Paul-Schossier-Weg - nach NS-Täter benannt

Alles über die Verstrickungen der Stadt/Bürger mit der NSDAP/Faschismus

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Emscherbruch
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Beitrag von Emscherbruch »

@Andreas:
Ich finde deinen Einsatz für die Opfer des Holocaust und Dein Interesse an den Personen klasse. Du trägst dazu bei, dass diese Zeit unserer Geschichte lebendig bleibt und nicht in der Erinnerung verblasst. Du hilfst damit, durch Recherchen und das Aufspüren von Zeitzeugen, den Menschen einen Teil ihrer Würde zurück zugeben.
Wenn es darum geht, die Täter von damals aufzuspüren und zu benennen, sollte bei den Recherchen die gleiche Sorgfalt an den Tag gelegt werden. Zum einen deshalb, um nicht selbst unglaubwürdig zu erscheinen. Zum anderen, um nicht (versehentlich) das Ansehen von Personen zu beschädigen oder sie für Dinge verantwortlich zu machen, für die sie nicht verantwortlich waren. So schwer es manchmal fällt: ein zutreffendes Bild über einen potentiellen Täter ergibt sich erst, wenn viele Informationen vorliegen und diese in den zeitgeschichtlichen Zusammenhang eingeordnet worden sind.

Als ich gestern Deine Frage las, wem die erworbenen Gebiete wohl vorher gehört hatten, fiel mir der Aufsatz von Stefan Goch ein. Ich habe das Buch rausgesucht, den Beitrag kurz überflogen und die paar Infos, die sich direkt auf deine Frage bezogen, wiedergegeben. Deine Frage war: "Wem mag denn wohl der bedeutende Grundbesitz vorher gehört haben?

Ich habe starke Vorbehalte dagegen, die Biographie Paul Schossiers so zu ergänzen, wie Du es im vorherigen Beitrag und auf der Web Site von Gelsenzentrum getan hast. Ein paar Erläuterunegn dazu.

Es ist grundsätzlich besser, Quellen zunächst persönlich zu prüfen, bevor man Fragmente daraus veröffentlicht. Ich habe nicht den Eindruck, dass Du den Aufsatz von Stefan Goch selbst gelesen hast. Ansonsten wären Dir ein paar weitere Informationen aufgefallen:

1. In dem Aufsatz wird Paul Schossier nicht namentlich erwähnt. Bei den Grundstückskäufen wird die Stadt Buer als Käufer genannt.

2. Die Grundstückskäufe fanden alle zur Zeit der kommunalen Selbstverwaltung Buers statt, also noch vor der Zusammenlegung von Gelsenkirchen und Buer und vor der Machtergreifung der Nazis.

