Die jüdische Gemeinde von Horst

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Heinz Kolb
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Die jüdische Gemeinde von Horst

Beitrag von Heinz Kolb »

BildBis 1890 gab es keine Juden in Horst Emscher. Erst als die Bevölkerung infolge der Industrialisierung sprunghaft anwuchs, zogen einige jüdische Kaufleute zu und eröffneten Geschäfte, um die kaufschwache Arbeiterbevölkerung mit notwendigen Bedarfsartikel zu versorgen.

1910 gab es 47 Juden in Horst, die von dem Kaufmann Max Bechhof bei der zuständigen Synagogengemeinde in Dorsten (als 3. Vorsitzenden) vertreten werden. Durch den stark en Zuzug von meist mittellosen Juden aus Russisch- Polen( das im 1. Weltkrieg von deutschen Truppen besetzt war) kam zu der Schicht wohlsituierter Kaufleute un Angestellter eine fast ebenso starke Gruppe von Arbeitern und Bergleuten, durch die, die jüdische Gemeinde bis 1926 auf 92 Mitglieder anwuchs.

Schon 1920 bildete Horst eine eigene Untergemeinde der Hauptgemeinde Dorsten. Als Vorstand wurden gewählt der Kaufmann Louis Frank, Moritz Stein, Max Bechhof, als Stellvertreter Albert Simmenauer und Schuhmachermeister Fritz Steinitz.

1932 wurde die Hauptgemeinde aufgelöst und Horst eine selbständige Synagogengemeinde. Sie umfaßte jetzt 90 Mitglieder (darunter 25 Steuerzahler) und besaß einen Betsaal an der Franzstraße 5. (heute Industriestraße). Vorsteher waren jetzt Moritz Stein, Louis Frank, Albert Simmenauer und Stellvertreter.

Die Jüdische Wohlfahrtspflege leitete Hugo Goldschmidt, den Israelitischen Männerverein Albert Simmenauer und den Frauenverein Frau Amalie Löwenstein.

Durch die 1933 beginnende Verfolgung und vollends durch die Pogromnacht (09. November 1938) wurde auch die Synagogengemeinde Horst nach und nach völlig vernichtet.

Jüdische Gemeinde in Horst 1934 1938:

Anfangs 1933 gab es in Horst eine kleine Jüdische Gemeinde. Jüdische Mitbürger waren Inhaber von Geschäften besonders der Textil-, Schuh- und Möbelbranchen (Simmenauer, Bechhof, Schloß, Stein. Herzberg, Hirsch usw.) oder waren Angestellte in diesen Betrieben.

Nach der Machtergreifung bestand für sie zunächst keine Verpflichtung darauf hinzuweisen, das der Inhaber des Geschäftes Jüdisch ist, andere Geschäftsleute wiesen darauf hin, daß ihr Unternehmen ein deutsches Unternehmen ist. Der Begriff arisch wurde erst modern nach der Rassengesetzgebung. In vielen nicht Jüdischen Geschäften hingen Schilder: Kommst du als Deutscher hier herein, so soll dein Gruß Heil Hitler sein!
Vor den Jüdischen Geschäften standen aber schon bald SA Männer mit Schildern: Kauft nicht bei Juden!

Trotz dieser Wachen gingen viele Horster auch weiterhin in jüdische Geschäfte. Manchmal vielen Bemerkungen über den einen oder anderen SA Mann: Der? Der soll erst mal seine Schulden dort bezahlen.


Bild
Markenstraße 16 früher Schuhaus Herzberg

Quelle: Walter Podscjhwadek aus Wuppertal

Der Stürmer tat alles, um das Judentum zu differmieren, und zwar in einer äußerst abstoßenden tat und dermaßen primitiv das der erhoffte Erfolg ausblieb. Es wurde weiterhin in jüdischen Geschäften gekauft. Von einem Antisemitismus war wenig zu spüren.

