Die vor kurzen erst restaurierte Buersche Femelinde wird zerhackt und eine olle Buze, "Vestischer Hof", wird zerbröselt. Straßen brauchen Platz.
In Horst findet die letzte Kirmes statt, auch da wird Platz gebraucht. Aber das kitschige alte Rathaus am Machensplatz, das wollen die Bürger erhalten.
Die Glückauf-Brauerei ist seiner Zeit weit voraus, und der Rat wird mutig.
So war es im ersten Quartal 1965.
von hier: Stadtchronik 1965 (PDF, 40MB)
Stadchronik 1965 hat geschrieben: Samstag, den 23. Januar 1965
Bereits 200 Mitglieder zählt der im Mai 1964 gegründete Schwimmverein Wasserratten Gelsenkirchen-Horst 1964.
Mittwoch, den 27. Januar 1965
Aus einem Bericht des Statistischen Landesamtes geht hervor, daß die Ruhrindustrie (ohne Bergbau und Baugewerbe) in allen Stadt- und Landkreisen den Anschluß an die konjunkturelle Entwicklung in Nordrhein-Westfalen gefunden hat. Einzige Ausnahme bildet Gelsenkirchen, das einen erheblichen Rückgang des Umsatzes zu verzeichnen hat.
Freitag, den 29. Januar 1965
Die Buersche Zeitung schreibt, der Landtag habe den Bau des "Ruhrstadions" im Berger Feld abgelehnt. Die für 18.000 DM gefertigte Denkschrift der Stadt Gelsenkirchen in diesem Zusammenhang habe den Sportausschuß des Landtages nicht von der Notwendigkeit des Bauvorhabens überzeugt.
Donnerstag, den 18. Februar 1965
Im Zuge des Bebauungsplanes für die Goldbergstraße in Buer wurde die alte Linde in der Nähe des Goldberghauses gefällt. Die erst vor einigen Jahren vom Landeskonservator "restaurierte" Linde wurde im Volksmund Femelinde genannt.
Donnerstag, den 18. Februar 1965
Die an der Ecke De-la-Chevallerie-Straße und Marienstraße stehende alte Gaststätte "Vestischer Hof" mit ihrem wirkungsvollen Fachwerk in den Obergeschossen wird im Zuge des Ausbaues der De-la-Chevallerie-Straße abgerissen.
Freitag, den 19. Februar 1965
Vom 6. bis 13. März findet auf dem (noch) freien Gelände an der Essener Straße in Horst eine Frühjahreskirmes statt. Da auf dem Gelände ein großer Wohnbaukomplex entsteht und in Horst zur Zeit kein Gelände für Jahrmarktzwecke zur Verfügung steht, dürfte diese Kirmes (vorläufig) die letzte in Horst sein.
Samstag, den 20. Februar 1965
Als ein Hobby besonderer Art präsentiert der Verwaltungsangestellte Helmut Piontek seine Autogrammsammlung von prominenten Politikern aus vielen Nationen.
Dienstag, den 2. März 1965
Bei dichtem Schneefall war auf den Gelsenkirchener Straßen von Rosenmontagfeiern nicht viel zu sehen. Gefeiert wurde von den Karnevalsgesellschaften in Sälen.
Donnerstag, den 4. März 1965
Eine Bronzeplastik von Prof. Marks, den Heiligen Sebastian als Schutzpatron der Krieger darstellend, und für den Ehrenhof des'Neubaus des Max-Planck-Gymnasiums in Erwägung gezogen, fand keine Anerkennung bei der Stadt, da sie "in einer zu grazilen Ausführung in keinem Verhältnis zur Ausdehnung des Ehrenhofes stehe und vor den nüchternen weißen Kacheln der Wände nicht zur Wirkung komme."
Donnerstag, den 4. März 1965
In einer Bürgeraktion wurden Argumente für und gegen den Abbruch des 1894 eingeweihten alten Rathauses am Machensplatz vorgebracht. Die Stadtplaner sehen in dem nach Auszug der Polizei nicht mehr verwertbaren Gebäude ein Hindernis
für die Straßenplanung am Machensplatz; die Bürger wollen in dem Rathaus ein für Gelsenkirchen historisches Gebäude erhalten.
Freitag, den 5. März 1965
Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung stellt in einem ausführlichen Porträt den Feuerwerker Richard Koch als immer noch vielbeschäftigten Bombenräumer vor.
Sonntag, den 7. März 1965
Das Land Nordrhein-Westfalen plant, in den Städten den Dienst uniformierter Politessen als Helfer bei der Ordnung des ruhenden Verkehrs einzuführen.
Montag, den 8. März 1965
Vor 400 Funktionären der Industrie-Gewerkschaft Bergbau und Energie sprach IGBE-Vorsitzender Walter Arendt in Erle das Problem der 10,5 Millionen Tonnen Koks und Kohle an, die bereits aufgehaldet werden mußten. Das Absatzproblem sei durch Feierschichten allein nicht zu lösen. Zumindest aber müßten die Feierschichten gleichmäßig auf alle Zechen verteilt werden. Arendt forderte von der Regierugng Maßnahmen zum Schutz der Kohle vor der Konkurrenz des billigeren Öls.
