ÖPNV in GE

ÖPNV - Straßenbahnen, Busse, Stadtbahn, Verkehrsverbund Rhein-Ruhr

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rotthauser
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ÖPNV in GE

Beitrag von rotthauser »

In letzter Zeit wurde hier ja viel diskutiert über Ruhrstadt, Einkaufszentren, Infrastruktur etc. Wie sieht es eigentlich mit dem ÖPNV in GE aus? Was ist gut, was weniger, was ist wirklich schlecht?
Ich persönlich finde es zum Beispiel schlecht, dass man aus Rotthausen nicht auf direktem Wege z.b. in die Feldmark oder nach Heßler kommen kann? Zu Fuss die Schwarzmühlen-straße ist man schneller als umsteigen an Machensplatz oder am Theater. Alles ganz zentralitisch ausgelegt mit unserem Busbahnhof, fast wie Frankreich und Paris (nur ein bisschen kleiner). Vielleicht gibt es ja noch weitere Beispiele in GE wo es schwierig ist von A nach B zu kommen, oder die schönen Geschichten über den Abbau von Straßenbahn-linien vor Jahrzehnten, der Torso des Stadtbahnbaus, oder aber auch Vorschläge wie vor Jahren die Eisenbahnstrecke durch die Feldmark für den ÖPNV zu nutzen. Vielleicht hätte es ja auch Sinn gemacht so manch alte Zechenbahntrasse sinnvoll für den ÖPNV zu nutzen (ich persönlich mag ja die Fahrradstrecken). Was glaubt ihr, wären dann so manche Straßen gegen 17.00Uhr weniger verstopft?

noizejunk
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Beitrag von noizejunk »

Also wenn man den ÖPNV auf GE allein reduziert, find ich schon dass er relativ gut ausgebaut ist. Nur kann leider niemand sagen, wie lange noch - Stichwort Politik und Kürzungen. Aber ich hab ja leise Hoffnung, dass die Landesverkehrsminister nach Herrn W. aus G. ;) dem ÖPNV gegenüber etwas freundlicher gesinnt sind und dass der VRR incl. der einzelnen Verkehrsbetriebe mal dringend grundsaniert wird. Auf dass Busse und Trams künftig nicht mehr an der Stadtgrenze enden :)
Wenn man das Gesamtbild in Zusammenhang mit der DB sieht, ist der ein oder andere Anschluß sicherlich optimierungsbedürftig, z.B. Ankunft mit der S2 oder RE3 abends... wenn man Pech hat ist die 1 gerade weg und man wartet entweder ne halbe Stunde oder wartet ne Viertelstunde und fährt dann mühsam mit dem 81er nach Erle.
Auch das Thema Vernachlässigung der anderen Linien bei Schalkespielen wurde hier schon diskutiert, von daher Daumen (fast) hoch für den Nahverkehr in GE!

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Anne Bude
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Beitrag von Anne Bude »

Warum werden eigentlich für selten benutzte Strecken keine Kleinbusse eingeführt? Also quasi eine Mischung aus Taxi und Bus?

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Frank
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Beitrag von Frank »

Anne Bude hat geschrieben:Warum werden eigentlich für selten benutzte Strecken keine Kleinbusse eingeführt? Also quasi eine Mischung aus Taxi und Bus?
Gibt es schon seit längerer Zeit, genannt AST = Anruf Sammel Taxi .
Aber in der Mitte liegt Erle ! (Werbeslogan der Erler Werbegemeinschaft aus den 70´ern)

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brucki
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Beitrag von brucki »

Anne Bude hat geschrieben:Warum werden eigentlich für selten benutzte Strecken keine Kleinbusse eingeführt? Also quasi eine Mischung aus Taxi und Bus?
Als ich vor ca. 17 Jahren dort per Bus und Bahn unterwegs war, fuhren genau solche Busse durch Scholven (ich glaube beauftragt durch die Vestische). Heute nicht mehr?

Das waren aber keine AST, sondern regulär nach Fahrplan in verkehrsschwachen Zeiten verkehrende Kleinbusse.

