Herzlichen Dank für diesen Beitrag! Eine offene Diskussion zur Bestattungs- und Friedhofskultur in Gelsenkirchen oder überhaupt kann ich nur begrüßen.
So wie sich die Menschen in dieser Gesellschaft verändern, so verändert sich auch der Friedhof. Nur ein Beispiel zur Veränderung: Um 1900 lag die Haushaltsgröße bei etwa 5. Aktuell leben durchschnittlich nur zwei Personen in einem Haushalt. Dies spiegelt sich sehr deutlich auf einem Friedhof wieder. Sehen kann man dies übrigens ganz konkret bei einem Spaziergang über den Hauptfriedhof in Buer. Oder auch: Aktuell müssen in Gelsenkirchen jährlich knapp 8 % der Verstorbenen (d.h. jährlich ca. 300 Verstorbene in Gelsenkirchen) vom Ordnungsamt beerdigt werden, weil niemand da oder niemand bereit ist die Beerdigung durchzuführen. Diese ordnungsbehördlichen Bestattungen (Achtung nicht Sozialbestattung!) erfolgen in Gelsenkirchen aber nicht, wie sonst üblich in Deutschland, anonym und ohne Beistand, sondern immer mit Geleit in einem Grab mit Grabstein. Die christlichen Kirchen in Gelsenkirchen in Zusammenarbeit mit der Stadt Gelsenkirchen beerdigen die Verstorbenen bei ordnungsbehördlichen Bestattungen immer mit einer kleinen Trauerfeier und einem Geleit zum Grab in einem eigenen Gemeinschaftsgrabfeld. Vierteljährlich wird dann für die ordnungsbehördlich Bestatteten eine große, öffentliche, ökumenische Trauerfeier abgehalten, auf die mittels Zeitungsanzeige hingewiesen wird. Auf jedes Grab wird über den Verein Ruhesteine e.V. ein Grabstein mit Name und Geburts- und Sterbedatum (wenn dieser zu ermitteln ist!) gelegt.
Stichwort: Spaziergang über die Friedhöfe in Gelsenkirchen. Gerade unsere Friedhöfe im Stadtgebiet von Gelsenkirchen laden uns alle immer wieder zu einem Spaziergang ein. Leider "reden" diese Orte viel zu wenig von den "Schätzen" (Namen, Menschen, Begegnungen, Kontakten, Trauer und Trost, Religionen, einzigartigem Pflanzenschatz, Rückzugsorte für Mensch und Tier, Geschichte und Geschichten, ...) Mehr zu den Schätzen der Friedhöfe erfahren Sie unter
https://www.vffk.de/aktionen/friedhof-er-ist). Auch ist die Orientierung und das Wissen um besondere Orte auf den Friedhöfen leider nicht präsent bzw. vor Ort auffindbar. Wir haben daher digitale Wanderrouten auf einige Friedhöfe im Stadtgebiet gelegt, mit Hinweisen auf die besonderen Orte (Grubenunglücke, Kriegsgräber, Ehrengräber, besondere Denk-Male, ...) auf den jeweiligen Friedhöfen. Hier der Link zu den digitalen Friedhofsführungen im Stadtgebiet von Gelsenkirchen:
https://fgg-online.de/index.php/service ... of-digital (wir arbeiten gerade an weiteren Friedhöfen)
"Ein Grab in Dauerpflege zu geben, muss man sich leisten können." Ja, Grabpflege benötigt Zeit. Wenn man diese Zeit nicht hat, bzw. nicht vor Ort wohnt, oder es körperlich nicht kann, dann kann man Grabpflege auch bei einem Friedhofsgärtner in Auftrag geben. Grabpflege ist aber nicht teuer: Ab etwa 0,25 € = 25 Cent (!) pro Tag ist eine einfache Grabpflege (ohne jahreszeitlichen Blumenschmuck) bei einem Friedhofsgärtner schon möglich und die Erinnerung bleibt gepflegt. Ein einfacher Handyvertrag ist da häufig teurer.
"Man schließt vorher einen Vertrag mit dem Bestatter ..." Ja, Vorsorge für Beerdigung und Grabpflege ist ganz wichtig in einer immer mobileren Gesellschaft mit kleinen Haushalten. Bei einer Vorsorge bei einem Bestatter oder einem Friedhofsgärtner ist aber wichtig, dass ein Treuhänder in den Vorsorgevertrag eingebunden ist, der den Vertrag und das Geld solange verwaltet, bis alle Leistungen erbracht wurden. Was nützt eine Vorsorge, wenn das beauftragte Unternehmen, bevor alle Leistungen erbracht wurden, vom Markt verschwindet oder niemand die Leistungen kontrolliert. Mehr zum Thema Beerdigungsvorsorge oder Dauergrabpflege:
https://fgg-online.de/index.php/was-wir ... -vorsorgen oder
https://vorsorge-im-pott.de.
Stichwort ungepflegte Nachbargräber: Für die Friedhofsverwaltungen ist dies regelmäßig ein hochproblematisches Thema. Wenn ein Nachbargrab verkommt, ist manchmal ein Gespräch beim zuständigen Friedhofsverwalter hilfreich. Manchmal hilft auch einfache Nachbarschaftshilfe.
"In meinem Testament steht eindeutig drin: Beerdigung ohne Gedöns". Beerdigungsverfügungen ins Testament zu schreiben, ist regelmäßig nicht ratsam! Testamente werden, wenn sie beim Notar oder bei Gericht liegen, erst weit nach der Beerdigung geöffnet oder erst nach der Beerdigung gefunden. Über die Art, wie man bestattet werden möchte, sollte man schon frühzeitig mit den Menschen in seinem Umfeld reden. Ist komisch, tut aber gar nicht weh! Bestattungsverfügungen sollte man ggfl. schriftlich verfassen und ins Familienstammbuch heften. Das Familienstammbuch mit der Geburtsurkunde sollte dann an einer Stelle liegen, wo es schnell gefunden wird, z.B. direkt am Bett. Die Geburtsurkunde wird regelmäßig benötigt, um den Todesfall anzumelden. Ins Familienstammbuch, ggfl. auch in die Geldbörse, gehören dann auch Hinweise auf Bestattungsvorsorge- und Dauergrabpflegeverträge.
Gern helfen wir bei Fragen unverbindlich weiter!
Glück auf!
Andreas Mäsing