Bosse als Lehrer
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- Mutti hat Spaß denkt Vati
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Bosse als Lehrer
Im Zuge der Aktionen rund um das Hauptstadtjahr 2010 hat sich die IHK Nord Westfalen für Gelsenkirchen eine ganz tolle Idee einfallen lassen und setzt diese auch genauso gut um:
"Bosse als Lehrer" werden am 8.Juni in die weiterführenden Schulen gehen und sich den Fragen der Schüler aussetzen (ca. 140 "Chefs" besuchen für zwei Stunden die 41 Schulen). Im Anschluß finden Gegenbesuche der Schüler in den Betrieben statt, es werden Praktika vereinbart und weitere Aktionen untereinander verabredet.
Gestern hatten wir unseren ersten "warm up" -Termin bei der IHK, wo die Gespräche mit den Schülern vorbereitet werden. Nicht nur ich selber, sondern auch viele andere "Bosse" freuen sich schon auf diese Aktion, so dass wir auf eine positive Resonanz hoffen.
Was meint Ihr?
"Bosse als Lehrer" werden am 8.Juni in die weiterführenden Schulen gehen und sich den Fragen der Schüler aussetzen (ca. 140 "Chefs" besuchen für zwei Stunden die 41 Schulen). Im Anschluß finden Gegenbesuche der Schüler in den Betrieben statt, es werden Praktika vereinbart und weitere Aktionen untereinander verabredet.
Gestern hatten wir unseren ersten "warm up" -Termin bei der IHK, wo die Gespräche mit den Schülern vorbereitet werden. Nicht nur ich selber, sondern auch viele andere "Bosse" freuen sich schon auf diese Aktion, so dass wir auf eine positive Resonanz hoffen.
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Top!
Die resiginierende "Ich hab keine Chance - mich will eh keiner"-Einstellung ist unter Jugendlichen heute (nicht ohne Grund) weitverbreitet. Da wird es wie Balsam sein, wenn die "Bosse" persönlich in die Schule kommen, und ihr Interesse an den jungen Leuten bekunden.
Darf man wissen, wer da so kommt?
Die resiginierende "Ich hab keine Chance - mich will eh keiner"-Einstellung ist unter Jugendlichen heute (nicht ohne Grund) weitverbreitet. Da wird es wie Balsam sein, wenn die "Bosse" persönlich in die Schule kommen, und ihr Interesse an den jungen Leuten bekunden.
Darf man wissen, wer da so kommt?
- timo
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- Registriert: 29.04.2008, 23:48
- Wohnort: Meerbusch-Büderich (früher Beckhausen u. Bulmke)
Ich sehe da nur zwei Dinge aufeinanderprallen: Auf der einen Seite die Chefs, die in die Schulen gehen und generelles Interesse an Auszubildenden bekunden, auf der anderen Seite Schüler, die aufgrund individueller (empfundener) Nachteile auf dem Arbeitsmarkt (schlechte Noten in Kernfächern, Migrationshintergrund etc.) der Ansicht sind, daß sie sowieso niemand will.pito hat geschrieben:Die resiginierende "Ich hab keine Chance - mich will eh keiner"-Einstellung ist unter Jugendlichen heute (nicht ohne Grund) weitverbreitet. Da wird es wie Balsam sein, wenn die "Bosse" persönlich in die Schule kommen, und ihr Interesse an den jungen Leuten bekunden.
Trotzdem: Wenn's den einen oder anderen motiviert, ein paar ernsthafte Bewerbungen zu schreiben, anstatt sich als Jugendlicher gleich mit einem Leben von Hartz IV anzufreunden, ist es die Sache auf jeden Fall wert.
- Mutti hat Spaß denkt Vati
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- Registriert: 30.01.2008, 07:12
Klar! Ich hab ne ellenlange Liste mit dem "Who is who" aus GE, wenn auch einige große Unternehmen fehlen (ich hab "S****fricke und Pilki****n (keine Werbung!) vermisst), aber ansonsten sind alle da); sei nicht böse, aber zum Tippen ist mir die Tabelle zu lang...
Was ich übrigens sagen werde, hat der eine oder andere von Euch hier in den GG schon gelesen; mein Tenor wird lauten "Wer sich nicht bemüht, hat auch keine Chance!"
Was ich übrigens sagen werde, hat der eine oder andere von Euch hier in den GG schon gelesen; mein Tenor wird lauten "Wer sich nicht bemüht, hat auch keine Chance!"
