Ich - der fünfte Beitrag

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Ich - der fünfte Beitrag

Beitrag von Verwaltung »

Ich, der fünfte
Natürlich weiß ich nicht mehr, was da genau los war im Februar 1951, aber es war Winter und wahrscheinlich kalt. Der Krieg war noch nicht lange her und in den Straßen lagen noch hier und da Trümmer, die von den fürchterlichen Geschehnissen zeugten.
Die Auguststraße muss wohl weitgehend verschont geblieben sein, nur an der Ecke zur Cranger Straße drängt sich mir ein Trümmergrundstück ins Gedächtnis. In der Auguststraße 3, im Erdgeschoss, wohnten seinerzeit meine Großeltern und natürlich ihre drei Kinder und der kleine Hund meiner Tante.
BildMeine Mutter (2. von rechts) und ihre Familie
BildMein Vater (links) und seine Familie
Die Wohnungen in den Zechenhäusern hatten drei Zimmer. In der Küche gab es ein Waschbecken für alles, was mit Wasser zu tun hatte, also Kochen, Putzen, Waschen, Trinken. Die Toiletten waren draußen auf dem Hof neben den Ställen.
Meine Mutter war die älteste von den drei Geschwistern und im Februar 1951 war sie hochschwanger.
Ein paar Straßen weiter, in der Hermannstraße, wohnten die Eltern meines Vaters mit ihren Söhnen, ebenfalls in einem Zechenhaus aber im Dachgeschoss.
Mein Vater hatte noch zwei Brüder, von denen der älteste gerade bei einem Unfall auf der Zeche umgekommen war. Den Krieg hatten sie alle überlebt und dann ist da so ein Bagger in eine Baugrube gerutscht und hat drei Männer unter sich begraben. Onkel Willi war gerade mal im dritten Jahr verheiratet, die Tochter war ein Jahr alt und mit dem Sohn war seine Frau schwanger, als es passierte. Man sagte, der Baggerfahrer sei betrunken gewesen.
Mein Vater war 1947 aus der Gefangenschaft gekommen, hatte 1948 meine Mutter kennen gelernt und 1949 geheiratet.
BildDie Hochzeitsgesellschaft und mittendrin das junge Paar, rechts daneben, die Eltern
meiner Mutter und links daneben, die meines Vaters

Beim Tanzen, bei Achenbach hatten sie sich verliebt, am 1. Oktober, da hatten sie beide Geburtstag und eigentlich wollten sie auch am ersten Oktober heiraten aber da kam dann der Unfall meines Onkels dazwischen. Deshalb mussten sie die sechswöchige Trauerzeit einhalten, aber am 27. November war es dann soweit.

BildBildMeine Eltern im Zeichen ihrer jungen Liebe
Von alledem hatte ich aber nichts mitbekommen, denn ich wiegte mich noch im Fruchtwasser im Bauch meiner Mutter. Am 28. Februar 1951 hielt ich es dann nicht mehr aus oder vielleicht war es auch meine Mutter, die es nicht mehr aushielt. Eine Hebamme musste her, in die Auguststraße, was sage ich, nicht eine, sondern DIE Hebamme musste her, die mit dem Fahrrad, die Else Scharna. Wie vielen Kindern sie in Erle genau auf die Welt geholfen hat, weiß wohl niemand, außer es steht in irgend einer Statistik, aber es waren sehr viele Kinder und die Frauen die sie betreut hatte, fühlten sich gut aufgehoben.
Irgendwann am späten Abend hörte man Kindergeschrei aus der Erdgeschosswohnung und die Männer, die sich ins „dritte“ Zimmer zurück gezogen hatten, prosteten sich zu. Ein Junge, es war ein Junge, gleich beim ersten Mal, ein Stammhalter.

BildEines meiner ersten Fotos, mit meinen stolzen Eltern
Was da alles sonst noch so passierte, an diesem kalten Februartag und was in den folgenden Jahren geschah, weiß ich nicht mehr so genau oder besser gesagt, ich weiß nur noch die gravierenden Dinge.

Neun Monate nach meiner Geburt war meine Mutter wieder schwanger und nun wurden die drei Zimmer in der Auguststraße wirklich zu eng für sechs Personen.
Vor der Geburt meines Bruders zogen wir in den Klockenbrink, in die erste eigene Wohnung. Einige Zeit später bekamen wir dann eine Wohnung im Haus eines Onkels meines Vaters, in der Baldurstraße. Dort hatten wir zwei Zimmer, die Toilette befand sich im Treppenhaus. Es war, beziehungsweise ist, ein relativ kleines Haus aber in den Anfangsjahren nach dem Krieg haben dort in insgesamt 14 Zimmern acht Familien gelebt.
Zuletzt geändert von Verwaltung am 07.06.2014, 20:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Verwaltung »

Wir wohnten im Erdgeschoss, die Wohnküche hatte das Fenster zur Straße und das Schlafzimmer zum Hof hinaus. Auf dem Hof befanden sich links und rechts Stallgebäude, links waren es kleinere Kohlenbunker und rechts standen größere Ställe, in denen in der ersten Zeit, in der wir dort wohnten, noch Tiere gehalten wurden. Im ersten Stall hauste ein Schwein und im zweiten Stall waren Kaninchen und ein paar Hühner zuhause. Wem die Tiere gehörten, daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern, ich weiß nur, dass wir vor dem Schwein einen ordentlichen Respekt hatten.
Nach einiger Zeit zogen auch die Eltern meines Vaters in dieses Haus, denn Vaters Bruder hatte ebenfalls geheiratet und erhielt nun die Wohnung in der Hermannstraße für sich und seine Familie.
Meine Kindheit erlebte ich allerdings größtenteils in der Auguststraße bei Oma, Opa und den beiden Geschwistern meiner Mutter. Sie holten mich regelmäßig aus der Baldurstraße ab und nach Hause musste ich nur sporadisch.
Mein Vater arbeitete als Bergmann auf der Zeche, Graf Bismarck 2/6/9, und in dieser Zeit machte er oft „doppelt“ und am Wochenende musste er auch oft ran. Wenn er zuhause war, brauchte er Ruhe, um wieder Kraft zu schöpfen. Eigentlich hatte er Gießer und Former gelernt, aber nach dem Krieg war‘s gut, wenn man auf der Zeche war, denn dann kriegte man Care-Pakete und wurde bei der Wohnungsvergabe bevorzugt.
Mutter hatte Näherin gelernt, allerdings nach dem Krieg bei keiner Firma mehr gearbeitet. Sie nähte höchstens für die Nachbarschaft, zuerst Mäntel aus alten Decken oder sie trennte alte Kleidungsstücke auf und verarbeitete sie zu Neuen. Etwas später bekam sie eine Strickmaschine, eine „Knittax“ und von da an bestand unsere Kleidung für längere Zeit komplett aus Wolle.

BildDas Bild zeigt meinen kleinen Bruder und mich in selbstgestrickten Wollhosen
Oma und vor allen Dingen mein Opa hatten da viel mehr Zeit für uns Kinder und auch wenn sie es nie wahr haben wollten, so hatte ich doch zudem noch das Privileg des Erstgeborenen und somit ein Dauerbleiberecht bei den Großeltern. Mein Opa, der Frührentner war, ging oft mit mir in den nahe gelegenen Eulenbusch. Da machten wir Jagd auf Hasen auf eine ganz besondere Weise. Oma gab mir immer etwas Salz in einer Tüte mit. Opa hatte mir erklärt, wenn ich einen Hasen sähe, dann müsste ich mich ganz leise heran schleichen und vorsichtig dem Tier etwas Salz auf den Schwanz streuen. Das würde ihn für eine Weile lähmen und so könnte man ihn packen und nach Hause tragen. Unser Jagdglück war wohl nicht der Rede wert, denn die Hasen hatten immer etwas dagegen, wenn man sich von hinten näherte, wahrscheinlich war es auch nicht das richtige Salz.
Da ging es wohl leichter mit den Tauben, die von den Nachbarn gehalten wurden und von denen wir dann auch mal eine ab bekamen oder manchmal auch nur ein paar Eier. Das Schicksal dieser Tiere möchte ich hier unerwähnt lassen. Bliebe nur zu sagen, dass ich weder Taubeneier noch Taubensuppe mochte.
Bild
Opa malte Bilder, schnitzte Figuren und bastelte an Erfindungen. So kann ich mich an einen Elektrisierapparat erinnern, der einem kleine Stromstöße verpasste, ähnlich wie der Reizstrom beim Physiotherapeuten. Ein anderes Mal baute er einen Zigarettenspender, eine Kiste, bei der auf Knopfdruck jeweils eine Zigarette herauskam und noch viele Dinge mehr.
Dann heiratete zuerst der Bruder meiner Mutter und zog mit seiner Frau in eine eigene Wohnung und danach brachte auch Mutters Schwester ihren Freund mit nach Hause und dieser Mann war eine Sensation, denn er besaß ein eigenes Auto.
Es war ein kleiner dreirädriger Laster, mit dem er wochentags mit seinem Vater zum Markt fuhr, um dort Obst und Gemüse zu verkaufen. Abends kam er dann aber angefahren und wir durften mit ihm so manche Runde drehen.
Zuletzt geändert von Verwaltung am 07.06.2014, 20:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Verwaltung »

