70 Jahre danach - 9. November 2008

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

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70 Jahre danach - 9. November 2008

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Gedanken von Herman Neudorf

Der in Gelsenkirchen-Horst geborene Herman Neudorf hat den Holocaust überlebt. Herman Neudorf, der heute in den USA lebt, hat mir seine Gedanken zur so genannten "Reichskristallnacht" am 9. November 1938 übermittelt.

Die Botschaft in Hermans Zeilen richtet sich an uns alle:
Meine Gedanken zum 70. Jahrestag der "Reichskristallnacht":

"Viele Jahre sind vergangen seit meiner Befreiung aus der Hölle der Lager. Ich kann jedoch immer noch nicht fassen, wie ein scheinbar so kulturelles Volk in die Hände eines Fanatikers fallen konnte und von dem unzählige Mörder entsprangen. Die "Kristallnacht" war das Ergebnis eines Rassenhasses, der einst friedliche Nachbarn in wilde Tiere verwandelte. Mögen wir alle hoffen und wachsam sein, dass solche Untaten nie mehr geschehen...Vergeben muss man, aber vergessen ist unmöglich!

Herman Neudorf, im Oktober 2008
Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938

Die Pogrome markierten den Übergang von der Diskriminierung und Ausgrenzung der deutschen Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung, die knapp drei Jahre später in den Holocaust an den europäischen Juden im Machtbereich der Nationalsozialisten mündete.

(...)"Sämtliche jüdische Geschäfte sind sofort von SA-Männern in Uniform zu zerstören. Nach der Zerstörung hat eine SA-Wache aufzuziehen, die dafür zu sorgen hat, dass keinerlei Wertgegenstände entwendet werden können. (...) Die Presse ist heranzuziehen. Jüdische Synagogen sind sofort in Brand zu stecken, jüdische Symbole sind sicherzustellen. Die Feuerwehr darf nicht eingreifen. Es sind nur Wohnhäuser arischer Deutscher zu schützen, allerdings müssen die Juden raus, da Arier in den nächsten Tagen dort einziehen werden. (...) Der Führer wünscht, dass die Polizei nicht eingreift. Sämtliche Juden sind zu entwaffnen. Bei Widerstand sofort über den Haufen schießen. An den zerstörten jüdischen Geschäften, Synagogen usw. sind Schilder anzubringen, mit etwa folgendem Text: "Rache für Mord an von Rath. Tod dem internationalen Judentum. Keine Verständigung mit Völkern, die judenhörig sind. Dies kann auch erweitert werden auf die Freimaurerei." (...)

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Luther
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Beitrag von Luther »

»Ev.Pauluskirche Bulmke: Gottesdienst mit Präses Alfred Buß und der Kirchenleitung von Westfalen, Rheinland und Lippe am 9. November
(10:00 Uhr)


Evangelische Pauluskirche Bulmke
Pauluskirchplatz 1 / Ecke Hammerschmidtstrasse
45888 Gelsenkirchen

Am 9. November 2008 jährt sich zum 70. Mal die Reichspogromacht. "Reichskristallnacht" nannten es die Nazis beschönigend. In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden in Deutschland Synagogen angezündet, jüdische Friedhöfe geschändet, Geschäfte und Wohnungen von Juden demoliert und geplündert. Hunderte Juden wurden ermordet, Zehntausende in Konzentrationslager deportiert. In aller Öffentlichkeit vollzog sich der Tag der Gewalt gegen jüdische Gotteshäuser, gegen jüdisches Eigentum, gegen jüdische Menschen im Jahr 1938. Nur mit Demut und Beschämung kann daran gedacht werden, dass bei diesem Ausbruch des Judenhasses Nachbarn ihre Augen gerade nicht öffneten, sondern verschlossen hielten.

Zwei Veranstaltungen in Gelsenkirchen werden an dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte erinnern. Zum einen wird es in der neuen Synagoge Gelsenkirchen die Eröffnung einer Ausstellung "20 Jahre christlich-jüdischer Dialog" geben. In diesem Zusammenhang werden die gesamte Kirchenleitung der Ev. Kirche von Westfalen und die ökumenischen Gäste der Landessynode 2008 zu einem besonderen Gottesdienst nach Gelsenkirchen kommen. Er wird um 10 Uhr in der Pauluskirche in Bulmke stattfinden. Die Predigt hält Präses Alfred Buß. Die Ausstellung wird dann um 11.30 Uhr in der neuen Synagoge eröffnet werden. Daher erklärt sich auch die an diesem Tag in Bulmke auf 10 Uhr vorverlegte Gottesdienstzeit.

