Mit Handicap in Gelsenkirchen

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Animken
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Beitrag von Animken »

WAZ/ Der Westen vom 06.12.2012:
Inklusion
Normaler Weg - trotz Behinderung

Gelsenkirchen-Hassel.
Eigentlich unterscheidet sich der Lebensweg von Berrin Öztürk nicht von dem anderer junger Menschen. Sie baut ihr Fachabitur, nimmt an einer einjährigen Berufsorientierung teil, macht Praktika, schreibt Bewerbungen und findet schließlich einen Ausbildungsplatz in ihrem Wunschberuf. ...

http://www.derwesten.de/staedte/gelsenk ... 67080.html

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Heinz H.
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Slalom um Bistrotische

Beitrag von Heinz H. »

Ab wann wird eine Gehwegbestuhlung zu einer Behinderung?
Ein Bürgersteig ist ein Bürgersteig und jede Einschränkung öffentlichen Raumes durch Sondernutzungen darf nicht zu Beeinträchtigungen des Fußgängerverkehrs führen. Technische Installationen wie Verkehrs- und Straßenschilder, sowie Papierkörbe etc. beanspruchen ihren Platz im öffentlichen Raum. Teilweise ist so wenig Platz für Passanten, dass man gezwungen wird, im Gänsemarsch aneinander vorbeizulaufen.
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Mehrmals in der Woche kommen wir an der Goldbergstraße 14 vorbei. Das dort ansässige Restaurant betreibt auf dem Gehweg eine Außengastronomie. Ob nun Gehweg, Bürgersteig oder Fußgängerweg, eigentlich ist dieser Bereich nur für Fußgänger gedacht. Hinter einer seitlichen Begrenzung des Gastronomiebereiches aus Blumenkübeln befindet sich eine ausgesprochen schmale Gehwegzone mit Baumbewuchs zur Fahrbahn hin. Außerdem gibt es in dem Bereich noch Beschilderungen und ein Schild mit einem angehängten Papierkorb. Weil es uns nicht gefiel, dort immer im Gänsemarsch vorbeigehen zu müssen, haben wir es meist vorgezogen, an dieser Stelle die Straßenseite zu wechseln.
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Szene am vergangenen Donnerstag: Eine Dame mit einem elektrischen Rollstuhl kam des Weges und fuhr mit ihrem Gefährt auf den besagten Engpass zu. Sie musste unvermittelt anhalten. Dabei ging die Frage an uns, wie man denn da überhaupt vorbeikommen solle? Erst nach mehrmaligen hin- und herrangieren schaffte sie es schließlich an dem Hindernis vorbeizufahren.

Ich habe die Situation mit Fotos dokumentiert und hoffe, dass hier jemand mitliest der sich damit auskennt und sich der Sache annehmen wird. :steckenpferd:
"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat."
Dr. Peter Paziorek

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Pedda Gogik
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Beitrag von Pedda Gogik »

Vielleicht mal hineingehen und den Wirt darauf hinweisen (evtl. das Foto mit der Dame im Rollstuhl zeigen) .... es sieht so aus, als wäre es nur genau an dieser Stelle zu eng. .... (vielleicht 1 Tisch weniger) .... Der Aussenbereich ist auch etwas breiter geworden - früher gab es die kleinen Tische an der Hauswand nicht.
Meine Meinung: erstmal versuchen, sich so zu einigen .... und nicht gleich die Verwaltung einschalten ....
Ich empfinde solche Aussengastronomien als eine Bereicherung hier im Ruhrgebiet ... (Ich kenne noch die Zeiten, wo so etwas strikt verboten war und man sehnsüchtig an den letzten Urlaub in Holland, Frankreich, Spanien usw denken musste) ... :wink:

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Heinz H.
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Grenze erreicht!