Fortsetzung:

In dieser Zeit passierte einmal etwas ganz Schlimmes. Vorher hab ich schon einmal erwähnt, dass zu dem Haushalt in dem die ganzen Leute nebst meinen Eltern und mir wohnten auch eine kleine Hündin gehörte. Ihr Name war Nixe und sie gehörte meiner Tante. Nixe, ein kleiner schwarzer Mischling aus Spitz und Foxterrier war schon sehr betagt. Sie wackelte durch die Wohnung, durfte manchmal auf den Hof aber hatte keine Lust mehr auf größere Spaziergänge. Gassi gehen konnte man ja auch wunderbar auf den Wegen, bei den Gärten, hinter den Ställen. Da hatte wohl jeder Bergmann ein kleines Stück Land für Gemüse und ein paar Stachel- und Johannisbeersträucher. Das Gemüse und die Stachelbeeren waren für den Verzehr und aus den Johannisbeeren wurde Aufgesetzter gemacht, der dann an einer der viele Familienfeiern die es so gab, auf den Tisch und in die Kehlen der Erwachsenen kam.
Eines Tages war Herbert, so hieß der Freund oder vielleicht auch schon Verlobter meiner Tante, wieder mal zu Besuch. Sein kleiner Dreiradlaster stand auf dem Hof. Als er nach Hause fahren wollte bemerkte er nicht, dass Nixe sich hinter einen seiner Reifen gelegt hatte um dort ein wenig auszuruhen. Er fuhr rückwärts und besiegelte so das Schicksal dieses kleinen Hundes. Es hat nicht viel gefehlt, dann wäre es auch das Ende der Beziehung zwischen Herbert und meiner Tante gewesen. Wie er es wieder gut gemacht hat weiß ich nicht aber es hat geklappt und einige Zeit später waren sie dann Mann und Frau. Nun bewohnten die beiden das „dritte“ Zimmer und bald schon kündigte sich auch bei ihnen Nachwuchs an.
Das war auch die Zeit in der die erste von meinen Schwestern geboren wurde und so wurde die Familie immer größer. Es war Silvester 1956, ich war fünf und lag bei Oma im Schlafzimmer im Bett. Da klopfte jemand heftig an die Scheibe, so dass Oma in der Küche es auch hören konnte. Die kam ins Schlafzimmer gestürmt und machte das Fenster auf. „Es ist ein Mädchen“, vernahm ich die Stimme meines Vaters. Dann wurde noch ein wenig geplauscht und dann ging er hastig weiter ins Erler Krankenhaus, wo meine Mutter mit der kleinen Schwester lag. Seither wurde bei uns Silvester immer ganz groß gefeiert und für jedes Lebensjahr meiner Schwester wurde eine Rakete in den Himmel geschickt.
Ach ja, das Feiern. Irgendwie, meine ich, hatte das Feiern früher eine andere Kultur oder ich bin in meiner Erinnerung so verblendet, dass ich den Festen von damals einen viel zu hohen Stellenwert beimesse.
In unserer Familie und im Umkreis von Verwandten, Bekannten und Nachbarn gehörten die Feiern fest zum Jahreskreis und das waren nicht nur die festen Feiertage und Geburtstage.
Man traf sich und irgendwann war die Bude voll, es standen Getränke auf dem Tisch und es wurde mit kargen Mitteln etwas zu Essen gezaubert. Mein Onkel Herbert hatte ein Schifferklavier auf dem er jeden Schlager und Gassenhauer spielen konnte und Mutters Bruder, Onkel Edelbert steckte ein paar Teelöffel in eine leere Glasflasche und schlug, die Flasche in der Hand, mit dem Ellenbogen im Rhythmus gegen den Türrahmen. Dazu schallte es aus vielen Kehlen. „Ach Egon, Egon, Egon….“ oder „Anneliese ach Anneliese…“ oder „Das alte Försterhaus…“ Es gab noch vieles andere im Repertoire und in der kleinen Wohnung fand sich auch immer noch Platz für ein Tänzchen.
Solche Feiern liebte ich, da war was los und meist durften wir viel länger aufbleiben als sonst.
Außerdem waren da noch die „Kinderschützenfeste“ in der Auguststraße. Wovon es abhängig war, wann so ein Fest veranstaltet wurde, weiß ich nicht mehr und ich glaube es war sogar eher sporadisch. Da beschlossen dann die Nachbarn aus einigen Häusern: Wir machen ein Fest für die Kinder und jeder packte mit an. Da gab es Kuchen und Kakao, Kartoffelsalat und Würstchen. Die Tische wurden nach draußen und zusammen gestellt und festlich mit Krepppapier geschmückt. Wir Kinder bekamen Krönchen oder Schleifchen und es wurden Spiele gemacht bei denen es etwas zu gewinnen gab. Das waren Bonbons oder eine kleine Tafel Schokolade oder man erhaschte beim Springen ein Würstchen, das an einer Leine aufgehängt war die von zwei Erwachsenen gehalten wurde.
Zum krönenden Abschluss machten wir dann noch einen Umzug und wanderten singend durch die Straßen.
Wenn man das alles miterlebt hat, dann kann man auch verstehen wie sehr die Menschen an dieser Umgebung hangen und warum sie sich später so sehr dagegen wehrten, dass die alten Zechenhäuser der Auguststraße abgerissen werden sollten. Zu dieser Zeit wohnte meine Oma allerdings nicht mehr dort.
Oma war als eine von 36, in Worten: sechsunddreißig, Geschwistern im Waisenhaus groß geworden. Ihr Vater hatte fünf Ehen geführt, jede mit einer erheblichen Anzahl von Kindern. Seine Frauen haben diese Form der Arterhaltung in der Regel nicht überlebt, bis auf die letzte, die ich noch persönlich kennenlernen durfte. Nach dem Tod der jeweiligen Mutter mussten die Kinder aus dieser Ehe ins Waisenhaus und der Stammvater begann mit einer neuen Aufzucht. Meine Großmutter stammte aus der Ehe mit der vierten Frau. Zu vielen ihrer Geschwister und Halbgeschwister hatte sie ihr Leben lang Kontakt auch wenn diese im Laufe der Zeit über ganz Deutschland verteilt waren. Sie selbst hatte nach dem Waisenhaus eine Anstellung als Kindermädchen in einer buerschen Bürgerfamilie gefunden und ging wohl in diesem Beruf völlig auf. Die Kinder aus dieser Familie, es war wohl auch fast ein Dutzend, liebten meine Oma und hatten noch ein Leben lang Kontakt zu ihr, ja selbst deren Kinder hatten und haben noch Kontakt zu meiner Mutter und ihren Geschwistern und aus dem ehemaligen Arbeitgeber-Arbeitnehmerverhältnis sind viele Freundschaften entstanden. Die Einstellung, mit der dort die Kinder erzogen wurden und der Umgang mit ihnen hatten eine nachhaltige Wirkung auf das Leben und die Entwicklung meiner Großmutter.
Sie war sehr beeindruckt von den bürgerlichen Erziehungsmethoden in diesem Hause und wollte sie bei ihren Kindern und Enkeln ebenfalls anwenden. Da redeten die Kinder ihre Eltern zum Beispiel noch mit „Herr Vater“ und „Frau Mutter“ an, eine Redensart, die aber schon die Kinder meiner Oma nicht mitmachen wollten und so war der Kompromiss die Anrede mit Vater und Mutter. Papa und Mama zu sagen, haben wir nie gelernt und es geht mir bis heute nur schwer über die Lippen. Bei meinen Kinder habe ich ersterfahren wie wundervoll sich die weiche Form „Papa“ gegenüber dem harten Wort „Vater“ anhört. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen von meinen Kindern eine andere Anrede zu verlangen.
Die Zeiten waren eben anders.
Ob meine Erinnerung mir etwas vorgaukelt kann ich im Rückblick nicht so genau sagen, sie sagt mir aber heute, dass ich eine schöne Kindheit verbrachte, dort in der Auguststraße bei meiner Oma und auch in der Baldurstraße bei meinen Eltern. Von Beginn meines Lebens an war ich ein Pendler zwischen den Generationen, verlebte viele schöne Tage bei den Großeltern, die, wie mir jetzt bewusst wird, selbst nie mit Großvater oder Großmutter angesprochen werden wollten, sondern für sich keinen Einwand gegen Oma und Opa hatten. Bis zu meiner Einschulung war ich fast täglich dort, blieb oft über Nacht. Später, als ich in die Schule musste war es meist am Wochenende, dass ich gleich nach Schulschluss meine Sachen packte und an der Haltestelle Breite Straße in die Linie 1 stieg um an der Haltestelle Auguststraße dann von meiner Oma abgeholt zu werden. Als ich später etwas erfahrener war bin ich auch oft die drei Kilometer zu Fuß gelaufen und habe mir für das Fahrgeld unterwegs ein Eis oder eine Süßigkeit an einer Selterbude gegönnt. Dabei fällt mir eine Begebenheit ein, die als Vierjähriger erlebte. Da war ich noch nicht in der Lage allein mit der Bahn zu fahren oder gar den Weg zu Fuß zu gehen. An einem Sommertag hatte mich meine Tante, die noch bei meinen Großeltern wohnte von zuhause abgeholt. Damit ich den Weg nicht laufen musste wurde ich in einen sogenannten Sportwagen gesetzt. Wir fuhren den Weg die Cranger Straße hinunter. Damals konnte es sein, dass man unterwegs einem Eisverkäufer mit Fahrrad begegnete. Der hatte vorn am Rad einen Kühlkasten in dem sich Vanilleeis am Stiel befand das vorn einen Schokoladenüberzug hatte. Auch an diesem Tag begegneten wir so einem Verkäufer und der kam an uns nicht vorbei. Zwanzig Pfennig kostete so ein Eis und Tante Christel war so nett mir diesen Genuss zu spendieren. Wahrscheinlich hatte ich einen Heißhunger auf diese Erfrischung und so kam es wohl, dass ich gleich von oben ein großes Stück abbiss und so mein, damals noch, kleiner Mund von dem Eis völlig ausgefüllt war und ich kaum noch Luft bekam. Eis hat den Vorteil, dass es schmilzt wenn es warm wird und so konnte ich den Kloß bald herunter schlucken. Den Rest aß ich dann vorsichtiger und so kamen wir unbeschadet in der Auguststraße an. Es war einer von den Tagen, an denen ich dort schlief. Es war das „dritte Zimmer“, das ich mir mit Tante Christel teilen musste. Mein Bettchen stand hinter einem Vorhang damit meine damals einundzwanzigjährige Tante auch ein bisschen Privatsphäre hatte. An diesem Abend passierte etwas, an das ich mich bis heute noch gut erinnere. Zunächst hatte ich eine Fluse im Auge und rief deshalb nach meiner Oma. Nachdem dieses Malöhr beseitigt war verspürte ich plötzlich eine Atemnot und aus meinem Hals ertönten fiepende Geräusche die meine Großeltern alarmierten. Dann ging alles recht schnell. Ich erinnere mich noch vage an die Fahrt mit dem Krankenwagen, mit Blaulicht und Martinshorn. Dann landete ich im Elisabethkrankenhaus, bekam eine Spritze und irgendwann ging es mir besser. Man nannte das einen „Stimmritzenkrampf“ und führte es auf den Vorfall vom Mittag zurück, als ich den großen Bissen Eis verschluckt habe. Man legte mich auf ein Vierbettzimmer, mit drei weiteren Jungen, die alle recht fit waren, so habe ich es wenigstens in Erinnerung.
Vor der Geburt werden die Kinder von irgendeiner Macht ja mit wichtigen Dingen ausgestattet, die sie für ihre körperliche und geistige Entwicklung brauchen. Als ich an der Reihe mit meiner Ausstattung war, waren wohl Kraft und Wachstum gerade Mangelware, so dass ich diese Mitbringsel nur rationiert erhielt. Bis zum Erreichen der Pubertät war ich eher klein und schmächtig und meinen Altersgenossen in Größe und Kraft meist unterlegen. Das merkten diese dann meist auch recht schnell und so wurde ich häufig zum Demonstrationsobjekt für die Stärke der anderen. Allerdings kann ich mich trotz dieser Tatsache nicht an größere Verletzungen durch diese Art Auseinandersetzung erinnern.
Im Krankenhaus dauerte es nicht lange, bis die Jungen ihre Überlegenheit ausgemacht hatten und weil ich auf dem Zimmer der Neue war bekam ich auch erst mal die Begrüßung in Form von nassen Waschlappen, mit denen man mich schlug und bewarf zu spüren.
Ich klingelte nach der Schwester aber die, damals waren es noch ausschließlich Nonnen, sagte mir, ich solle mich nicht so anstellen, wir wären doch alle Jungen. Das war natürlich ein Freibrief für die anderen und so hatte ich die nächsten vier Tage ordentlich tatkräftige Kommunikation. Die damals strengen Besuchszeiten erlaubten meiner Mutter auch nicht, ständig auf mich aufzupassen und so kam es, dass sie mich nach vier Tagen, auf eigene Verantwortung, aus dem Krankenhaus abholte. Vielleicht lag es auch an dieser Erfahrung, dass ich dann 36 Jahre lang kein Krankenhausbett mehr benutzen musste.
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hörmal
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Fortsetzung