3. Schossier war ab der Vereiniung von Gelsenkirchen und Buer nicht mehr für die Finanzen zuständig. Der folgende Text steht darum nicht mit der Person Schossiers in direktem Zusammenhang. Es macht keinen Sinn, ihn in seine Biographie aufzunehmen.
Bis 1932 wurden für den Ausbau des buerschen Grüngürtels weiteres Land angepachtet: Löchterheide, Westerholter Wald, Hülser Heide. Auch diese Gebiete gehörten zum Besitz des Hauses Westerholt-Gysenberg. Nach der Machtergreifung durch die Nazis gab es keine Grundstückskäufe für den Grüngürtel mehr. Laut Stefan Goch erstarben auch alle planerischen Aktivitäten in diesem Bereich der Komunalpolitik.
4. Die Aussage Stefan Gochs, dass die in den 20er Jahren erworbenen Ländereien dem Grafen von Westerholt gehörten, relativierst Du. Warum fügst Du das Wort "sollen" dazu?
Gelsenzentrum hat geschrieben:Die Ländereien sollen aus dem Besitz des "Grafen von Westerholt" stammen
5. In dem Aufsatz finden sich Hinweise auf Grundstücksenteignungen durch die Stadt Buer in den 20er Jahren.
Stefan Goch hat geschrieben:Die städtische Grünflächenpolitik konnte dann auch intensiver verfolgt werden, als mit der Gründung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk, und dem entsprechenden "Gesetz zur Verbandsordnung der Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk" vom 5. Mai 1920 auch die "Sicherung und Schaffung größerer von der Bebauung freizuhaltender Flächen (Wälder, Heide-, Wasserflächen und ähnliche Erholungsflächen)" zur öffentlichen Aufgabe erklärt worden war. Erst mit dem, preußischen Baumschutzgesetz von 1922 konnte dem Abholzen der verbliebenen Wälder im Ruhrgebiet langsam Einhalt geboten bzw. eine Wiederaufforstung zur (nicht immer eingehaltenen) Pflicht gemacht werden. Darüber hinaus stand der Stadt Buer nun auch die Möglichkeit der Enteignung von Flächen als Druckmittel zur Verfügung. Während ein Enteignungsverfahren für die Flächen um Schloss Berge abgelehnt wurde, wurde es im Bereich des anschließenden Lohmühletales angewandt, weil dort Grundstücksbesitzer auf höhere Grundstückspreise spekulierten.
Aus: Buersches Lesebuch, darin "Kommunale Grünflächenpolitik: Der Buersche Grüngürtel", S. 188 ff.)
Den letzten Punkt finde ich bemerkenswert: Grundstücksenteignungen in den 20er Jahren. Detailiertere Informationen werden bestimmt bei Stefan Goch zu bekommen sein.
Ich denke nur, dass bei der Einordnung dieser Vorgänge unser heutiges Rechtsempfinden allein als Maßstab nicht ausreichen wird. Wir reden hier ja über Vorgänge, die in der Zeit der Weimarer Republik stattfanden, nicht in der Zeit der Nazi-Diktatur...

GELSENZENTRUM
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Beitrag von GELSENZENTRUM »

@Emscherbruch:

Über deine ausführliche Antwort zum Thema Schossier habe ich mich sehr gefreut, zumal ich konstruktive Kritik sehr schätze!

Vor dem Hintergrund des Inhaltes der Vorschlagsbegründung zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse an Schossier habe ich die Amtszeit von Schossier einer genaueren Betrachtung unterzogen. Die Frage, die sich mir stellte, war ganz einfacher Natur: Was hat dieser Mensch faktisch "geleistet", dass eine Straße nach Ihm benannt und er einen Orden verliehen bekam, in welche Zeitfenster fielen die "Verdienste" dieses Mannes?

1. In dem Aufsatz wird Paul Schossier nicht namentlich erwähnt. Bei den Grundstückskäufen wird die Stadt Buer als Käufer
genannt.
In der Vorschlagsbegründung zur Verleihung des Ordens sind die Ankäufe als besonderer Verdienst Schossier's herausgestellt.
2. Die Grundstückskäufe fanden alle zur Zeit der kommunalen Selbstverwaltung Buers statt, also noch vor der Zusammenlegung
von Gelsenkirchen und Buer und vor der Machtergreifung der Nazis.


War das alles, was Schossier in der Zeit "geleistet" hat?

Nach der Machtübergabe 1933 an die Nationalsozialisten hat Schossier noch weitere
13 Jahre "für die Stadt gearbeitet" - Dieser Zeitraum fehlt in der Vorschlagsbegründung:
Die Durchführung des Auschwitz-Erlasses in Gelsenkirchen

Stefan Goch schreibt in seinem Buch "Mit einer Rückkehr nach hier ist nicht mehr zu rechnen". Verfolgung und Ermordung von
Sinti und Roma während des "Dritten Reiches" im Raum Gelsenkirchen über die Durchführung des Auschwitz-Erlasses in
Gelsenkirchen:

Aufgrund des Auschwitz-Erlasses wurden auch die noch in Gelsenkirchen lebenden Sinti und Roma von Gelsenkirchen nach
Auschwitz deportiert. Praktisch organisierte die staatliche Kriminalpolizei, und hier dann die Kriminalpolizeistelle
Recklinghausen mit ihrer Kriminal-Inspektion III Gelsenkirchen die Deportation der "Zigeuner" nach Auschwitz. "An den Herrn
Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen" teilte diese Behörde am 16. März 1943 mit:

"In der Anlage übersende ich Ausweispapiere von Zigeunern, die sämtlich am 10.3.43 auf Befehl des RFSS (Reichsführers-SS)
vom 16.12.1942 in das Konzentrationslager Auschwitz überführt wurden." Das Schreiben ging am 19. März 1943 bei der Stadt
Gelsenkirchen ein und erreichte noch am gleichen Tage das Stadtpolizeiamt, wo es dessen Leiter, Fritz Schenk, abzeichnete.

Das Schreiben der Kriminalpolizei hatte allerdings nur formalen Charakter, das örtliche Gelsenkirchener Stadtpolizeiamt
(22/1) war ja an der Verfolgung und der Deportation der Sinti und Roma beteiligt. Bereits am 9. März 1943 hatte der
Abteilungsleiter des Stadtpolizeiamtes, Heinrich Beßmann, die Abrechnung von Standgeldern für den Lagerplatz an der
Reginenstraße abgeschlossen und in der Nachweisliste abschließend vermerkt, daß die Menschen abtransportiert und die Wagen
verkauft seien.(...)

(...) Das "Wasserwerk für das nördl. westf. Kohlenrevier" schickte dann bereits am 25. März 1943 seine Rechnung, „Betr.:
Gelsenkirchen, Reginenstraße (Zigeunerlagerplatz)", für den Abbau der Wasserentnahmestelle. Die Rechnung in Höhe von 13,62 RM
wurde auf Anweisung von Fritz Schenk am 16. April 1943 bezahlt. Der gesamte Vermerk, der die Deportation der Sinti und Roma
von dem Platz an der Reginenstraße, den Verkauf der Wohnwagen und die Beseitigung der Spuren des Platzes festhielt, wurde
ordnungsgemäß den Dienstvorgesetzten des Stadtpolizeiamtes zur Kenntnisnahme vorgelegt.

Der zuständige Dezernent, Paul Schossier, zeichnete das Aktenstück am 11. März 1943 mit seiner Paraphe und dem Kürzel
"gesehen]" ab. Eine Paraphe des Oberbürgermeisters findet sich auf der Verfügung nicht. Der Leiter des Stadtpolizeiamtes,
Fritz Schenk, hielt allerdings handschriftlich fest, daß auch die Information des Oberbürgermeisters erledigt worden sei.

Damit hatte also die Spitze der Gelsenkirchener Stadtverwaltung zur Kenntnis genommen, daß die Bewohner des
"Zigeunerlagerplatzes" an der Reginenstraße abtransportiert worden waren, der Platz aufgelöst wurde und das Eigentum dieser
Menschen verscherbelt worden war. Daraus konnte die Stadtspitze nur schließen, daß diese Menschen nicht wiederkommen würden
und daß überhaupt keine "Zigeuner" mehr nach Gelsenkirchen kommen sollten. Wenn die hochrangigen Mitarbeiter der
Stadtverwaltung nicht naiv an eine "Umsiedlung" glaubten oder glauben wollten, konnten diese Beamten angesichts des
Kenntnisstandes von hochrangigen Mitarbeitern einer Stadtverwaltung im März 1943 eigentlich nur davon ausgehen, daß die
deportierten Menschen ermordet werden sollten. Zudem entsprach es der Logik der "Zigeunerpolitik" und des Deportationsbefehls,
daß die Deportierten nie mehr zurückkehren würden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte also auch bei den in Gelsenkirchen
an der "Zigeunerpolitik" und an der Deportation Beteiligten klar gewesen sein, daß die abtransportierten Menschen umgebracht
werden würden.

