Poesie für Alle

Stellt hier bitte eure Fotos, Bilder, Gemälde, Skulpturen, Lieder, Songs, Texte und Filme über Gelsenkirchen ein. Liebeserklärungen sind ebenso willkommen wie Hass- Spott- und Schmähgesänge .. Kreisler war doch so schön!

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rabe489
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Poesie für Alle

Beitrag von rabe489 »

Graue Stunde


Nun rühre ich wieder

Im Dämmerungsteig

Im künstlichen Licht

Die verhangenen Fenster

Stieren nach innen

Langsam dreht die

Zeit ihre Kreise

Klängen da nicht die Lieder

Des Erinnerns nachdem die

Tür sich schloss was

Wäre das Atmen anderes

Als Verlegenheit


Aber ich zünde noch

Die Räucherstäbchen und

Horche der Schritte der

Abgelegten Gedanken

Wenn die Welt bei sich

Ist sind wir erst wahrhaft bei uns

Und alles Unzuhause verlischt

Stunde um Stunde

Das Geläut ferner Seelen

Mahnt zu Zuversicht

Des kommenden Tages Mensch

Sei wieder du selbst

Gehe aufrecht damit

Wenn der Fuß auf festem

Boden steht der Kopf

Den Himmel berührt


24.2.2010

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rabe489
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Beitrag von rabe489 »

Die Idee für diesen Fred ist, hier alles an Erzeugnissen von jedermann einzustellen, die mit Poesie, Lyrik und Gedichten - "ohne Rücksicht auf Verluste" - und ohne eine inhaltliche Begrenzung, zu tun haben.

Wie sagte Novalis? "Die Welt muß poetisiert werden".

Rabe

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rabe489
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Beitrag von rabe489 »

Ein Bild, auch ne Art von Poesie?

J. K., Rast, Öl 2010:
Bild

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Angie
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Schlaf ruhig, mein Herz.......

Beitrag von Angie »

Schlaflos
Wieder einmal schlaflos. Ich lausche deinem Atem, gleichmäßig und ruhig. Es ist schön dich zu hören, zu wissen, dass du da bist.
Manchmal bedaure ich, bedaure nicht mehr Leben mit dir geteilt zu haben. Leben mit dir gezeugt zu haben, es gemeinsam heranwachsen sehen, behüten und doch loslassen...
So viel das wir hätten teilen können.
Doch vielleicht ist uns das Miteinander deshalb so kostbar. Denn würden wir es ohne das vorher Erlebte, all die Niederlagen und falschen Hoffnungen, wirklich schätzen?
Ich weiß es nicht. Doch schaue ich in mein Fotoalbum, so ist die viel zu kurze Spanne mit dir farbig und lebendig. Das Vorherige erscheint mir düster, wie vergilbte Fotos einer fast vergessenen Zeit.
Heim kommen und wissen: Hier ist jemand, der dir zuhört. Dich still in den Arm nimmt, tröstet, ohne Getöse. Einfach da ist.
Dessen Augen deine Freude wiederspiegelt. Die Freude des Miteinanders. Der dich berührt, vertraut und doch immer wieder neu. Das ist Glück.
Und so lasse ich meine Gedanken schweifen. Unmerklich passt sich mein Atem deinem Rhythmus an. Ich werde leicht und doch traumschwer.
Schlaf ruhig, mein Herz.
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Emscherbruch
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Beitrag von Emscherbruch »

rabe4589 hat geschrieben:Ein Bild, auch ne Art von Poesie?
Literatur ist es sicherlich nicht. Was heißt also "ohne inhaltliche Begrenzung"? Kaum ein Stichwort genannt, schon die Grenzen gesprengt?

Pomesie

Da liegt sie vor mir, nackt und blos,
in einer Schale streng gestiftet.
Sie war dereinst ein runder Klos,
doch nun wurd sie mir angerichtet.

Das heiße Ölbad gab ihr Farbe,
das Salz verstärkte den Geschmack.
Ihr Duft ist eine wilde Gabe,
doch werde ich davon nicht satt.