Das ist eine sehr lobenswerte und gute Initiative!
Ein ehemaliger IBM-Mitarbeiter im Vorruhestand erzählte mir vor einiger Zeit, dass er als eine Art senior consultant im Informatik-Bereich der Gesamtschule Horst sehr gute Erfahrungen gemacht hat und das Ganze auch für die Schüler sehr gewinnbringend war.
Zumal ihr als "Bosse" auch ein ganz anderes standing habt, wenn ihr von "außen" in die Schulen kommt!
Viel Erfolg, und berichte unbedingt weiter davon!
Ein ehemaliger IBM-Mitarbeiter im Vorruhestand erzählte mir vor einiger Zeit, dass er als eine Art senior consultant im Informatik-Bereich der Gesamtschule Horst sehr gute Erfahrungen gemacht hat und das Ganze auch für die Schüler sehr gewinnbringend war.
Zumal ihr als "Bosse" auch ein ganz anderes standing habt, wenn ihr von "außen" in die Schulen kommt!
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Selbstverständlich klauen Dir Ausländer Deinen Job! Aber wenn Dir jemand ohne Geld, Kontakte und Sprachkenntnisse Deinen Job wegnehmen kann, bist Du vielleicht einfach nur Scheiße!“ Louis C.K.
Que hora son mi corazon! (Manu Chao)
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- Mutti hat Spaß denkt Vati
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Hab ich schon mal an meiner alten "Penne" im Rahmen von "Berufsvorbereitung" gemacht: die Abschlussklasse hat zwar "Löcher in den Bauch gefragt", aber nur einer von ihnen hat nach nem Praktikum gefragt. Danach hab ich mit ihnen einen "Einstellungstest" gemacht, und die Resonanz war einfach köstlich: ich hab nen Bogen mit zwanzig banalen Fragen verteilt (multiple-choice). Nach zehn Minuten hab ich gesagt "Danke, das war`s!" und jeder konnte seinen Bogen behalten. Dann hab ich ihnen erklärt "Wisst Ihr, ich wollte eigentlich nur beobachten, wie Ihr an die Aufgabe drangeht, ob als Team oder als Einzelkämpfer, ob oberflächlich oder hoch konzentriert arbeitet." Der "Aha-Effekt" war riesengroß, und alle hatten ihren Spaß.blockka04 hat geschrieben:.. sehr gute Erfahrungen gemacht hat und das Ganze auch für die Schüler sehr gewinnbringend war.
Viel Erfolg, und berichte unbedingt weiter davon!
(Den, der das Praktikum machen wollte, hab ich danach für 14 Tage eingeladen, und jetzt will er lieber "ne Lehre machen", als, wie ursprünglich geplant, Maschinenbau zu studieren. )
- uweka
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Bosse als Lehrer
Ich sehe diese Aktion auch durchweg positiv.
Es kann für Unternehmen und Schulen / Schüler nur positiv sein.
Gut wäre es, wenn sich daraus eine Aktion mit Nachhaltigkeit entwickeln würde.
Es kann für Unternehmen und Schulen / Schüler nur positiv sein.
Gut wäre es, wenn sich daraus eine Aktion mit Nachhaltigkeit entwickeln würde.
Das Eine schließt das Andere ja nicht aus.Mutti hat Spaß denkt Vati hat geschrieben: (Den, der das Praktikum machen wollte, hab ich danach für 14 Tage eingeladen, und jetzt will er lieber "ne Lehre machen", als, wie ursprünglich geplant, Maschinenbau zu studieren. )
Kein AKW in der Robergstraße.
Es wird nicht immer ein Weg draus, wenn sich mal wer mit der Planierraupe verfährt.
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- Stadtgarten
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Vieleicht kann die schule ja mit den einzelnen firmen so zusammenarbeiten, das Schüler nach der Schule in einer ausbilldung vermittelt werden, sei es durch ein vorpraktikum in dem die chefs sich ein Bild von dem Schüler machen können oder auch anders wie.
Man sagt immer heut zu tage braucht man Vitamin B um in einem Job zu kommen, daher finde ich dieses Projekt sehr gut, und würde mir wünschen das es weiter ausgebaut wird und die schulen bzw die Klassenlehrer auch den Kontakt zu den Firmen halten. Auch kann der Lehrer dann Schüler welche geeignet erscheinen so versuchen zu vermitteln.
