Emil Kirdorf

Alles über die Verstrickungen der Stadt/Bürger mit der NSDAP/Faschismus

Moderatoren: Verwaltung, Redaktion-GG

GELSENZENTRUM
Abgemeldet

Emil Kirdorf

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Diskussion Wikipedia, Artikel Gelsenkirchen
http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion ... _der_Stadt

Ehrenbürger der der Stadt Gelsenkirchen [Bearbeiten]

Kirdorf war einer der ersten Unterstützer von Hitler. Er hat u.a. entscheident dazu beigetragen, Hitler an die Macht zu bringen. Die Ehrenbürgerschaft wurde Kirdorf durch Ratsbeschluß am 8.9.89 aberkannt. Ergo: ohne Ehrenbürgerschaft kein Eintrag! (Somit können wir uns die Diskussion über diesen Nazi sparen)Eintrag von mir gelöscht. gelsenzentrum


Nur mal so zur Info :wink:
Zuletzt geändert von GELSENZENTRUM am 03.02.2007, 01:51, insgesamt 1-mal geändert.

Gast
Abgemeldet

Wieder die CDU?

Beitrag von Gast »

Kannst du nachverfolgen, wer den Eintrag gemacht hat?

GELSENZENTRUM
Abgemeldet

Re: Wieder die CDU?

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Anonymous hat geschrieben:Kannst du nachverfolgen, wer den Eintrag gemacht hat?
Ein gewisser Nobody.de, alles weitere ist in Bearbeitung...... 8)

pito
Abgemeldet

Beitrag von pito »

Moment mal bitte, nicht so schnell:
... Der Jagdflieger Mölders (siehe oben) ist einfach nur hier geboren worden, hat aber nichts vollbracht wofür man ihn heute rühmen könnte (im Gegenteil). Deshalb finde ich es richtig ihn rauszunehmen. Kirdorf dagegen war (wertfrei gesehen) eine wichtige einflußreiche Person in der Stadtgeschichte Gelsenkirchens und seine Ernennung zum Ehrenbürger ist ein historischer Fakt. Ihn rauszunehmen wäre demnach Geschichtsfälschung. Pito 02:16, 3. Feb. 2007 (CET)
Eine historisch wichtige Person wie Kirdorf kann man doch nicht einfach eliminieren. Da besteht ein Unterschied zu irgendeinem Jagdflieger der zufällig in GE geboren wurde. Es würde ja auch keinem einfallen, Hitler aus den Geschichtsbüchern zu streichen, weil er ein böser Mensch war. :wink:

> Wiki-Artikel Emil Kirdorf

Benutzeravatar
rabe489
† 22.11.2011
Beiträge: 6706
Registriert: 21.01.2007, 10:42
Kontaktdaten:

Beitrag von rabe489 »

Wohl gesprochen. Wie sieht es eigentlich mit Nazi-Architektur in Gelsenkirchen aus. Nein, ich will diese nicht abreissen, aber die Ästhetik interessiert mich schon.

Benutzeravatar
Verwaltung
Mitglied der Verwaltung
Beiträge: 10616
Registriert: 02.12.2006, 05:43
Wohnort: Gelsenkirchen

Biografie Kirdorf

Beitrag von Verwaltung »


GELSENZENTRUM
Abgemeldet

Ehrenbürger

Beitrag von GELSENZENTRUM »

pito hat geschrieben:Moment mal bitte, nicht so schnell:
... Der Jagdflieger Mölders (siehe oben) ist einfach nur hier geboren worden, hat aber nichts vollbracht wofür man ihn heute rühmen könnte (im Gegenteil). Deshalb finde ich es richtig ihn rauszunehmen. Kirdorf dagegen war (wertfrei gesehen) eine wichtige einflußreiche Person in der Stadtgeschichte Gelsenkirchens und seine Ernennung zum Ehrenbürger ist ein historischer Fakt. Ihn rauszunehmen wäre demnach Geschichtsfälschung. Pito 02:16, 3. Feb. 2007 (CET)
Eine historisch wichtige Person wie Kirdorf kann man doch nicht einfach eliminieren. Da besteht ein Unterschied zu irgendeinem Jagdflieger der zufällig in GE geboren wurde. Es würde ja auch keinem einfallen, Hitler aus den Geschichtsbüchern zu streichen, weil er ein böser Mensch war. :wink:

> Wiki-Artikel Emil Kirdorf

In Anerkennung all eurer Argumente schlage ich zum Thema "Ehrenbürger Kirdorf" folgende Lösung vor.
http://de.wikipedia.org/wiki/Gelsenkirc ... .C3.BCrger

pito
Abgemeldet

Beitrag von pito »

Top. :up:

Diese Änderung ist ein echter Mehrwert. Dass ER auch Ehrenbürger war wußte ich gar nicht. Aber das war er wohl ich jeder deutschen Stadt. Und in jedem Kegelverein.