Beitrag von Heinz H. »

Pedda Gogik hat geschrieben:Vielleicht mal hineingehen und den Wirt darauf hinweisen...
Die Dame mit dem Rollstuhl hat mit jemandem aus dem Haus gesprochen. Ich gehe davon aus, dass der Wirt eine Genehmigung von der Stadt Gelsenkirchen für den Außenbereich bekommen hat. Es wundert mich nur, dass offensichtlich noch niemand vom Ordnungsamt die Enge auf dem Gehweg bemängelt hat. Ich darf doch annehmen, dass Kontrollen stattfinden!? :?

Wenn allerdings der Raum ohne Erlaubnis einer kommerziellen Nutzung zugeführt wird, sollte gegen solche Unsitten vorgegangen werden. Gastronomen und auch Geschäftsleute, die ihre Waren auf dem Bürgersteig feilbieten, scheinen immer dreister zu werden.

Einerseits muss man aufpassen, dass man nicht über ein Loch im Bürgersteig fällt und anderseits wird man als Fußgänger noch genötigt, im Gänsemarsch hintereinander herzulaufen. Fehlt nur noch die entsprechende Musik dazu!

Außengastronomie ist in Ordnung, wenn keine Behinderungen dadurch entstehen.
Die kommerzielle Nutzung des öffentlichen Raumes durch Sommergärten nimmt aber kontinuierlich zu und damit auch der Ärger durch die Einschränkung der Flächen von Gehwegen.
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Jochen
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Fast täglich mit E-Rolli

Beitrag von Jochen »

Ich bin fast Täglich mit dem E-Rolli in GE unterwegs und nicht nur in Parkähnlichen Gebieten.

Ganz schlimm ist es wenn ich Richtung Innenstadt fahren muss, jeder zweite Gehweg stellt sich als Hindernis da. Es wird auf den Gehweg geparkt, so das Kinderwagen und Rollstuhlfahrer auf die Straße müssen.

Ob an Imbisstuben, oder privaten Baustellen, (Hüller Straße) fast kein Durchkommen auch ohne Hund.

Ein Schlagloch folgt dem Anderen und Bordsteinabsenkungen sind auch zugeparkt.

Sagste was kriegste nur blöde Antworten, aber demnächst werde ich den KOD an bimmeln, mal sehen.

Auf ein gutes Miteinander Jochen

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Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens

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Jochen
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Beitrag von Jochen »

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Das ist meine Wenigkeit eben hat es aus welchen Gründen auch immer nicht gefunzt.

Jochen
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Brummischubser
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Beitrag von Brummischubser »

Es wird viel gemeckert, was die Barrierefreiheit und den Umgang mit Behinderten in Gelsenkirchen betrifft. Meist ist das Gemecker auch berechtigt. Aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass vieles in allen Bereichen besser geworden ist und dass es mehr positive als negative Erlebnisse zu berichten gibt.
Die wichtigste Verbesserung hat im ÖPNV stattgefunden. Mein Sohn, seit seiner Geburt schwerbehindert, ist ein großer Fan von Bussen und Bahnen. Damals sehr zu seinem und unserem Leidwesen, war das Ein- und Aussteigen doch beschwerlich und zuweilen auch abenteuerlich. Die Fahrten mit Bus und Bahn wurden nur durchgeführt, wenn es unbedingt notwendig war. Mit Einführung der Niederflurbusse wurde es ein Stück weit besser. Als dann auch noch die Variobahnen die alten Bahnen der Linie 301 ersetzt haben, gab es keine Barrieren mehr. Wir kommen jetzt ohne Probleme an jeden Ort innerhalb Gelsenkirchens.


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Mit den Bussen klappt es natürlich genauso. Die Fahrer/Fahrerinnen sind immer freundlich und hilfsbereit. Wenn es mal mit dem Ein- oder Aussteigen nicht so klappen sollte, sind sie sofort zur Stelle und helfen. Rücksichtslos verhalten sich nur manchmal die Fahrgäste. Sie verhalten sich aber immer nur aus Unkenntnis falsch. Wenn man sie freundlich darauf hinweist ist das Problem meist ganz schnell beseitigt.

