Walcker-Orgel im Hans-Sachs-Haus

Alte und neue Geschichten rund ums HSH. Die öffentliche und veröffentlichte Meinung zum Erhalt des HSH wird hier dokumentiert.

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Buerelter
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Beitrag von Buerelter »

@pito:

Stimme deinem Posting voll zu. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer die aktuellen Artikel der heutigen WAZ.

rundumgrüße aus Buer!

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Verwaltung
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Beitrag von Verwaltung »

WAZ hat geschrieben:Keine aktuelle Verhandlung

Aus Dortmund liege "lediglich" eine Voranfrage zur Übernahme der Walcker-Orgel vor

Die Orgel stand schon einmal, in den 70er Jahren, zum Verkauf an: Das Thema kam im damaligen Kulturausschuss hoch. Karl-Heinz Quick, in jener Zeit Kulturamtsleiter, in dessen Aufgabenbereich die Pflege der Walcker-Orgel im Hans-Sachs-Haus gehörte, erinnert sich angesichts der neuen Diskussion um einen Verkauf des denkmalgeschützten, kostbaren Instruments (die WAZ berichtete). Die heutige städtische Stellungnahme der Stadt: "Es entspricht "nicht den Tatsachen, dass die Stadt die Orgel unbedingt verkaufen wolle." Es läge lediglich eine "Voranfrage der Reinoldi-Kirche in Dortmund" vor. Sie würde gern das Gelsenkirchener "Schwester-Instrument" der durch den Krieg zerstörten eigenen Walcker-Orgel übernehmen.

Quick hofft, dass es sich auch diesmal vermeiden lässt, das "gute Stück" zu veräußern. Damals habe sich bei Recherchen ergeben, dass der Regierungspräsident bei einem Wechsel von wertvollen Kulturgütern laut Gemeindeordnung eingeschaltet werden muss. Das sollte auch für 2007 oder ´08 gelten. "Die Stadt hat damals rund eine Mio DM in die Restaurierung der Saalorgel investiert. Das war auch ein enormer Kraftakt."

Er plädert dafür, auf jeden Fall erst einmal den Architekturwettbewerb für den HSH-Neubau abzuwarten und dann zu überlegen, wie man mit der Walcker-Orgel sinnvoll umgehen kann. Quick sieht die Orgel "als Identitätsbeitrag für die Stadt und die Revierkultur". Alles sollte unternommen werden, um das Objekt hier zu halten.

Eine weiteres Echo zum WAZ-Bericht kommt von Kunstmäzen und -sammler Werner Bibl: Er könnte sich einen "kulturellen Ringtausch" zwischen den Ruhrgebietsstädten vorstellen. "Wenn wir schon die Orgel nach Dortmund geben, könnte das dortige Museum Teile der Sammlung abgeben, die für Gelsenkirchen interessant wären." Es müsste im Vorfeld von "Ruhr 2010" eine große Konferenz geben, bei der das Motto "Kultur gegen Kultur" erörtert werden könnte. Dann würde der Metropol-Gedanke fürs Revier deutlich zum Tragen kommen. HJL

27.09.2007

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Triode
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WAZ Dortmund schreibt:

Beitrag von Triode »

Hans Sachs Haus wird abgerissen.
Woher wissen die das?

http://www.derwesten.de/nachrichten/sta ... etail.html

Bernd Matzkowski
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orgel -quo vadis?