Der Schweigemarsch zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht wird ebenfalls zur neuen Synagoge führen, um dort eine Gedenktafel für die aus Gelsenkirchen deportierten Juden zu enthüllen. Viele Kirchen werden aus diesem Grund in der Zeit von 19.00 Uhr bis 19.05 Uhr durch Glockengeläut zur Erinnerung mahnen und zum persönlichen Gebet rufen.

www.Kirchengemeinde-Bulmke.de

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Gedenkveranstaltung zum 9. November

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Demokratische Initiative gegen Diskriminierung und Gewalt,
für Menschenrechte und Demokratie, Gelsenkirchen

Demonstration und Kundgebung am 9. November 2008:


18.30 Uhr: Treffen im Stadtgarten am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus, (Zeppelinallee vis-à-vis Am Stadtgarten, am Ende der Wegeachse zum Musikpavillon), Anschließend Schweigezug zur Neuen Synagoge an der Georgstraße

19.00 Uhr: Kundgebung im Innenhof der Neuen Synagoge, Gedenkrede des Oberbürgermeisters der Stadt Gelsenkirchen

Enthüllung der Gedenktafeln für die Gelsenkirchener Deportationsopfer im Innenhof der Neuen Synagoge, Kaddisch (Gebet der Trauernden), gesprochen von Rabbiner Chaim Kornblum. Die männlichen Besucher werden gebeten, während des Gebetes eine Kopfbedeckung zu tragen.

Anschließend: Gelegenheit zur Besichtigung der Ausstellung “Du gehst mich an - Juden und Christen in Westfalen auf dem Weg zu einem neuen Verhältnis” im Gemeindesaal der Neuen Synagoge