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Frank
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Beitrag von Frank »

Jo, die Vestische hat in Unserer Region damit angefangen und Kleine Neoplans eingesetzt, die dann später auch nur noch auf Anruf gefahren sind. Die Bogestra hat vor 2 oder 3 Jahren damit angefangen, Taxis auf Anruf fahren zu lassen. Z.B. Linie 397 nach Eichkamp.
Aber in der Mitte liegt Erle ! (Werbeslogan der Erler Werbegemeinschaft aus den 70´ern)

noizejunk
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Beitrag von noizejunk »

Ohne noch nen neues Thema hier starten zu wollen, würd mich mal interessieren was eure Lieblingsstrecken per ÖPNV im Stadtgebiet sind... vielleicht kann man noch den einen oder anderen unentdeckten Fleck entdecken. Ich fang mal an.
- die alte Linienführung der 301 durch die Bismarckstr. vor der Tunneleinweihung
- 342 von Buer-Süd bis Emscherstr. - ich mag die alten Häuschen an der Sutumerfeldstr.
- 243 vom Marienhospital bis Hassel-Nord
- 389 von Rheinelbestr. bis Stadtgrenze, hier kann man schön den vollzogenen Stadtumbau erkennen

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LvRh
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Beitrag von LvRh »

Ich möchte auch nicht unbedingt ein neues Thema erstellen, aber wenn die Rede vom ÖPNV in GE ist, dann kommt bei mir spontan die Wut auf die Ampelfreischaltung der Busse und Bahnen hoch. Durch Verlegung meines Arbeitsplatzes bin ich zum Pendlerdasein gezwungen worden und quäle mich, wie viele Leidensgenossen, täglich durch die Revierstädte. In der Stadt meines Arbeitsplatzes (BO) verkehrt wie in GE die Bogestra. Merkwürdigerweise sind hier die Vorrangschaltungen für Busse und Bahnen nicht aktiv und somit gibt es hier auch noch die "grünen Wellen". Die Mitleser meines Alters wissen wovon ich schreibe, es gab mal Zeiten, da fuhr man mit dem Auto von GE-Altstadt nach Buer über die Kurt-Schumacher-Str. und bei Tempo 50/60 kam man ohne einen Ampelstop bis Hassel.
Heute werden die Ampelphasen durch den ÖPNV durcheinander gewirbelt und Staus produziert.

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kleinegemeine01
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Beitrag von kleinegemeine01 »

Lothar von Rhein hat geschrieben: es gab mal Zeiten, da fuhr man mit dem Auto von GE-Altstadt nach Buer über die Kurt-Schumacher-Str. und bei Tempo 50/60 kam man ohne einen Ampelstop bis Hassel.
hihi, genau diese Worte sagte ich am Samstag zu einem Taxifahrer.
Ich ärgerte mich nämlich darüber, daß wir an fast jeder Ampel anhalten mussten und die Fahrt dadurch teurer wurde. :cry:

trixexpress
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Beitrag von trixexpress »

noizejunk hat geschrieben:...Ohne noch nen neues Thema hier starten zu wollen, würd mich mal interessieren was eure Lieblingsstrecken per ÖPNV im Stadtgebiet sind...
Ich schwärme heute noch immer von der schönen Tramstrecke der 210 zwischen Buer und Resse - eingleisig und durch den Buerschen Wald, dann an den Feldern von Surresse ...

Überhaupt, die Strecke vermisse ich :twisted:

Die Trams müssen wieder her !! :motzschild:

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Frank
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Beitrag von Frank »

kleinegemeine01 hat geschrieben:
Lothar von Rhein hat geschrieben: es gab mal Zeiten, da fuhr man mit dem Auto von GE-Altstadt nach Buer über die Kurt-Schumacher-Str. und bei Tempo 50/60 kam man ohne einen Ampelstop bis Hassel.
hihi, genau diese Worte sagte ich am Samstag zu einem Taxifahrer.
Ich ärgerte mich nämlich darüber, daß wir an fast jeder Ampel anhalten mussten und die Fahrt dadurch teurer wurde. :cry:
In Fachkreisen nennt man das "Beschleunigungsmaßnahme" ! Leider funktioniert dieses überhaupt nicht, aber hauptsache Millionen Steuergelder wurden in den Sand gesetzt.
Aber in der Mitte liegt Erle ! (Werbeslogan der Erler Werbegemeinschaft aus den 70´ern)

Brummischubser
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Der Busfahrer, das unbekannte Wesen...