Beitrag von Bernd Matzkowski »

generell verweise ich auf meinen beitrag vom 27.9., der auf zwei grundpositionen beruht: 1. der neue veranstaltungsraum(nicht saal) im hsh wird die orgel nicht aufnehmen können und 2. die "nachforschungen" von herrn obernier und dr. bandelow haben keinen geeigneten alternativ-standort in ge zu tage gefördert.
der artikel aus dortmund, auf den triode verweist, macht zwei dinge klar:a)die stadt hat nicht ihrerseits die initiative ergriffen und landauf, landab die orgel wie sauer bier angeboten, sondern die initative ging von dortmund aus und ist nun mehr als eine unverbindliche voranfrage, sondern ein deutliches signal von interesse. verhandlungen sollte also- ohne unnötige hektik- aufgenommen werden. b)es ist auch klar, dass es um geld geht, und zwar um die einbaukosten für die dortmunder und um einen angemessenen preis, der an die stadt zu entrichten wäre. auch darüber muss man sich noch gedanken machen.
nach wie vor bleibe ich bei dem standpunkt: eine orgel, die in dortmund regelmäßigh bespielt wird, ist mir lieber, als eine, die eingelagert ist(was ihr auf dauer auch nicht gut tut und keinem orgelkonzertfreund irgendeinen nutzen bringt).

Josel
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Beitrag von Josel »

Wenn Ihr in einer so guten Verhandlungsposition seid, könnte ich mir schon so einige Forderungen vorstellen, die uns Gelsenkirchenern über den Verlust des Instruments hinweghelfen könnten. Zuallererst natürlich die Verpflichtung, vor jede Messe die ersten drei Strophen von "Blau und Weiß, wie lieb ich Dich!" zu spielen.

J.
Vertrödeln Sie keine Zeit mit dem Lesen von Signaturen!

tiborplanet_de
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Beitrag von tiborplanet_de »

Denn die im Krieg vernichtete Schwesterorgel von Walcker (1909), die einst die Kirche zierte, bewirkte Pilgerreisen nach Dortmund - etwa von Albert Schweitzer. "Die große Musikzeit könnte wieder aufleben", so Stüdemann.
Ahaa!Steht eine Orgel in Gelsenkirchen interessiert sich niemand dafür.Wenn sie aber in Dortmund ist pilgern Scharen von Walckergroupies da hin. :wink: Was machen die also anders/besser?
Mich wundert das hier von einer "Schwesterorgel" gesprochen wird."Unsere" Orgel ist aus den 20er Jahren,"deren" Orgel von 1909.Hier eine Saalorgel ohne Prospekt,dort eine Kirchenorgel.Bietet denn diese Kirche die akkustischen Bedingungen die für die Orgel nötig sind?Ist die Reinoldiekirche quasi ein zweiter HSH Saal?Haben die dort ein Programm um die Orgel mindestens zweimal am Tag zu spielen,wie es scheinbar nötig ist?Gibt es die nötigen Mittel um dort einen langfristigen Erhalt der Orgel zu gewährleisten?
Das sind alles Fragen die mir bei dem Artikel durch den Kopf gehen^^

Heinz
Abgemeldet

Beitrag von Heinz »

tiborplanet_de hat geschrieben:
Ahaa! Steht eine Orgel in Gelsenkirchen interessiert sich niemand dafür. Wenn sie aber in Dortmund ist pilgern Scharen von Walckergroupies da hin. :wink: Was machen die also anders/besser?
Ich denke der Verkauf der Orgel nach Dortmund steht auch symbolisch für den schleichenden Ab- und Umbau der Stadt.
Alles muss raus, was nach oben oder unten ein Ausreißer ist. 8)

Mit einem klugen Konzept, ein oder zwei Leuten, die mit Herzblut und langem Atem Ideen umsetzen dürften, und schon wäre GE international bekannt - statt Kraft der zauberhaften Doppelherzen mal ne echte Werbung.

harald
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walcker orgel im hans-sachs-haus