Beitrag von hörmal »

Nachdem die Reste des Krieges weitgehend entfernt worden waren und keine zerbombten Häuser mehr an die furchtbaren Geschehnisse einige Jahre zuvor erinnerten, die uns, die wir erst später geboren wurden, erspart geblieben sind, wurde 1957 an der Ecke Cranger Straße und Auguststraße ein Neubau errichtet, eingeschossig und ca. 100 m² groß.
Das flache Dach stand ringsherum ca. 50 cm über und vor dem Haus war eine Wiese. Ein kurzer Weg führte durch die Wiese zum Eingang.
Wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, kam man zuerst in einen Vorraum, den man durch eine große Glastür betrat. Über dieser Tür war von außen zu lesen : „STADTBÜCHEREI“.
Erle hatte eine Zweigstelle bekommen, die, wie man in den Annalen der Stadtbibliothek nachlesen kann, aus zwei Räumen bestand.
1957 bin ich eingeschult worden und die Zeit, die ich nun noch bei meiner Oma verbringen konnte, beschränkte sich auf die Wochenenden und die Ferien.
Allerdings sind wir wohl, meine Oma und ich, gleich in den ersten großen Ferien zu Stammkunden der Bücherei geworden.
Wir haben uns Bücher ausgeliehen und ich kann mich an die Geschichten vom kleinen Pünkelchen erinnern.
Zuerst hat meine Oma mir daraus wohl vorgelesen, doch je mehr ich selbst lesen konnte habe ich diese Bücher mehr oder weniger verschlungen.
Im Anfang musste meine Oma mich immer begleiten. Als ich dann meine eigene Büchereikarte hatte, war ich mächtig stolz darauf.
Meine Großmutter war eine kleine, eher unscheinbare Frau, stets dunkel in Schwarz oder Grau gekleidet mir grauen, undurchsichtigen Strümpfen und schwarzen Schuhen bei denen sich an der Innenseite des rechten Fußes vorn eine Wölbung hervor schob die so ein „Überbein“ verursachte welches sie nach langem Gehen nicht unerheblich plagte.
Ihre Haare, die in meiner Erinnerung immer grau waren, trug sie zu einem Dutt verknotet und ihr Mantel wirkte, wegen ihrer Körpergröße von knapp über 1,50 m, immer ein bisschen zu lang.
Man mochte dieser kleinen Bergarbeiterfrau ihrem Aussehen nach gar nicht zutrauen, dass sie ihren Enkel in eine Bücherei schleppte, damit dieser was lerne, hatte sie ihren eigenen Kindern dies ja wohl nicht ermöglicht.
Nicht ermöglichen können.
[center]Bild
Meine Großmutter mit meiner Mutter auf der Cranger Straße[/center]
Die bürgerliche Familie aus Buer, bei der Meine Oma als Kindermädchen beschäftigt war, hatte viele Kinder. Aus allen ist etwas geworden. Einer ist Rechtsanwalt, einer Stadtrat geworden, alle sind etwas Besonderes geworden. Unter ihnen war auch ein Schriftsteller: Hans-Werner Böcker. Der 1993 verstorben.

(Hans Werner Böcker
Geboren am 5. Februar 1916 als Sohn eines Beamten in Gelsenkirchen-Buer. Bis 1939 Reisen in Europa, Zentral- und Südamerika, später Asien (1957), Afrika (1959), den USA und Kanada (1961). Seit 1947 freier Schriftsteller. Von 1958 bis 1960 Hochschulstudium. Er lebte in Monschau/Eifel und München und starb 1993.
Pseudonym: Peter Arellano.)


Er hat Indianergeschichten, Kinderbücher geschrieben und hatte auch Kontakt zu Heinrich-Maria Denneborg.
Den kannte meine Oma auch.
Davon war sie sehr angetan denn sie selbst wäre gern Volksschullehrerin geworden. Aber als Kind aus dem Waisenhaus hatte man keine Chancen. Stattdessen hat sie die Kinder dieser Familie groß gezogen.
Sie hat uns später oft mitgenommen, die „Böcker-Kinder“ zu besuchen und diese empfingen Oma immer mit offenen Armen. Dann wurden Erinnerungen ausgetauscht und es wurde aufgetischt und es war immer ein fröhlicher Tag.
Meine Mutter hatte zu den weiblichen Kindern tiefgehende Freundschaften entwickelt und alle hatten auch als Erwachsene noch lange Zeit Kontakt.
Diese Kinder, an deren Erziehung meine Oma ja maßgeblich beteiligt war, galten nun als Vorbild für die eigenen Nachkommen und da die eigenen Kinder wegen der Kriegswirren und der unglücklichen Abstammung und der daraus resultierenden Armut nicht aufsteigen konnten, sollten wenigstens die Enkel so aufwachsen, dass aus ihnen was wird.