In der Kristallnacht kochte die Volkswut über. Das Volk repräsentiert durch SA usw., zerstörte und plünderte die Geschäfte, soweit sie noch in jüdischen Besitz waren. Viele Horster waren empört. Aber was sollten sie tun? Wenn die Polizei keinen Anlaß zum Eingreifen sah oder erst gar nicht erschien?
Die Behandlung der Juden als Menschen zweiter Klasse steigerte sich immer mehr: Sie wurden sträflich Benachteiligt, in dem sie ohne Rücksicht auf ihren Familienstand wie ledige Behandelt wurden.

Stundungen von Steuern und Judenvermögensabgabe gab es für Juden nicht mehr. Sie wurden verpflichtet, als Vorname Isiak oder, Sarah anzugeben.
Sie mußten den Judenstern tragen. Das geschah Menschen, die als Soldaten - nicht selten Offiziere im Ersten Weltkrieg ihr Leben für Deutschland eingesetzt hatten.

In dieser Zeit tauchte der Begriff der Christlichen Juden auf. Man meinte damit die nicht Jüdischen Geschäftsleute, die für nen Appell und ein Ei jüdische Geschäfte übernommen hatten und die Geschäftsgebaren an den Tag legten, das man den Juden zuschrieb.

Viele die diese Zeit mitgemacht oder erlebt haben, müssen sich heute Fragen oder die Frage gefallen lassen, warum haben sie trotz solcher und anderen Geschehnisse dem Naziregime nicht den Widerstand geleistet haben, den wir heute von anderen Völker in ähnlicher Lage erwarten.

JÜDISCHE EINWOHNER IN HORST 1890 1945
Name Vorname Geb. Beruf Straße Gewohnt von/bis:
Abosch Moritz 1895 Arbeiter Zeppelinstr.3 1920
Abosch Oskar 1897 Bergmann Devenstr. 39 1919/1920
Ader Aron 1896 Arbeiter Zeppelinstr 3 1920
Balon Daniel Arbeiter 3 1919/20
Bechhof Max 1874 Kaufmann Markenstr. 19 1899 1931
Bechhof Theka geb. Mayerfeld 1875 Ehefrau.
Bechhof Lore Tochter
Berghausen Karl 1876 Malermeister Essener 79 1919 1931
Berghausen Isabella geb. Baer 1876 Ehefrau
Bieber Leo 1868 Kaufmann Essener 61 1899 1920
Bieber Betti 1898 Tochter
Bieber Alfred Um 1919
Bieber Artur Um 1919
Bohrer Isidor 1898 Zeppelinstr-3 Um 1920
Eisenberg Max 1895 Arbeiter Um 1920
Fink Nathan 1883 Bergmann Steinrottstr. 12 Um 1920
Fink Lina geb. Joseph 1887 Ehefrau
Frank Louis 1877 Kaufmann Essener Str. 33 1919 1932
Frank Franziska geb. Spier 1877 Ehefrau
Goldfischer Emil 1899 Schneider Hermanns. 28 Um 1920
Goldschmidt Hugo 1879 Kaufmann Essener 3 1919 1932
Goldschmidt Bertha geb. Kumberg 1879 Ehefrau
Gottlieb Ruben Bottroper 22 Um 1919
Grünewald Dr. phil. Studienassessor Um 1932
Günsberg Josef Kaufmann verheiratet Emscherstr. 69 1919/1920
Herzberg Hugo 1875 Kaufmann Markenstr. 10 1919- 1931
Herzberg Hedwig geb. Löwenstein 1879 Ehefrau
Hess Simon Arbeiter Zeppelin 3
Heymann Max 1885 Kaufmann Markenstr. 18 1919
Heymann Meta geb. Simmenauer 1891 Ehefrau 1919- 1931
Hirsch Oskar 1895 Kaufmann Essener 50 1919/1920
Hirsch Dora geb. Laub 1899 Ehefrau
Hirsch Oskar u. Liubisch Essener 50 1919
Hirsch Leo 1897 Bergmann Bottroper 12 1920
Jakowiew Iwan 1892 Bergmann Zeppelin 3 1920
Jülich Barthold Kaufmann Lebte später in Osterfeld 1899
Kaufmann Hermann Marken 20a 1919
Landmann Markus 1892 Friseur Alte Kolonie 49 1920
Langer Elias Burgstr. 20 1919
Langer Max 1895 Bergmann Zeppelin 3 1920
Langer Alois 1899 Arbeiter Zeppelin 3 1920
Laub Menasche Verheiratet Essener 46 1919
Leitner Abraham Bergmann Devens 39 1919
Lew Abraham Arbeiter Zeppelin 3 1919
Lewin Jakob 1896 Bergmann Zeppelin 3 1920
Longer Abraham Steinrott 22 1919
Löwenstein Julius 1864 Kaufmann Markenstr 28 1919- 1932