Schlimm und unbelehrbar verhalten sich nur Autofahrer. Wahrscheinlich kratzt es an ihrem Image, wenn man sie auf Fehler aufmerksam macht. Mit "Fehler" meine ich das Zuparken des abgesenkten Bereichs an Einmündungen und Kreuzungen oder das Abstellen des Fahrzeuges auf dem Bürgersteig ohne Chance des Vorbeikommens für den Rollstuhl.

Die Stadt Gelsenkirchen hat immer ein offenes Ohr für unsere Probleme gehabt und manchmal auch sehr schnell reagiert. Ich erinnere mich an meinen Besuch bei Herrn Albert in der Bezirksvertretung-West. Ich beschwerte mich darüber, dass die Gitter an der Unterführung Horst-Gladbecker Straße zu dich beieinander standen und man mit unserem Rollstuhl ganz schlecht durchkam. Nur ein paar Tage später haben wir Herrn Albert das vor Ort vorgeführt. Wieder ein paar Tage später sind die Gitter versetzt worden und alles war in Ordnung.

Als negativ und ein wenig auch diskriminierend sehe ich die Haltung gegenüber Behinderten in Bezug auf den Respekt. Obwohl mein Sohn über 30 Jahre alt ist, legen ihm schon mal ein paar gutmütige alte Damen eine Tafel Kinderschokolade oder eine Tüte Gummibärchen auf den Schoß. Meine Frau hindert mich immer daran, den Damen mal zu sagen, dass sie einen erwachsenen Menschen vor sich haben. Die Damen meinen es ja nur gut.
Als ich vor ca. 5 Jahren das Verfahren zur Erlangung einer Generalvollmacht für meinen Sohn in Gang gesetzt hatte, wurde von einer Psychologin und von einem Mitarbeiter der Stadt Gelsenkirchen geprüft, ob der Behinderte in der Lage war, selbst darüber zu entscheiden oder ob eine gerichtliche Betreuung notwendig wäre. Alleine die Tatsache, dass der Behinderte das über sich ergehen lassen musste, halte ich für diskriminierend. Es gab kein Indiz, dass außer einer Körperbehinderung noch geistige Defizite vorhanden waren.
Die Psychologin und auch der Mitarbeiter der Stadt Gelsenkirchen waren bei uns zu hause und haben den Behinderten selbst einfach ignoriert. Sie haben fast alle Fragen an uns gestellt. Und wenn dann mal eine Frage an meinen Sohn gerichtet wurde, ist er einfach geduzt worden. Ein Phänomen, welches sich einfach nicht ausrotten lässt. Mit welchen Recht versagt man einem Behinderten den nötigen Respekt, ihn mit einem "Sie" anzusprechen? Die Familienrichterin, die hinterher zu uns nach Hause kam um Behinderten persönlich kennenzulernen, hatte sich vorbildlich verhalten. Alle Fragen gingen an meinen Sohn persönlich und er wurde auch "gesiezt".

Aber wie anfangs schon geschrieben, sind die negativen Erlebnisse so selten, dass sie keinen Rückschluß auf das Leben in Gelsenkirchen insgesamt zulassen. Für den Stadtteil Horst kann ich sagen, dass das Leben als Behinderter in Horst recht annehmbar ist. Möglicherweise repräsentiere ich mit meiner Meinung nicht die Mehrheit. Aber die Mehrheit erwähnt leider nur sehr selten auch die guten Momente.

Viele Grüße

Rainer

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brucki
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Beitrag von brucki »

Lieber Rainer, mein allergrößter Respekt für Eure Leistung.

Ich finde es sehr interessant solche Erfahrungsberichte zu lesen.

