Geschichte(n) aus dem Emscherbruch - die Eichkamp Siedlung

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Schacht 9
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Zeche Graf Bismarck, Zwangsarbeiter

Beitrag von Schacht 9 »

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Babapapa
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@ schacht9:

Beitrag von Babapapa »

vielen dank für die interessanten texte!

dumme frage: gibt es eigentlich unterschiede zu den lagern der zwangsarbeitern in den zechen zu dem KZ-aussenlager auf gelsenberg?

meine oma erzählte von zwangsarbeitern auf der zeche scholven. an unbeobachteten stellen vom zaun legten mitfühlende deutsche nahrungsmittel hin, die am tage darauf mit handgeschnitztem spielzeug "zurückgezahlt" wurden.

Schacht 9
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KZ-Außenlager Horst

Beitrag von Schacht 9 »

Das Lager in Horst war ein Außenlager des KZ-Buchenwald. Hier waren
vorwiegend ungarische Jüdinnen zur Zwangsarbeit untergebracht.

Schacht 9
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Zeche Graf Bismarck, die Nachkriegszeit

Beitrag von Schacht 9 »

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Schacht 9
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Lagerleben im Eichkamp

Beitrag von Schacht 9 »

Zeche Graf Bismarck, Lager im Eichkamp Lagerleben ohne Koller
Neben der täglichen Nahrungsbeschaffung stand die Sorge um Wohnraum im Mittelpunkt des Alltagslebens der Menschen dieser Zeit. Dachböden, verlassene Bunker, Ställe wurden zu Behelfswohnungen umfunktioniert. Selbst die verlassenen Gefangenen- und Zwangsarbeiterlager der Nazizeit wurden jetzt zu begehrten Wohnobjekten, zumindest für eine Übergangszeit.
So kam es, daß sich auch die trostlosen Baracken des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers im Eichkamp schon bald wieder mit Menschen füllten. Hauptsächlich Ost-Flüchtlinge, von der Zeche Graf Bismarck für Schacht 7/8 als Neubergleute angeworben, fanden hier mit ihren Familien eine erste Bleibe.
Das Leben in einem ausgedienten Zwangsarbeiterlager war sicher alles andere als komfortabel. Trotzdem denken einige der damaligen Bewohner fast mit Wehmut an diese Zeit zurück. Die Menschen dort entwickelten ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl, sie litten alle die gleiche Not, hatten ähnliche Ziele, lebten wie in einer großen Familie. Ganz anders also als heute, in unserer von Luxus und Wohlstand, aber eben auch von Einsamkeit, Distanz und Anonymität geprägten, modernen Lebensweise.
Hermann D.warnach dem Krieg im Eichkamplager einquartiert. Er beschreibt seine Eindrücke:
„Ich bin mit meiner Frau 1947 ins Lager gezogen. 1944 hatte ich, noch als Soldat, geheiratet. Wenn man an der Front war, brauchte man ja erst mal keine Wohnung. Als der Krieg zu Ende war, haben wir erst eine Zeit lang bei den Schwiegereltern gewohnt.
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Zeche Graf Bismarck
Aber die jungen Leute müssen für sich sein. Und als sich dieGele-genheit bot, im Eichkamplager eine Wohnungzu bekommen, haben wir sofort zugegriffen.
Als wir einzogen, waren die Wohnungen in dem Lager eigentlich noch gar nicht fertig. Die Baracken waren ja eigentlich für Zwangsarbeiter gedacht und nicht für Familien. Es gab nur große Säle, die erst einmal in Wohnungen unterteilt wurden. In unserer Wohnung wurde noch feste gemauert, als wir einzogen. Und das Verputzen der Wände haben wir später selbst gemacht.
Das Lager bestand aus vielleicht 20 Baracken, die in jeweils vier etwa 40 Quadratmeter große Wohnungen mit drei Zimmern unterteilt wurden. Immer zwei Familien teilten sich eine Waschküche und ein Klo. Der Strom war umsonst, wir waren an das Netz von 7/8 angeschlossen. Erst später legten die Stadtwerke eine Stromleitung. Dann mußten wir natürlich bezahlen. Geheizt haben wir mit Kanonenöfen. Und im Winter tropfte einem das Kon-denswasser von den eisernen Deckenträgern auf den Kopf. Aber wir waren alle zufrieden. Vor allem, weil die Wohnungen ja sehr billig waren. Wir bezahlten 3 Mark Miete im Monat. Außerdem war die Kohlenhalde von 7/8 nicht weit. Es hat uns also nie an Brennstoff gefehlt! Und die Kohle, die wir uns leicht nebenbei organisieren konnten, konnten wir auch gut tauschen oder verkaufen, wenn man mal nicht auskam oder irgendwas Besonderes beschaffen mußte.
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Zeche Graf Bismarck
Jeder hatte einen Garten. Da baute man Gemüse und Obst an. Viele hatten auch Tabak im Garten. Der wurde aber nicht gerade fachmännisch verarbeitet. Wenn es schnell gehen mußte, kamen die frisch gepflückten Blätter zum Trocknen in den Backofen, wurden dann einfach zerschnitten oder gerieben und .sofort gepafft. In der Pfeife, oder man drehte Zigaretten aus Zeitungspapier. Mit diesem Kraut konnte man die Fliegen von der Wand ho-Ein paar andere und ich haben damals im Lager einen Taubenverein gegründet. Einige von den Leuten sind heute noch dabei. Auf in den Eichkamp' hatten wir den Verein getauft. Wir trafen uns sommertags meist im Freien und im Winter und bei schlechtem Welter in einer Gaststätte in Resse. Der Verein existiert heute noch, obwohl wir nur noch zu viert sind. Als 'Bismarck' zugemacht hat, sind die anderen alle weggezogen. Für die Kinder war der Schulweg natürlich sehr weit. Es gab damals die evangelische und die katholische Volksschule in Resse. Zu Fuß waren die Kinder da lange unterwegs. Aber der Besitzer einer der beiden Läden, die es damals im Eichkamplager gab, hat die Kinder oft gefahren, mit seinem Dreirad-Laster.
Ich habe bis 53 mit meiner Familie im Lager gewohnt. Danach habe ich eine neue Wohnung in der Resser Mark bekommen. Meine älteste Tochter war an einer Hirnhautentzündung erkrankt. Wegen der Feuchtigkeit, hat es geheißen. Es war sicher besser, dort auszuziehen. Aber es tat einem auch ein bißchen leid. Die Leute haben zusammengehalten. Jeder hat jedem geholfen. Alle hatten gleich wenig, und jeder war auf jeden angewiesen."
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Schacht 9
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Zeche Graf Bismarck, Nissenhütten