Neben dem Stadtpolizeiamt und den von diesem eingeschalteten städtischen Behörden waren auch weitere Teile der
Gelsenkirchener Stadtverwaltung an der Abwicklung der Deportationen beteiligt. Beispielsweise mußte ja das Einwohnermeldeamt
die Deportation in der Einwohnermeldekartei festhalten. Zwischen Anfang und Mitte März 1943 wurden die dort gemeldeten
„Zigeuner" von den Beamten der Meldebehörde als "n.(nach) Auschwitz abgeschoben" registriert.(...)
Zum Thema Grundstücksenteignungen in den 20er Jahren:

Mir fehlt für manches einfach die Zeit, Kannst du nicht mal beim Stefan Goch anfragen, wie sich das genau verhielt?

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Emscherbruch
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Beitrag von Emscherbruch »

GELSENZENTRUM hat geschrieben: Zum Thema Grundstücksenteignungen in den 20er Jahren:
Mir fehlt für manches einfach die Zeit, Kannst du nicht mal beim Stefan Goch anfragen, wie sich das genau verhielt?
Tja, das geht wohl so manchem hier. Ich habe Deine Antwort erst gerade entdeckt, gut einen Monat später. :?

GELSENZENTRUM
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Beitrag von GELSENZENTRUM »

Emscherbruch hat geschrieben:
GELSENZENTRUM hat geschrieben: Zum Thema Grundstücksenteignungen in den 20er Jahren:
Mir fehlt für manches einfach die Zeit, Kannst du nicht mal beim Stefan Goch anfragen, wie sich das genau verhielt?
Tja, das geht wohl so manchem hier. Ich habe Deine Antwort erst gerade entdeckt, gut einen Monat später. :?
Sogar bei der Stadtverwaltung ist die Zeit knapp...:wink:
Herr Wittenbrink von der Bezirksverwaltungsstelle Nord teilte vor knapp zwei Wochen telefonisch mit, dass " ...in Sachen Paul-Schossier-Weg mit Entscheidungen vor Sommer nicht zu rechnen ist ..."

xgv
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Beitrag von xgv »

Ich habe jetzt lange überlegt, ob ich mich hier äußern soll.

Zu meiner Person: Ich bin ein Verwandter Paul Schossiers (über die Art der Verwandtschaftsbeziehung möchte ich mich aus Gründen der Anonymität nicht äußern) und was ich hier und auf gelsenzentrum.de über ihn gelesen habe, hat das Bild, das ich von Paul Schossier hatte doch ziemlich ins Wanken gebracht.

Dennoch möchte ich einige Dinge zu bedenken geben:

- Paul Schossiers Frau Maria weigerte sich stets, in der Öffentlichkeit den Hitlergruß zu machen und machte auch sonst keinen Hehl aus ihrer ablehnenden Haltung zum NS-Regime. Dafür wäre sie laut der US Army auch beinahe ins KZ gekommen.

- Schossier äußerte sich am Tag der Machtergreifung Hitlers wie folgt gegenüber einem seiner Kinder: "Heute ist ein ganz böser Mann an die Macht gekommen".

- Schossier ist von seinem Vorgesetzten stets gedrängt worden, in die NSDAP einzutreten. Mir ist immer gesagt worden, er hätte diesem Druck widerstanden. Dass er tatsächlich Parteimitglied war, ist mir völlig neu. Offensichtlich ist es aber nicht zu leugnen. Scheinbar war es ihm aber so unangenehm, dass er es gegenüber seiner Familie verheimlicht hat.

All das weiß ich aus Gesprächen mit meiner Verwandtschaft.

Ich werde mal ein paar Nachforschungen zu dem Thema anstellen und deren Ergebnisse hier veröffentlichen.

xgv
Zuletzt geändert von xgv am 26.04.2008, 19:13, insgesamt 1-mal geändert.

Heinz
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Beitrag von Heinz »

@xgv
mir wäre auch wichtig, ein möglichst rundes Bild zu bekommen und nicht im "Gut -Böse" Schwarz Weiß stecken zu bleiben.