Dienstag, den 9. März 1965
Nach einer Besichtigungsfahrt nach Sodingen erwägt Oberbürgermeister Hubert Scharley, in den Schulen anstelle von Turnhallen Mehrzweckhallen zu errichten, in denen auch versenkbare Bühnen für kulturelle Veranstaltungen eingebaut werden können.
Dienstag, den 9. März 1965
Die Diskussionen über den geplanten Abbruch des alten Rathauses am Machensplatz halten unvermindert an. Die Stadt rechnet mit Bürgeraktionen, obwohl sich in Leserbriefen auch alteingesessene Gelsenkirchener für den Abbruch des im Zuckerbäckerstil gehaltenen Bauwerks aussprechen.
Samstag, den 13. März 1965
Die Glückauf-Brauerei hat Versuche zur Herstellung eines alkoholarmen Bieres begonnen und hofft - laut Bericht der Ruhr-Nachrichten - die Produktion des Getränkes in einem halben Jahr aufnehmen zu können.
Dienstag, den 16. März 1965
Die buerschen Kaufleute wenden sich dagegen, daß durch die Schaffung eines eigenen Bahnkörpers für die Vestische Straßenbahn die De-la-Chevallerie-Straße in zwei nicht mehr leicht überbrückbare Teile auseinandergerissen wird.
Dienstag, den 16. März 1965
Nach einer städtischen Statistik waren 1964 insgesamt 2918 Motorräder zugelassen. Die Tendenz wird als rückläufig bezeichnet, da zahlreiche Motorradfahrer auf Kleinwagen umsteigen.
Dienstag, den 16. März 1965
Durch Zurücksetzen eines Lkw an der Großbaustelle Husemannstraße wurde der Hydrant einer 500 mm starken Wasserleitung aus der Verankerung gerissen. Die Folge war eine 15 bis 20 Meter hohe Wasserfontäne, die den Verkehr zeitweise zum Erliegen brachte und in die benachbarten Wohnungen und Keller eindrang.
Mittwoch, den 17. März 1965
Die Überbrückung der Gegensätze zwischen den christlichen Konfessionen war Gegenstand eines Referats von Frau Dr. theol Ute Ranke-Heinemann, der Tochter des früheren Innenministers Gustav Heinemann. Als Konvertitin zum katholischen Glauben hat Frau Ranke-Heinemann Untersuchungen über die Gemeinsamkeiten im sakralen Raum angestellt; über die sie beim KKV-Buer sprach.
Mittwoch, den 17. März 1965
Auf der Zeche Nordstern wird erwogen, die bislang von den Bergleuten daheim selbst gewaschene Arbeitskleidung künftig wöchentlich im Betrieb waschen zu lassen. Unentgeltlich werden die Bergleute an jedem Wochenanfang ihre Kleidung in sauberem Zustand zurückbekommen.
Donnerstag, den 18. März 1965
Auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Iserlohn stellte Gelsenkirchens Stadtverordneter Bernhard Schrodetzki an Landesminister Kienbaum die Frage, woher Städte wie Gelsenkirchen Gelände für zusätzliche Betriebsansiedlungen nehmen sollen und wie die Frage der Bergschädenregulierung im Falle eines Landerwerbs in unserer von Schächten durchzogenen Stadt gelöst werden soll. Die Frage blieb unbeantwortet.
Freitag, den 19. März 1965
Die Ruhr-Nachrichten teilen in einer kurzen Meldung mit, daß der letzte Fuchs im Stadtgebiet Gelsenkirchen vor zwei Jahren im Berger Feld erlegt worden sei. Seitdem sei Gelsenkirchen ohne Füchse.
Samstag, den 20. März 1965
Eine von der Alt-Gelsenkirchener Bürgerschaft gebildete Aktion "Altes Rathaus" wendet sich um der Erhaltung des historischen Gebäudes willen gegen den geplanten vierspurigen Ausbau der Ahstraße.
Montag, den 22. März 1965
Aus Gründen des Lehrermangels kann kein neues Semester der Berufsaufbauschule begonnen werden.
Dienstag, den 23. März 1965
Als Friedhofsschänder, der in 13 Fällen etwa 500 Grabsteine auf dem Zentralfriedhof in Buer umgeworfen und beschädigt hat, wurde ein 17jähriger kaufmännischer Lehrling aus Buer ermittelt. Der Vater des vermutlich psychisch fehlentwickelten jungen Täters will den entstandenen Schaden ersetzen.
Samstag, den 27. März 1965
Die Aktion "Altes Rathaus" plant eine Unterschriftensammlung zur Erhaltung des historischen Gebäudes.
Mittwoch, den 31. März 1965
Der Rat der Stadt beabsichtigt, in den Ratssitzungen künftig Fragestunden abzuhalten, auch für Fragen, die aus der Bevölkerung aufgeworfen und durch Vertreter des Rates oder der Verwaltung beantwortet werden.