Bomben zerstörten das Hans-Sachs-Haus

Alte und neue Geschichten rund ums HSH. Die öffentliche und veröffentlichte Meinung zum Erhalt des HSH wird hier dokumentiert.

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Schacht 9
† 17.07.2016
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Beitrag von Schacht 9 »

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Hans-Sachs-Haus nach der Fertigstellung
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Dann kam der 19. März 1945
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Hans-Sachs-Haus 1945
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Hans-Sachs-Haus nach dem Wiederaufbau.

GELSENZENTRUM
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Beitrag von GELSENZENTRUM »

Eine Gelsenkirchenerin, die als kleines Mädchen den Bombenkrieg miterlebte, bat mich, Ihre Erinnerungen hier zu posten:

"Im Februar? oder März ? 1945 waren meine Mutter und ich (damals acht Jahre alt) bei
plötzlichem Bombenalarm in den Luftschutzkeller des HSH
geflüchtet."
Niccolo hat geschrieben:Die Menschen hatten Vertrauen in die dicken Mauern des Hauses.
"Ich erinnere mich an einen langen halbdunklen Gang, die Leute rechts
und links an den Wänden aufgereiht, auf Bänken, Gepäck, Bündeln sitzend,
der Luftschutzwart gab ruhige Anweisungen, der Bombenangriff schien
endlos wie immer, das Licht flackerte, ging aus ... dumpf-metallische
Einschläge ... Aber wir kamen wieder heil ans Tageslicht."
fuchs hat geschrieben:Über 100 Menschen kommen bei dem Bombenangriff ums Leben. Im Südflügel des Hans-Sachs-Hauses an der Munckelstraße werden sie im Keller unter den Trümmern begraben.
"Für heute wanderten Mama und ich erstmal eilig in Richtung Schalke, in
den Schutzkreis des vertrauten Zuckerhuts. Nach den Plänen von Leo
Winkel (* 1885, Köln; † 1981, Duisburg, deutscher Konstrukteur) war der
meist ZUCKERHUT genannte Hochbunker auf dem Schalker Markt gebaut,
genial geplant, zuverlässig und solide ausgeführt. Viele Schalker,
insbesondere Frauen und Kinder hätten ohne ihn nicht den Bombenkrieg
überlebt.

Deshalb: kudos to Leo, wherever he may be!"

Der Hochbunker, von der Bevölkerung "Zuckerhut" genannt: http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... alke_1.jpg

Josel
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Beitrag von Josel »

Einen erhaltenen Winkel-Turm (Zuckerhut) kann man sich wohl in Herne anschauen.

http://www.bochumer-bunker.de/roonstr.html

J.
Vertrödeln Sie keine Zeit mit dem Lesen von Signaturen!

GELSENZENTRUM
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Beitrag von GELSENZENTRUM »

Hier der Kommentar der Gelsenkirchenerin:
"... und da denke ich: "Mit wieviel Aufwand und mehreren Anläufen wurde
damals, Jahre später, der Zuckerhut auf dem Schalker Markt gesprengt! Er
wäre heute ein schönes Denkmal des Friedens, vielleicht in einem Park
des Friedens, als Erinnerung und Mahnung. Aber die GE Typen sind immer
eilig und kopflos mit dem Abreißen und Sprengen!"

pito
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Beitrag von pito »

... Aber die GE Typen sind immer eilig und kopflos mit dem Abreißen und Sprengen!
:lol: Wie wahr.

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Niccolo
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Beitrag von Niccolo »

pito hat geschrieben:
... Aber die GE Typen sind immer eilig und kopflos mit dem Abreißen und Sprengen!
:lol: Wie wahr.
Wie verklärt im Nachhinein. Aber mit dem Abstand von Zeit sieht immer alles anders aus.
Dann schwelgen wir eben und verurteilen "kopflose" "eilige" "Typen".

Ich hätte gern mehr Niveau. Obwohl ich sicher nichts gegen ein "Denkmal des Friedens" hätte.

GELSENZENTRUM
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Beitrag von GELSENZENTRUM »

Niccolo hat geschrieben:
pito hat geschrieben:
... Aber die GE Typen sind immer eilig und kopflos mit dem Abreißen und Sprengen!
:lol: Wie wahr.
Wie verklärt im Nachhinein. Aber mit dem Abstand von Zeit sieht immer alles anders aus.
Dann schwelgen wir eben und verurteilen "kopflose" "eilige" "Typen".