Beitrag von harald »

das die orgel keine zuhöhrer hat ist zumindest in deutschland ein problem
in england und amerika werden auf konzertsaalorgel orgelkonzerte gespielt vor vollen häusern,
und zwar auch filmmusik oder jazz usw.
es gibt tolle aufnahmen darüber
in deutschland wird leider auch auf saalorgeln und nicht nur auf der jetzt abgebauten orgel zuviel orgelmusik aus dem kirchenbereich gespielt.
das ist in essen dortmund oder bochum wo dies konzertsaalorgeln stehen auch nicht anders.
dementsprechend ist auch in an diesen orten der besuch eher mäßig
klassische orgelmusik hört sich in der kirche mit einer guten orgel auch besser an.
zum thema konzertsaalorgel:
die konzertsaalorgel hat eine ander disposition als eine kirchenorgel, das heißt:
andere registerklangfarben und mischungen um mit einem orchester und chöre die grossen musikwerke der weltliteratur zu begleiten, was mit einer kirchenorgel nur bedingt zu machen ist.
die neuen konzertsaalorgeln in essen bochum und dortmund sind eigentlich auch keine reinen saalorgeln da die zusammensetzung der registerklangfarben eher der kirchenorgel ähneln.
die möglichkeit die walcker orgel in der reinoldikirche einzubauen halte ich persöhnlich auch nicht für richtig, da sie doch eigentlich die einzige richtige konzertsaalorgel im ruhrgebiet ist.
diese orgel gehört in einen konzertsaal.
zum thema musiktheater als konzertsaal ist auch nicht die optimale lösung da die akustik im MIR eher schlecht ist.
ausserdem könnte man dann in gelsenkirchen keine grossen orchesterwerke oder chorwerke wo eine orgel mitspielt mehr aufgeführt werden.
das man andere zielgruppen anspricht um wieder mehr zuhöhrer ins MIR zu bekommen wird nicht aufgehen.
seit ca. 4 jahren beobachte ich in den konzerten das immer weniger zuschauer kommen.
auch ich werde nach 30jahren konzertbesuch (unter anderem auch die orgelkonzerte im hsh) mich nach essen umorientieren.
das hsh ist ohne diesen saal (mit orgel) eine wertlose bude
Der konzertsaal gehört einfach aufgrund seiner geschichte dazu.
andere städte wie münster und bochum bauen neue konzertsäale .Sie werden dann das interessierte publikum aus gelsenkirchen gerne aufnehmen.
da da das kulturelle angebot größer ist.
wenn diese stadt so weiter macht wird es auch das MIR in 10 jahren nicht mehr geben.
das zum thema kulturangebot in gelsenkirchen
von kleinkunst oder schalke kann diese stadt nicht überleben.
für mich heißt es dann, wenn das ruhrgebiet 2010 kulturhauptstadt ist:wenn sie die nase voll haben von kultur, fahren sie nach gelsenkirchen
kulturfreie zone

Heinz
Abgemeldet

Beitrag von Heinz »

Harald hat geschrieben:wenn diese stadt so weiter macht wird es auch das MIR in 10 jahren nicht mehr geben.
das zum thema kulturangebot in gelsenkirchen
von kleinkunst oder schalke kann diese stadt nicht überleben.
Sehe ich auch so. Aber ich sehe auch, dass die "Konsumenten" der "Hochkultur", das Bildungsbürgertum - auf ganzer Linie versagt hat.
Sie haben es nicht geschafft, als Vermittler zu wirken, sie haben es versäumt neue Präsentationsformen zu finden und Publikumsschichten anzusprechen.
Sie haben sich schlicht und einfach nicht eingesetzt. :?

Bernd Matzkowski
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schäbiges bildungsbürgertum

Beitrag von Bernd Matzkowski »