Bild
Markenstraße 19 Früher Textilhaus Bechhof


Quellen: Walter Podschwadek aus Wuppertal
Zuletzt geändert von Heinz Kolb am 14.06.2009, 16:20, insgesamt 1-mal geändert.

Klaus S.
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Berichtigung

Beitrag von Klaus S. »

Sorry, was hier stand, sollte eigentlich eine PN werden.
Zuletzt geändert von Klaus S. am 14.06.2009, 04:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Benzin-Depot »

siehe auch :
GELSENZENTRUM hat geschrieben:Jüdisches Leben in Gelsenkirchen-Horst
http://www.gelsenzentrum.de/juden_gelse ... _horst.htm
„Die Menschen", sagte der Fuchs, „die haben Gewehre und schießen. Das ist sehr lästig.“
(Antoine de Saint-Exupéry / aus "Der kleine Prinz")

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Re: DIE JÜDISCHE GEMEINDE VON HORST

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Heinz Kolb hat geschrieben: Markenstraße 19 Früher Textilhaus Bechhof
Quellen: Walter Podschwadek aus Wuppertal


Ich vermisse in deiner Aufstellung unter anderem die Familie Neudorf. Das Textilgeschäft auf der Markenstrasse 19 gehörte der Familie Neudorf, und nicht Bechhofs.

Simon Neudorf wurde als einer der ersten Gelsenkirchener Juden kurz nach dem deutschen Überfall auf Polen deportiert und 1941 im KZ Sachsenhausen ermordet. Frieda und Sohn Hermann wurden am 27. Januar 1942 deportiert, Frieda wurde im Hochwald von Riga ermordet, Sohn Herman überlebte die Mordfabriken der Nazis und wurde 1945 befreit. Herman ist mein Freund, er lebt heute zusammen mit einer wunderbaren Frau, die das Warschauer Ghetto überlebt hat, in den USA. Am 13.7. 2009 werden vor dem Haus Markenstrasse 19 die ersten Stolpersteine in Gelsenkirchen für Simon und Frieda Neudorf verlegt.

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Heinz Kolb
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Re: DIE JÜDISCHE GEMEINDE VON HORST

Beitrag von Heinz Kolb »

GELSENZENTRUM hat geschrieben:
Heinz Kolb hat geschrieben: Markenstraße 19 Früher Textilhaus Bechhof
Quellen: Walter Podschwadek aus Wuppertal


Ich vermisse in deiner Aufstellung unter anderem die Familie Neudorf. Das Textilgeschäft auf der Markenstrasse 19 gehörte der Familie Neudorf, und nicht Bechhofs.

Simon Neudorf wurde als einer der ersten Gelsenkirchener Juden kurz nach dem deutschen Überfall auf Polen deportiert und 1941 im KZ Sachsenhausen ermordet. Frieda und Sohn Hermann wurden am 27. Januar 1942 deportiert, Frieda wurde im Hochwald von Riga ermordet, Sohn Herman überlebte die Mordfabriken der Nazis und wurde 1945 befreit. Herman ist mein Freund, er lebt heute zusammen mit einer wunderbaren Frau, die das Warschauer Ghetto überlebt hat, in den USA. Am 13.7. 2009 werden vor dem Haus Markenstrasse 19 die ersten Stolpersteine in Gelsenkirchen für Simon und Frieda Neudorf verlegt.


