Bergmannsgruß "Glückauf"

Die industrielle Vergangenheit Gelsenkirchens zwischen Kohle und Stahl. Alles was stank. ;-)

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Lukullus
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Bergmannsgruß "Glückauf"

Beitrag von Lukullus »

Ich meine, diesem herrlichen Gruß gebührt auch einmal ein Thema hier.
Zu meinem Verhältnis dazu: In meiner Kindheit in Bergmannsglück wurde er bei uns in der Schule und im Kindergarten nicht verwendet...da galt "Guten Morgen" und "Guten Tag".
Nahm mein Vater mich einmal mit in die Lastverteilung oder in sein Büro bei der Hibernia in der Bergmannsglückstraße, grüßte er mit aller Selbstverständlichkeit mit "Glückauf".
Irgendwann habe ich ihn mal gefragt, was das soll, und seine Antwort hat sich eingeprägt: wir bei der Hibernia wissen, daß da jetzt die Kollegen (den Begriff Kumpel benutzte er nicht) unter Tage sind und wir bringen damit zum Ausdruck, daß wir alle wünschen, daß sie heile wieder hochkommen".
Zeitsprung: In seiner Verwendung hier in München war er (und nahm mich mit) auf dem Barbarafest der Bayerischen Braunkohlen Industrie. Auch dort grüßte man ihn (und er entsprechend zurück) mit "Glückauf".
Auf der Rückfahrt nach München sagte er, sehr privat, daß er es schon komisch fand, hier den Tagebaubergleuten mit diesem Gruß zu begegnen. Er baute damals gerade sein Haus hier und ihm entfleuchte der Satz "dann kann ich ja auch den Baggerfahrer an meiner Baugrube mit "Glückauf" grüßen".
Versteht mich bitte richtig, auch ich weiß, daß sich Bergbau nicht über die Abbauform sondern über die abzubauenden Bodenschätze definiert.
Mich interessiert vielmehr: wer benutzt diesen Gruß noch und was verbindet er damit?
Als ich zu 100 Jahre Bergmannsglück im September letzten Jahres in Buer war, habe ich anfangs sehr zaghaft mit "Glückauf" gegrüßt....nicht, um mir irgendwie etwas anzumaßen, sondern um zu zeigen, daß ich mich mit der Siedlung und ihren Bewohnern identifiziere. Ich habe damit gerechnet, niedergebürstet zu werden, aber stattdessen kam nur immer ein herzliches "Glückauf" zurück.
Ich fand das toll....bleibt dabei! Trotzdem die Frage: was verbindet Ihr damit?
Mit einem herzlichen Glückauf, Grüß Gott und Servus aus München
Luk
Zuletzt geändert von Lukullus am 28.04.2011, 18:43, insgesamt 2-mal geändert.
und wenn alle einmal nur Gutes über mich reden, dann weiß ich, daß ich tot bin

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Ego-Uecke
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Beitrag von Ego-Uecke »

... und die Kurzform früh am Morgen, mit noch fast oder schon geschlossenen, müden Augen: "-auf!"

KarlS12
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Beitrag von KarlS12 »

Wir benutzten diesen Gruß bei uns im Dartverein.
Hatten uns mal irgendwie darauf geeinigt wegen Geschichte und Herkunft und Ehrerbietung dem Bergbau gegenüber.
Manche finden es zwar etwas Seltsam, aber Grüß Gott z.B. finde ich auch etwas Seltsam.

Lukullus
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Beitrag von Lukullus »

@Karl
Daß Du "Grüß Gott" seltsam findest, kann ich nachvollziehen. Mir ging er auch jahrelang sehr schwer über die Lippen (zur Info: ich kam als dreizehnjähriger von Bergmannsglück nach München, ein ohnehin schon sehr schwieriges Alter, wenn es um einen derart extremen Wechsel der Umgebung geht).
Hier wird er sehr selbstverständlich genutzt, drückt aber irgendwo in seiner Selbstverständlichkeit eine doch sehr tief verwurzelte Volksfrömmigkeit aus.
Mir ist er nicht unsympathisch, kommt aber in meinen Augen in seinem persönlichen Bezug an das "Glückauf" nicht heran.
und wenn alle einmal nur Gutes über mich reden, dann weiß ich, daß ich tot bin

KarlS12
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Beitrag von KarlS12 »

@Lukullus
Mit seltsam meine ich es nicht negativ oder unsympatisch. Aber fast jede Region hat irgendwie einen "Typischen" oder eigenen Gruß, der irgendwie mit der Region verbunden ist. Ähnlich wie bei den Dialekten und einigen Begriffen die Regional Unterschiedlich sind.