@heinz. nun ist also das bildungsbürgertum schuld am rückgang der besucherzahlen, da es das nicht geschafft hat, neue interessenten zu beschaffen. das ist etwas verkürzt, va im hinblick auf das mir. erstens geht die bürgerliche mittelschicht, die ist ja wahrscheinlich gemeint, hier stark zahlenmässig zurück- durch wegzug und demographischen wandel sowie die soziale entwicklung überhaupt. und dann ist bzw. war es gerade beim mir so, dass große besucherzahlen im bereich der abonnements eben nicht aus dieser sozialen schicht kamen/kommen, sondern etwa aus den besucherringen, die eng an die gewerkschaften (ig bergbau etc.) angebunden waren. hier verliert das mir stark an publikum(was auch mit sozialen entwicklungen und der demographie, dem älter werden, zu tun hat). anders gesagt. diese klientel(die nicht zum bildungsbürgertum klassischer art gehört) stirbt weg bzw. bleibt weg. deshalb sind zb besucherringe zusammengelegt worden(weniger vorstellungen bei bessereer auslastung pro vorstellung). der zahlenmässige niedergang der klassichen arbeiterschicht und ihrer organisationen(etwa gewerkschaften) spiegelt sich hier also wider. dafür kann man niemanden, schon erst recht keine einzelnen schicht, verantwortlich machen.
das mir versucht, das problem durch vielfältige aktionen aufzufangen. gezielte werbung in richtung der regionen entlang der A 30 zB., va aber durch ganz vielfältige angebote in und mit schulen (hörclub, auftritte von künstlern in schulklassen, partnerschulen, vorbereitung von opernbesuchen etc.). das wird nur öffentlich nicht so wahrgenommen oder ist nicht bekannt. ob das auf dauer fruchtet, mag mal dahingestellt sein. die generelle entwicklung scheint aber doch nicht umkehrbar zu sein.
dabei ist es ja nicht so, dass es keine interessenten mehr gibt. ich bin am sonntag mit kind und kegel im kinderkonzert gewesen(peter und der wolf, eintritt 3,50, gesponsert von der sparkasse). es war die vierte von vier vorstellungen, die zweite an diesem sonntag, und proppenvoll. nur: die schicht, die in sowas reingeht, wird insgesamt wohl dünner, das interesse lässt insgesamt nach.
wäre mal interessant zu erfahren, wer aus dem kreise der in diesem forum schreibenden regelmäßig ins mir geht oder sogar ein abo hat

axel O
Abgemeldet

Beitrag von axel O »

wäre mal interessant zu erfahren, wer aus dem kreise der in diesem forum schreibenden regelmäßig ins mir geht oder sogar ein abo hat

....wäre wirklich mal interessant. Wobei ich den Eindruck habe- zumindest an den Tagen, an denen ich zumeist ins MIR gehe - , ein Großteil des (Bildungs-)Bürgertums, das einem so landläufig zumindest vom Sehen bekannt ist, fehlt. Dafür dann wieder aus Politik und Wirtschaft diejenigen, die man sehen soll (unterstelle ich jetzt mal [ Du bist nicht gemeint, Bernd!]) Und viele Auswärtige , was für die Qualität des MIR spricht.
Aber es ist schon weniger ein Querschnitt durch alle Schichten. Erfreulich zu sehen, dass vermehrt auch junges Publikum ins Haus kommt.

harald kabbeck
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walcker orgel/kultur MIR

Beitrag von harald kabbeck »

da ich jetzt offiziel angemeldet bin kann ich mich besser unterhalten.
gehe seit 1980 ins MIR(auch konzerte)
habe fast alle orgelkonzerte von 1974 bis 2002(letzte) besucht.

Heinz
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Beitrag von Heinz »

@bernd
bitte nicht zu sehr fokkussieren aufs MiR oder die Orgel. Deren Anstrengungen sind nicht mein Thema gewesen.

mit versagen des Bildungsbürgertums ist ein jahrzehntelanger Rückzug sowohl räumlich (z.B. nach Buer) als auch ein Rückzug aus der Verantwortung gemeint.
Und natürlich ist eine Schicht, die bessere Bildungszugänge hat, auch stärker in der Verantwortung für kulturellen, politischen und sozialen Verfall bzw. die Prägung einer Stadt.
Dass da andere Faktoren reinspielen, die nicht oder nur schwer beeinflusst werden können, muss ja nicht extra betont werden.
Wenn ein Bürgertum es vorzieht nach Buer oder ins Münsterland zu verschwinden, drückt dass eben auch eine gewisse Verantwortungslosigkeit aus. Oder auch nur Cleverness - so nennt man das glaube ich heute.
Wenn ein bestimmtes Umfeld wegbricht, kann der Einzelne noch so sehr strampeln, es wird nix.
Mein Türkischer Nachbar erzählte, dass sein Sohn (14 Jahre) wohl den Klavierunterricht abbrechen wird, weil er weit und breit der einzige wäre, der ein Instrument lernt. Alle anderen hänseln ihn deswegen.
Da ist der Hebel - ein Klima schaffen, dass nicht verhindert, sondern fördert.
Wie machst du das... :roll: wenn die, die so etwas könnten wegziehen?

