, dass die Menschen sich einmal gegen Arbeitsplätze in ihrer Stadt entscheiden würden.
Blickt man zurück in die Vergangenheit, stellt man fest, dass mit der Gründung der Zeche Bergmannsglück Anfang des 19. Jahrhunderts, die Menschen hierhergekommen sind um sich eine neue Zukunft aufzubauen. Die Bergwerksgesellschaft gab ihnen Wohnung, Arbeit und Brot. Rund um die Zeche entstand die Siedlung Bergmannsglück. Die Zeche bestimmte für lange Zeit das Leben der Menschen. In der Blütezeit arbeiteten auf dem Bergwerk bis zu 4800 Kumpel.
Mit dem Verbund der Zechen Bergmannsglück und Westerholt Anfang der 60er Jahre, wurde auf Bergmannsglück die Förderung eingestellt. Die beiden Schächte wurde 1976 stillgelegt und 1982 verfüllt. Viele Bergarbeiter wurden verlegt oder fanden keine Arbeit mehr. Das Zentrallager und das Labor wurden noch weiter betrieben. Mit dem Zechensterben wurden dann im Frühjahr 2008 auch diese Betriebe geschlossen. Mittlerweile ist es ruhig geworden in Bergmannsglück: leer stehende Gebäude, keine Arbeitsplätze, kein störender Autoverkehr, Stillstand!
"Erst stirbt die Zeche, dann stirbt die Stadt.", das war das Motto der Protestbewegung der Bergarbeiter Ende der 80er Jahre. Die Bürger in Gelsenkirchen sahen das genauso und solidarisierten sich damals mit den Forderungen der Kumpel im ganzen Revier. Allerorts gab es Aktionen und Proteste, um das Gespenst der Arbeitslosigkeit zu vertreiben.
Seit Beginn des Kulturhauptstadtjahres gibt es wieder Hoffnung in Bergmannsglück. Der Grünflächen- und Immobiliendienstleister, Haus Vogelsang GmbH, möchte sich auf dem Bergmannsglückgelände niederlassen und Arbeitsplätze schaffen. Doch die Anwohner sind scheinbar dagegen. Neue Arbeitsplätze bringen Belästigungen mit sich, Verkehrslärm und Lärm- und Geruchsemissionen könnten die Wohnqualität einschränken.
Sie hatten ein Transparent ausgerollt auf dem geschrieben stand, „Zukunft für Bergmannsglück“, doch was meinen sie damit? Was bedeutet „Zukunft“ für sie? Sie fürchten eine Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität. Sie dulden in ihrem Wohnumfeld keine Gewerbeansiedlung. Vielleicht hätten sie gerne einen Stadtpark vor der Haustür? Liebe Anwohner der Bergmannsglückstraße zurück zu den Wurzeln, besinnt euch und denkt noch einmal darüber nach. Die Industrie war zuerst da, dann kamen die Menschen. Dass in einem solchen Gebiet mit stärkeren Störungen zu rechnen ist, als im reinen Wohngebiet, war euch durchaus bewusst. Für das Wohnen gelten die gesetzlichen Immissionsrichtwerte, die das Nebeneinander von Gewerbe und Wohnen regeln.
Gleichwohl, wenn ich Anwohner der Bergmannsglückstraße wäre, würde ich vielleicht genauso handeln und versuchen das bestmögliche Ergebnis für mich herauszuholen. Dazu wird Anfang 2011 für die Bürger sicher noch ausreichend Gelegenheit sein, wenn der Weg für die gesetzlich vorgeschriebene Bürgeranhörung frei gemacht wird. Außerdem haben die Politiker versprochen, dass sie sich um die berechtigten Belange der Anwohner „kümmern“ wollen. Am Ende wird sich zeigen, ob die Politik ihre vollmundigen Versprechungen beim Wort nimmt.