Man sagt immer heut zu tage braucht man Vitamin B um in einem Job zu kommen, daher finde ich dieses Projekt sehr gut, und würde mir wünschen das es weiter ausgebaut wird und die schulen bzw die Klassenlehrer auch den Kontakt zu den Firmen halten. Auch kann der Lehrer dann Schüler welche geeignet erscheinen so versuchen zu vermitteln.
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Meinst Du so wie in Hassel:Stadtgarten hat geschrieben:Vieleicht kann die schule ja mit den einzelnen firmen so zusammenarbeiten, das Schüler nach der Schule in einer ausbilldung vermittelt werden, sei es durch ein vorpraktikum in dem die chefs sich ein Bild von dem Schüler machen können oder auch anders wie.
http://www.boh-hassel.org/Partnersch.html
- Stadtgarten
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Genau sowas meinte ich, das müsste es an allen schulen geben.MichaeL hat geschrieben:Meinst Du so wie in Hassel:Stadtgarten hat geschrieben:Vieleicht kann die schule ja mit den einzelnen firmen so zusammenarbeiten, das Schüler nach der Schule in einer ausbilldung vermittelt werden, sei es durch ein vorpraktikum in dem die chefs sich ein Bild von dem Schüler machen können oder auch anders wie.
http://www.boh-hassel.org/Partnersch.html
Die Aktion ist sicherlich sehr gut. Ich bin mir auch sicher, dass viele Bosse einen "Schulschock" erleiden werden, wenn sie 20 oder 30 Jahre in keiner Schule waren.
Für Schüler kann es eine wertvolle Information und hoffentllich auch Motivation darstellen.
Gleichzeitig sollte es auch klar sein, dass Bosse "gute" Azubis suchen - die sind rar und umkämpft. Leider bleiben nach wie vor viele nicht so gute Schüler oder Schüler, die von Eltern alleingelassen werden, auf der Strecke. Dazu gehören oftmals auch Kinder mit Migrationshintergrund - die haben es nachweislich schwerer, auch wenn Kompetenz, Schulabschluss und Sprachkenntnisse gut sind.
Für Schüler kann es eine wertvolle Information und hoffentllich auch Motivation darstellen.
Gleichzeitig sollte es auch klar sein, dass Bosse "gute" Azubis suchen - die sind rar und umkämpft. Leider bleiben nach wie vor viele nicht so gute Schüler oder Schüler, die von Eltern alleingelassen werden, auf der Strecke. Dazu gehören oftmals auch Kinder mit Migrationshintergrund - die haben es nachweislich schwerer, auch wenn Kompetenz, Schulabschluss und Sprachkenntnisse gut sind.
Die Ex-Gelsenkirchenerin
Ein bisschen böse vielleicht, aber leider hart an der Wirklichkeit!
http://www.sakurai-cartoons.de/images/g ... zieher.gif
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So, wie versprochen, mein Report: (noch vor der WAZ, hihihi)
Die IHK hatte uns an eine Hauptschule in Erle vermittelt, und weil wir uns außerdem dazu bereit erklärten, auch in eine achte Klasse zu gehen, wurden wir von der dortigen Berufsberaterin für je 45 Minuten in jeweils eine Klasse eingeteilt. Doch in der (wie sich als richtig herausstellte) viel zu kurzen Zeit hätten wir nichts erreicht; deshalb wollten wir zwei Doppelstunden geben.
Pünktlich um halb neun erreichten wir die Schule, und zur zweiten Stunde nahm uns der Klassenlehrer der 8 A mit. Gespannte Neugier bei den Schülern, als wir uns und unser Unternehmen vorstellten. Wir hatten auch noch einige Produkte mitgebracht, und der Großteil der Schüler verlor scheinbar das Interesse – bis wir endlich den Kern unseres Besuchs ausführten: worauf es im (Berufs-) Leben wirklich ankommt. Plötzlich waren alle hellwach, diskussionsfreudig, neugierig und fit. Die Frage „Was willst Du später machen?“ konnte jeder beantworten; die Antwort „Ach, ich hab doch eh keine Zukunft!“ hörten wir zum Glück nie – kein Wunder, denn in dieser Schule wird „hart am Schüler“ gearbeitet, und so etwas merkte man sofort.
