Bundestagswahl 2021

Gelsenkirchener Parteien gestern und heute

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matz
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von matz »

sei mir nicht böse. aber ich verspüre seit geraumer Zeit eine "Grundgesetz-Allergie". Nämlich, dass man nicht einfach sagt, dass Quotierungen und Proporze verhindern, dass die Besten ins Amt kommen und daher Schwachsinn sind, sondern immer gleich das Grundgesetz herhalten muss.

Ich stand einmal beim Fußballspiel Hertha BSC-Schalke 04 im Schalker Auswärtsblock, für den normalerweise nur Schalke-Mitglieder Karten erhalten und der laut Stadionordnung für die Heimfans tabu ist. Nun hatte sich aber doch jemand eingefunden, der ständig Berlin anfeuerte und blöde Kommentare abgab. Auf den Hinweis der Umstehenden, wen er sich schon am falschen Ort befinde, solle er doch wenigstens ruhig sein, zeigt er sich nicht etwa einsichtig, sondern krakeelte unaufhörlich, dass ihm das Grundgesetz das Recht auf freie Meinungsäußerung auch ihm Stadion garantiere. Am Ende führten ihn die Ordner raus. Stadionordnung ging doch über Grundgesetz :lol: Damals habe ich mich noch gefragt, wie jemand darauf kommt, sein dösiges, sozial inkompetentes Verhalten mit dem Grundgesetz zu rechtfertigen. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass heute selbst die vernünftigste Ansicht nur überzeugend wirkt, wenn sie mit dem Grundgesetz untermauert wird.

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Minchen
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Minchen »

So, eine neue Ministerin ist längst gefunden, wobei ich eins noch immer nicht verstanden habe: ist es jetzt vollständig egal, ob man Frau, Mann oder unentschlossen ist, oder ist es im Gegenteil das wichtigste Unterscheidungsmerkmal überhaupt? Oder beides gleichzeitig?

Nun warten wir gespannt, wer als nächstes abtritt. Die Verteidigungsministerin? Oder der Bundeskanzler?
Kassandra war doch eine furchtbare Populistin.

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Minchen
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Minchen »

Es war tatsächlich die Verteidigungsministerin. :roll:

So, bald ist schon Halbzeit, und die Umfrageergebnisse haben sich geändert.

Die Regierungsparteien haben ihre Mehrheit längst verloren, der Wähler, der Souverän ist unzufrieden. Also wendet er sich der Opposition zu. So weit, so normal. Die Herzen müssten theoretisch dem Oppositionsführer zufliegen, also der CDU. Das wäre zu erwarten, passiert aber nicht, sehr seltsam, großes Rätselraten allenthalben.
Woran mag es nur liegen?
Die Antwort ist natürlich eine Binse, die CDU nimmt ihre Oppositionsrolle gar nicht wahr, sondern stimmt meist mit der Regierung und betont bei jeder Gelegenheit, nach der nächsten Wahl gerne mit den Grünen koalieren zu wollen.
Was bleibt also dem Wähler, der auf keinen Fall die Grünen in der nächsten Regierung sehen will? Schwieriges Rätsel.

Und so sieht die aktuelle Sonntagsfrage aus:

SPD 17%
CDU 29%
GRÜNE 15%
FDP 6%
AFD 19%
LINKE 4%

Vier mittelgroße Parteien und zwei vor dem Rauswurf.

Eigentlich ganz einfach. Herr Merz müsste mal anfangen, sich von den Grünen zu distanzieren. Die sind momentan echt Kassengift.
Dann klappt's auch mit dem Wähler. :P
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Minchen
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Minchen »

Gesagt, getan.
Herr Merz möchte nun die Auseinandersetzung mit den Grünen "etwas intensivieren". Die Christdemokraten müssten dem Eindruck widersprechen, man wolle "mit denen" in eine Koalition.

https://www.welt.de/politik/deutschland ... sitesearch

Ob der Wähler es ihnen abnimmt?
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Minchen »

Sommerpause! :P
Nach den Ferien geht es in die zweite Halbzeit.

Für Gelsenkirchen sieht es nun so aus, dass die AFD den Wahlkreis 123, also Gelsenkirchen, deutlich gewinnen würde, und das Direktmandat wanderte ebenso von Herrn Töns (SPD) zu Herrn Schneider (Afd). Das berichtete die WAZ am Freitag, eine INSA-Umfrage.

