Grundschule an der Bickernstraße

Schulzeit und Schulen in verschiedenen Epochen

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stapel
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Grundschule an der Bickernstraße

Beitrag von stapel »

Obwohl ich da gar nicht zur Schule gegangen bin, liegt mir die Steinschule näher als die eigenen Pennen. Unsere Kinder absolvierten da ihre Grundschulzeit. Und weil die armen Kleinen nicht so alleingelassen sein sollen, engagiert man sich als besorgter Vater dann in allen möglichen Bereichen. Zu der Zeit war die Gemeinschaftsgrundschule eher die der ärmeren, der nichtdeutschen, der problematischeren Kinder im Haverkamp. Unsern Kindern hat’s nicht geschadet. Wir waren eben nicht katholisch ...

Um so besser war die Zusammenarbeit der (wenigen) engagierten Eltern und der Lehrer. Über die Lehrer kann ich sowieso (mit anderthalb Ausnahmen) nix Negatives sagen, die 1 Ausnahme waren wir nach 1 Jahr wieder los, nicht ganz ohne unser Zutun.

Eine Sache hat mir besonders Spaß gemacht: Um auch den nichtchristlichen Kindern einen „Event“ im Herbst bieten zu können, haben wir einen Martinszug initiiert. Richtig mit Pferd und verkleidetem Reiter. Total chaotisch, hunderte Kinder wieselten um Pferd und Reiter herum, völlig ungeordnet ging es im formlosen Haufen durch den Haverkamp, aber mit Blaskapelle. Den Martinszug mit anschließendem Brezelessen gibt es, glaub ich, immer noch.

Im Laufe der Zeit hatte die Schule verschiedene Namen: gegründet 1892 als Luisenschule, ab 1910 Steinschule (nach dem preußischen Reformer Freiherrn vom Stein), von den 70-er Jahren an etwa dann amtlich korrekt Gemeinschaftsgrundschule an der Bickernstraße. Die etwas älteren Haverkämper und manche jungen sagen aber immer noch Steinschule. Aus der Frühzeit hab ich mal 1 alten Text rausgesucht, wird sich heute kaum noch einer dran erinnern können, an das:

„ ... Durch den Aufschwung des wirtschaftlichen Lebens in den sechziger und siebziger Jahren (Zeche Consolidation 1863, Zeche Graf Bismarck 1868, A. G. für chemische Industrie 1873) stieg die Bevölkerungszahl gewaltig an. Hatte Braubauerschaft im Jahre 1818 noch 246 Einwohner, so wuchs die Zahl im Jahre 1880 auf 4534 und 1893 auf 13 383. Immer waren die Bewohner, die wenigen Juden abgerechnet, zur einen Hälfte evangelisch, zur anderen Hälfte katholisch. Diese außergewöhnliche Zunahme der Bevölkerung brachte auf dem Gebiet des Schulwesens ganz bedeutende Änderungen mit sich. In ziemlich rascher Reihenfolge entstanden an evangelischen Schulen die Wilhelmschule (Marschallstraße) 1868, die Bismarckschule (König-Wilhelm-Straße) 1881, die Luisenschule (Bickernstraße) 1892, die Friedrichschule (Sellmannsbachstraße) 1892, die Augustaschule (Lenaustraße) 1895 und die Lutherschule (Caubstraße) 1896. Insgesamt unterrichteten 1896 in den evangelischen Schulen Braubauerschaft l Hauptlehrer, 12 Lehrer und 7 Lehrerinnen. Die geringe Anzahl der 20 Lehrer rührt daher, daß die Gebäude erst nach und nach voll ausgebaut wurden.
Der Unterricht an diesen Schulen war nicht leicht. An der Luisenschule z. B. stammten 1896 neun Zehntel aller Schüler aus Bergarbeiterfamilien, die vornehmlich aus Ost- und Westpreußen, Posen und Schlesien eingewandert waren. In den westpreußischen und posener Familien würde fast ausschließlich die polnische Sprache gebraucht. Etwa 30 Prozent aller Schüler sprachen zu Hause entweder nur polnisch oder polnisch und deutsch. Viele konnten besonders in der ersten Schulzeit das Deutsche gar nicht oder nur recht mangelhaft verstehen. Es läßt sich denken, wie schwer der Unterricht unter diesen Verhältnissen war.
Doch auch andere Umstände erschwerten die Arbeit in beson-Jerem Maße: Schulneubauten und Zahl der Lehrer konnten einfach nicht mehr der Schülerzahl entsprechen. Immer wieder ist festzustellen: Zahl der Abgänge 48, der Schulneulinge 85, der Abgänge 52, der Aufnahmen 98, der Anfänger 99, der Abgänge 49 usw. Dazu kam der starke Wohnungswechsel innerhalb der Stadt und des Bezirkes. Von 60 Kindern, die ein Lehrer am Anfang des Schuljahres übernahm, hatte er am Ende desselben vielleicht noch 20. Vierzig hatten gewechselt. Die Klassenräume langten nicht; man half sich, indem man in den oberen Klassen den Unterricht um 7 Uhr begann und den Mittwochnachmittag besetzte. ...
...
Andererseits herrschte eine Ordnung, wie wir sie uns heute kaum noch vorstellen können. Bis 1908 fand außer der Oster- eine Herbstentlassung statt. Allen Entlassungen ging eine Entlassungsprüfung voraus. 1903 wurden am 30. 9. in der Luisenschule 20 Konfirmanden entlassen; einem Knaben „war wegen ungenügender Leistungen die Genehmigung zur Entlassung seitens der Königlichen Regierung versagt worden". Im Herbst 1905 wurden aus derselben Schule 23 Herbstkonfirmanden entlassen. Es handelte sich hauptsächlich um solche Schüler, die noch nicht volle 8 Jahre die Schule besucht hatten, aber mit Genehmigung des Kreisschulinspektors bzw. der Regierung entlassen werden durften. „Dem Schüler der zweiten . Klasse — — wurde diese Vergünstigung versagt, weil er in höchst roher Weise einem eben aus der Schule entlassenen Knaben im Streit mit einem Taschenmesser gefährlich verletzt hatte. Der Fall ereignete sich kurz nach Ostern. Von der Ferienstrafkammer wurde der Messerheld am 18. Juli zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat und in die Kosten verurteilt."
1910 fand die längst fällige Neubenennung der Schulen statt: Die Augustaschule hieß fortan Hardenbergschule, die Luisenschule = Steinschule, ... “
(aus: Gelsenkirchen in alter und neuer Zeit. Ein Heimatbuch, hrsgg. vom Heimatbund Gelsenkirchen, 5. Jahrgang 1953, S. 248 und 250)
Interessant eben, dass auch vor über 100 Jahren die damalige Luisenschule schon eine „Einwandererschule“ war.

konterbuckel
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Beitrag von konterbuckel »

ja, an dieser schule gab es schon mitte der 70er auf dem schulhof langen hafer, wenn man nicht aufpasste. 8)

viel mehr in erinnerung geblieben ist mir aber ein holzverarbeitender betrieb auf dem nachbargelände, auf dem später ein discountsupermarkt erbaut wurde. dieser betrieb verbrannte regelmäßig zu unserer mittagspausenzeit seine (farb?)abfälle, so dass mir manches mal recht blümerant von den verschiedenfarbigen rauchwolken wurde, die anschließend über unseren pausenhof zogen... heute ein unvorstellbarer vorgang. :roll:

Semmel
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Beitrag von Semmel »

hehe, der Holzverarbeitende Betrieb war die Schreinerei Komesker.
Das weiss ich aus dem grund sehr genau weil dem sein Sohn bei mir in der Klasse war und wir da nach Schulschluss oftmals alles als Spielplatz missbrauchten :)
War aber auch praktisch für den Werkunterricht, war ja alles da um was tolles zusammenbasteln zu können.
Das dort aber irgendwat verbrannt wurde kann ich so nich bestätigen, aber ich weiss ja auch nich wie die damals z.B. Beize oder so entsorgt haben, hatte mich auch nich wirklich interessiert, dafür war ich halt zu jung :)
Allerdings hatten die ´ne kammer gehabt wo das Holz "abgeräuchert" oder so wurde, damit es härter wird, kann sein das von daher immer die Rauchschwaden kamen, dat war aber dann nix giftiges ;)

(Ich war damals auf der Canisiulus-Schule, ausser einem Ausreisser auf dem Schalker Gymnasium war ich später au der Hauptschule Hagemannshof, bin halt Haverkämper durch und durch ;).
Weitere Schulabschlüsse hatte ich dann aus Langeweile gemacht, war immerhin besser als Arbeitslos zuhause nix zu machen (kaum zu glauben bei mir, aber echt wahr) ).