Vielen Dank Andreas Jordan für die richtig Stellung im Fall Familie Neudorf Markenstraße 19. Ich bin für jede berichtigung und Hilfe in dieser Sache Dankbar.

Mit freundlichen Gruß
Heinz Kolb

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SCHULBESUCH JÜDISCHER KINDER

Beitrag von Heinz Kolb »

Da es in Horst keine Israelitische Volksschule gab, besuchten die jüdischen Kinder in der Regel die öffentliche Volksschule. Wer eine weiterführende Schule wünschte, ging auf ein Gymnasium. Für Mädchen bot sich zunächst das Mädchengymnasium Gladbeck, das z.B. 1920 Lore Bechhof und 1930 Edith Schettmar mit Erfolg besuchte. Das Realprogymnasium Horst hatte 1932 sechs jüdische Schüler. Ihren Religionsunterricht erhielten sie durch den jüdischen Studienassessor Dr. Grünewald, der auch die neun jüdischen Volksschüler in Religion unterwies.

Bild
Kino- Eingangsbereich.

Bild
Plakattafel über dem Eingangsbereich Markenstraße 26, Central – Lichtspielhaus Hecker und Kaufmann (Anna geb. Hecker verh., mit Israel Kaufmann vor 1933.

Bild
X Markenstraße 26 früher Central – Lichtspielhaus Inh. Kaufmann und Hecker. Frau Kaufmann lebte noch in Gelsenkirchen als dieses Foto 1983 entstand. Recht im Bild. Nr. 26 Früher Textilhaus A. Simmenauer.

CENTRAL- LICHTSPIELHAUS
Vermerke- Hinweise
Linke Eingangstür, Hinweis links.
Erwerbsloßenkarte werden Sonntag und Feiertage nicht ausgegeben.
Über dem Kassenschalter Lichttafel.
Preisliste:
Erwachsene mit Ausweiß 35 Pfennig
2. Platz 45 Pfennig
1. Platz 55 Pfennig
Sperrsitz 65 Pfennig
Balkon 80 Pfennig
Jugendliche unter 14 Jahre hatten keinen Zutritt.
Viele Angben hat mir Walter Podschwadek aus Wuppertal mit den Fotos zu Verfügunggestellt.
Heinz Kolb

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Heinz Kolb
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ANZAHL DER JUDEN IN HORST – EMSCHER

Beitrag von Heinz Kolb »

ANZAHL DER JUDEN IN HORST – EMSCHER
1890 = 0
1895 = 3
1897 = 9
1900 = 17
1905 = 27
1910 = 47
1913 = 53
1914 = 56
1926 = 92
1932 = 90
1942 = 0

BERUFSSTATISTIK
Kaufleute 16
Angestellte 6
Handwerker 5
Bergleute 20
Arbeiter 20
67
Quellen. Nach Archivakten von Dorsten und Gelsenkirchen/ Abt. Horst

Bild

Foto von 1982 Walter Podschwadek

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Horst

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Edit Gelsenzentrum:

@Heinz Kolb, Danke für deine Mail!

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Heinz Kolb
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Beitrag von Heinz Kolb »

Bild

Im Haus Essener Straße 50 (heute Hubertus Apothek) wohnte
Hirsch Oskar 1895 Kaufmann Essener 50 1919/1920
Hirsch Dora geb. Laub 1899 Ehefrau
Hirsch Oskar u. Liubisch Essener 50 1919

Bild
Laub Menasche Verheiratet wohnte 1919 im Hause Essener 46 ,

Gehe auf Link "Jüdisches Leben in Gelsenkirchen-Horst".

Quelle: Walter Podschwadek, 1982.

Veröffenlichung: Andreas Jordan, August 2008

http://www.gelsenzentrum.de/juden_gelse ... _horst.htm

Aus der Geschichte lernen heißt: Zukunft gestalten.[/

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Heinz Kolb
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Beitrag von Heinz Kolb »

Bild
Früher Herzberg Markenstraße/Industriestraße

Bild
Die Familie Neudorf besaß ein Bekleidungsgeschäft auf der Markenstrasse 19 in Horst.