Ich hätte gern mehr Niveau. Obwohl ich sicher nichts gegen ein "Denkmal des Friedens" hätte.
Niveau??? :shock:

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Niccolo
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Beitrag von Niccolo »

Entschuldigung, mir fiel keine passenderes Wort ein als "Niveau". Das war auch nicht persönlich gemeint.

Vielleicht sollte ich meine Gedanken kurz erklären.

Es ging ums Thema "Zuckerhut". Das waren reine Zweckbauten, in denen man Schutz bei Bombenangriffen suchte. Der Krieg war vorbei, die Schuttberge beseitigt, die Häuser zum großen Teil wieder aufgebaut. Man konnte wieder ein "normales" Leben führen und die Erinnerungen an die Schrecken vergessen und verdrängen.
Lange Zeit noch im Stadtbild vorhanden waren die Bunker. Und bei allen, die den Krieg miterlebt hatten, weckten sie unangenehme Erinnerungen. Da ist es nicht verwunderlich, wenn man versuchte, auch sie zu entfernen.

Das Zitat der Gelsenkirchenerin:
"Mit wieviel Aufwand und mehreren Anläufen wurde
damals, Jahre später, der Zuckerhut auf dem Schalker Markt gesprengt! Er
wäre heute ein schönes Denkmal des Friedens..."
Man hat Aufwand und mehrere Anläufe verwendet, um diese "unangenehmen" Relikte der Kriegszeit zu entfernen. Das ist nicht verwerflich.

Gab es zu der Zeit damals schon die Idee, sowas stehen zu lassen als Denkmal des Friedens? Diese Frage interessiert doch. Oder ist es die Sichtweise aus der heutigen Zeit, dass man sieht, wie vieles in Vergessenheit gerät und sich dann ein solches Denkmal zurückwünscht, um die Erinnerung zu behalten?
"... Aber die GE Typen sind immer eilig und kopflos mit dem Abreißen und Sprengen!"
Den Satz möchte ich nur gelten lassen, wenn er damals schon gesagt worden wäre, als gesprengt werden sollte. Aus heutiger Sicht ist er falsch.
Und GE-Typen sind wir alle hier.
Eine Verallgemeinerung.

Anderes Beispiel:
Die Polizei wird von der Rolandstr. umziehen zur Wildenbruchstr. Ein reiner Zweckbau an der Overweg-/Rolandstr. soll der Abrissbirne zum Opfer fallen. Wer weiß, ob nicht in 30 Jahren Leute sagen, dass es kopflos war, das gebäude abzureißen, es wäre ein schönes Denkmal gewesen...
Im Polizei-Fred sagt das heute keiner.

Mit Niveau war gemeint, dass man den Ereignishorizont der jeweiligen Zeit berücksichtigen sollte, bevor man "kopflose GE-Typen" (ja, immer die anderen!) im Nachhinein verantwortlich macht.

Niccolo

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usch
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Beitrag von usch »

Niccolo hat geschrieben:
"... Aber die GE Typen sind immer eilig und kopflos mit dem Abreißen und Sprengen!"
Den Satz möchte ich nur gelten lassen, wenn er damals schon gesagt worden wäre, als gesprengt werden sollte. Aus heutiger Sicht ist er falsch.
Nein, im Gegenteil. Wenn man sich damals Gedanken darüber gemacht hätte und dann zu dem Entschluß gekommen wäre, daß es trotzdem besser ist, das Ding abzureißen, dann wäre es zumindest eine bewußte Entscheidung unter Abwägung aller möglichen Konsequenzen gewesen.
Anderes Beispiel:
Die Polizei wird von der Rolandstr. umziehen zur Wildenbruchstr. Ein reiner Zweckbau an der Overweg-/Rolandstr. soll der Abrissbirne zum Opfer fallen. Wer weiß, ob nicht in 30 Jahren Leute sagen, dass es kopflos war, das gebäude abzureißen, es wäre ein schönes Denkmal gewesen...
Im Polizei-Fred sagt das heute keiner.
Eben. Kopflos.