konterbuckel
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Beitrag von konterbuckel »

hömma,

ich hab immer mitten in den schwaden gestanden, dat hat gestunken wie die s... und trotzdem is nix aus mich geworden. watt meinze, warum ich mich sonst hia angemeldet happ. :wink:

im ernst: keine ahnung, was dort letztendlich verbrannt wurde, aber rauchfilter oder schlichte rücksichtnahme auf umwelt und bevölkerung waren damals eben noch fremdworte. da hieß es höchstens: "stell dich nich so an, sonst kommsse baafuß ab nam bett!" :D

kennst du noch den legendären hausmeister in seinem kabuff, der uns als strengste maßnahme immer mit seinem gummiknüppel gedroht hat? ich erinnere seinen namen leider nicht mehr.

andrax51
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Beitrag von andrax51 »

Hallo Semmel, dann müsstest du auch noch die Schreinerei Möller kennen vom hören sagen (jetzt Grabsteine Bittner und Schiele ). Waren verwandt mit Schreinerei Komesker im Feldbusch (damals noch Sackgasse ) ecke Magdalenenstr. Da ich den Sohn von Möllers kannte nahm er mich immer mit zu seiner Tante Komesker.Wir bekammen dann immer Marmeladenbrot, ein Glas Limo und ein paar Süssigkeiten noch dazu. Zu der Zeit 1958 war das die Glückselichkeit für uns Steppkes.
Mal was anderes Semmel, wusstest du eigentlich das auf der Erdbrüggenstr.wo das Trafohäuschen steht zu der Zeit ein Bunker stand ? Vielleicht hast du sogar noch Fotos davon, ohne es zu wissen.

Mfg Artur
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Semmel
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Beitrag von Semmel »

konterbuckel hat geschrieben: kennst du noch den legendären hausmeister in seinem kabuff, der uns als strengste maßnahme immer mit seinem gummiknüppel gedroht hat? ich erinnere seinen namen leider nicht mehr.
Jo, den kenne ich noch, aber mit dem hatten wir uns nie im Gehege gehabt weil dat nich für uns gerade der richtige Platz zum spielen war, da war´s bei Komesker lustiger. Aber ja, den haben wir oft genug über die Mauer schimpfen gehört, meine Fresse, wat war dat für ein A........
andrax51 hat geschrieben:Hallo Semmel, dann müsstest du auch noch die Schreinerei Möller kennen vom hören sagen (jetzt Grabsteine Bittner und Schiele ). Waren verwandt mit Schreinerei Komesker im Feldbusch (damals noch Sackgasse ) ecke Magdalenenstr. Da ich den Sohn von Möllers kannte nahm er mich immer mit zu seiner Tante Komesker.Wir bekammen dann immer Marmeladenbrot, ein Glas Limo und ein paar Süssigkeiten noch dazu. Zu der Zeit 1958 war das die Glückselichkeit für uns Steppkes.
Ich glaub zu meiner Zeit ging die Schreinerei so langsam den Bach runter (bin Baujahr 65), aber natürlich kenne ich die noch, war ja damals da die Konkurrenz von Komesker :)
Wir hatten allerdings auch immer Kniften und O-Saft bekommen bei Frau Komesker, war immer klasse.
Glaub heutzutage wären die kurzen erst zufrieden wenne denen ´n 10-Euro-Schein inne Pfoten drückst, da bin ich froh das ich noch anders gross geworden bin
Mal was anderes Semmel, wusstest du eigentlich das auf der Erdbrüggenstr.wo das Trafohäuschen steht zu der Zeit ein Bunker stand ? Vielleicht hast du sogar noch Fotos davon, ohne es zu wissen.
Nö, weiss ich um´s verrecken nix von, lustigerweise steht unser Familienhaus ja direkt gegenüber des Trafoteils, da hatte ich damals immer auf der Rückseite unsere neusten Schablonen zum sprühen ausprobiert ;).
Sobald meine Mutter aber aus dem Osterurlaub wieder da iss werd ich die mal deswegen anhauen, alte Fotos haben wir noch lang, vieleicht iss da ja noch dat Teil zu sehen.

andrax51
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Beitrag von andrax51 »