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moni53
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Beitrag von moni53 »

Heinz hat geschrieben:@xgv
mir wäre auch wichtig, ein möglichst rundes Bild zu bekommen und nicht im "Gut -Böse" Schwarz Weiß stecken zu bleiben.
mir auch,

ich oute mich auch als weitläufige Verwandtschaft

und bin immer noch sehr überrascht, was ich hier alles zu lesen bekam.


Moni
Dem Fröhlichen ist jedes Unkraut eine Blume, dem Betrübten jede Blume ein Unkraut. (Finnisches Sprichwort)

MichaL
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Beitrag von MichaL »

xgv hat geschrieben:was ich hier und auf gelsenzentrum.de über ihn gelesen habe, hat das Bild, das ich von Paul Schossier hatte doch ziemlich ins Wanken gebracht
Dein Ansatz, für Aufklärung zu sorgen, ist genau der Richtige. Du liest nämlich hier
im wesentlichen das, was auf gelsenzentrum.de schon steht. Und ein Mensch, der
irgendwo was veröffentlicht und diese Veröffentlichung dann an anderer Stelle als
Beleg für sich verbuchen will, muss einfach hinterfragt werden.

Nur mal als Beispiel:
Paul Schossier war von 1928 durchgehend Leiter des Schul- und Kulturdezernats. Das heißt nichts anderes als das Schossier als Schuldezernent bestens über die Vernichtungspolitik der Nazis informiert war. 1942 übernahm er zusätzlich das Rechts- und Polizeidezernat: "Richter und Henker in einer Person", die Gewaltenteilung entfiel bekanntlich unter den Nationalsozialisten.
Du solltest Dir mal diese seine "Schlussfolgerung" auf der Zunge zergehen lassen.
Da wird aus dem passiven "Informiertsein" gleich ein aktives "Richter und Henker".
Ich persönlich finde das unseriös, genau wie einige andere Mutmaßungen, die er
in diesem Thread hinterlassen hat.

Bitte schau Dir auch mal dies an (Quelle Gelsenkirchener Geschichten):
Nach der "Machtübergabe an die Nationalsozialisten" im Jahre 1933 blieb Schossier Stadtrat. 1946 wurde der Stadtrat Paul Schossier in den Ruhestand "geschickt".
Und schau Dir den gleichen Sachverhalt auf gelsenzentrum.de an:
Seitens der allierten Miltärregierung wurden dann auch keinerlei politische Bedenken gegen eine Weiterbeschäftigung erhoben. Gleichzeitig betrieb Schossier jetzt seine Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen.
Warum stellt der gleiche Autor denn einen Sachverhalt an zwei Stellen derart
unterschiedlich dar?

Wenn Du die Möglichkeit zu Nachforschungen hast, dann betreibe diese. Die
Anmerkungen von gelsenzentum solltest Du dabei m.E. sehr, sehr kritisch
bewerten und unbedingt auch auf andere Quellen zurückgreifen.
Möglicherweise kommst Du zu dem selben Schluss wie gelsenzentrum. Das wäre
für Dich persönlich bitter, dennoch solltest Du das dann hier veröffentlichen.

xgv
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Beitrag von xgv »

Danke für die positiven Rückmeldungen. Mal schauen was ich so herausfinden kann. Versprechen kann ich allerdings nichts.

Eine Anmerkung hätte ich aber noch:
Ab 1942 übernahm Schossier auch das Rechts- und Polizeidezernat. Angesichts des Vorrückens der Allierten setzte sich Schossier nach Minden ab, Schosier später gab an, dies sei auf Weisung des damaligen Oberbürgermeisters Böhmer geschehen.
Das war definitiv so. Es musste damals die ganze Stadtverwaltung nach Minden. Freiwillig ist Paul Schossier nicht gegangen. Seiner Frau wäre es lieber gewesen, wenn er sich versteckt hätte. Das hat er sich aber aus verständlichen Gründen nicht getraut. "Absetzen" ist daher aus meiner Sicht der falsche Begriff.