Es fand einmal im Mariott-Hotel eine Tagung für Eltern von Kindern die aufgrund ihrer Krankheit dauernder Betreuung bedurften statt (hab den Namen der Krankheit vergessen). Alle Eltern die ich dort kennenlernen durfte waren einfach nur taff! :respekt:

Brummischubser
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Beitrag von Brummischubser »

brucki hat geschrieben:Lieber Rainer, mein allergrößter Respekt für Eure Leistung.

Ich finde es sehr interessant solche Erfahrungsberichte zu lesen.

Es fand einmal im Mariott-Hotel eine Tagung für Eltern von Kindern die aufgrund ihrer Krankheit dauernder Betreuung bedurften statt (hab den Namen der Krankheit vergessen). Alle Eltern die ich dort kennenlernen durfte waren einfach nur taff! :respekt:
Vielen Dank für den Respekt, den du hier zum Ausdruck bringst. Ich reiche ihn weiter an meine Frau. Es sind immer die Frauen, die den gebührenden Respekt verdienen, nicht die Männer. Letztere müssen in der Regel den Lebensunterhalt sichern und sind sozusagen für die meiste Zeit des Tages raus aus der Pflege.
Ich weiß nichts von einer Tagung im Mariott-Hotel. Aber selbst dann, wenn wir zu so einer Veranstaltung eine Einladung bekämen, würden wir da nicht hingehen. Das Mariott ist nicht unsere Welt. Wir passen da nicht rein. Wenn schon, dann besuchen wir Tagungen oder Informationsveranstaltungen, die in irgendeinem Jugendheim stattfinden oder damals auch in den Räumen der Lebenshilfe auf dem Gelände der alten Kinderklinik.

Ansonsten denken wir gar nicht mal so viel darüber nach, dass wir einen Behinderten in der Familie haben. Wir leben einfach und wir haben hier viel Spaß in unserer Stadt.

Sommerfest Schloß Berge 2013
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Viele Grüße

Rainer

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Pedda Gogik
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Beitrag von Pedda Gogik »

@Rainer ... :up:

Als junger Mann musste ich ca 1 Jahr auf einen Studienplatz warten und habe diese Zeit als "Hilfspfleger" in den "Orthopädischen Anstalten Volmarstein" (so hießen die tatsächlich damals) genutzt.
Gearbeitet habe ich in einem Wohnheim für junge "Lehrlinge" ... es war mit die intensivste Zeit meines Berufslebens und hat mir sehr viel Spass gemacht.
Ich kam völlig unbedarft dort an und habe duch die Jugendlichen die "Natürlichkeit des Andersseins" kennengelernt.
Zu der Zeit (ca 1974) erschien auch gerade der "Behinderten-Report" von Ernst Klee, ein Sachbuch, das aufrütteln sollte und es auch tat.

Seit dieser Zeit hat sich - auch wegen Ernst Klee - einiges verändert, aber in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen sind die Behinderten immer noch nicht. Vielleicht gilt auch hier: "Der Weg ist das Ziel."

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brucki
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Beitrag von brucki »

Pedda Gogik hat geschrieben:Seit dieser Zeit hat sich - auch wegen Ernst Klee - einiges verändert, aber in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen sind die Behinderten immer noch nicht. Vielleicht gilt auch hier: "Der Weg ist das Ziel."
Soll dieser Weg nicht durch die Inklusion beschritten werden? :o

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Pedda Gogik
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Beitrag von Pedda Gogik »

Ja, die Theorie ist interessant - aber die Praxis zeigt wohl viel Unausgegorenes und Überstürztes.
Vor Allem darf es nicht auf Kosten der Schüler(innen) stattfinden. (Fachkräftemangel, überfordertes Lehrpersonal, Finanznot und Dergleichen)

Brummischubser
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Beitrag von Brummischubser »

Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen,
und er wird bei den Menschen wohnen,
und sie werden sein Volk sein.