Moin Semmel, genau das meinte ich mit den Bildern und wo du wohnst weiss ich ja. Ich kannte deinen Vater noch, er kam immer mit eurem Husky zur Gartenkneipe.War noch in dem kleinen Häuschen, direkt am Parkplatz. Halb Haverkamp war da verteten und wenn es kalt wurde machten sie im hinteren Raum den alten Kanonenofen an. Mensch, war das gemütlich, allerdings wirkte auch das Bier schneller :irre: Übrigens bin der Bruder von Udo (neben Schiele )

Mfg Artur
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pito
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Beitrag von pito »

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konterbuckel
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Beitrag von konterbuckel »

ui, was sehe ich da endlich? danke, pito! unten links war mein klassenzimmer. im treppenhaus mussten wir in den pausen hinter dem fenster zum hof stehen bleiben, wenn wir was ausgefressen hatten... *ggg*

andrax51
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Steinschule

Beitrag von andrax51 »

Auf dieser Schule war ich auch. Dort gab es noch einen Klassenraum
mit den alten Schulbänken. Der Schreibtisch hatte leicht gefälle zum
Körper hin und oben war noch ein Tintenfass drin. Auch musste man
von der Seite in die Sitzbank reinrutschen, weil die ganze konstruktion
eine Einheit bildete. Der Rektor nannte sich Türke. Bin 1964 abgegangen.

Mfg Artur
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Kalle Mottek
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Beitrag von Kalle Mottek »

Der Rektor Türke war ein begnadeter Schulleiter, so das Urteil seiner Lehrer.
1968 übernahm er die Leitung der neu gegründeten Hauptschule am Hagemannshof.Anfang der 1970ger Jahre ging er in Pension.

Schönen Gruß!

Kalle Mottek
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Schacht 9
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Beitrag von Schacht 9 »

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Verabschiedung, Rektor Türke geht in Pension. 20.06.1979

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iwi
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GS an der Bickernstraße/GS an der Erdbrüggenstraße

Beitrag von iwi »

Das Hauptgebäude der Grundschule an der Erdbrüggenstr. 50 wird zur Zeit
grundsaniert und ein Erweiterungsbau für den Ganztagsunterricht und die
Verwaltung errichtet. Die rund 180 Kinder der Gemeinschaftsgrundschule an
der Bickernstr. werden dann nach Fertigstellung 2016 in das Gebäude an der
Erdbrüggenstr. ziehen.
Da die Rohbauarbeiten abgeschlossen sind, wurde am 17.11.2014 das traditionelle
Richtfest gefeiert.
Nach einem Gesangs- und Gedichtvortrag der beiden 4. Klassen der Grundschule
an der Bickernstr. sprach zunächst OB Frank Baranowski und anschließend Frau
Lenort vom Baudezernat. Der Richtspruch erfolgte durch einen Dachdeckermeister
der Firma Lux, der mehrmals mit einem kleinen Glas anstieß.
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glüclauf
iwi
Was Du nicht willst was man Dir tu', das füg auch keinem anderen zu.
www.rotthauser-netzwerk.de
www.rotthauser-post.de

N Arndt
Beiträge: 2
Registriert: 20.04.2021, 13:20

Re: Grundschule an der Bickernstraße

Beitrag von N Arndt »

Mein Vater ging auch noch auf die Steinschule und Rektor Türke war sogar sein Klassenlehrer. Danke für diese Eindrücke!

Bernhard Roth
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Re: Grundschule an der Bickernstraße

Beitrag von Bernhard Roth »

Zur Zeit des dritten Reichs exerzierte die Hitlerjugend in ihren gelben Uniformen auf dem Hof der Canisius Schule: "Links rum - rechts rum - Augen geradeaus" et., um schließlich mit Trommelwirbel und Trompetengetöse auf die Erdbrüggenstraße in Richtung Magdalenenstraße im exakten Gleichschritt davon zu marschieren. Später suchten wir bei Vollalarm Schutz im Keller des hinteren Gebäudes. Der Schutz war nicht viel mehr als eine Illusion. Unmittelbar nach dem Krieg standen nicht mehr viel mehr als die Außenmauern der Schulgebäude. Da haben wir Jungen nach Herzenslust mit selbst gebastelten Lumpenbällen Fußball gepölt. Oft spielte da die Magdalenenstraße gegen die Erdbrüggenstraße. Sorry, ein bisschen Nostalgie in Pandemiezeiten wird wohl erlaubt sein.

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