Kultur ist, wie der ganze Mensch lebt...

Alles über die Kulturpolitik und Förderung der Kultur in Gelsenkirchen - Schmähkritik und Lobeshymnen

Moderatoren: Verwaltung, Redaktion-GG

Benutzeravatar
rabe489
† 22.11.2011
Beiträge: 6706
Registriert: 21.01.2007, 10:42
Kontaktdaten:

Beitrag von rabe489 »

Die Künstler machen das Klima einer Stadt aus......
Das ist natürlich wieder einmal Quatsch. Wenn ich mit der Linie 301 nach Buer fahre, bestimmt das Klima die Jugend, die sich z. T. verweigert. Die Menschen machen das Klima der Stadt und nicht die Privilegierten oder die Hobbybastler, die sich Künstler nennen. Unter den "Künstlern" ist viel zu wenig Aufbegehren, viel zu viel Angepasstheit, als das sie in Gelsenkirchen relevant wären. Ich frage ernsthaft: welcher Gelsenkirchener Künstler trägt in sich den Aufstand gegen den status quo? Welcher Gelsenkirchener Künstler hat Mut genug "Nein" zu sagen und öffentlich zu intervenieren. Wenn "die Künstler das Klima einer Stadt ausmachen sollten", dann leben wir auf einem Friedhof abgelegter Gefühle. Da ist doch niemand, der Feuer an die Verhältnisse legen kann und will. Ausnahmen bestimmen die Regel. Ja, sicher, es gibt einige Künstler in denen brodelt es und es wäre gut, wenn sie sich auch einmal hier sehen lassen würden.

Warum sage ich das so hart? Weil diese Stadt Engagement braucht und zwar ein Engagement, das Gelsenkirchen 2010 wirklich zu einem Ereignis macht.

Heinz
Abgemeldet

Beitrag von Heinz »

rabe489 hat geschrieben: Ich frage ernsthaft: welcher Gelsenkirchener Künstler trägt in sich den Aufstand gegen den status quo? Welcher Gelsenkirchener Künstler hat Mut genug "Nein" zu sagen und öffentlich zu intervenieren.
Nenn einfach Namen. Welche Gelsenkirchener Künstler fallen unter "Hobbykünstler" welche unter "Künstler". Die Künstler werden dann von den Gelsenkirchener Geschichten befragt. 8)

Gerade Künstler sind doch am Endpunkt ihres Strebens angelangt. Die Erlebnissgesellschaft, die individualistische Ausgestaltung des eigenen Lebensstils - die "Freiheit" von Konventionen, alles erreicht. Heute ist der Künstler sein eigener Eventmanager, der beim malen schon auf die Verwertung seines Produktes schielt.
Erlebe dein Leben - Konsumier dein Leben - ach nee - das noch nicht.

Diese Künstler werden sicherlich eher von sozialen Krisen überrannt werden, als dass sie gestalterisch oder prägend eingreifen. Und hier in Gelsenkirchen scheint, dass wir nicht nur überrannt sondern auch schon vergessen worden sind. :roll:

Benutzeravatar
rabe489
† 22.11.2011
Beiträge: 6706
Registriert: 21.01.2007, 10:42
Kontaktdaten:

Beitrag von rabe489 »

Diese Künstler werden sicherlich eher von sozialen Krisen überrannt werden, als dass sie gestalterisch oder prägend eingreifen. Und hier in Gelsenkirchen scheint, dass wir nicht nur überrannt sondern auch schon vergessen worden sind
Ich bin mir garnicht mehr so sicher, dass man das alles an der Person "Künstler" festmachen sollte. Schauen wir doch lieber nach der Kunst in Gelsenkirchen. "Künstler" kommt vom Begriff der "Kunst". Hier läßt sich besser Kritik (Kunstkritik) üben, als am Verhalten einer Person. Ähnlich verhält es sich mit den Begriffen "Kulturpolitiker" und "Kultur". Die Kritik an der Sache festmachen ist vielleicht eine elegantere Art, Probleme zu benennen. Wenn man nach der Kultur und Kunst in Gelsenkirchen schaut, wird immer auf die vielfältigen Aktivitäten des Kulturlebens hingewiesen. Aber Aktivität ist noch kein Ausweis für ein spezifisches Niveau. 8)