(Offb. 21, 3-4)

So lautet der Konfirmationsspruch meines Sohnes, den er sich selber ausgesucht hatte. Auch Behinderte wollen/sollen konfirmiert werden. Daran wurden wir erinnert, als Manuel 11 Jahre alt war. Kinder seines Alters gehen dann nachmittags in den sogenannten "Unterricht". Behinderte müssen das nicht. Man sagte uns, das wird in einem Abwasch in der Schule erledigt. Dann kommt der Pastor und der konfirmiert die Kinder dann, einfach so! Es geht also ganz einfach.

Aber warum einfach, wenn es auch anders geht? Weder meine Frau noch ich waren mit dieser Lösung zufrieden. Wir wollten, dass unser Sohn völlig normal genauso wie die anderen Kinder den Katechismus, das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis usw. lernt wie die anderen auch. Für einen Außenstehenden ist es schwer verständlich, wie der Untericht denn gestaltet sein muss, damit unser Sohn mitlernen kann. Er kann nicht laufen, er kann keine Hand mit einem Kugelschreiber führen und er kann auch nicht sprechen. Entsprechend hat man uns quasi für doof erklärt, solche Wünsche zu äußern.

Unser Pfarrer, Herr Klaus Bombosch, der leider nicht mehr in unserer Gemeinde tätig ist, hat kein Problem damit gehabt. Zu der damaligen Zeit hatte ich Dauernachtschicht. Es war für mich kein Problem, meinen Sohn zum Unterricht hinzubringen, dabei zu bleiben und ihm Hilfestellung zu geben.
Der Unterricht fand in der Jenbacher Straße statt, der Zugang war behindertengerecht.

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Bevor der Unterricht losging, musste ich meinen Sohn erst vorbereiten, damit er dann auch mitreden konnte. Er hatte einen tragbaren Computer, der für ihn das Sprechen übernahm. Er konnte damit Buchstaben wie auf einer normalen Tastatur eingeben oder aber mit Hilfe von Symbolen Satzteile oder Sätze abrufen. Gesteuert hat er den Computer mit einem Lichtgriffel, der an einem Stirnband befestigt war.

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Er hat intensiv gelernt, weil er die Sache sehr ernst genommen hat. Er hat alles auswenig gelernt, was es auswendig zu lernen gibt und er hat sich auch am Unterricht beteiligt. Die anderen Kinder haben ihn schon nach ein paar Unterrichtsstunden akzeptiert.

Er ist dann von Pfarrer Bombosch auch mit den anderen Kindern zusammen konfirmiert worden.

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Mittlerweile sind fast 20 Jahre vergangen und der Inklusions-Gedanke greift immer weiter um sich. Nur hier in diesem Bereich scheint sich nichts zu bewegen.
Ach ja! Ich hätte eigentlich auch nochmal konfirmiert werden müssen, weil ich mit meinem Sohn zusammen alles nochmal gelernt habe. Aber doppelt hält besser, was den Glauben angeht.
Bleibt nur noch ein dickes öffentliches "Danke" an Pfarrer Bombosch, falls er das zufällig mal lesen sollte.

Viele Grüße

Rainer

Brummischubser
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Friedhofsbesuch mit Hindernissen

Beitrag von Brummischubser »

Schon mal einen Rollstuhlfahrer, der auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, zum Friedhof begleitet? Nein? Dann holen wir das jetzt mal nach.

Man kommt relativ bequem mit der Linie 397 und 398 vom Rathaus Buer bis zum Hauptfriedhof, Eingang Haunerfeldstraße. Die Haltestelle dort ist ideal für Rollstuhlfahrer. Man kommt problemlos aus dem Bus rein und auch raus. Dass die Busse jeweils nur stündlich fahren, lasse ich mal außen vor.

Das Problem ist nur, dass der Hauptfriedhof sehr groß ist. Wir müssen eigentlich auf die andere Seite des Friedhofs an der Ortbeckstraße. Hier fährt ebenfalls eine Buslinie, der 244er. Mit diesem Bus ist meine Frau und mein Sohn gefahren. Dass der Busbahnhof in Buer, unter Fachleuten auch ZOB genannt, nicht so doll ist, dürfte bekannt sein. Die Sanierung ist aber breits in Planung, deshalb erwähne ich die Probleme einfach nur mal nur so.

