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Mal wieder Spitze - oder wie lange machen wir das noch mit?

Verfasst: 27.03.2007, 20:01
von Verwaltung
Zwei Artikel aus der WAZ vom 27.03.2007

Fast überall schneidet Gelsenkirchen schlechter ab

Arzt vom Krebsregister NRW stellte Vergleich mit dem fast gleichgroßen Münster an. Karl Dahm von der Prostatakrebs-Selbsthilfe in Buer will erschreckende Zahlen für seine Aufklärungsarbeit nutzen

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Von einem „scheinbar relativ großen Unterschied zuungunsten von Gelsenkirchen" spricht Dr. med. Klaus Kray-winkel.
Der Arzt vom Epidemiologischen Krebsregister NRW in Münster hat auf Bitten von Karl Dahm, dem Sprecher der Prostatakrebs-Selbsthilfe Gelsenkirchen-Buer, die beiden Städte Gelsenkirchen und Münster hinsichtlich der verschiedenen Krebsarten verglichen.

Und danach sieht es fast bei jeder Krebsart in Gelsenkirchen schlechter bis wesentlich schlechter aus.

Bislang, so Dahm, liegen nur die Zahlen für das Jahr 2003 vor: „2004 ist noch in Arbeit." In seiner Statistik unterscheidet das Krebsregister zwischen Neuerkrankungen in diesem Jahr und Todesfällen, die auf Krebs zurückgeführt werden. Kraywinkel wählte den Vergleich dieser beiden Städte, weil sie nahezu die gleiche Einwohnerzahl seinerzeit hatten: Gelsenkirchen 273 686 und Münster 269 262.
Bei den Neuerkrankungen liegt Gelsenkirchen (1624 Fälle) um fast ein Drittel höher als Münster (1262). Bei den Todesfällen sind die Unterschiede noch größer: Gelsenkirchen (G) 802, Münster (M) 560 Todesfälle.
Die vier häufigsten Krebsvorkommen gibt es in den Bereichen Darm, Brust, Lunge und Prostata. Nur bei Prostata-Neuerkrankungen übrigens verzeichnet Gelsenkirchen weniger Fälle als Münster 160 zu 172). Bei den Brustkrebsneuerkrankungen ist der Vergleich deutlich zuungunsten von Gelsenkirchen ausgefallen (G: 252, M: 208), beim Darmkrebs sieht es noch ungünstiger aus (G: 257, M: 164) wie auch bei den neu registrierten Fällen von Lungenkrebs (G: 242, M: 138).
Die bemerkenswerte Abweichung bei den Prostata-Zahlen erklärt Karl Dahm übrigens mit der Existenz eines Prostatakrebszentrums in Münster: „Die melden mehr."
Bei den registrierten Krebs-Todesfällen im Jahr 2003 gibt es solche Abweichungen unter den vier genannten Krebsarten nicht mehr: Prostata: G: 42 Tote, M: 26; Darm: G: 103, M:63, Brust: G: 81, M: 56, Lunge: G: 194, Münster: 102.
Diesen „scheinbaren" Unterschied erklärt der Arzt Kraywinkel mit den Zahlen beim Lungenkrebs (besonders östliche Stadtteile von Gelsenkirchen wiesen da ein hohes Aufkommen auf, hat er Dahm übermittelt) und der Tatsache, dass Gelsenkirchen einen höheren Anteil an älteren Menschen habe. Karl Dahm jedenfalls will mit diesem Zahlenmaterial „die Menschen hier wachrütteln".

WAZ 27.03.2007 chris




Ruhrgebiet nur Mittelmaß
Prognos-Institut verglich die Zukunftschancen von 439 Städten und Kreise. Essen auf Platz 158


