Entvölkerung und "Stadtumbau heute"

Korrekturen des Stadtumbaus der Vergangenheit, Erschließung von Brachen und Rückbau - Stadtumbau im neuen Jahrtausend

Moderatoren: Verwaltung, Redaktion-GG

Benutzeravatar
blaumann
Beiträge: 1336
Registriert: 20.09.2007, 13:14
Wohnort: Schalke

Entvölkerung und "Stadtumbau heute"

Beitrag von blaumann »

stern.de hat geschrieben:Gelsenkirchen hat ein Problem: Durch den Wegzug von fast einem Drittel der Einwohner verwaisen ganze Straßenzüge. Die Stadt kämpft dagegen an, möbelt mehrere Quadratkilometer große Brachflächen auf. Ob es gelingt, den ärmsten Teil des Ruhrgebiets zukunftsfähig zu machen? Eine Beobachtung.
Artikel: Die Folgen der Entvölkerung (Teil 2)
Wer kann Gelsenkirchen retten?

erloeser
Abgemeldet

Beitrag von erloeser »

...die Stadt wird immer älter, weil die Jungen der Arbeit hinterher ziehen
...die Stadt wird immer männlicher, weil als erste die Frauen gehen
...die Stadt wird immer ärmer, weil viele, die hier arbeiten gar nicht mehr hier leben und ihre Steuern und ihr Geld in atraktiveren Städten lassen
...die Stadt wird immer unwohnlicher, wenn für neuen Wohnraum kein Platz ist und die Industrieerweiterungen die Naherholungsgrünflächen fressen, statt auf brachliegendem Gelände zu entstehen...

ich könnt mich gerade so in Extase schreiben... 8)

Benutzeravatar
Stargate
Redaktion-GG
Beiträge: 2729
Registriert: 06.03.2008, 12:56
Wohnort: Im schönsten Stadtteil

Beitrag von Stargate »

leergezogene Häuser wie hier auf der auf der Münchenerstr. in SchalkeBild
ist nicht gerade ein schöner Anblick :oops:
Das ist der Weg.

Troy
Mitglied der Verwaltung
Beiträge: 12940
Registriert: 25.06.2007, 21:41

Beitrag von Troy »

naja, man kann ja mal versuchen sorum zu denken:

wohnort und steuerzahlort liegen bei vielen "ruhris" auseinander; das ist hier nicht ungewöhnlich. 30 km zur arbeit, was nicht viel ist, das schaffst du kaum innerhalb einer stadt, da biste immer irgendwo über grenzen gegangen. auch 14 km können dich sogar in einen anderen regierungsbezirk schicken, und in deiner stadt gibt es innerhalb von 14 km nix für dich zu arbeiten.

wer jung ist und im nördlichen ruhrgebiet lebt, sieht sich mit folgender frage konfrontiert, wenn es um "erwerbsarbeit" geht: was hat priorität - mein wohnort/lebensumfeld oder mein berufswunsch?

will ich unbedingt hierbleiben, muss ich mich arbeitsplatzmäßig damit auseinandersetzen, was sich hier getan hat, gerade tut und entwickeln wird.

will ich einen ganz bestimmten beruf und nur den und nix anderes, muss ich den markt meines berufswunsches kennen und dann entscheiden, wohin ich will. und schlimmstenfalls das gewohnte umfeld hier verlassen.

das ist eine schwere entscheidung. das hundsgemeine ist, dass viele junge leute so´ne entscheidung treffen müssen in einem alter, wo sie noch nichtmals wählen dürfen.
es ist die aufgabe aller erwachsenen, zunächst mal dafür zu sorgen, dass die jungen leute bei dieser entscheidung nicht in den sack hauen, nur weil sie die strukturen nicht verstehn.

in erster linie hat das was mit vorbildfunktionen zu tun.

ein lieber freund von mir hat mir mal gesagt: nicht vorlabern, vorleben!!!