Fortsetzung folgt!
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Beitrag von hörmal »

Meine Oma fuhr oft mit uns los, Verwandte besuchen oder auch die Kinder der Böckers, mit denen sie noch freundschaftlich verbunden war und die man problemlos und günstig erreichen konnte.
Mein Bruder durfte auch mal mit für einige Tage nach Monschau, zu Hans-Werner Böcker, der sie eingeladen hatte.
Mir war diese Reise leider verwehrt, weil ich in die Schule musste.
Wie habe ich meinen Bruder darum beneidet.
Andererseits durfte ich dann aber wieder mit zu anderen mehrtägigen Besuchen bei den Geschwistern meiner Oma oder meines Opas.
Ich erinnere mich noch an die Reisen nach Werne, wo eine dieser Schwestern wohnte. Ihr Mann arbeitete in der Hefefabrik Moormann. Ein paar Tage, bevor wir nach Werne fuhren bekam Oma Post. Darin stand der Tag, die Uhrzeit und der Ort der Abfahrt.
Dann mussten wir uns an besagtem Tag früh morgens mit unserem Gepäck an die Straße stellen und warten. Bald hielt ein Lastwagen der Fa. Moormann an, der an diesem Tag Bäckerfirmen in der Umgebung mit Hefe beliefert hatte an und wir stiegen zu dem Fahrer ins Führerhaus, während das Gepäck auf der Ladefläche deponiert wurde. So fuhren wir so manches Mal nach Werne und auch wieder zurück.
Onkel Peter war der Bruder von Oma und seine Frau war Tante Mia. In der Nähe ihrer Wohnung war ein Freibad, in dem wir im Sommer oft waren. In einem Wäldchen gab es auch noch ein Freilichttheater wo wir auch mal eine Vorstellung besuchten.
Einmal, als wir in Werne waren, ist Nachts ein Lastwagen mit britischen Soldaten besetzt, genau vor dem Haus meiner Großtante gegen einen Baum gefahren und ist in Brand geraten. Ich kann mich noch an das Lodern der Flammen vor dem Schlafzimmerfenster erinnern und an die Schreie der Soldaten und an die Hektik, die auch im der Wohnung herrschte. Oma hielt mich vom Fenster fern und Tante Mia und Onkel Peter warfen, glaube ich mich erinnern zu können, nasse Decken aus dem Fenster. Drei Soldaten sind damals ums Leben gekommen.
Mein Opa hatte einen Bruder in Bergheim, in der Nähe von Köln. Der hieß auch Peter und seine Frau war für mich die Tante Franziska, so hieß die nämlich. Auch die haben wir ein paarmal besucht.
Onkel Peter war Lokführer und fuhr noch so eine Dampflok. Das Haus, in dem sie wohnten war direkt an der Bahnstrecke und wenn ein Zug vorbeikam, dann rappelte das Geschirr in den Schränken.
Einmal durfte ich mit auf die Lok und wir sind auch ein Stück gefahren. Wie weit weiß ich gar nicht mehr aber ich durfte auch ein Stück Kohle in den Heizofen werfen, aus sicherer Entfernung natürlich.
[center]Bild[/center]
[center]Ganz stolz war ich auf der großen Lok[/center]
Überall, wo wir hinkamen, wurden wir herzlich aufgenommen.
Das war ganz toll.

Von Hans-Werner Böcker gab es auch Bücher in der Bücherei. Die habe ich mir ausgeliehen.
Lesen war immer wichtig.
Mit einem Buch war ich immer zufrieden zu stellen. Man konnte mich damit in eine Ecke setzen.
Und mein Wunsch zu schreiben war sehr groß und später wollte ich dann Schriftsteller werden.
Ich bremse auch für Obst!
Rauchen verkürzt ihre Zigarette!

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hörmal
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Beitrag von hörmal »

In der Schule hat sich das aber nicht angedeutet. In Deutsch war ich durchschnittlich und auch in den anderen Fächern bin ich immer so mittelmäßig bis gut durchgerauscht.
Ich bin zur Konradschule in Erle, in der Wodanstraße, gegangen. Die ist inzwischen abgerissen.
Viele Häuser, die ich in meinem Leben durchgegangen bin, sind inzwischen abgerissen. Die Auguststr. 3, mein Geburtshaus, steht nicht mehr, da ist inzwischen ein großes Altenwohnungszentrum drin.
Die Konradschule haben sie abgerissen und ein Studentenwohnheim hingebaut.
Das Haus, in der Middelicherstraße, Ecke Ahornstraße, in dem ich mit meiner zweiten Frau die erste richtige Wohnung hatte, ist auch abgerissen, dort ist auch ein Altenwohnzentrum entstanden.
Und jetzt gerade wird das Gebäude der früheren Bergbauberufsschule, in der Frankampstraße in Erle, später ein Wohnheim für behinderte Menschen, im Sozialwerk St. Georg, in dem ich viele Jahre tätig war, dem Erdboden gleichgemacht.
[center]Bild[/center]
[center]Abbrucharbeiten am Haus in der Frankampstraße[/center]
Ich war immer ein schüchternes Kind.
Wie ich im Schulunterricht war, daran kann ich mich kaum noch erinnern, eher zurückhaltend, glaube ich.
Allerdings habe ich eine besondere Gabe mitbekommen. Ich höre etwas und kann es hinterher wiedergeben, ohne mich groß anzustrengen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich je viel für die Schule gelernt habe aber wenn der Stoff abgerufen wurde, konnte ich es meistens gut wiedergeben.
Meine Mutter musste mir nie helfen. Wenn ich nach Hause kam, habe Schularbeiten gemacht und dann war es gut.
Hilfe habe ich, glaube ich, selten in Anspruch genommen.
Weil ich der Kleinste in der Klasse war, bin ich oft gepiesackt worden und wenn es auf dem Schulhof darum ging, dass die „Anführer“ sich ihre Mitspieler für die Spiele auf dem Schulhof aussuchten, war ich immer bei den Letzten, die in eine von den Mannschaften gewählt wurden.
Mein Bruder, war anderthalb Jahre jünger als ich und wie es unter Brüdern so ist, haben wir uns oft gezankt und gestritten. Auf der Straße und in der Schule, da haben die anderen Jungs ihn oft angestiftet, damit er mich angreift. Der ist viel agiler, drahtiger, sportlicher gewesen als ich und die hatten Spaß an dem Wettkampf, wer der stärkere sei. Ich war meistens unterlegen, weil ich mich nicht gut gewehrt habe. Noch nie in meinem Leben konnte ich jemanden ins Gesicht schlagen. Mein Bruder hatte da weniger Probleme damit. Klatsch, klatsch machte es und die anderen hatten ihre Freude daran, wenn ich geheult habe.
[center]Bild
Mein Bruder und ich, um Weihnachten 1952[/center]
Einmal, da waren wir 6 oder 7. Es war zu Hause und da hat er mich wieder geärgert, aber so sehr, dass es mir zu bunt wurde.
Dann habe ich ihn hochgehoben; ich war älter und hatte mehr Kraft. So habe ich ihn also von hinten gepackt, hochgehoben, runter plumpsen lassen und er ist auf den Boden gefallen.
Er hat gejault und gebrüllt.
Dann wollte ich ihn trösten.
Aber er ist aufgesprungen und hat mir in den Hintern getreten.
Daraufhin habe ich gejault!
Ich bremse auch für Obst!
Rauchen verkürzt ihre Zigarette!