Ich muss sie schmecken mit dem Gaumen,
langsam zermalmen mit Genuss.
Und zwischendurch leck ich die Daumen -
und noch eine - und dann ist Schluss.

Ich schau verlegen auf die Reste,
auf Krümel, Soße und auf Fett.
Die erste Pommes war die beste -
die letzte musste nur noch weg.

Anfangs genossen und umschnüffelt -
sie fühlte sich so heiß begehrt.
Schließlich gefressen und gerüffelt -
am Ende war sie aufgezehrt.

Bildhttp://www.gelsenkirchener-geschichten. ... 064#146064
Ein "Gedicht" dieses Gericht - aber auch "Poesie"?
Stell dir vor, es geht und keiner kriegt's hin.

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rm
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Beitrag von rm »

Aphorismus

Auch der Mut
der Verzweiflung
ist ein Kind
der Hoffnung

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Lo
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Beitrag von Lo »

Nacht ist es - ich träum´ vom Meer.
Still ist´s.
Nur ein leises Rauschen.
Das Rauschen kommt vom Laptop her.
Sein Lüfter will wohl mit mir plauschen.

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Angie
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Klagelied einer verhinderten Dichterin

Beitrag von Angie »

Ich schrieb so gerne ein Gedicht!
Nur leider kann ich sowas nicht…

Ich reime, dass die Balken biegen,
kann nicht genug von Sätzen kriegen,
die hinten zu einander passen
und sich zu Reimen schmieden lassen.


Doch ist‘s das nicht – ich weiß es ja!
Drum bleibe ich dort wo ich war:

Lass lieber den Poeten dichten

und schreibe weiter Kurzgeschichten........

besser isset.....



Bild
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rabe489
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Beitrag von rabe489 »

Hofmannsthal, Hugo von (1874-1929)

Vorfrühling

Es läuft der Frühlingswind
durch kahle Alleen,
seltsame Dinge sind
in seinem Wehn.

Er hat sich gewiegt,
wo Weinen war,
und hat sich geschmiegt
in zerrüttetes Haar.

Er schüttelte nieder
Akazienblüten
und kühlte die Glieder,
die atmend glühten.

Lippen im Lachen
hat er berührt,
die weichen und wachen
Fluren durchspürt.

Er glitt durch die Flöte
als schluchzender Schrei,
an dämmernder Röte
flog er vorbei.

Er flog mit Schweigen
durch flüsternde Zimmer
und löschte im Neigen
der Ampel Schimmer.

Es läuft der Frühlingswind
durch kahle Alleen,
seltsame Dinge sind
in seinem Wehn.

Durch die glatten
kahlen Alleen
treibt sein Wehn
blasse Schatten

und den Duft,
den er gebracht,
von wo er gekommen
seit gestern nacht.

BABALU
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Beitrag von BABALU »

Lo hat geschrieben:Nacht ist es - ich träum´ vom Meer.
Still ist´s.
Nur ein leises Rauschen.
Das Rauschen kommt vom Laptop her.
Sein Lüfter will wohl mit mir plauschen.
Ich lach mich schlapp. ;-))

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Angie
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So isset

Beitrag von Angie »

Was nutzt dir jemands innerer Wert,
wenn er sich der Vernunft versperrt?

Du appellierst, bist sehr human,
doch kommt das nicht im Schädel an…

und meinst du auch er wär nicht so,
beißt er dir trotzdem in den Po…
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BABALU
Abgemeldet

Beitrag von BABALU »

[center]Das hab ich mal in den Papieren meiner verstorbenen Mutter gefunden., die hatte sorgfältig
einige Gedichte aus Zeitungen in ein Büchlein geklebt.

Wird Zeit das der Frühling kommt und man wieder fröhlich mit dem Rad fahren kann.


[center][/center]Bild[/center]

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rabe489
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Beitrag von rabe489 »

Für Lo und Emscherbruch

Was ist Poesie?