Nicht daß ich auf Anhieb irgendwas Erhaltenswertes an dem Bau wüßte, aber wer weiß.

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Marlies
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Beitrag von Marlies »

Zitat Niccolo
Lange Zeit noch im Stadtbild vorhanden waren die Bunker. Und bei
allen, die den Krieg miterlebt hatten, weckten sie unangenehme
Erinnerungen. Da ist es nicht verwunderlich, wenn man versuchte, auch
sie zu entfernen.
?????? WIRKLICH????? Lies mal weiter!
Ein Gruss aus Chicago nach Schalke...... (2005)

Hallo, ich heisse Margret ..., bin ganz zufaellig auf Ihre Seite
gestossen, fing an zu lesen, musste leider abbrechen, mir kamen die
Traenen. Werde morgen, Karfreitag, weiter lesen.

Bin selbst 1934 in Schalke geboren. (...) Habe dort gewohnt bis zum
6. November, dass wir noch lebend herauskamen, verdanken wir dem
"Zuckerhut"
. Lebe seit 1957 in Chicago mit meinem Mann und vier Kindern,
eine Tochter und drei Soehnen.

Ich dachte, schreib doch, vielleicht finden Sie es interessant zu
sehen, wo man Sie lesen kann. Ist Ihre Geschichte als Buch zu bekommen ?
Wuensche Ihnen und Ihrer Familie ein richtig gutes Osterfest... Ihre
Margret ....

Hallo, liebe Margret, wir haben bestimmt beide im Zuckerhut
gezittert und Stunden um Stunden dort zusammen gesessen. Wir sind echte Nachbarskinder, was sagst du dazu! ? .....

Zitat Niccolo:
eilig und kopflos ...

Den Satz möchte ich nur gelten lassen, wenn er damals schon gesagt
worden wäre, als gesprengt werden sollte. Aus heutiger Sicht ist er falsch.
So einfach ist das also? Wir Kinder hätten nicht traurig dir Sprengung beobachten und uns nachher ein paar Mauerbrocken aus dem Beton heraussuchen müssen (zum Andenken), wie später die Leute nach dem Mauerfall in Berlin? --- Die Frauen hätten nicht Jahrzehnte später bei der Erinnerung an den Zuckerhut Tränen vergießen müssen?

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Niccolo
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Beitrag von Niccolo »

@marlies: deine Frage "So einfach ist das also?"

Nein, das ist nicht einfach, und ich bin dir dankbar, dass du deine Eindrücke hier aufschreibst. Ich bin ein Nachkriegskind (geboren 1962), habe das nicht erlebt, und kann es nur versuchen, das etwas nachzuempfinden.

Weil ich die Geschichte von meinen Großeltern und rum um den Tod der Schwester meiner Großmutter kenne, kann ich mir schon sehr gut vorstellen, wie man über diese Bunker gedacht hat.

Du redest aber von einer anderen Zeit als ich. Mich interessiert brennend die Antwort auf die Frage, ob damals bei der Sprengung dieser Bunker überhaupt jemand daran gedacht hat, dass man einige stehen lassen könnte zur Erinnerung, als Mahnmal oder auch Denkmal des Friedens.

Mir ist dabei schon bewusst, dass die Zeit, in der diese "Dinger" Schutz vor Bombenangriffen boten, eine andere war als die, in der sie letzte Erinnerungen an einen schrecklichen Krieg boten.

Ich versuche, auch für mich Erklärungen zu finden, und möchte dir an dieser Stelle ausdrückklich für deinen Beitrag danken. Ein Stück Gefühl. Ich würde mich freuen, mehr davon zu lesen.
Ich kann leider auch erst heute verstehen, warum die Menschen weinen bei der Erinnerung, denn allzu vieles wurde von der Generation meiner Eltern und Großeltern einfach "totgeschwiegen". "Ich sei noch zu klein", hieß es damals, und später hat man sich nach vorne konzentriert und das Vergessen versucht. "Ihr sollt es einmal besser haben" - die Generation bin ich. Aber was schlechter war, durfte ich nicht erfahren.