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hörmal
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Beitrag von hörmal »

Mein Schulweg war nicht weit.
Es ging einfach nur ca. 200 Meter die Baldurstraße hoch und dann rechts um die Ecke noch einmal 50 Meter in die Wodanstraße, das wars.
Wenn ich morgens, mit meinem Tornister auf dem Rücken zur Schule ging wartete ich zunächst am übernächsten Hauseingang auf meinen Freund Heribert. Wir gingen in eine Klasse und waren auch sonst gute Freunde.
Heribert war größer und stabiler als ich, was eigentlich ja kein Kunststück war, denn ich war ja der kleinste in der Klasse aber er gehörte zu den Größten in diesem Verbund und er war sicherlich auch der Stärkste in der Klasse.
Wenn alles gut lief, dann war Heribert auch der Garant dafür, dass ich heile nach Hause kam. Wenn es nicht gut lief, dann amüsierte er sich mit den anderen darüber, dass ich Keile bekam.
Zur Schule gingen wir aber fast immer gemeinsam.
Ein paar Häuser weiter, auf der anderen Straßenseite, kam dann oft Siegfried aus der Einfahrt.
Das Haus, in dem er wohnte, hatte den Hauseingang im Hof. Im gleichen Haus wohnte auch Gabi, aber Siegfried und Gabi gingen nicht in die Konradschule sondern in die Salzmannschule in der Neustraße.
Die beiden waren evangelisch und in dieser Zeit waren die Schulen noch streng nach Konfession getrennt.
Nachmittags haben wir natürlich zusammen gespielt, die Jungs meine ich, mit den Mädchen auf keinen Fall.
Heribert und ich gingen die Baldurstraße hoch in Richtung Autobahnböschung, die das Ende der Baldurstraße erzwang.
Die Autobahn, die A2, durchschnitt die Wohnsiedlungen in Erle und die Böschung, die man nicht betreten durfte, barg allerlei Geheimnisse.
Bevor wir dorthin kamen, wo die Baldurstraße einen Knick macht und fortan Wodanstraße heißt kamen wir an einem Laden vorbei.
Es war ein kleiner Lebensmittelladen, nicht größer als zwei Wohnräume aber mit vielen Dingen, die man damals zum Leben so brauchte.
Der Laden gehörte der Schwägerin meiner Oma aber ich kann mich nicht entsinnen, dass wir dadurch mal Vorteile hatten. Natürlich durften wir anschreiben lassen aber das durften ja wohl alle in dieser Zeit.
Für uns Kinder hatte der Laden eigentlich nicht viel zu bieten außer eine kleine Auswahl an Bonbons in Gläsern aber wir gingen da meistens nur hin, wenn uns jemand schickte, etwas zu besorgen.
Wenn wir an dem Laden vorbei waren, kamen wir an einem Haus entlang an dem es jedes Mal anfing in mir zu pochen. Es war mein kleines Jungenherz, das da klopfte. Es war ein besonderes Haus und ich glaube es war die Hausnummer 24.
Äußerlich unterschied es sich kaum von den anderen Häusern in der Straße. Es hatte einen kleinen Treppenaufgang mit drei Stufen doch die Haustür war schon neuer als die meisten, die noch alt und verschnörkelt die Eingänge zierten. Es war diese Haustüre, die in mir diese eigenartigen Gefühle hervorrief, jedes Mal wenn wir daran vorbei gingen.
Ich hatte Angst, dass sie aufgeht aber ich habe es mir auch gewünscht, ja eigentlich sollte sie aufgehen, die Türe …. .
Wenn es dann wirklich mal geschah, dass sie gerade dann aufging, wenn Heribert und ich daran vorbeikamen, dann erschrak ich innerlich und ich war ziemlich heftig damit beschäftigt, dass mein Begleiter nichts merkt, schließlich waren wir ja Jungens, die nichts erschüttert und schon gar nicht so was.
Im schlimmsten oder besten Fall, es war ja beides gleichzeitig, kam Regina aus der Tür. Wenn das geschah, sah ich die Baldurstraße in gleißendem Licht. Es umgab dieses wundervolle siebenjährige Mädchen und ich war irgendwie gar nichts mehr.
Vielleicht war ich ein großer offener Mund, dass man nichts anderes von mir mehr sah, als ein riesiges schwarzes Loch. So kam ich mir jedenfalls vor.
Unser Klassenlehrer, Herr Paul, hatte uns einmal erklärt, als wir unsere Namen besprachen, dass Regina „Königin“ heißt. Und das war sie, eine kleine werdende Königin und ich kam mir vor, wie ein kleiner, unbedeutender Untertan, der zu ihr aufschaut und hofft, dass sie ihn irgendwann einmal erblickt und ihm ein Lächeln schenkt.
Wahrscheinlich wäre ich auf der Stelle tot umgefallen, wenn sie mich angelächelt hätte. Dabei war sie keineswegs überheblich und ich glaube auch nicht, dass sie sich ihrer Wirkung auf mich, jemals bewusst war.
Sie war so anmutig und so wunderschön und sie war in der gleichen Klasse wie ich.
Bis zum vierten Schuljahr waren wir noch eine gemischte Klasse.
Danach wurden wir nach Geschlechtern getrennt.

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hörmal
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Ich - der fünfte Beitrag

Beitrag von hörmal »

Die Trennung änderte allerdings nichts an meiner Verehrung für dieses, in meinen Augen, wunderschöne Mädchen. Ihr Vater war Italiener, die Mutter Deutsche.
Auch ihr Nachname, den ich hier sicher nicht bekanntgeben werde war so wundervoll klangvoll wie die schönen Lieder, die aus unserer Musiktruhe klangen, wenn mein Vater uns in Geberlaune mal eine Schallplatte auflegte und uns teilhaben ließ, an diesem tollen Musikerlebnis, das sonst eigentlich nur stattfand, wenn es eine Feier gab. Eigentlich war es gar keine richtige Musiktruhe, die in unserer Wohnküche stand sondern eine Musikanlage, die aus einem Plattenschrank mit eingebautem Plattenspieler und einem darauf stehenden Radio bestand.
Der Plattenspieler war mit dem Radio über ein braunes, stoffbeflochtenes Kabel verbunden aus dem zwei Drähte hervorkamen an deren Enden sich Bananenstecker befanden. Die steckten in regelrechter Anordnung im Radio, denn wenn man sie vertauschte erklang aus dem Lautsprecher nur noch ein lautes Brummen.
An normalen Tagen tönten aus dem Radio eher Klänge, die für uns Kinder nicht so interessant waren, es sei denn, es lief der Kinderfunk mit einem Hörspiel, von Kalle Blomkquist, zum Beispiel.

Der kleine Lebensmittelladen, kurz vor dem Ende der Baldurstraße, war eigentlich nur ein langer Schlauch. Links befand sich die Verkaufstheke die sich durch den Raum zog und gleich neben der Tür begann. Wenn man den Verkaufsraum betrat konnte man nur etwa fünf Meter geradeaus gehen. Der Gang war vielleicht zwei Meter breit und in dem ganzen Laden hatten höchstens zehn Personen auf einmal Platz. Ging man nach hinten durch, kam man in eine Ecke, wo die Theke einen Knick machte. Dahinter blickte man auf eine Tür, die wohl in einen Vorratsraum ging. In dieser Ecke stand des Öfteren am Nachmittag der eine oder andere, meist verheiratete, männliche, Bewohner der Straße. Er hatte seiner Frau den Einkauf abgenommen und stellte sich dort in die Ecke um sich dafür mit einer Flasche Bier zu belohnen. Wenn er dann Glück hatte, dann traf er dort auf einen anderen Familienvater, der das Gleiche tat und so kam man ins Gespräch über dies und das…. .
Auch Reginas Vater stand ab und zu in der Ecke, manches Mal auch mit meinem älteren Herren, der damals gerade einmal dreißig war. Wahrscheinlich war auch die Kindererziehung ein Thema und ich weiß, dass es bei Reginas mindestens genauso streng zu ging wie bei uns zuhause.

Mein Bruder und ich waren in der weniger komfortablen Lage, als Kinder von relativ jungen, in der Erziehung noch unerfahrenen Eltern, geboren worden zu sein und das in einer Zeit, in der man, was die Kindererziehung betraf, noch keine Lehren gezogen hatte, aus dem was kurz zuvor passiert war.
So, wie sie selbst erzogen wurden, ehrlich und streng, so sollten auch ihre Kinder groß werden und da war auch schon mal ein Klaps vor den Hinterkopf oder eine Wucht auf den Hintern, je nach „Vergehen“, das Mittel der Wahl.
Dazu sollte ich sagen, dass wir unsererseits in der Wahl diverser „Vergehen“ keineswegs einfallslos waren aber dazu kann man hier später noch das eine oder andere lesen.

Als Vollstrecker dieser Strafen habe ich heute hauptsächlich meinen Vater in Erinnerung obwohl meiner Mutter sicherlich auch hier und da mal die Hand ausgerutscht ist aber wesentlich seltener.
Meine Mutter ist eine sanfte, gutmütige Frau. Eine, die über ihre Kinder stets die Flügel ausgebreitet hielt, wobei mir der Vergleich mit der Glucke eher zuwider ist und nicht den Kern der Sache trifft.

Die kleine Oma, die aus der Auguststraße war ganz gegen Schlagen, jedenfalls wenn es ihre Enkel betraf. Wenn es um ihre eigene, jüngste Tochter ging, dann fand sie so manches Mal wohl auch keinen anderen Ausweg.
Meine Tante, die gerade mal 15 Jahre älter war als ich hatte so manchen Streich auf Lager und ich kann mich erinnern, dass sie in der Lage war, meine Oma zur Weißglut zu bringen, während mein Opa Pfeife rauchend auf dem Sofa saß und ganz gelassen blieb.