Was den „Denkmalschutz“ der historischen Gebäude betrifft, möchte der Investor das komplette Gelände neu überplanen. Nach Aussage von Ewald Steinmann könne nur ein kleiner Teil der alten Gebäude erhalten werden. Zur Diskussion steht die Maschinenhalle, wo die HVG ggf. eine Nutzungsmöglichkeit sieht. Bei den Torhäusern fehle der finanzielle Rahmen, um das Bauwerk zu erhalten. Die Bausubstanz sei marode und durch nachträgliche Umbauten nicht mehr im ursprünglichen Zustand. Eine sinnvolle Nutzung sei nicht möglich, daher wäre ein Abriss unvermeidbar. An dieser Stelle würde eine neue Werkszufahrt entstehen. Die große T-förmige Werkhalle soll umgenutzt werden. Ein Teil davon soll den „Bergmannsglücker Vereinen“ für ein Begegnungszentrum zur Verfügung gestellt werden.
Heimatpfleger Dr. Heidemann sieht das anders. In seinem Vortrag über die Historie des ehemaligen Bergwerks und der alten Gebäudesubstanz sieht er durchaus das Potenzial für eine Nutzung des Areals durch eine Ansiedlung kleinerer Betriebe. Die vorhandenen Gebäude könnten im Ensemble erhalten werden. „Die Zeche ist bedeutsam für die Geschichte des Stadtteils und es besteht die Gefahr, dass eine geschichtsfreie Zone entsteht“, so Heidemann. Besonders die beiden Eingangstürme haben Eindruck hinterlassen. Die Torhäuser prägen das Erscheinungsbild des Bergmannsglück-Areals und dürfen nicht verschwinden. Er sieht die Stadt in der Pflicht, sich hier zu engagieren, selbst wenn die Stadt mit leeren Taschen dastehe. Dr. Heidemann spricht aus Erfahrung wenn er sagt, da sei immer was zu machen.
Verwaltung hat geschrieben:1912
Die Politik hat mitgeteilt, dass eine Verlagerung der Toreinfahrt für den Verkehr möglichst weit nach Norden anzustreben sei und der Verkehr nur in nördlicher Richtung abgeführt werden dürfe. Von den Bürgern wurde angeregt die vorhandene Toreinfahrt von E.ON zu nutzen um auf das Gelände zu gelangen. Ich bin der Meinung, dass man diesen Vorschlag genauestens prüfen sollte. Nicht allein, weil an dieser Stelle Kosten eingespart werden könnten, sondern weil der Standort der Torhäuser vielleicht gerettet werden könnte. Für eine kleine PKW-Einfahrt zur HVG-Verwaltung reicht die vorhandene Durchfahrt zwischen den Torhäusern alle mal aus. Und vielleicht sollte man auch noch einmal mit dem Verein für Orts- und Heimatkunde GE-Buer Kontakt aufnehmen, der bereits vor einem Jahr Interesse an der Nutzung der Torhäuser bekundet hatte.
Zum Schluss noch ein Aufruf an die Geschichtsinteressierten und Bergbauspezialisten in Gelsenkirchen und Umgebung. Es geht um den Erhalt der Maschinenhalle mit der Dampffördermaschine aus dem Jahre 1911, erbaut von der Eisenhütte Prinz Rudolph in Dülmen. Die dampfbetriebene Zwillings-Hochdruckfördermaschine mit einer Leistung von 4000 PS ist vor der endgültigen Vernichtung zu bewahren und für die Nachwelt zu erhalten. Dieses Relikt aus der Gründerzeit der Zeche könnte zum Motor des Strukturwandels werden, als Aufgabe für einen Förderverein, der diese Arbeit technisch und organisatorisch übernehmen könnte.
Ich wünsche allen Bergmannsglückern und der Forengemeinde ein gesegnetes Weihnachtsfest und hoffe, dass die Beteiligten im weiteren Verlauf vernünftig miteinander reden und umgehen werden. Zum Schluss möchte ich noch die Worte des Moderators zitieren:
„Wir wollen hier etwas gemeinsam für die Siedlung schaffen und die Bergmannsglücker sind nicht nur die Bergmannsglückstraße, die Uhlenbrockstraße und die Mühlenstraße sondern es gehören auch die Körnerstraße und die Lessingstraße dazu. Wir sind ein Stadtteil und es reicht schon, dass es Hassel-Nord und Hassel-Süd gibt.“
Glück auf
Heinz H.