Bernd Matzkowski
Beiträge: 634
Registriert: 29.05.2007, 14:44

fragen und antworten

Beitrag von Bernd Matzkowski »

rabe489 hat geschrieben:Ich frage ernsthaft: welcher Gelsenkirchener Künstler trägt in sich den Aufstand gegen den status quo? Welcher Gelsenkirchener Künstler hat Mut genug "Nein" zu sagen und öffentlich zu intervenieren. Wenn "die Künstler das Klima einer Stadt ausmachen sollten", dann leben wir auf einem Friedhof abgelegter Gefühle. Da ist doch niemand, der Feuer an die Verhältnisse legen kann und will. Ausnahmen bestimmen die Regel.
lieber rabe; es wäre hilfreich, wenn du die verwendeten begriffe (aufstand gegen den status quo, nein sagen, intervenieren, Feuer an die verhältnisse legen) etwas erläutern würdest: was meint das denn konkret? meinst du das als geistige strömung, sozusagen als gelsenkirchener sturm und drang, als thema der kunst, oder beides?

wogegen soll ein aufstand gemacht werden, wozu soll nein gesagt werden, an welche verhältnisse soll feuer gelegt werden? das klingt erst mal alles sehr revolutionär (gut!) , ist aber doch auch sehr vage. ich erwartte jetzt kein grundsatzprogramm, aber doch den einen oder anderen hinweis, in dessen richtung es sich nachzudenken lohnte. beste grüße bernd

Benutzeravatar
rabe489
† 22.11.2011
Beiträge: 6706
Registriert: 21.01.2007, 10:42
Kontaktdaten:

Beitrag von rabe489 »

Bernd Matzkowski fragt:
was meint das denn konkret?meinst du das als geistige strömung, sozusagen als gelsenkirchener sturm und drang, als thema der kunst, oder beides?
Genau.

Eine geistige Strömung und Gelsenkirchener Sturm und Drang. Praktisch: Wir sollten die Verwüstung der Stadt durch Stadtplanung und Baumaßnahmen (z.B. Heinrich-König-Platz) nicht einfach hinnehmen. Wir sollten die Teilnahmslosigkeit der hiesigen Museumsführung anläßlich des Münsteraner Angebots der Stiftung einer Beuys-Sammlung für's Museum nicht auf sich beruhen lassen. Usw. Natürlich habe ich auch ganz persönliche Vorstellungen einer "Sturm und Drang-Bewegung". Die lass ich erstmal außen vor, weil die Nennung einen Nebenschauplatz des Kampfes (!?) eröffnen würde.

Die "Kulturoffensive", die ich hier schon mal nannte und die sicher damit verknüpft ist, "unters Volk zu gehen", hängt mit obigen Gedanken zusammen.

Was auch dazu gehört: Wir haben einen hervorragenden Friedensnobelpreisträger, Al Gore. Seine Publikationen liefern Stoff zur Klimakatastrophe. Das muß auch Thema der "Gelsenkirchener-Geschichten" werden und ich wünschte mir zum Geburtstag der GG, dass sie sich überregionalen Themen und Ereignissen vorsichtig öffnen. Sozusagen mit der Devise "Gelsenkirchen denkt mit".


Einen schönen Gruß

Heinz
Abgemeldet

Beitrag von Heinz »

Ich kann gut mit dem Paradoxon "sich selber am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen" leben.

Aber Meister rabe489 auch, wenn er beklagt dass es keine Künstler gäbe, die etwas ändern wollten und andererseits diese dann auffordert mal was zu tun. 8)

Gestern auf einer Geburtstagsparty: Gespräch über die Mentalität der Ruhris, speziell der Gelsenkirchener. Fazit, die sind nett, gemütlich, stoisch, lassen sehr, sehr viel mit sich machen, bevor sie sich auflehnen.

Gleicher Ort anderes Thema: warum sich in kommunale Gestaltungsprozesse einmischen... oder nicht. "Nö, nicht schon wieder - habe lange genug gegen andere kandidiert, irgendwann ist auch mal genug. Sollen andere mal machen.

Bernd Matzkowski
Beiträge: 634
Registriert: 29.05.2007, 14:44

sturm und drang

Beitrag von Bernd Matzkowski »