Abgesenkte Bordsteine erfüllen einen Zweck. Dieser Zweck ist auch Leuten bekannt, die kein Handicap haben. Sie denken nur nicht darüber nach und parken die Rampe zu, so wie hier regelmässig die Busse, die Pause machen. Wir haben uns schon lange abgewöhnt, die Parkenden darauf aufmerksam zu machen. Klar, irgendwo müssen die Busfahrer ja Pause machen. Wir sehen das ein und bestehen nicht unbedingt auf einer Lücke, damit wir mit dem Rollstuhl bequem auf den gewünschten Bahnsteig kommen.

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Wir wohnen in Horst und kommen deshalb immer auf Bahnsteig 1 an. Das bedeutet, wir müssen schon an Bahnsteig 1, an der großen Treppe, den abgesenkten Bordstein runter und quer über die Busfahrbahn bis zum gewünschten Bahnsteig schieben. Ich könnte jetzt aus dramaturgischen Gründen behaupten, die ausfahrenden Busse hätten uns deswegen schon so manches Mal in eine gefährliche Situation gebracht. Aber bisher war das nie der Fall. Wir passen auf und lassen lieber mal einen Bus sausen, bevor wir uns in Gefahr begeben. Und die Busfahrer sind in der Regel auch vorsichtig, wenn sie uns mit dem Rollstuhl sehen. Den erwähnten abgesenkten Bordstein parken sie aber dennoch zu, der den Weg zum Bahnsteig erheblich verkürzen würde.
Die Bahnsteige haben ganz vorne und ganz hinten sowas wie Rampen, wo auch Rollstühle, Rollatoren und Kinderwagen problemlos auf den Bahnsteig können. Nur leider kann man den abgesenkten Bordstein am hinteren Ende des Bahnsteigs nicht benutzen. Es sei denn, man nimmt eine gewaltige Schräglage in Kauf, wenn die Räder über die Baumwurzeln fahren. Wir müssen also von vorne auf den Bahnsteig.
Gut, wie ich ja schon schrieb, wird der Busbahnhof umgebaut. Die Politiker streiten sich ja darum, welche Version gebaut werden soll. Es ist immer öfter zu hören, dass man den Fahrgästen bei einer langgestreckten zentralen Insel den Fußweg zu den einzelnen Bahnsteigen nicht zumuten kann. Sowas ruft in mir immer ein stilles Lächeln hervor. Wir müssen das immer tun und schieben noch einiges an Gewicht vor uns her.

Die Busse heutzutage sind wirklich Spitze. Das meine ich total ernst. Wir kommen ohne Hilfe rein und raus, wenn der Busfahrer nah genug an den Bordstein ranfährt und das Fahrzeug auch absenkt. Die meisten Busfahrer kennen uns schon und rühren sich deshalb nicht, wenn sie uns sehen. Diejenigen, die uns nicht kennen, sind sehr hilfsbereit. Es ist manchmal nicht einfach sie davon zu überzeugen, dass sie die installierte Rampe am Mitteleingang nicht aufklappen sollen. Manchmal sind die Fahrer so schnell, dass die Rampe schon aufgeklappt ist, bevor wir was sagen können. Woher sollen die Fahrer auch wissen, dass wir es mit der aufgeklappten Rampe viel schwerer haben in den Bus zu kommen als ohne. Wenn sie nämlich aufgeklappt ist, ist da eine Mulde, wo die Klappe vorher drin lag. Aus dieser Mulde kommt man nur schwer wieder raus,. Die kleinen Lenkräder vorne packen das nicht. In diesem Fall müssen wir den Rollstuhl also umdrehen und rückwärts mit den großen Rädern reinfahren. Und weil die lieben Zeitgenossen, die alle gut zu Fuß sind, bereits im Bus sind, haben wir keinen Platz, um den Rollstuhl wieder zu drehen. Wir müssen ja rückwärts mit den großen Rädern wieder raus. Es ist jedes Mal eine Tortur, denn freiwillig rührt sich niemand vom Fleck.
Zuletzt geändert von Brummischubser am 15.11.2015, 19:29, insgesamt 1-mal geändert.