Lukullus
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Beitrag von Lukullus »

@Karl
das fasziniert mich ja so am "Glückauf"....seine regionale Unabhängigkeit.
Ein "Moin, moin", ein "Grüß Gott" hat seinen regionalen Platz. Ein "Glückauf" ist davon weitgehend unabhängig, was die Bergleute angeht. Ich kenne eben nur das Ruhrrevier, wo dieser Gruß auch außerhalb dieser Berufsgruppe so allgemein genutzt wurde. Und darum geht es mir hier.
Ich kann es auch anders formulieren: ich finde es schön, daß dieser wunderschöne Gruß seinen Platz eben auch außerhalb der ursprünglichen Berufsgruppe einen regieonalen Platz gefunden hat...
und wenn alle einmal nur Gutes über mich reden, dann weiß ich, daß ich tot bin

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hoppi
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Beitrag von hoppi »

Ein schöner Gruß ist es, ohne Zweifel, und auch ich finde es schön, dass dieser traditionelle Bergmannsgruß heute noch im Ruhrgebiet (woanders weiß ich es nicht) öffentlich verwendet wird. Zwar hat er heute vielfach (außer bei den verbliebenen Bergleuten) nicht mehr viel mit dem ursprunglich berufsspezifischem Gruß zu tun, sondern drückt eher eine regionale Verbundenheit zur Bergmannstradition aus, aber gerade das macht ihn heute quasi als "Industriekulturgruß" um so wichtiger.

Allerdings sollte er m.E. nicht übertrieben eingesetzt werden, das wirkt dann aufgesetzt und anbiederisch. Wenn z.B. (wie erlebt) ein eingeladener Politiker aus einer alles andere als Bergbauregion die Besucher einer Kulturpreisverleihung (ca. 90% Akademiker und bürgerliche Mittelschicht) am Ende seiner Rede mit "einem herzlichen Glückauf" entlässt, dann wirkt das auf mich künstlich.

Ebenso künstlich wie die Begrüssung auf dem Firmengeländer der (ehemaligen) RAG Informatik in Gelsenkirchen, wo Kollegen und Gäste von jedem vorbeigehenden mit einem lieblos genuschelten "auf" begrüßt wurden, nur weil dieser hochmoderne Betrieb irgendwann mal zum RAG-Konzern gehört hat.

Da sehe ich dann die Grenzen des Traditionalismus. Das "Steigerlied" auf Schalke mag ja noch angehen (auch wenn die "Knappen" heute nun wahrlich weit entfernt von der harten Maloche des Bergmannsalltags sind), aber das schöne "Glückauf" sollte nicht zum Allerweltsgruß verkommen.

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Prömmel
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Beitrag von Prömmel »

Ein sehr informativer Artikel steht im Wikipedia :

http://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%BCckauf

Interessant, dass "Glückauf" auch der Gruß des Technischen Hilfswerks ist.

Prömmel
(der selbst mal auf Nordstern gearbeitet hat.)

Das war damals zwar nur für ein paar Wochen und auch nur über Tage, ich fühle mich aber auch heute noch immer dem Bergbau verbunden (auch durch etliche Freunde und gute Bekannte, die lange im Bergbau tätig waren). Ich hab auch noch immer mein Bergmannsbuch und halte es in Ehren. Ne Knappschaftsrente werd ich aber leider nicht bekommen. :)

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nusskohlenhauer
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Re: Bergmannsgruß "Glückauf"

Beitrag von nusskohlenhauer »

Lukullus hat geschrieben: Als ich zu 100 Jahre Bergmannsglück im September letzten Jahres in Buer war, habe ich anfangs sehr zaghaft mit "Glückauf" gegrüßt....nicht, um mir irgendwie etwas anzumaßen, sondern um zu zeigen, daß ich mich mit der Siedlung und ihren Bewohnern identifiziere. Ich habe damit gerechnet, niedergebürstet zu werden, aber stattdessen kam nur immer ein herzliches "Glückauf" zurück.

Griaß Gott nach München,


ich denke, das war eigentlich auch so nicht zu erwarten, denn früher grüßte man sich mit "Glück auf" nicht nur unter Tage. Erzählungen älterer Leute zufolge war es in den Kolonien durchaus üblich, sich so begrüßen, denn die meisten Männer, die zusammen in den Kamradschaften und Revieren ihre Arbeit machten, wohnten in vielen Fällen auch in der Siedlung nachbarschaftlich zusammen, warum also Unterschiede in der Begrüßung machen?

Ich war 1990 im Erzgebirge unterwegs und habe in der Nähe der tchechischen Grenze übernachtet. In ehemaligen Bergbaustädten wie Pöhla oder Johanngeorgenstadt grüßen die Einwohner dort auch noch mit Glück auf, ob wohl der Uranerzbergbau in letztgenannter Stadt bereits 1958 eingestellt wurde.

Laut Wikipedia stammt der Gruß aus dem Harz und dem Erzgebirge, von wo aus die dortigen Fachleute den Gruß im deutschsprachigen Raum verbreiteten. Man muss wissen, daß diese Fachleute konsultiert wurden, wenn in anderen Regionen Bodenschätze aller Art aufgefunden und nachfolgend ausgebeutet wurden. Auch im Schwazer Bergbaurevier in Tirol war der Gruß geläufig.

Die Bedeutung bezieht sich auf die Einkürzung der längeren Grußformel "Ich wünsche Dir Glück, tu einen neuen Gang auf" , wobei mit "Gang" vereinfacht eine Erzader gemeint war.

http://de.wikipedia.org/wiki/Gl%C3%BCckauf

Als ehemaliger Bergmann grüße ich, so oft es geht, mit Glück auf, dann aber sehr gezielt. Es ist eben zu meinem Leidwesen kein Gruß mehr, der jedemal an jeden zu jeder Tageszeit gesagt wird. Dafür ist er einfach zu spezifisch.


Glück auf aus Herten!

Heinz

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iwi
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Glückauf

Beitrag von iwi »

Ansichtskarte aus dem Revier, gelaufen 1965
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iwi
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