Ich glaube dass sogar viele aus den oberen Etagen der Verwaltung gar nicht hier wohnen.
Und die gehören doch auch zu lokalen Elite..


hier ist so ein aktuelles Beispiel, was ein selbstbewussteres Bürgertum woanders so nicht zulassen würde: http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... 4860#34860

Und wenn wir schon lesen dürfen, dass alles wegbricht... wo und wann lese ich etwas über Bemühungen, die verschiedenen Ethnien bzw Kulturkreise ins MiR einzubinden?
Oder das Angebot des MiR auf die neuen Rahmenbedingungen umzustellen?

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Verwaltung
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Beitrag von Verwaltung »

WAZ hat geschrieben:Orgelverkauf wird möglich
Gelsenkirchen, 16.01.2008

Heftige Diskussion im Kulturausschuss über Wert und Verlust der historischen Walcker-Orgel: CDU spricht sich dagegen aus


"Ich habe diese Diskussion befürchtet." Kulturdezernent Manfred Beck war nicht glücklich über die Auseinandersetzung im Kulturausschuss zum Thema Walcker-Orgel. Wie berichtet, liegt der Stadt eine Anfrage der Dortmunder Reinoldi-Kirche vor, das zur Zeit eingelagerte Profan-Insturment (1927 für den Hans-Sachs-Haus-Saal gebaut) zu übernehmen. "Auf dass die Walcker-Orgel wieder eine klingende Seele erhält", wie es in dem Schreiben vom 17. Dezember '07 heißt. Die Wogen im Ausschuss schlugen hoch. Polemik warf der eine dem anderen vor, Befürworter verbaten sich solche Entgleisungen.

Worum ging es? Die CDU will noch einmal auf Grund einer neuen Analyse von Fachleuten das Thema für die Abstimmung aufschieben. Nicht der Ort sei das Problem, sondern eine fehlende fundierte Grundlage, kommentierte Klaus Hermandung als Sprecher die Absage seiner Fraktion zur Aufnahme von Verhandlungen mit dem Ev. Kirchenkreis in Dortmund. Die SPD einschließlich Grünen/Bündnis 90 stimmten zu: weil längst alle Argumente ausgetauscht worden seien. Weil diese Orgel ihren optimalen Klang nur in einem HSH-Saal entfalten könne. Und dieser sei im Neu-Um-Bau nicht vorgesehen. Heilig Kreuz, Schauburg (Buer), Volkshaus Rotthausen, Emscher-Lippe-Halle, Großes Haus des Musiktheaters - das alles seien keine geeigneten Räume. Außerdem, warnte Referatsleiter Volker Bandelow, müsste die Stadt bei einem finanziell teuren Einbau der historischen, denkmalgeschützten Walcker-Orgel die Folgekosten übernehmen: in einer noch zu findenden "Kulturkirche".

Oft flackerte im Für und Wider der Argumente die Vorhaltung auf, das interne Papier von Orgelkustos Karl-Heinz Obernier und Bandelow sei dem Ausschuss nicht zur Verfügung gestellt worden. Dann wäre eine Stellungnahme nebst Abstimmung transparenter geworden.