Essen. Bei den Zukunftschancen schneidet das Ruhrgebiet im Deutschland-Vergleich laut einer Prognos-Studie allenfalls mittelmäßig ab. Im „Zukunftsatlas 2007" haben die Wirtschaftsforscher für das „Handelsblatt" alle 439 Städte und Kreise nach Kriterien wie Anzahl von Hochqualifizierten, Technologie-Standorten und Spitzenunternehmen sowie Kaufkraft bewertet. Essen findet sich als die Revierstadt mit den besten Zukunftschancen auf Platz 158 wieder, im letzten Zukunftsatlas 2004 hatte es noch auf Rang 121 gelegen. Bottrop hat den größten Sprung nach vorn gemacht -von Rang 271 auf 193, Dortmund (233.), Bochum (251.) und Duisburg (268.) finden sich im hinteren Mittelfeld, Gelsenkirchen ist als 306. Schlusslicht.
München ist nach wie vor die Region mit dem größten Potenzial, Düsseldorf steht auf Rang 14. Die größten Fortschritte haben einige ostdeutsche Regionen geschafft: Dresden, Potsdam und Jena kamen in diesem Jahr sogar in die gesamtdeutschen Top 20 und schnitten damit deutlich besser ab als etwa Köln und Frankfurt.

Verfasst: 27.03.2007, 20:05
von Detlef Aghte
Ist doch eigentlich logisch, wenn die bewohner Gelsenkirchens eh keine perspektive haben,dann macht es auch nichts,wenn sie sich etwas eher verabschieden.
ob sie uns das sagen wollten ?

Verfasst: 27.03.2007, 20:17
von Zorro
Ist doch nicht so verwunderlich, medizinische Vorsorge, gesunde Lebenweise und eine ausgewogene Ernährung ist nicht nur etwas teurer, dafür bedarf es auch ein wenig Intelligenz. Sowohl das Geld als auch die Intelligenz ist bei einen großteil der Gelsenkirchener Bevölkerung knapp bemessen, so verwundert eine solche Statistik nicht.
MfG
Zorro

Verfasst: 27.03.2007, 20:32
von Tekalo
Zorro hat geschrieben:Ist doch nicht so verwunderlich, medizinische Vorsorge, gesunde Lebenweise und eine ausgewogene Ernährung ist nicht nur etwas teurer, dafür bedarf es auch ein wenig Intelligenz. Sowohl das Geld als auch die Intelligenz ist bei einen großteil der Gelsenkirchener Bevölkerung knapp bemessen, so verwundert eine solche Statistik nicht.
MfG
Zorro


Besonders bei der Rechtschreibung.

Verfasst: 27.03.2007, 20:57
von Fuchs
...Fuchs schreibt mitti linken Pfote...

Verfasst: 27.03.2007, 22:00
von Zorro
Tekalo hat geschrieben:Besonders bei der Rechtschreibung.
Naja wenn du anderer Meinung bist dass fehlt es aber an Argumenten mein Freund.
Zorro

Rechtschraibung und Gramatix

Verfasst: 27.03.2007, 23:35
von andi
verstanden aber den ich .letzen satz habe jetzt nicht

Verfasst: 28.03.2007, 06:44
von Tekalo
Zorro hat geschrieben:Ist doch nicht so verwunderlich, medizinische Vorsorge, gesunde Lebenweise und eine ausgewogene Ernährung ist nicht nur etwas teurer, dafür bedarf es auch ein wenig Intelligenz. Sowohl das Geld als auch die Intelligenz ist bei einen großteil der Gelsenkirchener Bevölkerung knapp bemessen, so verwundert eine solche Statistik nicht.
MfG
Zorro

Warum soll dem Großteil der Gelsenkirchener Bevölkerung die Intelligenz fehlen??? Sind Gelsenkirchener Bürger dümmer als andere???

Verfasst: 28.03.2007, 09:49
von pito
Nein, mit Dummheit hat das überhaupt nichts zu tun. Eher mit geistiger Stagnation, ausgelöst durch erzwungene Untätigkeit, ein verödetes Umfeld und die ständige Sorge ums Geld. Das bringt einen Verfall der Lebenskultur mit sich und damit einen Verfall der Menschen. Es wäre interessant zu wissen, wieviel Prozent der Gelsenkirchener Kinder sogenannte "Fernsehkinder" sind. Aber das werden wir ja in den nächsten Jahrzehnten zu spüren bekommen.

Verfasst: 28.03.2007, 10:10
von Tekalo
Da kann ich Dir nur Recht geben. Erst kam die Industrie und hat das Land und die Menschen ausgesaugt. Als das keinen Profit mehr abwarf hat die Industrie alles stehen und liegen lassen. Heute muss Gelsenkirchen mit den Altlasten (z.B. Schalker Verein) kämpfen. Jahre lang hat die Stadt geschlafen. Doch in letzter Zeit hat sich auch einiges zum positiven hin entwickelt.