Wir rufen alle Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener auf: Beziehen Sie mit Ihrer Teilnahme an der Demonstration und Kundgebung Stellung!
Für Respekt, Toleranz und Zivilcourage -
gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 organisierten die Nationalsozialisten ein
Pogrom gegen die noch in Deutschland lebenden jüdischen Menschen, das zynisch
„Reichskristallnacht“ genannt wurde. Menschen wurden misshandelt und getötet. Bei diesem
Pogrom wurden in ganz Deutschland die Synagogen in Brand gesteckt und noch bestehende
Geschäfte jüdischer Bürgerinnen und Bürger zerstört.
Auch in Gelsenkirchen wurden die Synagogen in Gelsenkirchen und Buer in Brand gesetzt.
Zahlreiche Geschäfte an den Einkaufsstraßen der Stadt wurden verwüstet, Menschen wurden
gequält, ihr Hab und Gut vernichtet, viele wurden inhaftiert.
Die Verbrechen dieser Nacht, die sich 2008 zum 70. Male jähren, waren ein neuer Höhepunkt
des von breiten Bevölkerungskreisen getragenen Antisemitismus‘ und des staatlich
legitimierten Terrors gegen die jüdische Bevölkerungsgruppe - nach Boykotten, tagtäglicher
Diskriminierung, Nürnberger Rassegesetzen, fortschreitender Ausplünderung durch so
genannte Arisierungen und anderem.
Nach der Zerstörung der Synagogen und insbesondere mit dem Beginn des Zweiten
Weltkrieges gingen die Nationalsozialisten und ihre Helfer zur systematischen Ermordung der
europäischen Juden über. Die entrechteten Juden, die nicht aus Gelsenkirchen hatten fliehen
können, wurden schließlich ab Anfang 1942 vor den Augen der Bevölkerung in Ghettos und
Lager deportiert. Die weitaus meisten der Deportierten wurden schließlich ermordet oder
Opfer der bewusst geschaffenen Bedingungen in den Lagern. Diskriminierung, Entrechtung und
Misshandlung sowie schließlich die Deportationen aus Gelsenkirchen fanden in aller Öffentlich-
keit und für zahlreiche Gelsenkirchener sichtbar statt. Etliche profitierten von der Verfolgung
und Ermordung der Juden in Deutschland. An diesen Verbrechen waren viele Menschen
beteiligt, noch mehr wussten oder ahnten zumindest, was geschah.
Aus Anlass des 70. Jahrestages der so genannten Reichskristallnacht wird im Innenhof der
Neuen Synagoge eine „Gedenkwand“ enthüllt und der Öffentlichkeit präsentiert, die die
Namen der 492 Opfer der Deportationen von Juden aus Gelsenkirchen nennt. Die Gelsenkir-
chener Juden wurden nach Riga, nach Warschau, Theresienstadt, Zeitz/Oberlockwitz und
Kassel deportiert. Auch die Zuflucht an Orten im In- und Ausland schütze meistens nicht vor
den Verfolgern. Neben den aus Gelsenkirchen deportierten wurden viele weitere aus
Gelsenkirchen stammende jüdische Menschen an ihren vermeintlich sicheren Zufluchtsorten
aufgespürt und über Sammellager wie Bielefeld, Westerbork in den Niederlanden oder Drancy
in Frankreich in Lager wie Auschwitz, Sachsenhausen/Oranienburg, Sobibor, Theresienstadt
und Buchenwald deportiert, wo diese Männer, Frauen und Kinder ebenfalls Opfer der Verfol-
gung und Ermordung der europäischen Juden wurden.
Wie notwendig Erinnerung ist, zeigen Parolen alter und neuer Rechtsextremisten.
In manchen Gegenden der Bundesrepublik Deutschland wird braune Gesinnung und
verbrecherisches Handeln Rechtsextremer von Teilen der Bevölkerung mindestens
hingenommen, wenn nicht gutgeheißen. Solche Taten müssen zurückgedrängt werden. Gerade
in Nordrhein-Westfalen haben in jüngster Zeit viele Bürgerinnen und Bürger ganz unterschied-
licher Herkunft und Überzeugungen in ermutigender Weise gegen neue Rechtsextremisten
Farbe bekannt und demonstriert.
Die Demokratische Initiative ruft auf, jeder Form von Extremismus,
Fremdenfeindlichkeit und Gewalt entschieden entgegenzutreten.
Wachsamkeit, Nachbarschaftshilfe, Mut, Zivilcourage und Engagement im Alltag
finden unsere Unterstützung. Demokratie muss täglich gelebt werden, Erinnerung
ist ein wichtiger Teil davon.

Beziehen Sie mit Ihrer Teilnahme an der
Demonstration und Kundgebung Stellung!

SchokoHasi1
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Registriert: 12.10.2008, 20:53

Beitrag von SchokoHasi1 »

Leider habe ich gerade erfahren das auch die NPD Wattenscheid für diesen Tag etwas plant

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Der letzte Zeuge

Beitrag von GELSENZENTRUM »

WAZ Gelsenkirchen schreibt am 07.11.2008:
70. Jahrestag Reichspogromnacht:

Der letzte Zeuge

Ernst Back hat die Reichspogromnacht in Gelsenkirchen miterlebt. An diesem Wochenende ist der 85-Jährige in der Stadt. Erinnerungen

Er ist der letzte noch lebende Gelsenkirchener Jude, der in unserer Stadt die schrecklichen Ereignisse des 9. November 1938 miterlebt hat. 15 Jahre war er alt, als auch in unseren Straßen jüdische Geschäfte angezündet, jüdische Mitbürger verfolgt und gedemütigt wurden. An diesem Wochenende kommt er zurück in seine alte Heimat: Ernst Back, heute 85 Jahre alt, lebt seit seiner Emigration 1939 in Schweden. Gestern Abend landete er spät in Düsseldorf, in den nächsten drei Tagen wird er in Gelsenkirchen u.a. Vorträge halten und gesammelte Kunstwerke seines Vaters an das Museum übergeben. Und er ist bereit zu sprechen, uns zu erinnern: An das, was sich auch nach 70 Jahren noch anfühlt wie ein fürchterlicher Alptraum. Die Reichspogromnacht. „Ich werde Ihnen alle Fragen beantworten”, versprach der ausgesprochen besonnene Mann der WAZ vor seinem Abflug in Schweden am Telefon. (Das ausführliche Interview lesen Sie in einer der nächsten Ausgaben.)
Gelsenkirchen, 07.11.2008, von Tina Bucek
Weiterlesen:
http://www.derwesten.de/nachrichten/sta ... etail.html

erloeser
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Beitrag von erloeser »