Das wäre natürlich blöd für Herrn Töns, nach einer Saison im Bundestag hat er vermutlich noch nicht sehr viele Schäfchen im Trockenen. Aber vielleicht bekommt er ja einen schönen Listenplatz.
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Minchen »

So, Halbzeit! :P
Aber keine Halbzeitpause. Es geht immer weiter.

Minchen hat geschrieben:
26.03.2022, 10:11
...

Mittlerweile ist damit zu rechnen, dass gar kein Gas mehr kommt, da wir das russische nicht mehr wollen, und auch nicht deren Öl, während wir gleichzeitig versuchen, aus Steinkohle, Braunkohle und Atom auszusteigen (und zusätzlich aus dem Bildungswesen, das ist noch eine weitere Komplikation). Also quasi aus der kompletten Energieversorgung auf einmal. Dabei soll unsere Industrie irgendwie erhalten bleiben und damit unser Wohlstand. Kann vielleicht klappen, scheint mir aber unwahrscheinlich.
Bestimmt ein sehr interessantes Experiment, aber eigentlich möchte ich daran gar nicht teilnehmen. Natürlich hat mich mal wieder keiner gefragt.  :roll:

Minchen hat geschrieben:
02.06.2022, 12:34

Für mich stellt sich die Situation, in der wir uns gerade befinden, eher so dar wie in diesem 3D-Kino in unserem RuhrZoom: wir stehen in diesem Iglu, oben am höchsten Punkt, halten uns gut fest und schauen in den Abgrund.
Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik, Umweltpolitik, Geld- und Zinspolitik der EZB und unsere eigene Energiepolitik haben unser Iglu von seiner Verankerung gelöst, Coronapandemie und –maßnahmen haben unser Iglu an die Klippe befördert und der Ukraine-Krieg hat uns nun den letzten Schubs verpasst.
Fragt sich nur noch, ob wir am Ende auch so sanft in diesem Fjord landen. Ich fürchte, nicht. Stattdessen könnten wir ohne Strom, Heizung und Industrie dastehen. Ohne Wohlstand und ohne Euro. Wäre schön, wenn es anders käme. Allerdings kann ich das nicht mehr glauben.
Ich denke, mit mehr Bratkartoffeln essen ist es da einfach nicht mehr getan. Obwohl ich die natürlich heiß und innig liebe.  :mrgreen:
So, mittlerweile hat sich der Wirtschaftsminister meiner Einschätzung angeschlossen. Letzte Woche sagte er bei der Vorstellung irgendeines Strategiepapiers, wie es um unsere Industrie mittlerweile bestellt ist.
Dabei ist das ja offensichtlich, jeder weiß es. Und auch vor anderthalb Jahren, als ich das geschrieben habe, musste man wahrlich kein Prophet sein.

Der Wohlstandsverlust

Habeck selbst sagte bei der Vorstellung des Papiers laut „Bild“-Zeitung: „Wir verlieren die Industrie und damit nicht nur Arbeitgeber und Branchen, sondern einen maßgeblichen Teil des Wohlstands.“In seinem Strategiepapier machen Habeck und seine Beamten klar, was es aus Sicht des grünen Ministers braucht, um Deutschland durch diese schwierige Zeit zu schiffen. Doch sie machen eben auch deutlich, in welche Lage Deutschland sich selbst gebracht hat.
 

https://www.focus.de/politik/deutschlan ... 70489.html

Wie lange das nun so weitergeht?
Die einen sagen: zwei Jahre, bis zur nächsten Wahl.
Die anderen sagen: bis zum 8.12.2023, dann wären bei einer vorzeitigen Auflösung des Bundestages die Pensionen der Minister gesichert (wäre ja schade drum).

"Unser Wohlstand", das bedeutet nicht Flugreisen nach Mallorca, Restaurantbesuche und Playstations.
Es bedeutet funktionierende Infrastruktur, gute Schulen, gutes Gesundheitswesen, auskömmliche Renten, Unterstützungsmöglichkeiten für Bedürftige und noch viel mehr. All das zerbröselt gerade.
Fragt sich nur, was passiert, wenn das Geld weg ist.
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Minchen
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Minchen »

Die aktuelle Wahlkreisprognose ist da.

Momentan

• liegt die Kanzlerpartei in genau 0 (null) Wahlgebieten vorne,
• die CDU in 321,
• die AFD in 109 und
• die Grünen in 19.