Beitrag von Schacht 9 »

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Siedlung Eichkamp

Beitrag von Schacht 9 »

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Eichkampsiedlung

Beitrag von Schacht 9 »

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Die Eichkampsiedlung
Der Frühschoppen im Försterhaus ist Walter J. gut in Erinnerung geblieben:
„Sonntags ging man oft vor allem zum Frühschoppen zumalten Försterhaus. Wir nannten es die 'Rattenburg'. Weil es da keine Kanalisation gab, floß das Dreckwasser durch einen offenen Graben ab. Das hat natürlich die Ratten angelockt! In der 'Rattenburg' wohnte der 'Ziegenjupp'. Warum der so hieß, weiß kein Mensch. Wahrscheinlich hat er mal Ziegen gehabt. Ziegenjupp hat eigentüch auch auf 7/8 gearbeitet, aber nach Feierabend und sonntags war er der Wirt. Er hat hinter dem Haus Holzbänke und Tische aufgestellt und Bier verkauft. Für die Kinder gab es Limonade. In einem großen Topf hat der Ziegenjupp Würstchen heiß gemacht. Das Wasser dazu holte er aus einem Brunnen. Das war wohl nicht gerade hygienisch, aber damals hat sowas noch niemanden gestört.
Irgendwann haben sie den Ziegenjupp auf der Zeche entlassen, und er ist weggezogen, da war es auch vorbei mit dem Frühschoppen im Försterhaus.
Später ist dann das schmucke Vereinshaus des Schrebergartenvereins entstanden. Seitdem treffen sich die durstigen Eichkäm-per dort."

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Heinz O.
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Beitrag von Heinz O. »

Im Eichkamp 1954Bild
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Gegen Hass, Hetze und AfD
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Milchbauer

Beitrag von Schacht 9 »

Bis etwa 1955 kam der Milchbauer mit Pferd und Wagen in den Eichkamp um die Kundschaft zu beliefern.
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Beitrag von Heinz O. »

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das zur Zeit bunteste im Eichkamp.
Gegen Hass, Hetze und AfD
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Eichkampsiedlung

Beitrag von Schacht 9 »

Die Zentraldeponie und die Eichkampsiedlung im Jahre 1987.
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Babapapa
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Beitrag von Babapapa »

kürzlich hörte ich des nachts bei einer radfahrt durch den emscherbruch einen rehbock in der brunftzeit mit seinen fast bellenden klängen und den raschen bewegungen in der dunkelheit beim nachstellen der ricken. wegen dieses unheimlichen erlebnisses und dem herrn schmitz heute zum 50. anbei ein kleines video:


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LEG-Mieter sorgen sich um ihre Siedlung

Beitrag von Emscherbruch »

WAZ am 03.10.2009 hat geschrieben: LEG-Mieter sorgen sich um ihre Siedlung

[...] In der Resser Mark bangen Mieter der LEG um ihre Siedlung Im Eichkamp. Das vom Land privatisierte Wohnungsunternehmen vermiete zurzeit keine der zahlreichen leer stehenden Wohnungen, berichten Betroffene. Die LEG erklärte, ihre Überlegungen bezüglich des Standorts "vertiefen" zu wollen.[...]

http://www.derwesten.de/staedte/gelsenk ... 67548.html
Da gab es doch diesen Flächennutzungsplan der Stadt Gelsenkirchen in den 1970ern, der den Abriss der ganzen Eichkamp Siedlung vorsah. :roll:
Stell dir vor, es geht und keiner kriegt's hin.

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Beitrag von Emscherbruch »

[...] Ja, die Politiker der Stadt Gelsenkirchen waren sogar bereit, die gesamte Siedlung aus der Bebauung verschwinden zu lassen, wie sich aus dem Flächennutzungsplan der Stadt ergab, der den Menschen erst bekannt wurde, als die Ev. Kirchengemeinde in der zweiten Hälfte der 70er Jahre begann ein Gemeindezentrum im Eichkamp zu planen. Groß war die Bestürzung der Menschen, als sie erfuhren, daß ihr Eichkamp gänzlich verschwinden sollte.

Unter maßgeblicher Beteiligung von Pastor Kurt Behmenburg, Anwohner an der Wiedehopfstraße, und dem Votum der Kirchengemeinde Resser Mark wurde dieser Beschluss dann wieder aufgehoben und die Planungen für das Gemeindezentrum konnten beginnen. [...]

Aus: Die Kleine der Gemeinden - 40 Jahre Johanneskirche Resser Mark 1996, darin Wolf-Rainer Borkowski: "Geschichten und Erinnerungen aus dem Eichkamp", Seite 42
Stell dir vor, es geht und keiner kriegt's hin.

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