BildTisa von der Schulenburg
Brennende Synagoge
1962

erloeser
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Beitrag von erloeser »

70 Jahre danach in Gelsenkirchen

- Eindrücke vom Gedenkmarsch zur jüdischen Synagoge am Jahrestag der Kristallnacht


BildDas Mahnmal der Opfer des Nationalsozialismus im Stadtpark ist in kaltes blaues Licht getaucht...

Bildein stiller Gedenkmarsch vom Mahnmal zur Synagoge durch die Dunkelheit Gelsenkirchens. Der Weg ist hin und wieder mit unnatürlichem Licht makiert...

BildDie Glocken aller christlichen Gemeinden Gelsenkirchens läuten, Kirchenverbände, politische Gruppen und Jugendorganisationen zeigen gemeinsam Flagge gegen rechte Gewalt...

Bild...

Bild...

Bild auch die Synagoge ist in unnatürliches gespenstisches Licht gehüllt

BildDie Menschen entzünden Kerzen für die Opfer des Nationalsozialismus...

BildDie Menora, der siebenarmige Leuchter als Symbol der Erleuchtung an der Häuserwand

BildVor der Synagoge wird demonstriert, während sich im Innenhof die Menschen zum gemeinsamen Gebet versammeln...

Bild"Mein Haus ist ein Haus der Gebete für alle Völker"

BildDer Lebensbaum im offenen Innenhof der Synagoge

BildDer Oberbürgermeister bittet die anwesenden Opfer und deren Nachfahren um Vergebung

BildBerufsschüler haben die Namen hunderter Gelsenkirchener auf kleine Matalltäfelchen graviert und auf einer Gedenkmauer zusammengestellt...

Bild... um an das Schicksal dieser Gelsenkirchener in den Konzentrationslagern zu erinnern.

BildFür jeden ermordeten Mitbürger leuchtet ein Licht vor der Gedenkwand als Erinnerung an die Nachwelt,...

Bild...die den Holocaust nie vergessen darf, aber die es immer schwerer haben wird, das Unfassbare zu begreifen.


Johannes Fischer

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Verwaltung
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Beitrag von Verwaltung »

Hier ein Film über den Schweigemarsch vom Mahnmal im Stadtgarten und die Gedenkveranstaltung in der Synagoge. Die Lichtverhältnisse waren sehr schlecht, wir bitten das zu berücksichtigen.

[GVideo]http://video.google.de/videoplay?docid= ... 3938796568[/GVideo]
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cinnamon
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Beitrag von cinnamon »

sehr sehr eindrucksvoll gemacht

Ich habe oft das Gefühl, wenn ich mir ähnliche Dokumentationen von solchen Ereignissen ansehe, dass ich außen vorbleibe (selbst, wenn ich da war).
Irgendwas wird wieder gegeben, aber es kommt nicht bei mir an.

In eurem Film sind es viele kleine Dinge, die ich auch gar nicht alle als solche erkennen kann, aber es wirkt tatsächlich, als würde jemand uns eher am Gefühl teilhaben lassen als einfach nur Bericht zu erstatten. Wow! :)

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9. November 2008 - 70 Jahre danach

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Der Film ist echt bemerkenswert, äußerst gelungen.

Mein besonderer Dank gilt Oberbürgermeister Frank Baranowski, der meine Bitte, die Botschaft von Herman Neudorf am 9. November 2008 zu verlesen, gerne aufgegriffen hat.

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Rückblende - 9. November 2008 in Gelsenkirchen

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Ein historisches Datum: Der 9. November 1938

Rückblende - 9. November 2008 in Gelsenkirchen

Am 70. Jahrestag der "Reichspogromnacht", am 9. November 2008, fand erstmalig eine Gedenkveranstaltung für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in der neuen Gelsenkirchener Synagoge statt.

