Der Buersche Verein für Orts- und Heimatkunde lud an Allerheiligen zu einem
Rundgang
über den "Alten Friedhof" in Buer ein.
Die Veranstaltung findet im Wechsel jeweils auf dem Hauptfriedhof und dem "Alten Friedhof" statt und in diesem Jahr war der "Alte Friedhof" an der Mühlenstraße an der Reihe. Die Führung hatte Gärtnermeister Konrad Herz übernommen. Das Thema des Rundgangs lautete „Geschichte und Geschichten über den dritten Friedhof von Buer“.
Nachdem Konrad Herz die zahlreichen Teilnehmer begrüßt hatte, erzählte er über seine ganz besondere Beziehung zu diesem Friedhof. "Im Jahr 1953 habe ich hier meine Lehre begonnen“, berichtete er. „Inzwischen bin ich im 69. Lehrjahr angekommen“, fügte der Gärtnermeister verschmitzt lächelnd noch hinzu.
Die Rundgangsteilnehmer erfuhren viel Wissenswertes von ihm über die Geschichte des Friedhofs. So wurden als Buer noch ein kleines Dorf war, die Toten zunächst in der Urbanus-Kirche und dann rund um die Kirche bestattet. Im Jahr 1819 wurde ein Totenacker an der Mühlenstraße, auf der anderen Straßenseite gegenüber des heutigen Friedhofes angelegt. Der "Alte Friedhof" wurde erst zum Ende des 19. Jahrhunderts hin errichtet. Die Einsegnung fand 1886 statt und die erste Beerdigung 1887.
Der Friedhof ist in einen katholischen, einen evangelischen sowie einen jüdischen Bereich unterteilt. Bei unserem Rundgang an diesem herrlichen Herbsttag erstrahlte der "Alte Friedhof" im Licht der Sonne. Das erste Grab an dem wir vorbeikamen war die Grabstätte der Familie König.
„Das Eisenwerk König war früher ein wichtiger Arbeitgeber in Buer“, berichtete Konrad Herz.
INFO: Die Eisenwerke wurden 1912 von Josef König als erstes Werk dieser Art im Vest Recklinghausen gegründet. Das Werk existiert nicht mehr. Eine der großen Hallen ist noch vorhanden auf dem Areal zwischen Nordring und Eisenbahntrasse.
Dann kamen wir zur Grabstätte der allerersten Bestattung aus dem Jahr 1887. Das Grabmal steht immer noch.
"Eine anschauliche, handwerklich gute Arbeit aus Münsterländer Sandstein", berichtet Herz. Vandalen hatten den Stein einmal umgeworfen und er meldete das der Friedhofsverwaltung erzählte er. Weil sich dann längere Zeit nichts tat, schickte er schließlich Leute aus seiner Friedhofsgärtnerei vorbei und ließ den Stein wieder aufstellen. „Ich wurde daraufhin verwarnt, weil ich mich an fremdem Eigentum vergriffen hätte", so Herz.
Es gab aber nicht nur Wissenswertes über Friedhofskultur zu erfahren, sondern auch Informationen über die Pflanzen, denn immerhin ist der Alte Friedhof seit einigen Jahren auch ein Rhododendronpark. Der Gärtnermeister zeigte uns u.a. eine Iberische Eiche.
"Dies ist ein Baum der im Winter seine Blätter nicht verliert und daher auch Immergrüne Eiche genannt wird", so Herz.
INFO: Die Eiche wurde in der Antike für heilig gehalten und als der Baum des Göttervaters Zeus und seiner Geliebten Dione bezeichnet.
Dann kamen wir an einem längst zugewachsenen Grab vorbei. An Hand einer frisch aufgestellten Blume erkannten wir, dass das Grab heute immer noch gepflegt wird.
Wir folgten dem Weg weiter und gelangten zu dem größten Gedenkstein des Friedhofs. Er befindet sich auf der Gruft der Familie von Forst.
"Johann Urban von Forst war Mitbegründer der Buerschen Zeitung", weiß Herz zu berichten.
INFO: Die Buersche Zeitung war eine Lokalzeitung für Buer und Umgebung. Franz Otto Theben gab die Zeitung seit 1881 unter dem Namen Volkszeitung für Buer und Umgebung heraus. Johann Urban von Vorst erwarb die Zeitung später, wurde Beteiligter, Geschäftsführer und benannte das Unternehmen in Vestische Verlagsdruckerei um.
Wir erreichten die ehemalige Leichenhalle die noch erhalten ist, aber nicht mehr genutzt wird. Derzeit steht sie leer, die Außenwände sind voller Graffiti.
"Eigentlich könnte man die Halle doch sinnvoll nutzen", meinte Herz. "Man könnte dort einen Meditationsraum einrichten oder Konzerte und Lesungen stattfinden lassen. Ideen gäbe es schon."
Über den evangelischen Teil des Friedhofs ging es weiter zum kleinsten Abschnitt, dem jüdischen Teil.