Beck betonte, immerhin sei ein regionaler Standort möglich: Dortmund sei zumindest für die künftigen Konzertinteressenten ein zumutbarer Weg. Schon zum Kulturjahr 2010 könnte, wenn bald eine Entscheidung fiele, die Orgel in großen Konzertprogrammen wieder erklingen. HJL

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Beitrag von Verwaltung »

Beschlussvorschlag Kulturausschuss hat geschrieben:Betreff
Walcker-Orgel
Beschlussvorschlag
Die Verwaltung wird beauftragt, Verhandlungen über den Verkauf der restaurierten Walcker-Orgel an den Kirchenkreis Dortmund-Mitte-Nordost der Ev. Kirche in Dortmund und Lünen zu führen.
Das Ergebnis der Verhandlungen ist dem Rat der Stadt zur Beschlussfassung vorzulegen.
Dr. Beck


Problembeschreibung / Begründung
Mit Schreiben vom 17.12.2007 bittet der Superintendent des Ev. Kirchenkreises Dortmund-Mitte-Nordost um die Aufnahme von Verhandlungen. Er schreibt u.a.:
„Alle kirchlichen Gremien haben sich für diese Entscheidung ausgesprochen und hoffen, dass spätestens 2010 die alte Walcker-Orgel aus Gelsenkirchen mit ihrem wunderbaren Klang die Reinoldi-Kirche erfüllt. … St. Reinoldi bekäme – wenn alles gut läuft – wieder eine angemessene und klingende ‚Seele’ und Ihre Orgel einen würdigen neuen Klangraum. Und, wenn wir in Kulturhauptstadt Ruhrgebiets-Maßstäben denken, dann wandert die Hans-Sachs-Haus-Orgel quasi von einem Stadtteil zum anderen. Vielleicht ist es uns sogar möglich, künftig gemeinsam einen Internationalen Orgelwettbewerb Ruhr auszuschreiben.“

Bereits einige Tage vorher, am 14.12.2007 war der Ev. Kirchenkreis Dortmund-Mitte-Nordost in einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit getreten, hatte von der Kaufabsicht berichtet und um Spenden zur Finanzierung gebeten.

Hintergrund in Dortmund ist, dass in der Innenstadtkirche St.Reinoldi seit 1909 eine der größten Kirchenorgeln der Firma Walcker erklang. Sie war, wie die Gelsenkirchener, mit einem Fernwerk ausgestattet. Während des 2. Weltkriegs wurde diese Orgel vollständig zerstört. Der denkmalgerechte Wiederaufbau der Kirche nach 1945 sieht die alten Standplätze für ein so großes Instrument allerdings weitgehend noch vor.
Nach 1945 wurde in St. Reinoldi eine deutlich kleinere Orgel eingebaut, die zurzeit in einem sehr desolaten Zustand und abgängig ist.
Auf der Suche nach Alternativen erinnerten sich die Verantwortlichen an die Geschichte der Walcker-Orgeln in Dortmund und Gelsenkirchen. Sie setzten sich mit der Orgelbau-Firma „Romanus Seifert & Sohn“ in Kevelaer und dem Kustos der Walcker-Orgel bzw. der Kulturverwaltung Gelsenkirchen in Verbindung mit dem Ziel, einen Einbau technisch, funktional und orgelhistorisch zu prüfen.

Nach Ortsterminen u. a. in Kevelaer empfiehlt der „Orgelsachverständige der Evangelischen Kirchen in Westfalen“, Herr Manfred Schwartz, in einer „Stellungnahme zur Orgelsituation Reinoldi-Dortmund“ vom 27.10.2006 dem Kirchenkreis „dieses wertvolle und klangprächtige Instrument nach Reinoldi zu transferieren und weitere Schritte für dieses Projekt einzuleiten.“
Bis zum Ende 2007 haben dann die zuständigen Gremien in Dortmund den kircheninternen Meinungsbildungsprozess soweit abgeschlossen, dass sie mit Pressekonferenz und dem o. a. Schreiben das Kaufinteresse öffentlich und offiziell mitgeteilt haben.