ich kann viel sympathie für rabes überlegungen entwickeln. allein: zwei einwände, eher fragen. nehmen wir den (historischen)sturm und drang als strömung, zeigt sich , dass die damalige (kleine)schar im verneinen groß war(zb im verneinen des kalten rationalismus der aufklärung.im verneinen der sich am horizont abzeichnenden seelenlosigkeit des maschinenzeitalters, des sich entwickelnden kapitalismus bzw. seiner vorformen). im positiven waren die antworten diffus, formelhaft(genie, natur) und verendeten im biedermeierlichen. zugleich die(uralte) problematik: kann man eine solche bewegung herbeireden, herbeischreiben. kann man also den von heinz in den geschilderten partygesprächen eingefroreren geist(resignation, mangelnde bereitschaft zur tat) prometheisch entfesseln- und wenn ja: in welche richtung. selbst hier in diesem forum, wo sich an gesellschaftlichen debatten eher eine minderheit beteiligt, ist es schwer(nahezu unmöglich) zu ganz konkreten fragen einen positiven(meint: nach vorne blickendenden, nicht nur negativ ablehnenden)standpunkt zu erarbeiten. rabes beispiel vom heinrich-könig.platz ist da passend: platte drauf oder nicht? ich habe hier noch keine schlüssige antwort gefunden(meine ich nicht als vorwurf, sondern nur als beleg für die schwierigkeit der "pfad-findung"). dass hier aber überhaupt darüber nachgedacht wird, ist allerdings aus meiner sicht allein schon positiv. grüße bm

pito
Abgemeldet

Re: sturm und drang

Beitrag von pito »

Bernd Matzkowski hat geschrieben:platte drauf oder nicht?
Platte drauf! Der jetzige Zustand ist Nichtraum, ein schwarzes Loch, dass jeder umgeht, außer denen, die unrettbar hineingeraten sind.

Auch mich spricht die Diskussion um neue Bewegungen in GE an. Das von Bernd erkannte Problem der Verneinung hängt glaube ich damit zusammen, dass Rabe, wenn auch nur mit Fragezeichen, von Kampf spricht:
Rabe hat geschrieben:... einen Nebenschauplatz des Kampfes (!?) eröffnen würde ...
Leute, hört auf zu kämpfen, Kämpfe verliert man. Probt den gewaltlosen Widerstand, macht Angebote.
Dieses Forum hat schon mehrmals gezeigt, wie man fast unmerklich durch die Hintertür Themen anstoßen, Ideen verbreiten und Sichtweisen wandeln kann. Dafür braucht es keine Fahnenträger, keine Weltsortierung in Ja und Nein, sondern schlicht Qualität.

Heinz
Abgemeldet

Re: sturm und drang

Beitrag von Heinz »

Bernd Matzkowski hat geschrieben: nehmen wir den (historischen) sturm und drang als strömung, zeigt sich , dass die damalige (kleine) schar im verneinen groß war... ...... kann man eine solche bewegung herbeireden, herbeischreiben?
Was rabes Erwiderung auf H.S. Loskills Satz über die Künstler, die ein Klima prägen, widerlegt.
Und weiter: kann man natürlich nicht. Wenn aber Zeit- Welt- oder andere Geister, kollektives Bewusstsein oder auch schlicht soziale Umwerfungen danach schreien, ist ein Schreiben darüber nur Reaktion. Und wir sind schon recht spät dran.

Ach so.. na klar, wie pito schon sagt: Platte drauf. Aus Kostengründen verzichte ich auf die Forderung, die Bahn wieder ans Tageslicht zu legen. :wink:

Benutzeravatar
rabe489
† 22.11.2011
Beiträge: 6706
Registriert: 21.01.2007, 10:42
Kontaktdaten:

Beitrag von rabe489 »

Pito schreibt:
Leute, hört auf zu kämpfen, Kämpfe verliert man. Probt den gewaltlosen Widerstand, macht Angebote.
Es gibt auch gewaltlose "Kämpfe". Ich stehe seit Jahrzehnten in einem. Ich kämpfe für eine Kunst, die sich den geltenden Normen des Betriebes entzieht. Ich kämpfe auch um jedes Kunstwerk, jedes Bild ring ich der toten Materie ab. In meinem theoretischen Büchlein "Der Fall" von 1985 schrieb ich sogar einmal: "Malen heißt Kriegführen", was damals meinte, man muß dem Tod, dem Chaos jedes lebendige Bild abringen. Wo wir eine Ordnung der Dinge und Wesen schaffen, kämpfen wir alle gegen das Chaos (das in meiner Wohnung oft die Oberhand gewinnt). "Gewaltloser Widerstand" ist immer passiv, "Sturm und Drang" aber ein aktives Weltverhältnis.
im positiven waren die antworten diffus, formelhaft(genie, natur) und verendeten im biedermeierlichen. zugleich die(uralte) problematik:
Dieser Meinung bin ich nicht, denn die romantische Bewegung, die im Sturm und Drang wurzelt, hat die Problematik einer ganzen Epoche eröffnet, nämlich der Moderne und wo wir uns mit der Kunst der Gegenwart sinnvoll auseinandersetzen, greifen wir eine romantische Problematik auf. Auch der / das Biedermeier ist ambivalent zu werten, hat ebenfalls seine über das Spießiges hinausgehende Bedeutung und Tiefenschicht. Der spätromantische Spitzweg hat neben der vordergründigen Idyllik auch Dimensionen der Verzweifelung und Wissenschaftskritik. In seinem "armen Poeten" mit dem Regenschirm verbrennt der
Dichter seine eben verfaßten Gedichte im Ofen, um es warm zu haben, um eben diese zu schreiben.