Wobei ich nicht genau sagen kann, was ein Wahlgebiet ist, denn Wahlkreise gibt es 299. Wahrscheinlich ein feinerer Zuschnitt.

Gäbe es in unserem Wahlsystem nur die Erststimme, hätte die SPD danach genau keinen Abgeordneten im Bundestag.

Der komplette Osten ist blau, jeder einzelne Wahlkreis geht hier an die AFD, fast der komplette Westen ist schwarz, hier geht der überwältigende Teil der Wahlkreise an die CDU. Hier gibt es nur kleine grüne und blaue Einprengsel:

AFD-blau sind in unserer Gegend Gelsenkirchen, Herne, Hagen, Oberhausen und Duisburg, ein paar Wahlkreise im südlichen Rheinland-Pfalz bzw nördlichen Baden-Württemberg, sowie Ostfriesland und ein paar weitere Flecken, Grün vor allem große Städte im ganzen Westen und Berlin. Hamburg ist blaugrün geteilt und Berlin schwarzgrün.

Derweil nimmt die Abwanderung der Industrie Fahrt auf und entwickelt sich Richtung Stampede.

Mal sehen, was die Landtagswahlen nächstes Jahr im Osten ergeben. Aktuell liegt hier die AFD überall vorne.

https://www.wahlkreisprognose.de/2023/0 ... 0-prozent/
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architectus
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von architectus »

Minchen hat geschrieben:
12.12.2023, 16:24
Die aktuelle Wahlkreisprognose ist da.

Momentan

• liegt die Kanzlerpartei in genau 0 (null) Wahlgebieten vorne,
• die CDU in 321,
• die AFD in 109 und
• die Grünen in 19.

Wobei ich nicht genau sagen kann, was ein Wahlgebiet ist, denn Wahlkreise gibt es 299. Wahrscheinlich ein feinerer Zuschnitt.

Gäbe es in unserem Wahlsystem nur die Erststimme, hätte die SPD danach genau keinen Abgeordneten im Bundestag.

Der komplette Osten ist blau, jeder einzelne Wahlkreis geht hier an die AFD, fast der komplette Westen ist schwarz, hier geht der überwältigende Teil der Wahlkreise an die CDU. Hier gibt es nur kleine grüne und blaue Einprengsel:

AFD-blau sind in unserer Gegend Gelsenkirchen, Herne, Hagen, Oberhausen und Duisburg, ein paar Wahlkreise im südlichen Rheinland-Pfalz bzw nördlichen Baden-Württemberg, sowie Ostfriesland und ein paar weitere Flecken, Grün vor allem große Städte im ganzen Westen und Berlin. Hamburg ist blaugrün geteilt und Berlin schwarzgrün.

Derweil nimmt die Abwanderung der Industrie Fahrt auf und entwickelt sich Richtung Stampede.

Mal sehen, was die Landtagswahlen nächstes Jahr im Osten ergeben. Aktuell liegt hier die AFD überall vorne.

https://www.wahlkreisprognose.de/2023/0 ... 0-prozent/
Wenn Scholz jemals Treffliches gesagt hat, dann, dass es eine Zeitenwende geben wird, er meinte es allerdings anders
Ja, die Firmen, die großen haben es einfacher, die können gehen, die Kleinen kaum, der Mittelstand hat Probleme mit Mitarbeitern dazu Auftragsrückgänge, Prognosen für 2024 fallen derzeit schlecht aus, waren sie bis vor kurzem doch noch gut, aber wen wundert das ?
Wenn es dazu kommt, dass alles seinen Weg geht, dann werden die nächsten drei Wahlen im Osten die AFD salonfähig machen, es ist der Frust der Wähler, das Erkennen, dass wir getäuscht werden, schlecht regiert von der jetzigen Regierung, dazu brauchte es nicht das Verfassungsgericht, das konnte der informierte Bürger selbst sehen.
Wie auch immer Pisa war ja wohl das Ergebnis von 2022 demnächst in 2025 wir werden weiter erleben, dass es abwärts geht, Bildung lässt sich nicht allein mit Geld regeln, und schon gar nicht mit Digitalisierung, da gibt es keinen Knopfdruck, so etwas muss wachsen, gepflegt werden.
Das kann nur bedeuten, auch die AFD kann nicht mehr richten, was passiert ist, wie denn auch ?
Sie kann allenfalls verzögern, was bei uns einbricht aber das alles vermutlich auch mit Gesellschaftlichen Verwerfungen...und jetzt ?
Und was ist, wenn es Neuwahlen geben wird ? Man kann sich drehen wie man will, Deutschland erlebt eine Zeitenwende und ganz sicher nicht zum Guten...