Verfasst: 28.03.2007, 12:13
von pito
Tekalo hat geschrieben:... Doch in letzter Zeit hat sich auch einiges zum positiven hin entwickelt.
Auf jeden Fall. IBA, BUGA, WM, die Erschließung der Bahntrassen mit EU-Geldern, demnächst 2010, sowie insgesamt eine Sensibilisierung für die Probleme der Stadt. Ich habe das Gefühl, die Menschen beginnen ihre Stadt mehr als Ganzes zu sehen. In letzter Zeit wurde, nicht zuletzt aufgrund eines gewissen Gebäudes, viel über Bau- und Stadtkultur geredet. Vielleicht ist da eine Art von neuer Stadt-Identität am Keimen.

Doch leider hören Ideen immer da auf, wo das Geld zu Ende ist. Den rapiden sozialen Abstieg können die laufenden Projekte nicht abfangen. Da müsste was Größeren kommen, etwas Mutiges, Unkonventionelles. Etwas, dass weniger in bezahlter Leistung Einzelner und mehr durch Engagement der Bürger stattfindet. Statt sich Sysiphos-mäßig an den unleugbaren wirtschaftlichen Problemen abzuarbeiten, sollte man solidarisch mit dem arbeiten, was vorhanden ist. Und das ist nicht wenig. Gelsenkirchen als Stadt-Einheit könnte durchaus einen Sonderweg einschlagen. Neue Modelle, neue Ideen, weitestgehend sich diese bereits vorgedacht.

Verfasst: 28.03.2007, 12:23
von Josel
pito hat geschrieben: Neue Modelle, neue Ideen, weitestgehend sich diese bereits vorgedacht.
Was könnte man als konkretes Beispiel nennen?

J.

Verfasst: 28.03.2007, 12:34
von Heinz
Hallo, ich blättere gerade in der Zeit, Auszüge hier:

- Etwa zehn Prozent eines Jahrganges können als »bildungsarm« bezeichnet werden, weil die Schüler keinen Hauptschulabschluss erreichen. Mehr als zehn Prozent unserer 15-jährigen sind zudem »funktionale Analphabeten«, können also lesen und schreiben, haben aber den Umgang mit Sprache verlernt und liegen unterhalb der niedrigsten »Kompetenzstufe« von Pisa. Fast ein Viertel der Altersgruppe gilt als Risikogruppe, weil es über diese Kompetenzstufe nicht hinauskommt. Stammen die Jugendlichen aus Einwandererfamilien, so liegen die Anteile wesentlich höher. Gerade hier, im unteren Bildungsbereich, wird Bildung sozial vererbt: Bereits die Eltern hatten wenig Bildung, den eigenen Söhnen und Töchtern wird es ähnlich ergehen. Die soziale Lage ist dauerhaft.......

......Werden auch in Deutschland Banlieues entstehen, brennende Vorstadtviertel wie in Paris?
Das kann schon sein.

....... Wollen wir, dass sich etwas an den Ungerechtigkeiten ändert, so können wir daher nicht auf die Entstehung einer von den Unterprivilegierten getragenen Dynamik hoffen. Stattdessen müssen sich die Bürger unabhängig von ihrer Schicht- oder Klassenzugehörigkeit fragen: Müssen wir soziale Ungleichheit verringern, und wenn ja, dann wie? Wie kann man den dauerhaften Ausschluss ganzer Bevölkerungsgruppen aus dem Arbeitsmarkt und aus der Gesellschaft verhindern? Werden sie, wenn sich ihre Lage verfestigt, womöglich zu einem gesellschaftlichen Risiko? Wir sollten uns nicht zurücklehnen und abwarten, bis in Deutschland die Vorstädte brennen.

Soweit ein Auszug aus der Zeit zum Thema Verarmung etc.

Zu Josels Frage, was zu tun wäre:

auf jeden Fall ein Netzwerk aller errichten, die noch etwas aufhalten oder bewegen können. Zusammenarbeit über Partei- und Seilschaftsgrenzen hinaus, na ja und ich für meinen Teil empfehle nach wie vor über das bedingungslose Grundeinkommen nachzudenken.