Benutzeravatar
Kalle Mottek
† Leider verstorben
Beiträge: 880
Registriert: 06.07.2007, 20:55
Wohnort: Dorsten
Kontaktdaten:

Beitrag von Kalle Mottek »

Pito sagt:"Wer kämpft kann verlieren."Kann sein!
Aber:"Wer nicht kämpft hat schon verloren."

Auch der gewaltfreie Widerstand oder der passive Widerstand sind K A M P F !

Es kommt doch darauf an, was der Kampf erreichen soll.
Kämpfen wir nicht alle täglich?
Ums Überleben,um unsere Arbeitsplatze , gegen die Dummheit der Mitmenschen,gegen den inneren Schweinehund,für eine bessere Zukunft unserer Kinder,für eine gerechtere Welt .......?


Das Leben ist ein Kampf.Siege!

Kalle Mottek

PS. kämpfen Pito kämpfen-kämpfen Pito kämpfen-kämpfen Pito kämpfen-kämpfen
S04-mein Verein.
GE - meine Stadt.
GEW - meine Gewerkschaft!

pito
Abgemeldet

Beitrag von pito »

Kalle Mottek hat geschrieben:kämpfen Pito kämpfen-kämpfen Pito kämpfen-kämpfen Pito kämpfen-kämpfen
leben Pito leben-leben Pito leben-leben Pito leben-leben

Das Leben ein Kampf? Verwenden wir hier nur unterschiedliche Begriffe, die eigentlich dasselbe meinen, oder ist die Grundeinstellung verschieden? Ist das ne Generationensache?
Deutscher Volksmund hat geschrieben:Wer nicht kämpft hat schon verloren.
Was für ein bekloppter Satz. Rein von innen her gesprochen. Wer nicht kämpft, befindet sich außerhalb des Kampfes. Die Definition von Gewinnen und Verlieren ist also nicht zwangsläufig die selbe wie innerhalb des Kampfes.

Kämpft, wenn ihr kämpfen müsst. Ich wünsch euch viel Anstrengung und auch Erfolg. Vergesst aber nicht, dass Kampf nur eine mögliche Art ist sein Leben zu leben. Nicht das Leben an sich.
Ich hab euch alle ohne Kampf genommen. :wink:

Babapapa
Abgemeldet

Beitrag von Babapapa »

@ kalle mottek: gehört dein aufruf nicht eher hier hin?! ;-)

Heinz
Abgemeldet

Re: sturm und drang

Beitrag von Heinz »

Bernd Matzkowski hat geschrieben: kann man also den von heinz in den geschilderten partygesprächen eingefroreren geist (resignation, mangelnde bereitschaft zur tat) prometheisch entfesseln- und wenn ja: in welche richtung.
Resignation? Mangelnde Bereitschaft zur Tat?
Nur weil die Alphatierchen der Parteien bald in den Gremien, Hinterzimmern und Rats-Lobbys völlig alleine hocken?
Sogar in der SPD hat sich rumgesprochen, dass da etwas strukturelles an der Organisationsform, an der Sprache, am Gebalze, Gekämpfe, Gezappel innerhalb der "Parteien" aus dem Ruder gelaufen ist.
Also bitte - wenn die Leute den Parteien entsetzt weglaufen, kann es auch andere Gründe als "Resignation" haben.
Bernd Matzkowski hat geschrieben:selbst hier in diesem forum, wo sich an gesellschaftlichen debatten eher eine minderheit beteiligt, ist es schwer (nahezu unmöglich) zu ganz konkreten fragen einen positiven (meint: nach vorne blickendenden, nicht nur negativ ablehnenden) standpunkt zu erarbeiten.
Trifft in Einzelfragen sicherlich zu. Man kann es auch positiv sehen, also nicht deinen negativ ablehnenden Standpunkt einnehmen.
Und dann würde man z.B. sagen können, dass viele Menschen mit verschiedenen politischen, sozialen Hintergründen hier versuchen Gemeinsamkeiten zu betonen und sich respektvoll mit den unterschiedlichen Sichtweisen anderer auseinander setzen.

Antworten