Beitrag von Brummischubser »

Vielleicht irre ich mich ja und tue der Vestischen Straßenbahnen AG Unrecht. Kann ja sein, dass es Zufall ist und ich immer wieder komisch reagierende Fahrer nur dort kennenlerne. Aber Tatsache ist nun mal, dass ich nur ungerne mit der Vestischen fahre. Nehme ich nur die Linie SB 36 vom Hauptbahnhof, wird mir ganz anders. Die Ampelschaltung auf der Grothusstraße animiert die Fahrer anscheinend dazu, zu fahren wie ein Henker. Spricht man die Fahrer darauf an, wird man gleich zum Aussteigen aufgefordert, wenn einem der Fahrstil nicht passt. Mit der Bogestra habe ich diese Probleme nie.

Aber ich fang jetzt mal von vorne an. Es war Anfang letzter Woche. Nach dem Kaffee fragte mich meine Frau, ob wir mal nach Recklinghausen oder Dorsten fahren sollen. Nicht mit dem Zug sondern mit dem Bus. Wir sind ja mit einem Rollstuhlfahrer unterwegs und da ist der Bus einfach die bessere Wahl. Wir einigten uns dann auf Recklinghausen, weil ich Dorsten ja vor ein paar Wochen zur Stadt mit dem scheißigsten Bahnhof gekürt hatte. Recklinghausen war mir noch unbekannt.

Bis zum Busbahnhof-Buer war noch alles in Ordnung. Wir wollten mit dem SB 23 weiterfahren bis Recklinghausen-Hbf. Wir hatten Glück. Der Bus stand schon da. Wir gingen auf den Bahnsteig und warteten darauf, dass der Fahrer die Türen öffnet. Tat er aber nicht. Wahrscheinlich machte er Pause. Nun, habe ich gedacht, es kann ja nicht mehr lange dauern, bis die Pause um ist. Der Bus der Linie 244 muss ja auch von diesem Bahnsteig abfahren, deshalb kann der SB 23 hier nicht unbegrenzt Pause machen. Wir hätten auch mit dem Bus der Linie 249 nach Recklinghausen fahren können. Aber der braucht eine Viertelstunde länger, weil er jedes "Dorf" unterwegs mitnimmt.

Der Bus der Linie 244 kam unterdessen und fuhr einen anderen Bahnsteig an. Komisch, habe ich mir gedacht. Ich konnte indes durch die Scheiben sehen, wie der Busfahrer auf unserem Bahnsteig seine E-Zigarette rausholte und anfing in dicken Wolken zu dampfen. Mittlerweile warteten wir geschlagene 20 Minuten, dass er die Tür aufmacht. Zwei Busse der Linie 249 waren bereits weggefahren. Hätten wir die mal genommen.

Ich sagte zu meiner Frau, dass dies Augenblicke sind, wo ich am liebsten meine Monatskarte kündigen würde. Andere hätten das schon längst getan und wären auf´s Auto umgestiegen. Aber meine Frau wäre nicht meine Frau, wenn sie den Fahrer nicht verteidigen würde. Der macht doch nur seine Pause und möchte nicht gestört werden. Dafür muss man Verständnis haben, meinte sie. Tut mir leid, aber ich persönlich bringe dieses Verständnis nicht auf. Und der Fahrer dampfte weiter im Bus.

Nach weiteren 10 Minuten und nachdem ein weiterer Bus der Linie 249 Richtung Recklinghausen weggefahren ist, kam endlich Bewegung in die Sache. Ein Monteursfahrzeug fuhr quer vor den Bus, der Fahrer stieg aus und dann wurde am Motor hantiert. So wie es aussah, hatte der Bus wohl einen technischen Defekt.