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exbulmker
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Beitrag von exbulmker »

Ich fände es auch gut, wenn wir hier etwas mehr Licht ins Dunkel bekämen. Ich denke, es kann nicht darum gehen, jemanden - den ich bis zur Eröffnung des Threads nicht kannte - im Nachhinein zum Kriegsverbrecher zu erklären.
Aber nach den bisherigen Informationen scheint Paul Schossier zumindest in eine Art Mitwisser- oder Mitläuferschaft verstrickt gewesen zu sein, die m.E. eine Ordensverleihung wegen besonderer Verdienste ausschließt.
Für mich wäre wichtig zu erfahren, wer die damalige Ordensverleihung initiiert und letztlich befürwortet hat - im Wissen um Schossiers Vergangenheit.

Für XGV tut es mir leid, wenn er auf diesem Wege unliebsame Informationen erhalten hat.
Aber was die jüngste Vergangenheit unser Vorfahren, in diesem Falle wohl Eltern oder Großeltern, angeht, sollten wir uns bewußt sein, daß es mehr Mitwisser und Mitläufer als Widerständler gegeben hat.
Die Friedhöfe sind voll mit Menschen, die zu Lebzeiten als unersetzlich galten.

GELSENZENTRUM
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Beitrag von GELSENZENTRUM »

MichaeL hat geschrieben:
Bitte schau Dir auch mal dies an (Quelle Gelsenkirchener Geschichten):
Nach der "Machtübergabe an die Nationalsozialisten" im Jahre 1933 blieb Schossier Stadtrat. 1946 wurde der Stadtrat Paul Schossier in den Ruhestand "geschickt".
Und schau Dir den gleichen Sachverhalt auf gelsenzentrum.de an:
Seitens der allierten Miltärregierung wurden dann auch keinerlei politische Bedenken gegen eine Weiterbeschäftigung erhoben. Gleichzeitig betrieb Schossier jetzt seine Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen.
Warum stellt der gleiche Autor denn einen Sachverhalt an zwei Stellen derart
unterschiedlich dar?

@MichaeL : Quellenkritische Betrachtung ist bei der heutigen Informationsflut unerläßlich. Lesen und Verstehen allerdings auch.

xgv
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Beitrag von xgv »

@GELSENZENTRUM:

Du könntest mal die Namen seiner Kinder in seinem Personalblatt schwärzen. Die sind für die Frage ob er ein "NS-Täter" war oder nicht irrelevant und gehen niemanden etwas an.

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froese2907
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Beitrag von froese2907 »

War dieser Schossier auch der Radio und Fernsehhändler auf der Bismarckstrasse?

xgv
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Beitrag von xgv »

So, eine Sache habe ich schonmal herausgefunden.

Paul Schossiers Schwager, der Prälat Dr. Caspar Schulte, war aktiv im Widerstand gegen Hitler. Folgendes Gespräch führte er mit Nikolaus Groß (http://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_Gro%C3%9F) am Vorabend des Attentats vom 20. Juli:
Für die Beweggründe, die Männer wie Nikolaus Groß motivierten, finden wir eine Antwort in den Memoiren des bekannten Männerseelsorgers, Prälat Caspar Schulte von Paderborn. Er sagte Nikolaus Groß am Tag vor dem Attentat: "Herr Groß, denken Sie daran, dass Sie sieben Kinder haben. Ich habe keine Familie, für die ich verantwortlich bin. Es geht um Ihr Leben". Darauf gab ihm Groß das wirklich große Wort zur Antwort: "Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen, wie wollen wir dann vor Gott und unserem Volk einmal bestehen".
http://st-dionysius.net/3kabgross.htm

All das war natürlich auch Paul Schossier bekannt, der zu Caspar Schulte ein inniges freundschaftliches Verhältnis hatte.

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moni53
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Beitrag von moni53 »

froese2907 hat geschrieben:War dieser Schossier auch der Radio und Fernsehhändler auf der Bismarckstrasse?
nein, aber auch weitläufige Verwandtschaft....


Moni
Dem Fröhlichen ist jedes Unkraut eine Blume, dem Betrübten jede Blume ein Unkraut. (Finnisches Sprichwort)

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