Im Vorfeld der Gedenkfeierlichkeiten zum 70. Jahrestag der "Reichspogromnacht" hatte Elena Gubenko, Vorsitzende des jüdischen Kulturvereins KINOR, so genannte "Kristallsplitter" an Verwaltung, Organisationen und viele Menschen in Gelsenkirchen verteilt.

Der Weltkongress russischsprachiger Juden (World Congress of Russian Jewry – WCRJ) hatte das Projekt gestartet, dass dem 70. Jahrestag der so genannten "Reichspogromnacht" gewidmet ist. Es wurden mehrere Tausend Abzeichen vorbereitet, sog. "Kristallsplitter" in Form eines Davidsterns mit der Aufschrift "Nie wieder!" in verschiedenen Sprachen. Diese Abzeichen wurden dann von den Aktivisten in verschiedenen Ländern verteilt. In Gelsenkirchen wird das Projekt vom jüdischen Kulturverein KINOR getragen. Menschen, die an dieser Aktion teilnahmen, haben die "Kristallsplitter" am 9. November 2008 als Erinnerung und Mahnung getragen.

"Die Anzahl der Sterne "Kristallsplitter" , die wir verteilten, ist die größte in Europa - rund 1300 Kristallsplitter! Die Ev. Kirchengemeinde Bulmke hat hunderte von den Sternen im Gottesdienst am 9. November verteilt, dass Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid hatte 100 Sterne geordert. Die Volkshochschule Gelsenkirchen, dass Mädchenzentrum e. V., die Jüdische Gemeinde Bochum, Klub der Holocaust-Überlebenden und Veteranen, dass Frauenreferat der Ev. Kirche von Westfalen, dass Kolpingwerk Bezirksverband Gelsenkirchen, Consol Theater, die Grünen Gelsenkirchen, die Katholische Frauengruppe des SPD-Unterbezirks Gelsenkirchen und auch das Büro des Oberbürgermeisters hat unsere Kristallsplitter angefordert, um nur einige zu nennen." sagte Elena Gubenko, und weiter: "So viele Gelsenkirchener Bürger und Bürgerinnen haben angerufen oder gemailt, um die Sterne am 9. November zu tragen, viele Tage lang wurden die Sterne mit großer Dankbarkeit abgeholt! Zu den Sternen haben alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen an der Aktion "Kristallsplitter" Informationen zur Gedenkveranstaltung bekommen und wurden zu dieser eingeladen. Gleichwohl wurden sie gebeten, mit Fotoapparaten zu kommen und das Ereignis fotografisch zu dokumentieren".

Gedenkveranstaltung der Demokratischen Initiative

Zum Auftakt der Veranstaltung, die mit einem Schweigezug vom Mahnmal für die Opfer des Faschismus im Stadtgarten zur neuen Synagoge begann, verlas der Oberbürgermeister die Botschaft von Herman Neudorf. Der aus Gelsenkirchen-Horst stammende Herman Neudorf lebt heute in den USA.
Meine Gedanken zum 70. Jahrestag der "Reichskristallnacht":

"Viele Jahre sind vergangen seit meiner Befreiung aus der Hölle der Lager. Ich kann jedoch immer noch nicht fassen, wie ein scheinbar so kulturelles Volk in die Hände eines Fanatikers fallen konnte und von dem unzählige Mörder entsprangen. Die "Kristallnacht" war das Ergebnis eines Rassenhasses, der einst friedliche Nachbarn in wilde Tiere verwandelte. Mögen wir alle hoffen und wachsam sein, dass solche Untaten nie mehr geschehen...

VERGEBEN MUSS MAN, ABER VERGESSEN IST UNMÖGLICH!

"My thoughts on the 70th anniversary of "CristalNight":

Although Years have passed since my liberation from the hell of the camps. I still cannot comprehend how a seemingly cultured nation could fall into the spell of a fanatic dictator resulting in untold mass murder. The "CristalNight" was the outcome of racial hatred which transformed peaceful neighbors into beasts of prey. May we all hope and be on guard that such misdeeds will never happen again!...

TO FORGIVE ONE MUST BUT TO FORGET IS IMPOSSIBLE!

Herman Neudorf, im Oktober 2008
Begleitet von den Klängen der Kirchenglocken bewegte sich der Schweigezug nunmehr zur neuen Synagoge, viele Kirchen hatten in der Zeit von 19.00 Uhr bis 19.05 Uhr durch Glockengeläut zur Erinnerung gemahnt und zum persönlichen Gebet gerufen.