Benutzeravatar
Verwaltung
Mitglied der Verwaltung
Beiträge: 10616
Registriert: 02.12.2006, 05:43
Wohnort: Gelsenkirchen

Beitrag von Verwaltung »

erlöser hat geschrieben:Guten morgen mein lieber Karlheinz Rabas und alle anderen, herzlich willkommen zu einem kleinen Abriss über den Nazi Emil Kirdorf

Es ist richtig, dass Kirdorf am 1.4.1933 bereits 86 Jahre alt war und seine "Leistungen für die Industrie im Ruhrgebiet... eindeutig vor der NS-Zeit" liegen, aber es ist falsch so zu tun, als sei in den 11 Jahren bis zum Ableben Kirdorfs in Deutschland nichts schlimmes passiert, mit dem Kirdorf nichts zu tun gehabt hätte und es ist fast schon fatal, die Verantwortung Kirdorfs am Aufstieg Hitlers und der Machtergreifung 1933 mit Verweis auf seine Leistungen für Industrie und Bergbau unter den Teppich zu kehren.

Bei Deinen Äusserungen mein lieber Karlheinz Rabas solltest Du bedenken... dass Emil Kirdorf ein überzeugter Antisemit und Nazi war, dessen Engagement und Freundschaft zu Hitler auf der einen, und dessen Kontakte zur Industrie auf der anderen Seite letztendlich dazu beitrugen, die Nazis an die Macht zu bringen und zwar mit allen Konsequenzen: Abschaffung der Demokratie, Errichtung einer Terrorherrschaft, Schaffung neuen Lebensraums im Osten, Vernichtung von Juden, Ausländern und Randgruppen, Zwangsarbeit, Sklaverei, Krieg...

Gelsenkirchen hatte mehrere Nazis als Ehrenbürger, Adolf Hitler, diverse Gauleiter und eben Emil Kirdorf. Nach 1945 wollte niemand mehr in Deutschland was mit den Nazis zu tun haben oder zu tun gehabt haben. Hitlerplätze und Hitlerstrassen wurden wieder umbenannt, Hakenkreuze und Führerbüsten wurden vom Sockel gekippt, die Bilder des Diktators abgehängt. "Mein Kampf", von dem man sagt, dass es der ungelesenste Bestseller der damailgen Zeit war, verschwand irgendwo tief in den Schubladen oder wurde auf den Müll geschmissen. Durch Stadtverordnetenbeschluss 1945 sind auch die an bekennende Nationalsozialisten verliehenen Ehrenbürgerschaften schnell wieder aberkannt worden. Nur Emil Kirdorfs nicht, was einmal damit zusammen hängt, dass er, im Gegensatz zu den anderen Nazis, seine Ehrenbürgerschaft bereits 1917 erhielt, also nicht erst in der Zeit nationalsozialistischer Herrschaft und seine Rolle als Ruhrgebietspionier, speziell bei der Gelsenkirchener Bergwerks AG den Reaktionär und Nazi Emil Kirdorf in den Schatten stellte.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde es dann still, auch um Kirdorf. Er konnte weder wie Fritz Thyssen eine Rechtfertigung über seine Mittäterschaft in Form eines Buches "I paid Hitler" verfassen, noch konnte ihm, wie Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Hugenberg u.a., vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal der Prozesse gemacht werden, denn er war bereits seit dem 13. Juli 1938 tot.