Verfasst: 28.03.2007, 13:22
von Ego-Uecke
Zum Beispiel durch Bürgerinitiativen wie "Ückendorf aktiv". Hier fing es an über die bekannten Grenzen hinweg lebendig zu werden. Aber leider ist da nach anfänglicher Begeisterung auch schon wieder die Luft raus.

Aktivität ist schon wieder zuviel verlangt. Und auch hier gilt: "Ohne Moos, nix los!" Und so ein "Stadtteilprogramm SüdOst" ist ja ganz schön, hilft auch für einen Start, aber wenn nach kurzer Zeit (6-8 Jahre) alles wieder vorbei ist, was dann?

Gelsenkirchen muss nicht entschleunigt werden, wir kriechen

Verfasst: 25.05.2007, 21:14
von Heinz
Gelsenkirchen muss nicht entschleunigt werden, wir kriechen schon!

Einige Untersuchungen über urbanes Leben in Städten bringen Phänomene in einen Zusammenhang, der erst einmal ungewöhnlich scheint. Löhne, Patente und Gehgeschwindigkeit z.B.
Daraus könne man eine universale soziale Dynamik ableiten.

Gehgeschwindigkeit:
in Madrid, Kopenhagen und Singapur wird am schnellsten gelebt. Leider habe ich nicht herausfinden können, wie langsam in Gelsenkirchen gelebt wird. Die Zahl der armen Kinder oder Hartz4 Empfänger zugrunde gelegt, müssen wir hier unter den letzten liegen.
Telepolis hat geschrieben:Nach einer Studie, die die Gehgeschwindigkeit von Passanten als Maßstab für städtisches Leben gemessen hat, leben die Menschen heute deutlich schneller als noch vor 10 Jahren
Das Leben in Großstädten hat einen schnelleren Rhythmus als der gemächlichere Alltag in Dörfern oder Kleinstädten. Diese Dynamik, die Städte seit ihrem Entstehen von 10.000 Jahren kennzeichnet, hat die Gesellschaften mitgerissen und umgekrempelt. Kürzlich konnte eine Studie belegen, dass neben der Innovationsrate und anderen sozialen Phänomenen die Beschleunigung auch Auswirkung auf da Tempo der Fußgänger hat. Je größer die Stadt, desto eiliger haben es die Menschen

Was meint ihr: hat sich in GE das Tempo beschleunigt?

Degenhard hat das Leben in den 50ern genial in dem Song "Sonntags in der kleinen Stadt" beschrieben (Wenn die Spinne Langeweile giftig grau die Wand hoch kriecht....) Ich fand das Tempo gemessen an heute extrem gedrosselt.

Subjektiv?

Abends war Feierabend, kein Leben mehr auf den Straßen.
Einen Kulturschock bekam ich mit 15 auf dem Balkan, weil es dort in den Städten und auf den Dörfern die Tradition der abendlichen Marktplatzschlendereien gab. Sehr häufig ohne Beleuchtung, die Leute hatten Taschenlampen, Kerzen, Petroliumlaternen mit und schlenderten Runde um Runde um den Platz.
Der Sinn und die soziale Funktion erschloss sich mir damals nicht, so etwas kannte ich aus GE auch nicht.

In den 60ern diese Tristesse... nur vereinzelt Kulturangebote. Die 70er haben dann das Tempo gebracht, und heute möchte ich machmal wieder die Angebote und das Tempo drosseln, so viel scheint hier in GE zeitgleich zu passieren.
Telepolis hat geschrieben:Menschen, die in Städten mit hoher Gehgeschwindigkeit leben, helfen nach dieser Studie ihren Mitmenschen weniger und leiden eher an Herzerkrankungen."
Helfen wir einander hier mehr... als in Madrid? Wie könnte man so etwas messen?
Ist das nicht dann auch ein Aufruf zu mehr Langsamkeit - langsam = emphatischer und verantwortlicher?
Und sind wir nicht nach den Bemessungskriterien hier auf den vorderen Rängen?
Telepolis hat geschrieben:Es könnte durchaus sein, dass mit den Megacities, aber überhaupt mit der weiteren Urbanisierung die gesellschaftliche Integrationsfähigkeit der Städte abnimmt, die in unterschiedliche, kaum miteinander verbundene Regionen ohne zentrale Kontrolle auseinanderfallen
Ist das Ruhrgebiet und dort besonders GE nicht das Versuchslabor für genau diese Fragen?

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25189/1.html
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25083/1.html