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Benzin-Depot
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Benzin-Depot »

Der Historiker Davide Cantoni hat vor einigen Jahren die Wahlergebnisse in 11.000 Gemeinden untersucht
www.zeit.de hat geschrieben:"Wo die NSDAP erfolgreich war, ist es heute die AfD"
Der Historiker Davide Cantoni hat Wahlergebnisse in 11.000 Gemeinden untersucht. Sein Ergebnis: Es gibt eine Kontinuität in der Vorliebe für extrem rechte Parteien.[...]
Weiterlesen bitte hier:
http://www.davidecantoni.net/press/ZEIT ... 190225.pdf
„Die Menschen", sagte der Fuchs, „die haben Gewehre und schießen. Das ist sehr lästig.“
(Antoine de Saint-Exupéry / aus "Der kleine Prinz")

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Minchen
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Minchen »

Habe das Interview gelesen, aber das Ergebnis der Forschung der erscheint mir eher so wie Wer eine schöne Korrelation gefunden hat, kann sich eine irgendeine Hypothese aussuchen… :roll:

Da meint einer herausgefunden zu haben, dass es eine Kontinuität im politischen Denken durch die Generationen gibt und dass da, wo heute verstärkt die AFD gewählt wird, seinerzeit die NSDAP die meisten Wählerstimmen hatte. Er vermutet eine Weitergabe politischer Einstellungen durch die Generationen.

Meiner Meinung nach erscheint das unwahrscheinlich. Er vergisst auch irgendwie das Vorhandensein der DDR. Alle Menschen, die 1933 die NSDAP gewählt haben, sind heute ausnahmslos tot. Und die sollen, als sie noch lebten, bis 1989 brav die SED gewählt haben, dann bis heute brav die CDU und die SPD, und ihre Nachfahren auch, aber dann plötzlich, obwohl die damaligen Wähler alle tot sind und die heutigen bis vor kurzem alle brav waren, sich der AFD zugewandt haben, weil es da eine politische Tradition in der Familie oder in dem Kaff geben soll?

Glaub ich nicht.
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Braunschweiger13
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Braunschweiger13 »

Finde die Studie(n) schon ganz interessant, zumal ja die üblichen Determinanten wie Arbeitslosigkeit, Bildung, sozioökonomischer Status etc nicht geeignet sind, die Wahlerfolge der AfD (oder anderer rechter Parteien in anderen Ländern) vollständig zu erklären. Dass sich kulturelle Eigenschaften wie Fremdenfeindlichkeit über mehrere Generationen hinweg vererben, scheint in der Wissenschaft ja auch ganz gut untersucht zu sein, jedenfalls können die Autoren der Studie auf einige andere Arbeiten zu diesem Thema verweisen.
Zwei Findings der Studie bleiben bei mir hängen:
1. Bei der Wahl 2013, als die AfD noch "nur" eine Anti-Euro-Protestpartei aber nicht rechtsextrem war, konnte der Zusammenhang mit den NSDAP-Wahlergebnissen noch nicht festgestellt werden. Vier Jahre später gibt es diesen hohen Zusammenhang aber. Aus dem ALLBUS-Panel kann aber nicht rausgelesen werden, dass es NUR in den AfD-Hochburgen eine überproportional hohe Änderung der politischen Einstellungen gegeben haben könnte. 2017 passt also eher das politische Angebot zur Wählernachfrage.
2. In den Gemeinden, in denen es nach dem 2. Weltkrieg einen besonders hohen Anteil von Heimatvertriebenen (also Personen mit anderem kulturellen Erbe) gab, ist der Effekt weniger bis nicht zu sehen. Die kulturelle Homogenität einer Gemeinde wird durchbrochen.
Spannendes Thema insgesamt!

architectus
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von architectus »

