1962 hat die Zukunft in Gelsenkirchen begonnen!
Die Polizei setzt modernste Technik ein um den Autofahrern das Autofahren beizubringen, die Post nimmt einen automatischen Postwertzeichenherausgeber in Betrieb und erklärt nebenbei der Jugend den Münzfernsprecher und anderes modernes Zeug. Leider hat sie aber die Sirenentechnik nicht im Griff und auf einmal ist wieder Krieg.
Es gibt Überlegungen für eine City unter Tage und eine Urbanuskirche mit Turmspitze, sogar ein Stadion will man bauen!
In so einer modernen Welt hat der Kongo-Express keinen Platz mehr und geht auf letzte Fahrt.
Und dann war da noch Enrico de Lorenzo.
Wie immer alles von hier. (PDF; 102MB)
Stadtchronik 1962 hat geschrieben: Montag, den 1. Januar 1962
In seiner Neujahrspredigt in St. Urbanus, Buer, teilte Probst Lange u.a. mit, der Kirchenvorstand habe eine Sammlung für die Erneuerung der Turmspitze beschlossen, die im Kriege zerstört worden war. Die von Architekt Hausen (Münster) dazu angefertigten drei Modelle waren am Neujahrstag in der Kirche ausgestellt.
Dienstag, den 2. Januar 1962
Die Verkehrspolizei startete an einigen Verkehrsknotenpunkten der Stadt einen neuen Verkehrserziehungsversuch: Sie macht mit einer Spezialkamera Fotos von Kraftwagen, die sich nicht verkehrsrichtig verhielten. Das Bild war in Minutenschnelle fertig und wurde dem ertappten "Sünder" zusammen mit einem Kärtchen überreicht, auf dem die Mahnung stand, sich in Zukunft auf der Straße zu seinem eigenen Vorteil und der Sicherheit der Mitmenschen richtig zu verhalten.
Mittwoch, den 17. Januar 1962
Die Post stellte im Eingang zum Hauptpostamt einen neuen Briefmarkengeber auf. Gegen Einwurf von 1.-DM gab er ein Heftchen heraus, das, in einem perforierten Umschlag verpackt, zehn Zehn-Pfennig-Marken enthielt.
Freitag, den 19. Januar 1962
An der alten Mühle bei Schloß Berge wurde eine Tafel mit der Aufschrift "Einsturzgefahr! Betreten verboten!" angebracht. Die Räder der Mühle standen schon seit Jahrzehnten still. Die letzten Bewohner waren schon vor einiger Zeit ausgezogen, weil das alte Fachwerkhaus immer baufälliger geworden war.
Sonntag, den 21. Januar 1962
Auf der Bobbahn am Rießersee gewann der 29 Jahre alte Gelsenkirchener Eissalonbesitzer Enrico de Lorenzo auf "Italien II" die Weltmeisterschaft im Zweierbob. Lorenzo stammte aus Cortina d'Ampezzo und besaß den Eissalon am Bahnhofsvorplatz seit 1957.
Dienstag, den 6. Februar 1962
Die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" stellte ausführlich einen Vorschlag des Stadtverordneten Sandmann [Vorsitzender des Verkehrsausschuss] zur Behebung der immer stärker werdenden Verkehrsnöte auf dem Bahnhofsvorplatz dar. Kern dieses Vorschlags war: Die Straßenbahn zur Entlastung des Platzes zugunsten des Autoverkehrs in den Untergrund zu verlegen. Dabei könnte unter dem Vorplatz eine unterirdische "City" mit Geschäften usw. entstehen, die durch Zugänge von der Weber-, Bahnhof-, Hibernia-, Bochumer und Wildenbruchstraße her erreichbar sein könnten. Dabei hatte dem Stadtverordneten Sandmann das Beispiel der Städte Bielefeld und Wien vor Augen geschwebt.