Die Stadtkirche St. Reinoldi ist – ähnlich der Bleckkirche in Gelsenkirchen – eine der Ev. „Stadtkirchen ohne Gemeinde“, die besonders für Kulturveranstaltungen genutzt werden. Schon jetzt finden dort regelmäßig Orgelkonzerte vor großem Publikum statt. Allein für die ersten vier Monate 2008 sind dort 11 Orgelkonzerte bzw. Chorkonzerte mit Orgelbeteiligung geplant.


Die Situation in Gelsenkirchen stellt sich wie folgt dar:

Die Walcker-Orgel wurde 2003 aus dem Hans-Sachs-Haus ausgebaut und bei der Orgelbaufirma „Romanus Seifert & Sohn“ in Kevelaer nach den alten Originalplänen restauriert mit dem Ziel, sie in den - dann wieder in den ursprünglichen Zustand versetzenden - Saal originalgetreu mit Fernwerk und Schallkanal einzubauen. Am 9.2.2007 wurden die Arbeiten vom Kustos der Walcker-Orgel, Herrn Obernier, offiziell abgenommen. Bilder der Orgel und des Arbeitsprozesses können auf www.walcker-orgel.de eingesehen werden. Seit dem ist die einbaufertig restaurierte Orgel bei der Fa. „Romanus Seifert & Sohn“ fachmännisch, klimatisch korrekt und kostenpflichtig eingelagert.

Der Rat der Stadt hat am 14.6.2007 beschlossen, dass im Neuen Hans-Sachs-Haus – nicht zuletzt mit Blick auf Folgekosten und Bedarf - ein akustisch aufgerüsteter und funktional entsprechend eingeschränkter Konzertsaal nicht mehr vorgesehen werden soll. Damit verfügt Gelsenkirchen über eine Orgel ohne Saal.

Bereits seit Mitte 2005, als sich ein Scheitern der Sanierung des Hans-Sachs-Hauses abzeichnete, hat die Kulturverwaltung nach alternativen Standorten in Gelsenkirchen – zuerst in der Heilig-Kreuz-Kirche in Ückendorf – gesucht. Dabei erwiesen sich drei Probleme als bis heute nicht lösbar:

1. Der Flächenbedarf:
Die reine Standfläche (= Lagerfläche, ohne Wartungsgänge, Gehäuse etc.) der Orgelelemente – ohne dass sie unter akustischen Gesichtspunkten platziert wurden - beträgt 102 m². Zum Vergleich: Die Empore der Heilig-Kreuz-Kirche hat incl. Nebenräume 29 m².

2. Die Raumakustik:
Kirchen haben einen langen Nachhall. Die Walcker-Orgeln reagieren darauf u. a. mit Fernwerken und Schallkanälen, die den Schall verzögert in die hinteren Bereiche des Saales führen. Dieser Schallkanal (= hölzerner „Gang“ unter der Decke) muss architektonisch vorgedacht sein. In der Heilig-Kreuz-Kirche z. B. würde dieser Holzkanal den Charakter dieses großartigen Denkmals vollständig zerstören.

3. Die Kosten für ein „Konzerthaus“:
Wenn die Orgel in eine – möglicherweise aufgegebene – Kirche eingebaut wird, muss sie auch gespielt werden und Zuhörer/innen finden. Es entstehen Folgekosten für die Nutzung der Kirche ebenso wie für die Konzerte (Gagen, Werbung). Dieses ist im Verhältnis zu sehen zu der Resonanz, die die Orgel in den letzten Jahren ihres Bestehens im Hans-Sachs-Haus hatte. Wäre die Orgel Bestandteil eines sowieso konzertant genutzten Raumes (Stichwort: Neue Philharmonie Westfalens im ursprünglichen Hans-Sachs-Haus-Saal) gewesen, wäre die Nutzung gegeben. Steht die Orgel solitär in einer (Kultur-)Kirche, müsste das Konzertprogramm zusätzlich organisiert und subventioniert werde.

Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass der Einbau und die Intonierung der Orgel in einem neuen Standort in Gelsenkirchen noch einmal mindestens 115.000 € kosten würden.

Finanzielle Belastungen: nein

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