Braunschweiger13 hat geschrieben:
13.12.2023, 11:24
Finde die Studie(n) schon ganz interessant, zumal ja die üblichen Determinanten wie Arbeitslosigkeit, Bildung, sozioökonomischer Status etc nicht geeignet sind, die Wahlerfolge der AfD (oder anderer rechter Parteien in anderen Ländern) vollständig zu erklären. Dass sich kulturelle Eigenschaften wie Fremdenfeindlichkeit über mehrere Generationen hinweg vererben, scheint in der Wissenschaft ja auch ganz gut untersucht zu sein, jedenfalls können die Autoren der Studie auf einige andere Arbeiten zu diesem Thema verweisen.
Zwei Findings der Studie bleiben bei mir hängen:
1. Bei der Wahl 2013, als die AfD noch "nur" eine Anti-Euro-Protestpartei aber nicht rechtsextrem war, konnte der Zusammenhang mit den NSDAP-Wahlergebnissen noch nicht festgestellt werden. Vier Jahre später gibt es diesen hohen Zusammenhang aber. Aus dem ALLBUS-Panel kann aber nicht rausgelesen werden, dass es NUR in den AfD-Hochburgen eine überproportional hohe Änderung der politischen Einstellungen gegeben haben könnte. 2017 passt also eher das politische Angebot zur Wählernachfrage.
2. In den Gemeinden, in denen es nach dem 2. Weltkrieg einen besonders hohen Anteil von Heimatvertriebenen (also Personen mit anderem kulturellen Erbe) gab, ist der Effekt weniger bis nicht zu sehen. Die kulturelle Homogenität einer Gemeinde wird durchbrochen.
Spannendes Thema insgesamt!
Oh ja, das Thema ist interessant und die Versuche die NPD zu verbieten hat natürlich dazu geführt, dass die irgendwo gelandet sind und da steht denen die AFD am nächsten.
Mit Einzug der AFD 2017 in den Bundestag ist erstmals eine Opposition aufgetaucht, bis dahin war das Regieren der Etablierten stets im Einvernehmen mit der damaligen Opposition geschehen, so richtig war keine da und letztlich sind sie gewählt worden, weil Merkel im Alleingang aus einem sicheren Drittstaat fast 2 Millionen Migranten aus Österreich zu uns geholt hat, jeder wird sich an das Desaster erinnern und manche haben auch den Zusammenhang mit dem Friedensnobelpreis erkannt, der wenige Tage danach vergeben wurde und wo Merkel aussichtsreich im Rennen war.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt...
Die AFD hat sich dann Rechtspopulistisch aufgestellt und nach internen Auseinandersetzungen mit Höcke einen Mann, den sie früher noch rausschmeißen wollten, gefunden, der heute Stimmen bringt.
Warum, weil wir schlecht regiert werden.
In Wahrheit wäre so etwas nie entstanden , wenn nicht diese Polit-Fehler gemacht worden wären und wie hat Merkel zu den Migranten gesagt "jetzt sind se nunmal da"...das kann man so auch zur AFD sagen.
Ich glaube auch nicht an das sogenannte "Forschungsergebnis" für mich steht alles im kausalen Zusammenhang mit dem, was ich Tag für Tag in der Politik erlebe , da braucht die AFD nichts mehr zu tun, die Wähler werden ihren Frust ganz sicher bei den Wahlen abladen, für mich eine Katastrophe , hätte mir eine andere Politik in all den Jahren gewünscht und nicht so dusselige Sprüche einer Kanzlerin, die zu dem Unmut der Bürger über die Flutung mit Migranten gesagt hat " Wir können ja nicht so viel falsch gemacht haben, wenn se alle zu uns wollen "
So etwas vergisst man nicht, die Konsequenzen werden folgen...

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Mechtenbergkraxler
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Mechtenbergkraxler »

Die beste Korrelation besteht wohl zu den PISA-Ergebnissen bzw. zu den Lücken in Allgemeinbildung, die sich bei Grundschülern, aber offenbar auch bei (zumindest formell) Erwachsenen täglich zeigen: Komplexität, Kompromiss, Vergleich von Argumenten, emotionsfreies Diskutieren (wie früher bei Onkel Willi auf dem Geburtstag), Zusammenhänge von hiesigen Problemen mit Ursachen im Ausland, das kleine 1x1 der Volkswirtschaft, alles böhmische Dörfer. Und überhaupt erst einmal etwas kompliziertere Ganztexte lesen (!) und verstehen können, eine Kunst, die heute nicht einmal die Abiturienten beherrschen. Wie sagte doch ein Jüngerer in der Nachbarschaft: "Inflation? Hab ich kein Problem mit. Ne anständige Lohnerhöhung und der Drops ist gelutscht." So einfach kann man sich die Welt stricken. Und dann wählt man auch ganz einfache Lösungen, in der Hoffnung, dass es auch wirklich Lösungen sind.