Brummischubser
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Friedhofsbesuch mit Hindernissen

Beitrag von Brummischubser »

Meine Frau ist also mit der Linie 244 zum Hauptfriedhof an der Ortbeckstraße gefahren. Das Aussteigen dort ginge ja noch, wenn der Bus nicht gerade so zum Halten kommt, dass der Papierkorb oder der Pfahl mit dem Fahrplan direkt vor der Ausgangstür sind. Dann kommt meine Frau nur unter größten Schwierigkeiten aus dem Bus, wenn sie nicht mit dem Pfahl kollidieren will. Man mag es vielleicht nicht glauben, aber es ist uns schon oft passiert. Manche Busfahrer denken einfach nicht darüber nach, wie das ist, mit einem Rollstuhl auszusteigen. Selten zwar, aber schon passiert, senken sie noch nicht mal den Bus ab, obwohl das eigentlich nur ein kleiner Knopfdruck ist. Dass es noch Busse ohne Luftfederung gibt, kann ich mir nämlich nicht vorstellen.

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Die Haltestelle an sich sieht ja ganz ordentlich aus, jedenfalls auf den ersten Blick. Meine Frau muss in Richtung Buer laufen, wenn sie zum Grab ihres Bruders will. Sie könnte auch einen Umweg in die andere Richtung machen und dann rechts auf den Friedhof. Der Weg über die Straße wäre dann nicht so lang wie in der anderen Richtung. Dafür aber der Weg zum Grab, noch dazu mit einer stetigen Steigung. Kleinigkeit mit einem 80-Kilo-Mann vorneweg? Dann doch lieber ein kurzer und etwas steiler Berg am Tor am anderen Ende. Habe ich schon geschrieben, dass es keinen abgesenkten Bordstein gibt? Nein? Dann schreibe ich es jetzt. Sowas gibt es auf dieser Seite der Haltestelle nicht. Der Bürgersteig selber ist aber wegen der Bäume sehr eng. Zu eng für einen Rollstuhl. Meine Frau muss also auf die Straße. Wir müssen immer irgendwo auf die Straße, weil die Prioritäten auf dieser Welt eben anders gesetzt sind. Hier genießt der Parkplatz neben der Haltestelle die erwähnte Priorität. Davon kann man mal nicht eben einen Meter abzwacken, damit ein vernünftiger Bürgersteig gebaut werden kann. In diesem Leben nicht mehr. Also ab auf die Straße.

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In dem Beitrag am Busbahnhof habe ich betont, dass wir niemals einer akuten Gefahr ausgesetzt waren. Hier am Friedhof kann ich das nicht sagen. Busfahrer sind in der Regel rücksichtsvoll, Autofahrer nur selten. Letztere sind ständig bestrebt, die Pole-Position einzunehmen. Dabei spielt es auch keine Rolle, wer da vor seinem Kühler herfährt. Er will immer der erste sein und merkt nicht, dass es immer jemanden geben wird, der vor ihm ist. Der Autofahrer hasst es auch anzuhalten. Er schätzt ein, ob er vorbeikommt und wenn ja, dann fährt er auch vorbei. Es ist ihm dabei völlig egal, wie groß der Sicherheitsabstand ist. Wer mit dem Rad oder dem Moped unterwegs ist, kennt diese Angewohnheiten bestimmt ebenfalls.
Irgendwie kommen wir immer an unser Ziel und bis jetzt ist auch immer alles gutgegangen. Man kann nur hoffen, dass es auch so bleibt.
Zuletzt geändert von Brummischubser am 15.11.2015, 20:06, insgesamt 1-mal geändert.

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