Für Oma war Stubenarrest das Mittel der Wahl aber ich kann mich an keine Situation erinnern, dass sie ihn mir auferlegt hätte. Wenn ich mich bei ihr aufhielt war ich wohl ein braver, gut erzogener Junge, der nicht viel Schwierigkeiten machte.
In der Baldurstraße war das wohl anders.
Wenn meine Eltern uns jedoch zu Stubenarrest verdonnerten, empfanden wir Kinder der Straße das noch viel schlimmer.
Einmal muss ich wohl meiner Oma erzählt haben, dass wir zuhause ganz oft Schläge bekämen. Daraufhin sind sie und meine Tante wutentbrannt in die Baldurstraße gefahren und haben meinen Eltern eine gehörige Szene gemacht.
Meine Mutter hat mir noch viele Jahre später von dieser Geschichte erzählt und gesagt, dass sie daraufhin ganz traurig gewesen sei.

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Ich - der fünfte Beitrag

Beitrag von hörmal »

Meine heimliche Liebe zu Regina begleitete mich meine ganze Jugend und in meinen Gedanken habe ich sie nie ganz vergessen auch wenn die Gefühle mit der Zeit ihre Heftigkeit verloren.

Ich war ein durchschnittlicher Schüler, hatte nie den Ehrgeiz besonders gute Noten zu schreiben aber ich musste mich auch nicht sonderlich anstrengen, den gebotenen Lehrstoff zu verstehen.
Man musste mir nie bei den Schulaufgaben helfen und es machte mir nichts aus, die Aufgaben gleich nach der Schule zu erledigen.
Erledigen ist somit der richtige Ausdruck, ich habe sie erledigt, ohne zusätzlichen Fleiß oder Leidenschaft.
Es hat ja gereicht.
Meine Schrift war allerdings von einer Qualität, die alle meine Lehrer nachdenklich machte. Es gelang mir nie eine durchgehend gleichmäßige Schriftgröße auf das Papier zu bringen und die vorgezeichneten Linien waren eher vage Hilfsmittel, damit meine Sätze nicht ganz die Richtung verloren, sie geboten mir aber nie Einhalt, ganz auf ihnen zu verbleiben. Die Zensur für „Schrift“ war demnach auch fast immer die schlechteste auf meinem Zeugnis.
Danach folgte die Bewertung für „Sport“.
Ich war völlig unsportlich, zu schwach, zu langsam, zu klein.
Bei den Sportfesten bekam ich nie eine Urkunde, bis auf einmal.
1964 erreichte ich die, für mich schon enorme, Punktzahl von 37 Punkten.
Der Lehrer, der zum Abschluss die Gesamtpunktzahl ausrechnete, verrechnete sich, aus welchem Grund auch immer, um 10 Punkte und so erhielt ich in der Endabrechnung 47 Punkte und bekam so die einzige „Siegerurkunde“ meiner gesamten Schulzeit.
[center]Bild[/center]

Obwohl es mir bewusst war, habe ich den Irrtum nicht aufgeklärt, ich war viel zu stolz über die Auszeichnung, dass ich es für mich behielt.
Ein Fehler, den ich bald bereuen sollte.
Die ausgewiesene Punktzahl „berechtigte“ mich nämlich dazu, an den „Stadtjugendspielen“ teilzunehmen, bei denen sich die Besten aus allen Schulen der Stadt messen durften.
Natürlich war ich bei allen Disziplinen der Schlechteste, so grottenschlecht, dass ich am liebsten in der roten Laufbahnasche versunken wäre.
Die beobachtenden Lehrer dachten zu meiner Entschuldigung wohl, ich sei an diesem Tag gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe aber mir war es nur unendlich peinlich und ich war überglücklich, als der Tag zu Ende war.
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Ich - der fünfte Beitrag

Beitrag von hörmal »

Schwimmen gelernt habe ich im Hallenbad Buer.
Dort ist das Schwimmbecken durch eine Schwimmkette in Schwimmer und Nichtschwimmer aufgeteilt.
Nachdem man diese Kette vom Nichtschwimmer aus passiert hatte, ging es ziemlich schnell abwärts, bis auf fünf Meter Wassertiefe.
Links, vom Nichtschwimmer aus gesehen waren die Sprungtürme.
Ein Einmeterbrett stand alleine. Daneben ragte der große Turm in die Höhe. An ihm waren versetzt das Dreimeterbrett, der Fünfer, Siebenmeterfünfzig und der Zehner angebaut. Die beiden oberen Sprungebenen waren aber meistens gesperrt.

Meine Schwimmübungen gestalteten sich dermaßen, dass ich angefangen von etwa zwei Meter vom linken Rand aus die Schwimmkette passierte und dann schräg hinüber zum Rand des Schwimmerbereiches platschte.
Wenn ich mich sicher fühlte verschob ich meinen Ausgangspunkt etwas mehr nach rechts und verlängerte so die Strecke zur rettenden Überlaufrinne.
Niemand kontrollierte oder korrigierte meinen, zugegeben ziemlich exotischen, Schwimmstil aber mir war es auch nur wichtig, dass ich irgendwie an den Rand kam.
Wenn ich versuchte, den Stil der anderen Schwimmer zu kopieren führte das meist dazu, dass ich eine Menge Wasser schlucken musste.
Außerdem hatte ich beim „Schwimmen“ immer die Augen fest geschlossen.
Beim Start fixierte ich meinen mir gesteckten Zielpunkt und dann paddelte ich solange bis ich die rettende Rinne fühlte.
Einmal hatte mich meine Gabe der Blindorientierung verlassen und ich schwamm statt schräg in Richtung Beckenrand fast parallel zu meiner Ausgangsstelle. Ich riss die Augen auf, weil direkt vor mir ein Springer, der wohl vom Dreimeterbrett kam, ins Wasser klatschte.
Als ich sah, dass ich gefühlte zehn Kilometer vom rettenden Ufer entfernt war ergriff mich die Panik. Natürlich waren es nur drei Meter aber das rettende Ufer schien mir unerreichbar.
Ich ruderte nur noch wild mit den Armen, schluckte dabei vermutlich zehn Liter Wasser und kämpfte um mein Leben.
Um mich herum drehte sich alles, ich konnte nichts und Niemanden erkennen und war von außen gesehen wohl nur noch ein zappelndes Etwas.
Nach circa sechs Stunden, so hatte ich jedenfalls das Gefühl, schlug ich mit meinem Arm auf etwas hartes.
Automatisch griff ich zu, ohne in diesem Moment zu wissen was ich da griff. Es war die große Öse der Rettungsstange, die mir der Bademeister entgegenhielt und mich damit an den Beckenrand zog.
Es wäre schön gewesen, wenn dieser Bademeister mich, nachdem ich aus dem Wasser geklettert war, in den Arm genommen und mir erklärt hätte, dass ich solche Versuche in Zukunft unterlassen sollte aber das war wohl nicht seine Art.

Er schrie mich an, was ich im Schwimmerbecken zu suchen hätte machte Drohgebärden als ob er mich schlagen wolle, was er aber nicht tat und schickte mich in die Umkleidekabine und somit nach Hause.
Vor dem Hallenbad wartete ich dann auf meine Freunde Heribert und Willi, die natürlich die bezahlte Zeit ausnutzten, denn wir hatten ja nicht so viel Geld, dass wir einfach solche Zeitopfer bringen konnten.

In der Folge gestaltete ich dann meine Schwimmübungen so, dass ich vom Einmeterbrett ins Becken sprang und mich dann an den Rand zurückkämpfte.
Willi und Heribert hatten jeweils ältere Geschwister, die ihnen das Schwimmen beigebracht hatten.
Dieses Privileg war mir, als ältestem unter den Geschwistern vorenthalten.
Wenn man schwimmen konnte, hielt man sich natürlich auch im Schwimmerbecken auf, um seine Fähigkeit zu zeigen und weil ich nicht alleine im Nichtschwimmer plantschen wollte, musste ich meine Übungen fortführen.
Irgendwann in der sechsten Klasse war ich dann soweit, dass ich quer durchs Becken kam.
Das Heribert ein ganzer Kerl war hatte ich schon erwähnt und Willi war zwar nicht viel größer als ich aber er war drahtig und der zweitbeste im Klassensport.
Gegen die beiden war ich ein Knirps und hatte nur den Vorteil, dass ich in den Schulfächern etwas besser war aber das zählte kein bisschen.
Um mit den beiden irgendwie mitzuhalten brauchte ich Mut und so erklomm ich nach und nach die Bretter des Sprungturmes, erst drei, dann fünf und dann die anderen beiden, die siebenmeterfünfzig und den Zehner.
Die beiden letzteren konnte man nur gelegentlich benutzen, wenn das Bad nicht so voll war. Dann konnte man den Bademeister fragen, ob er die Kette von der Leiter nimmt.
Er blieb zur Aufsicht am Turm stehen.
Ich wartete immer, bis jemand anderer den Bademeister gefragt hatte, denn wenn ich es tat, hätte er mich wohl abschätzig angeschaut und mir gesagt: „Geh plantschen!“
Das dachte ich jedenfalls.
Willi traute sich mit mir auf den Zehner, Heribert hatte bei fünf Meter genug.