Da wir sowohl den Industriekaufmann/frau als auch den Holzmechaniker/in als Ausbildungsgebiet anbieten, haben wir von der Wichtigkeit des Praktikums gesprochen. Und als wir dann die Tabelle „Ausbildungsvergütung für jeden Lehrberuf“ auf den Projektor legten, hörten wir ein ehrliches „Boah, so viel gibt`s für diesen Job?“ aus den verschiedensten Mündern. Für mich ein schönes Gefühl, hieß es doch bisher immer „Ach, Hauptschüler lernen doch am besten nur, nen Hartz IV- Antrag auszufüllen…“ Schließlich haben wir über das Bewerbungsgespräch, das Vorstellungsgespräch und Eignungstests geredet. Ich habe einem Schüler ne Visitenkarte in die Hand gedrückt, dazu hab ich versprochen: „Jeder, der mich anruft und es wirklich will, mit dem übe ich kostenlos und professionell ein Bewerbungsgespräch!“ – und jetzt bin ich gespannt, ob das fruchtet.
Nach 90 Minuten war eine Pause angesagt, und es ging in die zweite Klasse. „Vorsicht, dieser Klasse eilt ein Ruf voraus. Wenn Sie keine Lust haben, können Sie ruhig abbrechen“, begleitete uns die Warnung der Berufsberaterin. Huch, dachte ich, fliegen jetzt die Messer, oder was meinte sie?
Alles Quatsch, die Klasse hatten wir genauso im Griff wie die erste. Okay, die kleinen waren ein bisschen unruhiger, ein wenig frecher, ein wenig kratziger – aber wer war als „kleiner Köttel“ nicht auch mal frech, wenn da ältere Klugscheisser auftreten und mir etwas vom „Leben“ erzählen wollten? Hier hatten wir die „Rädelsführer“ schnell ausgemacht, doch spätestens beim Punkt „Na, und was willst Du mal machen?“ wurden die Racker ganz kleinlaut: „Na, ich hab noch nix gesucht“ – „Na, dann kannste ja auch nix finden!“ – „Ja, ja!“ - Unser Angebot nach nem Praktikum wurde zwar aufgenommen, hier - glaube ich aber - mit weniger Verve. Ansonsten die gleiche Resonanz: jeder will!
Nach zwei Doppelstunden waren wir fix und alle; im Lehrerzimmer besprachen wir unser Feedback mit Berufsberaterin und beiden Klassenlehrern. Das Fazit: Lehrerzimmerkaffee ist mir zu dünn. Enge Zusammenarbeit mit der Schule, ein Gegenbesuch in unserer Firma, Bewerbungstraining, vielleicht einige Perspektiven. Und um 15.°° Uhr dann, per Mail, die erste Reaktion aus der Pressestelle der IHK: „Bosse als Lehrer“ ist ein riesiger Erfolg: für die Schulen, die Schüler und die Bosse.
Mein Fazit zu dieser Aktion: Anstrengend, aber es bleibt ein gutes Gefühl. Ich bin mit Vorurteilen in die Hauptschule gegangen – und habe mich mit dem Wissen verabschiedet, dass man sich so etwas wie „Perspektivlosigkeit“ auch einreden kann.
PS: hab mich bei meinem Sohn (Gymnasium 11 Klasse) informiert: „Puh, Papa, wir hatten nen pressegeilen Architekten in der 5. Stunde, der uns einen 40-minütigen Vortrag gehalten hatte, welche Häuser der alle geplant hat. Es gab weder Diskussion noch Fragen; stattdessen hat der seinen eigenen Fotografen mitgenommen, der seinen Chef bestimmt tausendmal geknipst hat. Es war langweilig, wir haben nix gelernt, und die Aktion war doof!“ So kann man das auch sehen, so kann man das auch machen!
Grüsse,
Euer "Mutti"
Die IHK hatte uns an eine Hauptschule in Erle vermittelt, und weil wir uns außerdem dazu bereit erklärten, auch in eine achte Klasse zu gehen, wurden wir von der dortigen Berufsberaterin für je 45 Minuten in jeweils eine Klasse eingeteilt. Doch in der (wie sich als richtig herausstellte) viel zu kurzen Zeit hätten wir nichts erreicht; deshalb wollten wir zwei Doppelstunden geben.