Das alte Tor markierte ehemals den Eingang zum jüdischen Teil des Friedhofs.
Es gibt übrigens gibt noch zwei weitere Tore. Eines an der Mühlenstraße und ein weiteres an der Dorstener Straße. Auf noch erhaltenen Pfeilern steht in lateinischer Sprache „HODIE MIHI" und "CRAS TIBI". Gleich darunter steht die Übersetzung „Heute Mir" und "Morgen Dir". Eine Mahnung der Toten an die Lebenden.
Bis 1938 wurden auf dem jüdischen Teil die Mitglieder der jüdischen Gemeinde von Buer bestattet. In der Pogromnacht am 9. November 1938 zerstörten Nationalsozialisten die Grabsteine.
Heute erinnern noch zwei Denkmäler an diesen dunklen Teil der Geschichte, eine Steinsäule mit Davidstern und eine große Steintafel mit den Namen der Menschen, die auf dem Friedhof begraben und deren Grabsteine entfernt wurden.
Viele bekannte Namen befinden sich auf den Grabmalen des Alten Friedhofes. Wir kamen vorbei an der Grabstätte der Familie Tiemann.
Eine scheinbare Kuriosität ist die letzte Ruhestätte von Pastor Rudolf Franke. Der evangelische Geistliche wurde auf der katholischen Seite des "Alten Friedhofs" beerdigt.
„Seine Mutter war katholisch, und es war ihr erklärter Wunsch“, so Herz. INFO: Pfarrer Rudolf Franke war Namensgeber für die Frankeschule, Frankestraße sowie den Frankestift in Buer.
Die Grabstätte der Familie Schlatholt.
Dann sahen wir wieder ein zugewachsenes Grab, auf dem zur Feier des Tages Lichter angezündet wurden.
Ruhestätte der armen Dienstmägde Jesu Christi zu Buer
Die Ruhestätte der armen Dienstmägde Jesu Christi zu Buer ist beidseitig belegt. Herz wies darauf hin, dass das Grabmal Beschädigungen aufweist und unbedingt restauriert werden müsste.
Auf unserem Weg kamen wir an einer Ruhestätte mit einer imposanten Steinplatte vorbei, die der Künstler Alfons Kirschbaum angefertigt hat.
Die Steinplatte ist restauriert und auf Schotter gebettet worden.
INFO: Kirschbaum wohnte im Hausfeld 3 in Erle, wo er dann auch seine Werkstatt hatte. Er war bis zu seinem Tod Vorsitzender der Kolpingfamilie Buer.
Auf der Gruft Stallmeyer/ Eulberg steht das einzige Figurengrabmal des Friedhofes.
Grabstätte der Familie Schulte Terboven.
Valentin Schulte Terboven hatte in Hassel einen Bauernhof, den Valentinshof. Er ist auch Namensgeber der Valentinstraße.
Grabstätte der Familie Merz.
Nach Romanus Merz wurde u.a. die Romanusstraße in Buer benannt.
Grabstätte der Familie Heldermann.
INFO: Den Getränkefachgroßhandel Heldermann & Stuhrmann GmbH gab es bis 1988. An der Ophofstraße befand sich das Bier- und an der Brinkgartenstraße das Wasserlager. Die Firma wurde von Hubert Heldermann 1918 als Getränkehandel, Mineral-Wasserfabrik gegründet.
Ruhestätte der Familien Heege und Pöppinghaus.
Rechtsanwalt Gerhard Pöppinghaus aus Buer, der zu uns gestoßen war berichtete, dass Agnes Heege vom Hause Uhlenbrock in Buer mit seinem Großvater Heinrich Pöppinghaus verheiratet war und beide Familien dadurch miteinander verbunden waren. Gerd, den ich auch persönlich kenne, berichtete noch, dass sein Vater Heinrich nicht mehr auf der Familiengrabstätte beigesetzt werden durfte nachdem er verstarb. Die Beisetzung erfolgte zunächst auf dem Hauptfriedhof. Nach einem längeren Rechtsstreit der Familie wurde am Ende die Familiengrabstätte auf dem "Alten Friedhof" doch für die Beisetzung freigegen. Es erfolgte daraufhin eine Umbettung.
Ruhestätte der Familie De La Chevallerie.
Wir kamen zu den Hölling und Lehmkuhl.
Hölling war der erste Bankier in Buer. Auffällig ist der festverwurzelte Baum auf dem Grabmal.
Ruhestätte Lehmkuhl
Ruhestätte der Familie Meese.
Der schmiedeeiserne Zaun der die Grabstätte einfasst, ist noch gut erhalten.
Weiter ging’s zur Priestergrabstätte mit dem Hochkreuz.
Hier ruhen die Priester der Urbanus-Gemeinde.
Dann ging es wieder zurück in Richtung Eingang Mühlenstraße.
An der vor einiger Zeit neu angelegten Wasserzapfstelle verabschiedete sich Gärtnermeister Konrad Herz und bedankte sich für die zahlreiche Teilnahme an der Friedhofsführung.