so, bevor einer fragt, was das mit GE zu tun hat:
hier leben so viele tolle jugendliche, die ihre pläne und wünsche haben, die alle nix dafür können, dass ihre umgebung so ist wie sie ist. und die gibt es in jeder "einkommensgruppe", um das auch mal gleich zu sagen. da haben wir jede menge zu tun, dass die sich hier aufgehoben fühlen in diesen zeiten, gute vorbilder finden, denen es sich lohnt, nachzueifern! das ist nicht nur was für die "kaputten schulen", die "blöden eltern", die "doofe politik"... da kann jeder erwachsene jeden tag seinen gesellschaftlichen job erledigen - die klimatischen bedingungen können wir "kostenlos" beeinflussen, die häuserfrage muss politisch gelöst werden.
Zuletzt geändert von Troy am 03.09.2008, 21:41, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Lo
Ehemaliges Mitglied der Verwaltung
Beiträge: 6724
Registriert: 22.09.2007, 17:34
Wohnort: Oberhausen (früher Erle...)
Kontaktdaten:

Beitrag von Lo »

Stargate hat geschrieben:leergezogene Häuser wie hier auf der auf der Münchenerstr. in SchalkeBild
ist nicht gerade ein schöner Anblick :oops:
Wenn man einmal innehält und darüber nachdenkt,
dass hinter diesen Fenstern einmal Generationen von Menschen
gelebt und geliebt haben, Kinder, Freude, Trauer, Sorgen hatten
Feste feierten, Nachbarn waren, Notnachbarn vielleicht,
sich stritten und sich halfen, heirateten, Kinder bekamen,
viele Sommer und Winter erlebten.

Wenn so ein Haus seine Geschichten preisgeben könnte.....
Das wären echte Gelsenkirchener Geschichten.

Benutzeravatar
blaumann
Beiträge: 1336
Registriert: 20.09.2007, 13:14
Wohnort: Schalke

Beitrag von blaumann »

Troy hat geschrieben:wer jung ist und im nördlichen ruhrgebiet lebt, sieht sich mit folgender frage konfrontiert, wenn es um "erwerbsarbeit" geht: was hat priorität - mein wohnort/lebensumfeld oder mein berufswunsch?
Überraschend für mich war in diesem Artikel, daß die Einwohnerzahl nicht durch die Abwanderung sinkt, sondern weil die Geburtenrate unter der Sterberate liegt. So "un-lebenswert" scheint Gelsenkirchen also garnicht zu sein. Wir poppen nur zuwenig.

Heinz
Abgemeldet

Beitrag von Heinz »

"Wir haben ein Imageproblem. Jeder sagt: Zeigen sie uns die schlechten Ecken, aber keiner will die schönen Seiten der Stadt sehen."
Die GGs (Ich) wurden von der Financial Times auch schon mal deshalb angerufen - der Frankie würde nur die schönen Ecken zeigen :D wir sollten mal die Schmuddelecken sagen... :roll:

erloeser
Abgemeldet

Poppen für die Stadt

Beitrag von erloeser »

blaumann hat geschrieben:"un-lebenswert" scheint Gelsenkirchen also garnicht zu sein. Wir poppen nur zuwenig.
Stellt sich die Frage warum in Gelsenkirchen zu wenig gepoppt wird Blaumann...
weil hier weniger Viagra verschrieben wird als andernorts? .. oder die Kondome nicht so schnell platzen, wie ausserhalb Gelsenkirchens? ... oder weil immer mehr Menschen ein familäres Verhältnis zu ihrem Fussballverein aufbauen? oder weil das aufgemotze Auto die Frau ersetzt und es hier übermässig viele davon gibt? ... oder liegt es an der verhältnismässigen Überzahl alter Männer? 8)

Benutzeravatar
Lo
Ehemaliges Mitglied der Verwaltung
Beiträge: 6724
Registriert: 22.09.2007, 17:34
Wohnort: Oberhausen (früher Erle...)
Kontaktdaten:

Beitrag von Lo »

Vielleicht gibt es zu wenig rote Sofas?

Mütze
Abgemeldet

Beitrag von Mütze »

Das liegt einzig allein an einem Umstand:
Arbeit.

Wir haben weit überwiegend Industrie- und keine nennenswerte Verwaltungs- und Handelsunternehmen vor Ort.

Die Stadt - wie das ganze Ruhrgebiet - hat seit bald 50 Jahren (GE seit 1959) eine rückläufige Bevölkerungsentwicklung.
Das ist seit 1842 so - wobei der Kohleabbau (Primärsektor) definitiv weg ist.

Die Stadtplanung und -entwicklung hat somit seit 50 Jahren massiv gepennt und versagt.
Wir liegen mit Duisburg und Hagen am Ende der Fahnenstange der gebeutelten Orte NRWs.