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Ja isses denn... ? Wie ignorant muss man eigentlich sein, die Leute da vor dem Bus eine halbe Stunde stehen zu lassen, gemütlich seine E-Zigarette in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu dampfen und noch eine Unschuldsmiene aufzusetzen? Mittlerweile hatten sich nämlich eine Menge Fahrgäste gefunden, die alle mit dem Bus fahren wollten. Ein Ersatzbus kam dann auch gleich nach dem Monteursfahrzeug. Der Bus blieb gegenüber stehen und auch da mussten wir erstmal warten, bis der Busfahrer vom Klo (nehme ich an) kam.

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Ich hätte es begrüßt, wenn der Busfahrer vom Pannenbus mal ausgestiegen wäre, um den Fahrgästen zu sagen, der Bus ist kaputt. Er hat die Leute und auch uns doch da draußen stehen gesehen. Die Vestische ist ein Servicebetrieb und verdankt ihre Existenz nicht den Fahrern sondern den Fahrgästen. Das wird anscheinend immer wieder vergessen. Ein Minimum an Service ist da wohl angebracht.

Viele Grüße

Brummischubser

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brucki
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Beitrag von brucki »


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Pedda Gogik
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Beitrag von Pedda Gogik »

Frontal21: Nahverkehrs-Versager im Ruhrgebiet verweigern den Dialog. ... (Frontal21)


ruhrbarone.de:
So belegt Frontal21 erneut das Dilemma des Ruhrgebiets: Kirchturmdenken und Nieten an der Spitze sind die Markenzeichen des Reviers.

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Emscherbruch
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Versager der Verkehrstechnik

Beitrag von Emscherbruch »

Man könnte beim Lesen der folgenden Zeilen fast meinen, die Zeit sei beim Thema Öffentlicher Nahverkehr im Ruhrgebiet in den letzten 88 Jahren einfach stehengeblieben.
Georg Schwarz, verfasst im Jahr 1931 hat geschrieben:Versager der Verkehrstechnik