Der große deutsche Romantiker Novalis schrieb:

"Poesie ist die große Kunst der Konstruktion der transzen-
dentalen Gesundheit. Der Poet ist also der transzendentale
Arzt.
Die Poesie schaltet und waltet mit Schmerz und Kitzel -
mit Lust und Unlust - Irrtum und Wahrheit - Gesundheit
und Krankheit - Sie mischt alles zu ihrem großen Zweck
der Zwecke - der Erhebung des Menschen über sich selbst.

Man sucht mit der Poesie, die gleichsam nur das mechani-
sche Instrument dazu ist, innre Stimmungen, und Gemälde
oder Anschauungen hervorzubringen - vielleicht auch gei-
stige Tänze etc.

Poesie = Gemüterregungskunst.

Poesie ist Darstellung des Gemüts - der innern Welt in ihrer
Gesamtheit."


(Zit.: Theorie der Romantik, Reclam 2000, S. 103.)

Rabe

cinnamon
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Beitrag von cinnamon »

Ich muss ja gestehen :oops:, dass ich oft so denke:

Wie jetzt noch ein Gedicht schreiben,
warum nicht endgültig schweigen
und uns viel nützlicheren Dingen widmen?
Warum die Zweifel vergrößern,
alte Konflikte, unverhoffte Zärtlichkeiten
neu durchleben;
dieses Quentchen Lärm
einer Welt hinzufügen
die mehr ist, die es doch nur zunichte macht?
Wird irgendwas klarer durch solch ein Knäuel?
Niemand braucht es,
Relikt vergangener Herrlichkeiten,
wem hilft es, welche Wunden heilt es?
Juan Gustavo Cobo-Borda

Und dann lese ich etwas, das "trifft" und kann Gedanken und Gefühle bilden oder bestätigen, die in der Form überraschend neu gerahmt sind.
Aber ich suche nicht bewusst in der Poesie danach, bin eher die Gelegenheitsfinderin.

Verdichtung ist für mich auch eine Sprachform oder Fremdsprache, die sich mir nicht immer erschließt und deren Sperrigkeit dann keine Herausforderung, sondern Hindernis ist.

Was ich sehr mag, ist die Verknüpfung von Alltäglichem mit Humor und Wort-Antropomorphismen.

wie hier:

Das Wetter ist recht gut geraten.
Der Kirchturm träumt vom lieben Gott.
Die Stadt riecht ganz und gar nach Braten
und auch ein bißchen nach Kompott.

Am Sonntag darf man lange schlafen.
Die Gassen sind so gut wie leer.
Zwei alte Tanten, die sich trafen,
bestreiten rüstig den Verkehr.

Sie führen wieder mal die alten
Gespräche, denn das hält gesund.
Die Fenster gähnen sanft und halten
sich die Gardinen vor den Mund.

Der neue Herr Provisor lauert
auf sein gestärktes Oberhemd.
Er flucht, weil es so lange dauert.
Man merkt daran: Er ist hier fremd.

Er will den Gottesdienst besuchen,
denn das erheischt die Tradition.
Die Stadt ist klein. Man soll nicht fluchen,
Pauline bringt das Hemd ja schon!

Die Stunden machen kleine Schritte
und heben ihre Füße kaum.
Die Langeweile macht Visite.
Die Tanten flüstern über Dritte.
Und drüben, auf des Marktes Mitte,
schnarcht leise der Kastanienbaum.
Erich Kästner

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rabe489
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Beitrag von rabe489 »

cinnamon hat geschrieben: Wie jetzt noch ein Gedicht schreiben,
warum nicht endgültig schweigen
und uns viel nützlicheren Dingen widmen?
Wenn es keine Dichter geben würde, wozu überhaupt noch leben. Um das mal zu dramatisieren.

Nutzen? Clopapier hat einen gewissen Nutzen. Aber. Günter Eich sagte: ""Tut das Unnütze, singt die Lieder, die man aus eurem Mund nicht erwartet! // Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!"

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