Dienstag, den 6. Februar 1962
Sportredakteur Heinz Kottek stellte in der "WAZ" in einem ausführlichen Artikel den Plan eines Ruhrgebietsstadions im Berger Feld zur Debatte, nachdem der Vorsitzende des Landessportbundes, Willy Weyer kürzlich in einem Brief an den Ministerpräsidenten Franz Meyers die Schaffung eines Großstadions zwischen Köln und Dortmund gefordert hatte.
Mittwoch, den 7. Februar 1962
Der "Grillo-Tank" an der Ecke Overhof- und Grillostraße nahm eine automatische Wagenwaschanlage in Getrieb, die ein Auto in fünf Minuten sauber wusch.
Montag, den 19. Februar 1962
Der Rat der Stadt ...
Unter "Verschiedenes" lüftete Stadtrat Flöttmann ein lange gehütetes Geheimnis: Der Autoverkehr über den Bahnhofvorplatz sollte künftig in die 2. Etage gehen. Dieser Gedanke fand im Rat mehr Fürsprecher als der ebenfalls diskutierte Gedanke einer Untertunnelung des Vorplatzes. Der Plan sah vor, von der Wickingstraße aus eine Auffahrt für Kraftfahrzeuge zu schaffen, die unweit der Rotthauser Straße wieder auf die ebene Erde zurückführen sollte. Dadurch sollte der Vorplatz zugunsten des Auto- und Fußgängerverkehrs vom Durchgangsverkehr befreit werden.
Freitag, den 2. März 1962
Die Post versandte an die Gelsenkirchener Haushaltungen rund 130.000 Postleitzahl-Verzeichnisse. Das Heft hatte einen Umfang von 368 Seiten und zitierte als Musterbeispiel für eine korrekte Anschrift die der Ärztin Frau Dr. Rita Scholl, 466 Gelsenkirchen-Buer, Postfach 12. In Wirklichkeit gab es sie gar nicht. Die Auflage des Verzeichnisses in Höhe von 20 Millionen Exemplaren machte sie indessen zur meist genannten Ärztin in der Bundesrepublik.
Freitag, den 2. März 1962
Im neuen Jugendheim der Evangelischen Kirchengemeinde Resse sprach Dr. Walter Theodor Cleve aus Lüdenscheid über die Problematik der Mischehe zwischen evangelischen und katholischen Christen.
Montag, den 5. März 1962
Konditormeister Fritz Funke stellte unter dem Motte "Gesammelt in 75 Ausstellungen" in seinem "Kust-Kabinett" seine privaten Schätze der Öffentlichkeit vor. Fast jeder ausstellende Künstler hatte sich in den Jahren 1955 bis 1962 bei dem Besitzer des Cafés mit einer Arbeit bedankt.
Donnerstag, den 15. März 1962
Ein Sonderomnibus, "Die fahrende Postschule", besuchte einige Gelsenkirchener Schulen, um die Schüler mit der Technik des Telefons, des Münzfernsprechers, eines Wertzeichengebers und des Fernschreibers bekannt zu machen.
Dienstag, den 20. März 1962
Technischer Direktor Brüdgam von den Städt. Bühnen "verkaufte" seinen Bart für 500 DM an das technische Personal der Bühne. Der Ertrag sollte Hochwassergeschädigten unter den Hamburger Bühnenarbeitern zufließen.
Mittwoch, den 28. März 1962
Gegen 11 Uhr heulte ein Großteil der rund 180 Luftschutzsirenen zwischen Ückendorf und Scholven Luftalarm. Der Post war es nicht möglich, die Quelle für den Fehlalarm zu finden.
Freitag, den 30.März 1962
Zum letzten Male verkehrte an diesem Tage ein Personenzug der Zeche Graf Bismarck vom Forsthaus Erle zum Schacht VII in der Resser Mark. 19 Jahre lang hatte dieser im Volksmund "Kongo-Expreß" genannte Zug entlang dem Busche der Resser Mark verkehrt. Das Nahverkehrsgesetz hatte ihm nun ein Ende gemacht: es gab jetzt ausreichend Nahverkehrsverbindungen, u. a. die Buslinie 87. ...