Es ist in einer Depression - und die hat das ganze Ruhrgebiet - schwierig zu investieren.
Stadt sollte Freiräume bieten und agil handeln.
Aber das kann Verwaltung nicht.

1840 haben Unternehmer die Stadtentwicklung gesteuert.
Leute die Chancen gesucht und gefunden haben.
Mit der heutigen Verwaltungsmentalität werden wir nur zuschauen können wie noch mehr Arbeit nach China und Indien geht.
Aber keine schaffen.
Zuletzt geändert von Mütze am 03.09.2008, 22:09, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Stargate
Redaktion-GG
Beiträge: 2729
Registriert: 06.03.2008, 12:56
Wohnort: Im schönsten Stadtteil

Beitrag von Stargate »

Heinz hat geschrieben:
"Wir haben ein Imageproblem. Jeder sagt: Zeigen sie uns die schlechten Ecken, aber keiner will die schönen Seiten der Stadt sehen."
Die GGs (Ich) wurden von der Financial Times auch schon mal deshalb angerufen - der Frankie würde nur die schönen Ecken zeigen :D wir sollten mal die Schmuddelecken sagen... :roll:
das ist ja auch kein Imageproblem für Ge... in den anderen Städten des Ruhrgebietes sieht es ja auch nicht anders aus.. viele Leute ziehen heute lieber auf`s Land...
natürlich haben wir auch sehr schöne Ecken :-)
Das ist der Weg.

Mütze
Abgemeldet

Beitrag von Mütze »

"Wir haben ein Imageproblem. Jeder sagt: Zeigen sie uns die schlechten Ecken, aber keiner will die schönen Seiten der Stadt sehen."
Und genau deswegen sollte man zeigen warum GE LEBENSWERT ist.

ExilErler
Abgemeldet

Beitrag von ExilErler »

Die Stadtverwaltung ist es aber auch z.T. selber schuld, dass der Einwohnerverlust so groß ist. Als unsere drei Kinder klein waren und unsere Wohnung damit ebenfalls, haben wir uns nach einem passenden Häusken umgeschaut. Das Angebot war zwar da, aber für einen Alleinverdiener leider nicht zu bezahlen. Die Grundstückspreise hatten schon ein heftiges Gewicht. Daher bin ich dem Ruf meiner Frau gefolgt, die ein Grundstück aufm Land aufgetan hat. Aber als Städter wird man dort nicht glücklich, auch nicht nach vielen Jahren.
Wenn man dann heute liest, dass die Stadt was für junge Familien tut, bekommt man das k****. In einer Nachbargemeinde ist es sogar üblich, dass der Grundstückspreis pro Kind um einen bestimmten Betrag gesenkt wird.
Warum hatte GE damals kein Interesse daran mich (als Beispiel gemeint) festzuhalten? Dann hätte die Stadt heute 5 Einwohner mehr. Und ich wäre wahrscheinlich glücklicher.

Wer weiß, wieviel Leuten es ähnlich ging, die die Stadt verlassen haben.

gats
Beiträge: 229
Registriert: 28.04.2007, 23:04

Beitrag von gats »

Mütze hat geschrieben:Das liegt einzig allein an einem Umstand:
Arbeit
genau!!...arbeit die gemacht werden müsste beim sich gedanken machen..... was die ruhris mit soooo viel freizeit und soooo viel raum ...anstellen könnten... gegen panik vor leere ..:roll:

Kauli
Beiträge: 136
Registriert: 02.06.2008, 13:06

Beitrag von Kauli »

Wenn man einmal innehält und darüber nachdenkt,
dass hinter diesen Fenstern einmal Generationen von Menschen
gelebt und geliebt haben, Kinder, Freude, Trauer, Sorgen hatten
Feste feierten, Nachbarn waren, Notnachbarn vielleicht,
sich stritten und sich halfen, heirateten, Kinder bekamen,
viele Sommer und Winter erlebten.

Wenn so ein Haus seine Geschichten preisgeben könnte.....
Das wären echte Gelsenkirchener Geschichten.


@Lo

Da hast Du mir aus der Seele geschrieben. Manchmal stehe ich vor einem alten, baufälligen, leerstehenden Haus und denke mir genau das, was Du geschrieben hast.

Manchmal ist es wirklich traurig, welches Schicksal einige Häuser getroffen hat.

Antworten