Bild
Tönnies

Bild
Lebensmittel Eckert
Fotos Heinz Kolb
Aus der Geschichte lernen heißt: Zukunft gestalten.

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Spurensuche in Horst

Beitrag von GELSENZENTRUM »

WAZ Buer schreibt am 28. Oktober 2009
Von Alexander Becker

Drei Namen stehen bloß auf der Teilnehmerliste, die Stadtführer Ulrich Fehling ausgeteilt hat. „Das ist womöglich ein Thema, zu dem viele keinen Zugang haben", sagt Ursula Pysik, die bei der Wanderung durch Horst mitgeht. Es geht um die Geschichte der jüdischen Gemeinde im Stadtteil zur Nazi-Zeit, insbesondere aber um das Schicksal jüdischer Zwangsarbeiterinnen aus Ungarn, die auf Gelsenberg Kriegsschäden beseitigen mussten.

»Zwangsarbeiterinnen mussten den Schutt wegräumen«

„Die Frauen kamen alle aus einer ungarischen Kleinstadt", so Fehling. „Sie wurden nach Auschwitz deportiert und kamen dann ins Außenlager des KZ Buchenwald in Gelsenkirchen." Das Hydrierwerk Gelsenberg war als kriegswichtige Industrie oft und schwer bombardiert worden, „die Zwangsarbeiterinnen mussten den Schutt wegräumen. Allerdings hatten sie selbst keinen Zutritt zu den Bunkeranlagen."

Am 11. September kamen deshalb bei einem Angriff 150 von ihnen um. Die Gedenkstätte, an der die kleine Gruppe hält, befindet sich in etwa dort, wo die jüdische Gemeinde in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts ihre Toten beigesetzt hat, berichtet Ulrich Fehling.

Eine hebräische Inschrift erinnert an ihr Schicksal, und auf einer Tafel sind die Namen von 140 Frauen mit Geburtsdatum angegeben: "Wie man sieht, waren die meisten zwischen 20 und 30 Jahren alt." Bei dieser Serie von Angriffen im September sei das Werk dermaßen zerstört worden, dass es nicht mehr in Betrieb ging. "Die verbliebenen 1200 Zwangsarbeiterinnen sind in ein KZ in Thüringen geschickt worden."

»Weviele haben davon überlebt?«

Fragt ein Teilnehmer. Die Zahlen seien unklar, so Fehling. Wozu war das Hydrierwerk eigentlich gut, fragt ein anderer. "Um wirtschaftlich autark zu sein, stellte man Benzin aus Kohle her. deshalb haben die Alliierten das Werk auch so stark bombardiert."

Die Gruppe verläßt den Friedhof, läuft entlang der Aussenmauer der Rennbahn zu Gelsenberg, heute unter der Leitung der BP. Aufs Gelände komt die Gruppe nicht, doch der Stadtführer holt eine Karte heraus und zeigt auf, wo das Lager war, wo die Zwangsarbeiter in Baracken hausten. "Lange dachte man, es sei woanders", berichtet Fehling. Eine Historikerin habe aber mittels Luftaufnahmen den wahren Standort lokalisieren können.

Über die Johannastrasse spaziert die Gruppe weiter zum St. Josef-Hospital in Horst, wo ein weiteres Kapitel der Geschichte der Zwangsarbeiterinnen erzählt wird: Das von Dr. Rudolf Bertram. Nach knapp zweieinhalb Stunden und fünf Kilometern endete die Wanderung an der Markenstrasse, bei den "Stolpersteinen".