Es war ein ziemlich irres Gefühl, da oben auf dem Zehner, wo das Dach des Hallenbades so nah und das bisschen Wasser da unten in dem kleinen Becken so weit weg war.
Dann machte ich den Schritt nach vorn, hielt die Arme fest am Körper und streckte mich so gerade wie es ging.
Kurz danach tauchte ich, die nach unten gestreckten Füße zuerst, ins Wasser ein.
Trotz meiner Haltung hatte ich das Gefühl von enormer Härte und dann ging es ab bis auf den Grund, wo ich mich schnell abstieß um nach oben zu kommen und dann an die Leiter um aus dem Becken auszusteigen und als Held gesehen zu werden als einer der wenigen, die sich das trauten.
Zum Ende des sechsten Schuljahres hab ich dann meinen „Frei- und Fahrtenschwimmer“ gemacht und deshalb bekam ich in den letzten vier Zeugnissen eine Zwei im Sport.
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Ich - der fünfte Beitrag

Beitrag von hörmal »

[center]BildBeginn einer prägenden Zeit[/center]

Unser Sportlehrer war sowieso ein merkwürdiger Typ.
Wir hatten ihn ab dem fünften Schuljahr, nicht nur in Sport sondern auch in noch in Mathe und Deutsch.
Er selbst war durchtrainiert bis auf den letzten Muskel und er legte auch Wert darauf, dies ab und an zu demonstrieren.
Beim Sport zeigte er uns, dass er schneller, besser und stärker war und ach im Unterricht der anderen Fächer kam das manchmal durch.
Eigentlich war ich ein Musterschüler, Durchschnitt zwar aber brav.
Das war wohl hauptsächlich meiner schmächtigen Statur geschuldet und meiner Angst vor Schlägen. Diese waren in unserer Schulzeit wohl noch an der Tagesordnung und jeder Lehrer hatte so seine eigene Methode der Züchtigung.
In Naturkunde gab es was mit dem Rohrstock auf die linke Handinnenfläche.
Links natürlich, damit man mit der rechten Hand noch schreiben konnte. Die Gefahr, dass es einen Linkshänder erwischen könne gab es nicht, denn es gab spätestens ab dem zweiten Schuljahr keine Linkshänder mehr.

Ein deutscher Junge benutzt die rechte Hand, das habe auch ich schmerzlich erfahren. Genau wie bei mir wurde damals ja schon im Elternhaus darauf geachtet, dass man das schöne Händchen benutzt und zwar in allen Handlungen, die linke Hand bekam gar keinen Chance, sich kreativ zu entfalten.
Mein Leben lang habe ich die Vermutung, dass ich umerzogen wurde, das würde auch erklären, dass meine Schulnote in „Schrift“ immer zwischen vier und fünf wechselte, obwohl ich mich redlich bemühte.

In Religion bekamen wir die Ohren lang gezogen oder der Dechant kniff einem auch schon mal in die Wange.
Unser Sport- und Deutschlehrer warf seinen Schlüsselbund nach uns Schülern und es schien ihm egal zu sein wo er uns traf. Außerdem schlug er mit der flachen Hand zu und das nicht zu knapp.
Eines Tages schoss er aber den Vogel ab. Heribert, war nach wie vor der Klassenstärkste und im siebten Schuljahr ragte er in seiner Statur fast an unseren Sportlehrer heran. Er saß etwas weiter hinten in der Klasse und machte mit anderen Mitschülern auch schon mal einen Spaß.
So auch an diesem Tag und Herr Müller, ich nenne ihn nun einfach mal so, hatte ihn schon ein paar Mal verwarnt, dass etwas passieren würde, wenn Heribert sich nicht zusammennehme.
Als dieser sich dann wieder daneben benahm holte Herr Müller ihn nach vorne, nahm eine Boxerhaltung ein und prügelte Heribert durch die Klasse bis dieser am Ende der Schulklasse zum Liegen kam.
Dann blickte er zu ihm herunter und sagte: „So, jetzt kannst Du dich wehren!“
Heriberts Eltern gingen am anderen Tag zum Rektor um sich diesbezüglich zu beschweren aber es kam nur dabei heraus, dass Heribert Schimpfe bekam, weil er sich nicht ordentlich verhalten hatte.

Die Zuchtmethoden unseres Rektors hatten es schwer, das noch zu übertreffen.
Es gab aber wohl keinen Schüler und keine Schülerin, der oder die keine Angst davor hatten, ins Rektorzimmer gerufen zu werden.
Das konnte jedem Schüler passieren, der durch besondere Verfehlungen aufgefallen war, wie zum Beispiel, Schule schwänzen oder mehrfach die Schulaufgaben nicht machen, sich auf dem Schulhof prügeln oder Streiche gegen die Lehrerschaft.
Dann musste man im Rektorzimmer, gleich welchen Geschlechts oder Alters, die Hose herunterziehen und man bekam Schläge auf den nackten Po.
Mal mit der flachen Hand oder mit dem Rohrstock.
Es wurde vermutet, dass diese Art der Bestrafung unserem Herrn Rektor ziemlichen Spaß bereitete.
Viel später, nachdem ich schon längst nicht mehr auf der Schule war, hörte ich davon, dass man ihn deshalb aus dem Schuldienst entlassen habe.
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Ich - der fünfte Beitrag

Beitrag von hörmal »

Bei uns zuhause hatte die religiöse Erziehung eigentlich nie einen großen Stellenwert.
Mein Vater war evangelisch und Mutter war katholisch und wir Kinder waren irgendwo dazwischen.
Als wir klein waren gingen wir mit unseren Eltern fast nie in die Kirche und die christlichen Feiern waren eher Feste an denen es Geschenke, neue Kleidung und gutes Essen gab.
Allerdings hatten die Eltern meiner Mutter ihre Zustimmung zur Hochzeit nur unter der Bedingung gegeben, dass meine Eltern katholisch heiraten und wir Kinder katholisch getauft werden.
Die Hochzeit und meine Taufe wurden in der St. Barbara-Kirche in der Erler Mitte gefeiert. Beides geschah durch den, in Erle später legendären, Pfarrer Hoffmann, den alle katholischen Erler liebten. St. Barbara war wohl die ursprüngliche Erler Gemeinde und man gehörte gerne dazu.

Zwischen Buer und Erle lag noch der Ortsteil Middelich der aber verwaltungstechnisch zu Erle gezählt wurde. In diesem Ortsteil gab es die Konradkirche und die dazugehörige Kirchengemeinde hieß Erle-Middelich.

Die Baldurstraße, in der wir wohnten, gehörte zu dieser Gemeinde und so mussten wir dann auch in die Konradschule, die ja günstiger Weise nicht weit entfernt in der Wodanstraße lag. Die evangelischen Kinder in unserer Straße mussten in die Salzmann-Schule in der Neustraße, die aber ebenfalls nur "um die Ecke" lag.

Natürlich hatte mir meine Oma das eine oder andere Gebet beigebracht und sicherlich haben wir, wenn ich dort übernachtet hatte, mal ein Nachtgebet gesprochen.
Meine ersten intensiven Erfahrungen mit der Religion machte ich allerdings erst in der Schule.
Es wurde regelmäßig gebetet, wir lernten zu den kirchlichen Feiertagen das eine oder andere Kirchenlied und ab dem dritten Schuljahr bis zu unserer „Ersten heiligen Kommunion“ hatten wir regelmäßig Religionsunterricht bei Dechant Püntmann, der von da an akribisch darauf achtete, dass wir am Sonntag die Kirche besuchten.
Er besuchte auch die Familien und schaute nach, ob da, im Zuhause der Kinder, alles in Ordnung war.
Er versuchte auch sicherlich, meinen Vater zu überreden, zum katholischen Glauben zu konvertieren, denn so eine Mischehe war ihm und seinen Glaubensbrüdern schon ein heftiger Dorn im Auge.
Für uns Kinder hatte das aber keine Nachteile, schließlich waren wir ja katholisch und in der Schule achtete man schon darauf, dass wir vor den schädlichen Einflüssen des Protestantismus erfuhren und gewarnt waren.
natürlich ließen wir uns nicht davon abhalten, mit den evangelischen Kindern in unserer Straße zu spielen.
Wenn Dechant Püntmann uns auf der Straße traf, streichelte er uns über den Kopf und hielt uns an, jeden Sonntag eifrig den Gottesdienst zu besuchen und viel und demütig zu beten.