[…] Wir haben Ruhe und Ordnung, wir haben Statistiken und Registraturen. Fragst du einen der beamteten Herren um Auskunft, dann springt er dir gleich mit einem Zahlenmaterial entgegen, daß du aus den Latschen kippst. Die hohen Herren haben blos noch kein Rechnungssystem dafür erfunden, wie sich die übermäßige Belastung der arbeitenden Bevölkerung durch zu teure Tarife vermeiden läßt.
[…]
Aber auch mit der Straßenbahn zu seinem Arbeitsplatz fahren zu müssen, ist keine Wonne. Von Essen nach Buer. Von Buer nach Bottrop, von Bottrop nach Gladbeck, von Gladbeck nach Gelsenkirchen. Es ist ein immerwährendes Hin und Her von Menschentransporten, bei denen auf die Gefühle und Bedürfnisse dieser transportierten Menschen selbst am allerwenigsten Rücksicht genommen wird.
[…]
Es gibt Einzelfahrten, die bis zu 90 Pfennig kosten. Das wird zwar plausibel, aber nicht schmackhaft gemacht durch die langen Fahrzeiten der Straßenbahnen. Eigentlich ist es ja nicht einzusehen, warum die vielen farbig lackierten Wagen wie Schnecken durchs Gelände kriechen müssen. Nun gut, die Linien sind schmalspurig, und daher müssen die Züge bei etwas schwierigem Terrain sehr vorsichtig fahren. Warum, in drei Teufels Namen, kann man keine breiteren Schienen legen?
Dazu wechseln von Ort zu Ort die Hoheitsgrenzen der verschiedenen Straßenbahngesellschaften. Warum? Nun, weil jedes Kaff seinen Ehrgeiz hat und jede Gesellschaft ihren Schnitt machen will. Umsteigen von einem Straßenbahnwagen in den anderen ist ein vielgeübter Sport.
[…]
Ein dem Ruhrgebiet vorbehaltenes Kuriosum ist es auch, daß in manchen Orten die schmalspurigen Gleise zwischen den Schienen einer Breitspurbahn liegen.
Kurzum, auch der Straßenbahn fehlt die Einheitlichkeit, die großzügig Planmäßigkeit, ein Verkehrsdiktator, der alle die kommunalen, gemischtwirtschaftlichen und privaten Straßenbahngesellschaften einem gemeinsamen Ziel unterwirft, den teueren Verwaltungsapparat vereinfacht und erträgliche Beförderungstarife einführt.
[…]
Eine Straßenbahnfahrt von Essen nach Dortmund – eine Strecke von 30 km - , das ist ein unrationelles Unternehmen, denn die Reise dauert 5 bis 6 Stunden.
[…]
Es müßte nur das ewige Umsteigen wegfallen, es müßte für ein einheitliches Streckennetz und schnelleres Fahrtempo gesorgt werden. Kurzum, der Verkehr müßte den Bedürfnissen der Menschen angepasst werden.
[…]
Eine elektrische Schnellbahn mit Hoch- und Untergrund-Streckenführung wie in Berlin würde von Dortmund bis Essen nicht mehr als zwanzig Minuten Fahrzeit beanspruchen.
[…]
Die interessierten Körperschaften haben ihre Vertreter zu einer Studiengesellschaft delegiert, die für den Bau einer rheinisch-westfälischen Schnellbahn allerlei Propaganda macht; aber damit hat es bis jetzt auch sein Bewenden gehabt. Denn die Durchführung dieses einleuchtenden Projektes, das der dichten Bevölkerung des ganzen Distriktes ihr schweres Leben so wesentlich erleichtern könnte, das auch in den Fragen der Siedlungspolitik und für die Auflockerung der Städte eine so entscheidende Rolle spielen würde – und die Durchführung dieses höchst rationellen Projekts wird kräftig sabotiert.
Diese verlockend tönende Zukunftsmusik hat der Reichsbahndirektion einen erheblichen Schreck in die Hose gejagt. Das müßte ja die Emanzipation der Fahrgäste vom bisherigen Schlendrian der Reichsbahn bedeuten! Aus so durchsichtigen Konkurrenzängsten bekämpft die Reichsbahn das Schnellbahnprojekt und wartet dafür mit Programmen eines Ausbaus ihrer eigenen schlechten Anlagen auf. Sie hat einen Betrag von 400 Millionen Reichsmark angesetzt, der genügen soll, Strecken und Bahnhöfe des Ruhrgebiets so zu adaptieren, daß durch den Bezirksverkehr auf der Bahn der Bau einer Schnellbahn überflüssig wird.
[…]
So erlebt man das tragikomische Schauspiel, daß im Gebiet der modernsten Industrieanlagen, im Hauptquartier der sieghaft fortgeschrittenen Technik die Menschenbeförderung im Postkutschentempo vor sich geht.
[...]
Vorläufig werden die Kumpel auch weiterhin in proppvollen Reichsbahnzügen mühselig und für teures Geld an ihre Arbeitsstätten gondeln und in Demut warten müssen, bis die längst fälligen Vororttarife eingeführt werden.
Sie können aus dem Fenster des Abteils schauen, wenn sie mal einen guten Platz erwischt haben und wenn ihnen die Sicht nicht durch die dichte Mauer der Stehenden versperrt ist. Wahrscheinlich aber hat ihnen die Landschaft, so fesselnd sie für die Durchreisenden ist, nicht viel zu sagen. Für sie bedeutet sie nur: schwere Arbeit, schlechte Luft, provinzielle Enge, kleine, drückende Alltagssorgen und die eine große Sorge: das Schreckgespenst der Erwerbslosigkeit.


Aus: „Versager der Verkehrstechnik“ in „Kohlenpott – Ein Buch von der Ruhr von Georg Schwarz“, Berlin 1931
Stell dir vor, es geht und keiner kriegt's hin.

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