In seiner Rede zum 9. November 2008 in der Synagoge Gelsenkirchen betonte Oberbürgermeister Baranowski, wie wichtig es ist, Zitat: "(...) dass wir das gesichtslose Schicksal Hunderttausender in die Lebensgeschichte einzelner Menschen übersetzen (...). Damit deutet der OB genau in die Richtung, die zum Beispiel der Kölner Künstler Gunter Demnig schon lange eingeschlagen hat. Bereits 1993 entstand die Idee, den NS-Opfern ein Denkmal genau dort zu setzen, wo diese Menschen auch lebten - vor den Türen Ihrer Häuser. So wird aus dem Namelosen wieder das Fassbare, hier also hat dieser Mensch gelebt, den man dann weit entfernt ermordete. Das Gedenken an diese Menschen ist auch eine Geste an die Überlebenden des Holocaust, denn es gibt den ermordeten Menschen ihre Namen, die Würde und den Respekt zurück. OB Baranowski bat den anwesenden Ernst Ludwig Back um Vergebung. Seine Rede schloss Gelsenkirchens Oberbürgermeister mit der eindringlichen Mahnung: "Wehret den Anfängen"!

Ernst Ludwig Back, aus Gelsenkirchen stammend, an diesem Tag eigens aus Schweden angereist, kann als Augenzeuge von der "Reichskristallnacht" in Gelsenkirchen berichten. Back, der als 15jähriger Junge jüdischen Glaubens die Pogromnacht in Gelsenkirchen miterlebte, verlor Eltern und Angehörige im Holocaust. Zum ersten Mal seit langer Zeit besuchte Ernst Back wieder Gelsenkirchen. Mit gemischten Gefühlen, wie er sagte.

Der Vertreter der Bischöflichen Hauptschule in Essen-Stoppenberg erinnerte in seiner Rede an Kurt Neuwald, dessen Name in Gelsenkirchen unvergessen ist. Kurt Neuwald hatte zu Lebzeiten von den ungarischen Zwangsarbeiterinnen jüdischen Glaubens berichtet, die kahlgeschoren, in gestreifter Häftlingskleidung vom Bahnhof durch die Straßen Gelsenkirchens zur Gelsenberg Benzin AG nach Horst getrieben wurden, wo sie Zwangsarbeit auf Gelsenberg verrichten sollten. Kurt Neuwald hat dazu einmal gesagt: "Viele in Gelsenkirchen haben später gesagt, davon haben wir nichts gewusst, die Wahrheit ist - sie alle haben etwas gewusst, der eine mehr, der andere weniger."

In der Synagoge wurde an diesem Abend die Erinnerungswand enthüllt. Mit eindringlicher Stimme betete Rabbiner Chaim Kornblum ein Kaddish, ein jüdisches Totengebet für die aus Gelsenkirchen stammenden jüdischen Menschen, die in den Todesfabriken der Nationalsozialisten ermordet wurden. Kleine Tafeln mit den Namen der Ermordeten erinnern im Lichthof der Synagoge an das Schicksal dieser Menschen. Zum Abschluß der Veranstaltung sang man gemeinsam das Lied "Die Moorsoldaten". Im Anschluß an die Gedenkveranstaltung bot sich Gelegenheit, die Ausstellung "Du gehst mich an - Juden und Christen in Westfalen auf dem Weg zu einem neuen Verhältnis" im Gemeindesaal der Synagoge zu besuchen.

Das Miteinander, dass diese Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der "Reichsprogromnacht" prägte, ist ein starker Impuls für den interreligiösen, ja auch interkulturellen Dialog - besteht die jüdische Gemeinde Gelsenkirchens doch zu mehr als drei Vierteln aus Menschen, die aus Osteuropa zu uns gekommen sind.

Bildstrecke von der Gedenkveranstaltung: http://www.gelsenzentrum.de/fotos_9_november_2008.htm

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kinor
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Registriert: 17.09.2008, 10:02
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Beitrag von kinor »

Hallo, möchte Euch auf eine Befragung aufmerksam machen:

http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... 672#141672

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