Wir erfuhren, wie Gott die Welt erschaffen und in seinem Sinne geformt hatte und wir glaubten fest an die Geschichte von Adam und Eva, den Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies. So und nicht anders war alles, was wir wahrnahmen, einschließlich uns selbst, entstanden.
Wenn wir eifrig in der Schulbibel lasen und aus ihr lernten, bekamen wir bunte, glänzende Bilder von Heiligen und Engeln, die wir gerne sammelten und behutsam aufbewahrten.
Zwei oder drei Lehrer erzählten uns, dass in ihren Familien Verwandte waren, die ihr Leben in einem Kloster verbrachten, weil es so üblich war, dass in Familien mit mehreren Kindern, eines ausschließlich dem Herrn dienen sollte.
Die Lehrer erzählten uns von dem Gelübde, das diese Geistlichen dann ablegen und dass es Gelübde gab, die diese oder andere fromme Menschen auch abgelegt haben um einer Bitte oder dem Gelingen eines Vorhabens ordentlichen Nachdruck zu verleihen.
Man versprach Gott, dass man, sollte dieser dazu beitragen, dass sich etwas erfülle, das einem am Herzen lag, eine Last zu Ehren des Herrn auf sich zu nehmen.
Dieser fromme Handel beeindruckte mich damals sehr.
Kein Wunder, dass sich diese Geschichten in meinem Kinderkopf verfestigten.
Es gab also die Möglichkeit mit Gott Geschäfte zu machen.
Eine Gelegenheit das auszuprobieren sollte sich schon bald ergeben.

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Beitrag von hörmal »

Meine jüngere Schwester, die jüngste von uns vieren, ist im September 1962 geboren.
Die Ältere von beiden stammt aus dem Jahre 1956, wobei 1956 eigentlich ja gar nicht zählt, denn es war der letzte Tag in diesem Jahr und das nächste stand schon in den Startlöchern.
Vater war sichtlich stolz gewesen, denn nach zwei Jungs war ihm nun auch ein Mädchen geglückt und es schien, als sei diese Familie nun komplett.
Das erwies sich allerdings ein paar Jahre später als Irrtum.
Im geschichtsträchtigen Jahr 1962 war dann im Herbst auch noch die Parität hergestellt. Zwei Jungs und zwei Mädchen.
Wir waren spätestens dann eine kinderreiche Familie.
Natürlich war ich da noch zu jung um die Tragweite dieses Unterfangen zu erkennen. Unser Lehrer, der uns in diesem Jahrgang in „Deutsch“ unterrichtete, der mit dem Rohrstock und der linken Hand, erzählte uns, dass es in dieser Zeit normal sei, zwei Kinder zu haben.
Mütter aber, die vier Kinder und mehr gebären, seien aus besonderem Holze und sie würden wohl dem Volke einen Dienst erweisen.
Irgendwie kam er dann wieder aufs Radfahren und auf die Sternfahrten an denen er teilgenommen hat. Das war sein Stolz, die Sternfahrten und sein Fahrrad, mit dem er jeden Morgen zur Schule kam.
Er erzählte oft und gern vom Radfahren und von den Sternfahrten und so manche Unterrichtstunde, in der eigentlich ein ganz anderer Lehrstoff auf dem Plan stand, entglitt ihm und er ergoss sich in Erinnerungen aus seinen Vitalitäten.
So mancher Schüler verstand es auch, von ungeliebtem Lehrstoff abzulenken in dem er irgendetwas vom Fahrradfahren sprach. Dies gelang besonders leicht, zumal wir einen Mitschüler hatten der in einem Radrennverein war und später auch ein recht bekannter Radrennfahrer wurde.
1962, am 14. Oktober begann eine verhängnisvolle Geschichte zwischen den Weltmächten USA und der Sowjetunion.
Im September war, wie schon erwähnt, meine kleine Schwester geboren.
Sie und die andere Schwester, die ja auch gerade erst sechs Jahre alt war hatten Mitte Oktober Stickhusten bekommen.
Wenn sie einen Hustenanfall bekamen war es fürchterlich schlimm. Mutter wusste nicht, welche von beiden sie zuerst beruhigen sollte beide liefen blau an und wenn man ich sie ansah, bekam ich eine Heidenangst.
Bei der kleinen bestand akute Lebensgefahr aber auch der „Großen“ ging es nicht viel besser.
Was meine Eltern damals durchmachten, kann ich nur ahnen.
Vater hatte Wechselschicht auf der Zeche.
Er war Rutschmann unter Tage, auf Graf Bismarck 2/6/9.
Meistens machte er „doppelt“, denn es war ja nicht einfach, eine sechsköpfige Familie durchzubringen.
Wenn er von der Schicht kam aß er meist etwas und dann legte er sich, völlig geschafft, hin und schlief erst einmal ein paar Stunden.
Das war zumindest in der Zeit so, als meine Schwestern gesund waren.
Während der Stickhustenzeit machte er nur eine kleine Pause, nach der Schicht und dann nahm er den Kinderwagen, in den meine Mutter beide Mädchen irgendwie hineingesetzt hatte und ging mit ihnen stundenlang spazieren.
Unser Hausarzt, ein alter Preuße mit Holzbein aus dem ersten Weltkrieg, hatte gesagt: „Frische Luft ist das Lebenselixier für die Mädchen. Du musst,“ er duzte alle seine Patienten, „ihnen so viel frische Luft verschaffen wie nur eben möglich, dann können sie überleben.“

Es herrschte eine unheilbringende Stimmung in dieser Zeit.
Als wäre es nicht genug, dass die Mädchen so schlimm erkrankt waren, spitzte sich die politische Lage in dieser Zeit noch außerordentlich zu.
Die Russen hatten auf Kuba Raketenbasen errichtet, die auf Amerika zielten. Sie wollten dort Raketen mit Atomsprengköpfen installieren, die in fünf Minuten große Städte in Amerika erreicht hätten.
Fünf Minuten wären viel zu kurz für die USA gewesen um die Bevölkerung zu warnen, geschweige denn zu schützen.
Es begann ein Konflikt, den man später als „Kubakrise“ bezeichnete.

Amerika reagierte mit einer Seeblockade um die Schiffe, welche die Atomsprengköpfe nach Kuba bringen sollten, aufzuhalten.
Der sowjetische Regierungschef Nikita Chruschtschow kochte und Amerikas junger Präsident John F. Kennedy wurde vor die größte Bewährungsprobe seines kurzen Lebens gestellt.
Alle redeten vom dritten Weltkrieg und davon, dass diesmal niemand überleben würde, wenn es soweit käme.

Aber es gab auch Lichtblicke und Überlebensstrategien für den Atomkrieg.
Unser Deutschlehrer mit dem Rohrstock lehrte uns, dass wir uns auf jeden Fall flach auf den Boden legen sollen falls ein Atomalarm ausgelöst würde.
Am besten wäre noch ein Straßengraben in den wir uns begeben könnten und auf jeden Fall sollten wir uns eine Aktentasche oder eine Mappe über den Kopf halten und dann abwarten, bis die Atombombenwelle über uns hinweg gerauscht sei.
Auch gab es des Öfteren Probealarm und wir lernten, was die einzelnen Sirenentöne bedeuteten.

Am liebsten wäre ich gar nicht in die Schule gegangen.
Die kurze Entfernung zu meinen Eltern und den kranken Schwestern erschien mir kilometerweit und kaum überbrückbar.
Was wäre denn, wenn nun ein Krieg ausbräche und der Angriff uns trennte. Ob ich dann jemals meine Familie wiederfinden würde. Und vier oder fünf Stunden nicht zu wissen, wie es meinen kleinen Schwestern gerade ging, war unerträglich.
Es gelang meinen Eltern nicht, ihre Angst zu verbergen aber der Alltag ging weiter und dem Schicksal konnte man nicht entgehen und es war ja noch nicht so lange her, dass sie auch und erst recht um ihr Leben fürchten mussten.
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Beitrag von zuzu »

Für diejenigen, die es interessiert.
Das war auch ein gemeinsames Projekt: seine Lebensgeschichte aufschreiben. Wir wollten weitermachen, wenn es ihm besser geht...
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-Locke-
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Beitrag von -Locke- »

Sporadisch und auch nicht durchgängig habe ich mal hier und da eine Lebensgeschichte gelesen. Nicht diese von hörmal.
Nun erst, vom ersten bis zum letzten Buchstaben.
Vollkommen eingebunden in seiner Erzählung fehlt ein gehöriger Teil.

- Nun - jetzt macht es mich betroffen. Ich will auch gar nicht groß darüber schreiben, wie man doch Anteil nimmt an fremden Lebensgeschichten.
Im Verlauf der Geschichte dachte ich paradoxerweise an seine Eltern, die auch durch Fotos "ein Gesicht" bekamen.... oder auch den Großeltern.... So geht es mir bei allen alten S/W-Fotos, bei denen ich mich frage, wer davon wohl noch leben möge, oder was derjenige wohl erlebt und wie seine Umwelt geprägt haben wird.
Und ein Stück weit, wenn vielleicht auch nicht ganz so entbehrlich in Bezug auf Konsumgüter oder drastischen Vorgehensweisen in der Schule, erkannte ich meine Kindheit wieder.

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