Die Regierung regiert reichlich unprofessionell (um es nett auszudrücken); das wird kaum einer abstreiten. Ich habe nur noch nicht herausgefunden, welche Regierung schon mal so unter Beobachtung stand und eine so geballte Ladung an Katastrophen zu bewältigen hatte: Corona Pandemie mit Zusammenbruch internationaler Wirtschaftsverflechtungen, Ukraine-Krieg mit Neuaufstellung der Energieversorgung, Wetterkatastrophen in vielen Regionen, Nahost-Konflikt und vieles mehr. Bei manchen Beiträgen höre ich raus: Da muss doch endlich mal wieder ein unkomplizierter Simpel an die Regierung, so richtig einer wie du und ich, Ausbildung braucht der nicht, vielleicht Landschaftenmaler o.ä., das reicht. Hauptsache der macht das alleine und streitet sich nicht mit anderen. Und ganz wichtig: Macht sich beliebt durch Geschenke. Wo der das Geld herkriegt, wird ihm (m) sicherlich auch rechtzeitig einfallen.

MK
"Der Optimist hat nicht weniger oft unrecht als der Pessimist, aber er lebt froher." (Charlie Rivel, Clown)

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Minchen
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von Minchen »

Mechtenbergkraxler hat geschrieben:
13.12.2023, 16:04
...
Die Regierung regiert reichlich unprofessionell (um es nett auszudrücken); das wird kaum einer abstreiten. Ich habe nur noch nicht herausgefunden, welche Regierung schon mal so unter Beobachtung stand und eine so geballte Ladung an Katastrophen zu bewältigen hatte: Corona Pandemie mit Zusammenbruch internationaler Wirtschaftsverflechtungen, Ukraine-Krieg mit Neuaufstellung der Energieversorgung, Wetterkatastrophen in vielen Regionen, Nahost-Konflikt und vieles mehr. ...
MK
Da kann ich helfen, die Antwort ist einfach: absolut jede Regierung der Welt steht gerade vor diesen Problemen.
Reagieren sie alle so unprofessionell?
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Re: Bundestagswahl 2021

Beitrag von romeospider »

Mit "Glaub' ich nicht" kommentiert man in der Regel die Sachverhalte, die in der eigenen Erfahrungswelt entweder nicht vorkommen sollten oder auch einfach unpassend erscheinen.

Sie umschreiben sicherlich auch ein mögliches Nichtwissen. Ebenso lehnt man gern einen Zusammenhang ab, wenn dieser nicht gerade schmeichelhaft ist. Das ist nicht nur einfach flachmeisig, sondern spiegelt Urerfahrungen. Wenn mein Vater (Anfang der 50-er Jahre) aus der Zeitung vorlas und berichtete, dass ein Mörder auf der Zeppelinallee entkommen sei, kommentierte er das so: Unterm Adolf wäre das nicht passiert..., den hätten sie schon längst am Machensplatz aufgehängt. An dieser Stelle muss ich allerdings hinzufügen, dass mein Vater mehrere Orden erhalten hat, weil er aus brennenden Häusern Menschen gerettet hatte.

Viele wollen einfach nicht sehen, dass Probleme lösen, ganz einfach ist. Schon meine Großmutter konnte die Pollacken nicht ausstehen und wollte sie am liebsten verjagen, besonders auch die, die plötzlich Urban hießen, obwohl vorher Urbanowski.

Was hat mein Vater davon geschwärmt, auf den weiten Feldern von Sutum zu reiten oder Schlittschuh zu laufen. Aber nein... vielerorts wurden einfach Eigentumswohnungen errichtet, mit Fahrstuhl versteht sich. Aber das hat natürlich alles seinen Preis. Schrottimmobilien zogen das ausländische Gedöns geradezu an.

Jetzt aber beginnt es langsam zu dämmern. Die Nacht der hirnlosen Hilfsbereitschaft ist schon bald vorüber. Alte und bewährte Tugenden kämpfen sich zurück: 'Rechts um und Augen geradeaus' zeigen wieder klar, wo es lang geht. Sogar die Pisa-Studie zeigt uns den Weg. Und wenn dann auch noch die geordneten Marschzüge weit nach Süden und Osten in der Kiste zu sehen sind, dann können viele sagen: 'Darauf einen Asbach Uralt'.
Wer lobt ist mächtig. Wer gelobt wird ist schwach. Wer gelobt werden möchte ist ein Sklave.

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