HINTERGRUND:

Vor Gestapo gerettet

Dr. Rudolf Bertram war zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft Arzt am Krankenhaus. Er rettete nach dem Bombardement 17 Jüdinnen vor der Gestapo und ließ sie in Gelsenkirchener Krankenhäusern behandeln.
Mit freundlicher Gehnehmigung von Georg Meinert, WAZ Buer


Demonstration & Kundgebung der Demokratischen Initiative

Am 9. November 2009 zum Gedenken an die Pogrome in der so genannten Reichskristallnacht

18.30 Uhr: Treffen auf dem Rudolf-Bertram-Platz vor dem Horster St. Josef-Hospital, Buerer Straße. Gesangsbeitrag von Frau Yael Izkovic, anschließend Schweigezug zum Schloss Horst

19.00 Uhr: Kundgebung in der Glashalle von Schloss Horst
Gedenkrede des Oberbürgermeisters der Stadt Gelsenkirchen, Herrn Frank Baranowski
Erstaufführung des Videoclips „hier Name“ der Gelsenkirchener Künstlerin Claudia Lüke
Auszüge aus dem Erinnerungsprojekt „Spurensucher“ der Gesamtschule Buer-Mitte

Wir rufen alle Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener auf:
Beziehen Sie mit Ihrer Teilnahme an der Demonstration und Kundgebung Stellung!


Veranstalter: Demokratische Initiative gegen Diskriminierung und Gewalt, für Menschenrechte und Demokratie - Gelsenkirchen

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Heinz Kolb
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Re: Die jüdische Gemeinde von Horst

Beitrag von Heinz Kolb »

Heinz Kolb hat geschrieben:BildBis 1890 gab es keine Juden in Horst Emscher. Erst als die Bevölkerung infolge der Industrialisierung sprunghaft anwuchs, zogen einige jüdische Kaufleute zu und eröffneten Geschäfte, um die kaufschwache Arbeiterbevölkerung mit notwendigen Bedarfsartikel zu versorgen.

1910 gab es 47 Juden in Horst, die von dem Kaufmann Max Bechhof bei der zuständigen Synagogengemeinde in Dorsten (als 3. Vorsitzenden) vertreten werden. Durch den stark en Zuzug von meist mittellosen Juden aus Russisch- Polen( das im 1. Weltkrieg von deutschen Truppen besetzt war) kam zu der Schicht wohlsituierter Kaufleute un Angestellter eine fast ebenso starke Gruppe von Arbeitern und Bergleuten, durch die, die jüdische Gemeinde bis 1926 auf 92 Mitglieder anwuchs.

Schon 1920 bildete Horst eine eigene Untergemeinde der Hauptgemeinde Dorsten. Als Vorstand wurden gewählt der Kaufmann Louis Frank, Moritz Stein, Max Bechhof, als Stellvertreter Albert Simmenauer und Schuhmachermeister Fritz Steinitz.

1932 wurde die Hauptgemeinde aufgelöst und Horst eine selbständige Synagogengemeinde. Sie umfaßte jetzt 90 Mitglieder (darunter 25 Steuerzahler) und besaß einen Betsaal an der Franzstraße 5. (heute Industriestraße). Vorsteher waren jetzt Moritz Stein, Louis Frank, Albert Simmenauer und Stellvertreter.

Die Jüdische Wohlfahrtspflege leitete Hugo Goldschmidt, den Israelitischen Männerverein Albert Simmenauer und den Frauenverein Frau Amalie Löwenstein.

Durch die 1933 beginnende Verfolgung und vollends durch die Pogromnacht (09. November 1938) wurde auch die Synagogengemeinde Horst nach und nach völlig vernichtet.

Jüdische Gemeinde in Horst 1934 1938:

Anfangs 1933 gab es in Horst eine kleine Jüdische Gemeinde. Jüdische Mitbürger waren Inhaber von Geschäften besonders der Textil-, Schuh- und Möbelbranchen (Simmenauer, Bechhof, Schloß, Stein. Herzberg, Hirsch usw.) oder waren Angestellte in diesen Betrieben.