Pünktlich um halb neun erreichten wir die Schule, und zur zweiten Stunde nahm uns der Klassenlehrer der 8 A mit. Gespannte Neugier bei den Schülern, als wir uns und unser Unternehmen vorstellten. Wir hatten auch noch einige Produkte mitgebracht, und der Großteil der Schüler verlor scheinbar das Interesse – bis wir endlich den Kern unseres Besuchs ausführten: worauf es im (Berufs-) Leben wirklich ankommt. Plötzlich waren alle hellwach, diskussionsfreudig, neugierig und fit. Die Frage „Was willst Du später machen?“ konnte jeder beantworten; die Antwort „Ach, ich hab doch eh keine Zukunft!“ hörten wir zum Glück nie – kein Wunder, denn in dieser Schule wird „hart am Schüler“ gearbeitet, und so etwas merkte man sofort.
Da wir sowohl den Industriekaufmann/frau als auch den Holzmechaniker/in als Ausbildungsgebiet anbieten, haben wir von der Wichtigkeit des Praktikums gesprochen. Und als wir dann die Tabelle „Ausbildungsvergütung für jeden Lehrberuf“ auf den Projektor legten, hörten wir ein ehrliches „Boah, so viel gibt`s für diesen Job?“ aus den verschiedensten Mündern. Für mich ein schönes Gefühl, hieß es doch bisher immer „Ach, Hauptschüler lernen doch am besten nur, nen Hartz IV- Antrag auszufüllen…“ Schließlich haben wir über das Bewerbungsgespräch, das Vorstellungsgespräch und Eignungstests geredet. Ich habe einem Schüler ne Visitenkarte in die Hand gedrückt, dazu hab ich versprochen: „Jeder, der mich anruft und es wirklich will, mit dem übe ich kostenlos und professionell ein Bewerbungsgespräch!“ – und jetzt bin ich gespannt, ob das fruchtet.
Nach 90 Minuten war eine Pause angesagt, und es ging in die zweite Klasse. „Vorsicht, dieser Klasse eilt ein Ruf voraus. Wenn Sie keine Lust haben, können Sie ruhig abbrechen“, begleitete uns die Warnung der Berufsberaterin. Huch, dachte ich, fliegen jetzt die Messer, oder was meinte sie?
Alles Quatsch, die Klasse hatten wir genauso im Griff wie die erste. Okay, die kleinen waren ein bisschen unruhiger, ein wenig frecher, ein wenig kratziger – aber wer war als „kleiner Köttel“ nicht auch mal frech, wenn da ältere Klugscheisser auftreten und mir etwas vom „Leben“ erzählen wollten? Hier hatten wir die „Rädelsführer“ schnell ausgemacht, doch spätestens beim Punkt „Na, und was willst Du mal machen?“ wurden die Racker ganz kleinlaut: „Na, ich hab noch nix gesucht“ – „Na, dann kannste ja auch nix finden!“ – „Ja, ja!“ - Unser Angebot nach nem Praktikum wurde zwar aufgenommen, hier - glaube ich aber - mit weniger Verve. Ansonsten die gleiche Resonanz: jeder will!
Nach zwei Doppelstunden waren wir fix und alle; im Lehrerzimmer besprachen wir unser Feedback mit Berufsberaterin und beiden Klassenlehrern. Das Fazit: Lehrerzimmerkaffee ist mir zu dünn. Enge Zusammenarbeit mit der Schule, ein Gegenbesuch in unserer Firma, Bewerbungstraining, vielleicht einige Perspektiven. Und um 15.°° Uhr dann, per Mail, die erste Reaktion aus der Pressestelle der IHK: „Bosse als Lehrer“ ist ein riesiger Erfolg: für die Schulen, die Schüler und die Bosse.
Mein Fazit zu dieser Aktion: Anstrengend, aber es bleibt ein gutes Gefühl. Ich bin mit Vorurteilen in die Hauptschule gegangen – und habe mich mit dem Wissen verabschiedet, dass man sich so etwas wie „Perspektivlosigkeit“ auch einreden kann.
PS: hab mich bei meinem Sohn (Gymnasium 11 Klasse) informiert: „Puh, Papa, wir hatten nen pressegeilen Architekten in der 5. Stunde, der uns einen 40-minütigen Vortrag gehalten hatte, welche Häuser der alle geplant hat. Es gab weder Diskussion noch Fragen; stattdessen hat der seinen eigenen Fotografen mitgenommen, der seinen Chef bestimmt tausendmal geknipst hat. Es war langweilig, wir haben nix gelernt, und die Aktion war doof!“ So kann man das auch sehen, so kann man das auch machen!
Grüsse,
Euer "Mutti"