Ich habe alle Arten von Bunkern nur negativ erlebt, teilweise mit Horrorgeschichten verbunden, und hätte mich nie getraut, in irgendeinen mal reinzugehen. Da wurde ganze Arbeit geleistet. Die Eingänge waren auch meistens zugemauert.

Damit verbunden auch die Frage, wie hast du das an deine Kinder (so du welche hast) weitergegeben, und wie hat Margret das getan?

Niccolo

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Marlies
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Beitrag von Marlies »

Hi!
Danke für deine mail, scheint doch was in Bewegung zu kommen. Hab heute an Chicago Margret deine Fragen weitergegeben und hoffe auf eine schnelle Antwort. Werde dir morgen ausführlicher schreiben. Über die Anzahl meiner Kinder siehe I C H !!! Marlies
Marlies

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Beitrag von Marlies »

Niccolo

Damit verbunden auch die Frage, wie hast du das an deine Kinder (so du welche hast) weitergegeben, und wie hat Margret das getan?

Niccolo
Ja, verschweigen, das habe ich oft im feedback zu lesen bekommen. Warum? Es ist unbequem für die Eltern Irrtümer zuzugeben . Vielleicht halten sie das Nazireich aber immer noch für erstrebenswert (da konnte man wenigstens nachts auf die Straße gehen ohne überfallen zu werden, ... die Autobahnen waren doch was Gutes! usw ...

Wir haben unseren Kindern ehrlich und ruhmlos von der Vergangenheit erzählt ... abends oft zusammengesessen und die Nazizeit und den Bombenkrieg aufgearbeitet.... mit dem Ergebnis, dass alle 3 Söhne Zivildienst geleistet haben und absolute Pazifisten sind, ... solange ihnen keiner einen in die Schnauze haut. :lol:

Bin gespannt was Chicago Margret erzählt, wenn überhaupt. Ihre Familie ist über ganz Illinois verstreut.
Marlies

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Beitrag von Marlies »

Mich interessiert brennend die Antwort auf die Frage, ob damals bei der Sprengung dieser Bunker überhaupt jemand daran gedacht hat, dass man einige stehen lassen könnte zur Erinnerung, als Mahnmal oder auch Denkmal des Friedens.
Hi Niccolo,
Bei der Sprengung des Zuckerhutes waren Kinder, wir Jugendlichen, Erwachsenen betrübt. Nein, an ein Denkmal des Friedens hat wohl keiner gedacht, eher an einen Ort der Erinnerung. Aber wen hätte das in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs gekümmert? Da war ein hässlicher Parkplatz wichtiger! :roll:
Marlies

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Beitrag von Marlies »

Chicago Margret hat geantwortet!
Bin noch gar nicht so richtig wach, mail ist nach Kaffee am Morgen immer das Erste und Wichtigste.....

Also, hab mal kurz darueber nachgedacht ...

Auf Niccolo's Frage: Ja, natuerlich sind die Kinder "informiert". Wir haben doch noch ganz starke Verbindungen mit Schalke und dem restlichen Gelsenkirchen. Ganz abgesehen davon, dass ich in Schalke geboren bin, zur Schule ging, zumindestens bis 1944. Habe meinen Mann im HSH kennengelernt (Rosenmontag), dort geheiratet, oefter in der Schwemme Goulaschsuppe gegessen, sind ueber fuenfzig Jahre verheiratet, alles dem HSH zu verdanken......

Zu den Kindern, sie haben mit uns oefter Gelsenkirchen (u.a. auch den vielen Verwandten wegen) besucht. Es gibt auch eine ganze Reihe von Buechern in Chicago, ueber GE, mit sehr vielen Bildern, ueber die heutige Zeit, frueher, sehr ausfuehrlich. Diese Buecher, oft von echten, und ueber echte Ruhris geschrieben, wuerden fuer Niccolo sehr aufschlussreich und besonders interessant sein.

So, nun werde ich gehen und meinen zweiten Schluck Kaffee trinken, man muss so einen alten Koerper doch liebevoll pflegen. Wenn Du, liebe Marlies, dieses dem Niccolo antworten moechtest fuer mich, tue es.

Tschuessken
Ich hab gleich nochmal nachgehakt, "Habt ihr euren Kindern über die Nazizeit offen und ehrlich berichtet?" und warte nun.
Marlies

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