Nach der Machtergreifung bestand für sie zunächst keine Verpflichtung darauf hinzuweisen, das der Inhaber des Geschäftes Jüdisch ist, andere Geschäftsleute wiesen darauf hin, daß ihr Unternehmen ein deutsches Unternehmen ist. Der Begriff arisch wurde erst modern nach der Rassengesetzgebung. In vielen nicht Jüdischen Geschäften hingen Schilder: Kommst du als Deutscher hier herein, so soll dein Gruß Heil Hitler sein!
Vor den Jüdischen Geschäften standen aber schon bald SA Männer mit Schildern: Kauft nicht bei Juden!

Trotz dieser Wachen gingen viele Horster auch weiterhin in jüdische Geschäfte. Manchmal vielen Bemerkungen über den einen oder anderen SA Mann: Der? Der soll erst mal seine Schulden dort bezahlen.


Bild
Markenstraße 16 früher Schuhaus Herzberg

Quelle: Walter Podscjhwadek aus Wuppertal

Der Stürmer tat alles, um das Judentum zu differmieren, und zwar in einer äußerst abstoßenden tat und dermaßen primitiv das der erhoffte Erfolg ausblieb. Es wurde weiterhin in jüdischen Geschäften gekauft. Von einem Antisemitismus war wenig zu spüren.

In der Kristallnacht kochte die Volkswut über. Das Volk repräsentiert durch SA usw., zerstörte und plünderte die Geschäfte, soweit sie noch in jüdischen Besitz waren. Viele Horster waren empört. Aber was sollten sie tun? Wenn die Polizei keinen Anlaß zum Eingreifen sah oder erst gar nicht erschien?
Die Behandlung der Juden als Menschen zweiter Klasse steigerte sich immer mehr: Sie wurden sträflich Benachteiligt, in dem sie ohne Rücksicht auf ihren Familienstand wie ledige Behandelt wurden.

Stundungen von Steuern und Judenvermögensabgabe gab es für Juden nicht mehr. Sie wurden verpflichtet, als Vorname Isiak oder, Sarah anzugeben.
Sie mußten den Judenstern tragen. Das geschah Menschen, die als Soldaten - nicht selten Offiziere im Ersten Weltkrieg ihr Leben für Deutschland eingesetzt hatten.

In dieser Zeit tauchte der Begriff der Christlichen Juden auf. Man meinte damit die nicht Jüdischen Geschäftsleute, die für nen Appell und ein Ei jüdische Geschäfte übernommen hatten und die Geschäftsgebaren an den Tag legten, das man den Juden zuschrieb.

Viele die diese Zeit mitgemacht oder erlebt haben, müssen sich heute Fragen oder die Frage gefallen lassen, warum haben sie trotz solcher und anderen Geschehnisse dem Naziregime nicht den Widerstand geleistet haben, den wir heute von anderen Völker in ähnlicher Lage erwarten.

JÜDISCHE EINWOHNER IN HORST 1890 1945
Name Vorname Geb. Beruf Straße Gewohnt von/bis:
Abosch Moritz 1895 Arbeiter Zeppelinstr.3 1920
Abosch Oskar 1897 Bergmann Devenstr. 39 1919/1920
Ader Aron 1896 Arbeiter Zeppelinstr 3 1920
Balon Daniel Arbeiter 3 1919/20
Bechhof Max 1874 Kaufmann Markenstr. 19 1899 1931
Bechhof Theka geb. Mayerfeld 1875 Ehefrau.
Bechhof Lore Tochter
Berghausen Karl 1876 Malermeister Essener 79 1919 1931
Berghausen Isabella geb. Baer 1876 Ehefrau
Bieber Leo 1868 Kaufmann Essener 61 1899 1920
Bieber Betti 1898 Tochter
Bieber Alfred Um 1919
Bieber Artur Um 1919
Bohrer Isidor 1898 Zeppelinstr-3 Um 1920
Eisenberg Max 1895 Arbeiter Um 1920
Fink Nathan 1883 Bergmann Steinrottstr. 12 Um 1920
Fink Lina geb. Joseph 1887 Ehefrau
Frank Louis 1877 Kaufmann Essener Str. 33 1919 1932
Frank Franziska geb. Spier 1877 Ehefrau
Goldfischer Emil 1899 Schneider Hermanns. 28 Um 1920
Goldschmidt Hugo 1879 Kaufmann Essener 3 1919 1932
Goldschmidt Bertha geb. Kumberg 1879 Ehefrau
Gottlieb Ruben Bottroper 22 Um 1919
Grünewald Dr. phil. Studienassessor Um 1932
Günsberg Josef Kaufmann verheiratet Emscherstr. 69 1919/1920
Herzberg Hugo 1875 Kaufmann Markenstr. 10 1919- 1931
Herzberg Hedwig geb. Löwenstein 1879 Ehefrau
Hess Simon Arbeiter Zeppelin 3
Heymann Max 1885 Kaufmann Markenstr. 18 1919
Heymann Meta geb. Simmenauer 1891 Ehefrau 1919- 1931
Hirsch Oskar 1895 Kaufmann Essener 50 1919/1920
Hirsch Dora geb. Laub 1899 Ehefrau
Hirsch Oskar u. Liubisch Essener 50 1919
Hirsch Leo 1897 Bergmann Bottroper 12 1920
Jakowiew Iwan 1892 Bergmann Zeppelin 3 1920
Jülich Barthold Kaufmann Lebte später in Osterfeld 1899
Kaufmann Hermann Marken 20a 1919
Landmann Markus 1892 Friseur Alte Kolonie 49 1920
Langer Elias Burgstr. 20 1919
Langer Max 1895 Bergmann Zeppelin 3 1920
Langer Alois 1899 Arbeiter Zeppelin 3 1920
Laub Menasche Verheiratet Essener 46 1919
Leitner Abraham Bergmann Devens 39 1919
Lew Abraham Arbeiter Zeppelin 3 1919
Lewin Jakob 1896 Bergmann Zeppelin 3 1920
Longer Abraham Steinrott 22 1919
Löwenstein Julius 1864 Kaufmann Markenstr 28 1919- 1932

Bild
Markenstraße 19 Früher Textilhaus Bechhof


Quellen: Walter Podschwadek aus Wuppertal


Die Franzstraße war ein Teil der Industriestraße zwischen Markenstraße und "Zum Bauverein". Der Bettsaal Franzstraße 5, lag auf dem Hinterhof des Hauses der (heute Industriestraße 100) während des Krieges war im ehemaligen Bettsaal der Jüdischen Gemeinde ein Lager in dem Polnische Zwangsarbeiter untergebracht waren. Die Zwangsarbeiten stellten in ihrer wenigen Freizeit Holzspielzeug her. Horster Familien tauschten ihnen das Spielzeug gegen ein Stück Brot oder Ihrgend etwas essbaren ein. Dies musste allerdings heimlich geschehen so das sie von den Wachposten nicht erwischt wurden.

Das Gebäude fiel nach dem Kriege einen Brand zum Opfer, unter dem Fundament soll man Stoffe gefunden haben, welche die Jüdischen Geschäftsleute kurz, bevor sie verhaftet oder Horst freiwillig Verlassen haben versteckt hatte.

Was ich hier Berichte erzählte mir vor wenigen Tagen ein alter Horster, welcher im Haus Industriestr. 100 gewohnt hat und als Kind kurz nach Kriegsende in dem Gebäude mit anderen Kindern gespielt hat. Leider gibt es von diesem Gebäude keine Aufnahme.
Aus der Geschichte lernen heißt: Zukunft gestalten.

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Klexx
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Beitrag von Klexx »

Heinz Kolb hat geschrieben:Bild
Früher Herzberg Markenstraße/Industriestraße

Bild
Die Familie Neudorf besaß ein Bekleidungsgeschäft auf der Markenstrasse 19 in Horst.

Bild
Tönnies

Bild
Lebensmittel Eckert
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wow....ich er"kenne" genau 3 Leute auf dem Bild... :shock:
"Mama,kennst du das Lied 'Atemlos durch die Nacht' von Helene Fischer?"
"Sohn,kennst du das Kinderheim unten an der Kreuzung?" :-)

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