Das Ruhrgebiet war nach 1945 der treibende Motor, nicht nur in Nachkriegsdeutschland, sondern für ganz Europa. Es war erstmal wichtiger die Kohle aus der Erde zu holen und die Wirtschaft anzukurbeln, als sich mit der Verantwortung des Schlotbarons Kirdorf beim Aufstieg der Nationalsozialisten zu beschäftigen.
Wer aus der Zeit vor 45 Dreck am Stecken hatte, besorgte sich über Bekannte Urkunden oder Zeugenaussagen, um sich mit den sogenannten Persilscheinen den letzten brauen Dreck abzuwischen und eine saubere Weste nachzuweisen. Man schwieg und hielt die Klappe. Zauberwörter waren nicht mehr "Weltherrschaft" oder "Endsieg", sondern Wiederaufbau und Wirtschaftswunder und das Motto war: Schaffe schaffe Häusle bauen. Die NS-Zeit war das grosse Tabuthema in den 50ern, welches erst 20 Jahre später durch die APO wieder auf den Tisch, oder besser auf die deutschen Straße kam...

Etwa zeitgleich 1968 tauchte ein Schriftstück auf mit dem Titel "Der Weg zum Wiederaufstieg", welches die historischen Forschungen über Kirdorf langsam in Gang bringen sollte. Der erste Historiker, der sich damit beschäftigte, war der Amerikaner Henry Ashby Turner. Es handelt sich bei der Schrift um ein 22 Seiten starkes Pamphlet, welches im Verlag Hugo Bruckmann, München, gedruckt wurde - mit "Mein Kampf 1 und 2" wahrscheinlich die einzigen Schrifstücke von Hitler, die zu seinen Lebzeiten in Massendruck gegangen sind. Die Brisanz dieses Schriftstückes liegt darin, dass es zwar von Hitler verfasst aber auf Initiative Kirdorfs geschrieben, von diesem finanziert und auch von ihm selbst an seine Freunde und Bekannten aus der Grossindustrie verteilt wurde ,um Hitler und seiner am wirtschaftlichen Limit lebenden Partei den nötigen fianziellen Backround zu besorgen, bis diese 1933 endlich die Macht an sich reissen konnten.

Kirdorf hatte sich Ende der 20er aus der aktiven Gestaltung von BGAG und des Kohlensyndikat zurückgezogen und seine Freundschaft zu Adolf Hitler begann im stolzen Alter von 80 Jahren, trotzdem darf man nicht glauben, der Mann sei damals alt und senil gewesen und lediglich von Hitler überrannt und benutzt worden. Die Innitialzündung der Freundschaft dieser beiden Männer ging nämlich von Kirdorf aus.

Gehen wir also zurück ins Jahr 1927 und schauen etwas genauer hin:

Kirdorf wurde bei einer Veranstaltung der NSDAP in Essen 1927 auf Hitler aufmerksam. Er war begeistert von dessen Rede und seinen Ansichten und liess über Else Bruckmann, eine gemeinsame Bekannte und Frau des Unternehmers Hugo Bruckmann, in dessen Verlag später auch "Der Weg zum Wiederaufstieg" gedruckt werden sollte, ein Treffen arangieren. Am 4. Juli 1927 kam es dann zur ersten persönlichen Begegnung Kirdorfs mit Hitler, bei dem der Industrielle den Führer der NSDAP bat, seine Gedanken zu Ökonomie und Unternehmertum niederzuschreiben.
Das Verfassen einer neuen Schrift war nötig, weil Hitler in seinem 1924 verfassten Buch "Mein Kampf" die Enteignung der Industrie forderte, um die Arbeiterschaft für sich zu gewinnen. Eine solche Forderung gegenüber Industriellen wäre ähnlich contraproduktiv gewesen, wie die Forderung zur Vernichtung des Judentums, denn nicht jeder Industrielle war wie Kirdorf ein Antisemit und Judenhasser und bis 1933 war das "jüdische Kapital" ein ernstzunehmender Faktor innerhalb der deutschen Wirtschaft.
So schimmert der Antisemitismus in dem Pamphlet auch nur am Rande durch, nämlich als kurze Bemerkung, das internationale Finanzjudentum müsse bekämpft werden.
Ein paar Worte zum Inhalt dieser Schrift:
Statt Enteignen zu wollen, bekennt sich Hitler eindeutig zum Privateigentum.
Die Arbeiterschaft im Reich soll mit Hilfe des Sozialismus in die Volksgemeinschaft eingegliedert werden; Überwindung der Klassengegensätze durch eine sogenannte "Deutsche Einstellung".
Darüber hinaus fordert Hitler in der Broschüre die Schaffung neuen Lebensraums; eine Idee, deren Ursprung - ähnlich wie der Bau der Autobahn, fälschlicherweise immer wieder gerne Hitler zugeordnet wird, deren Wurzeln allerdings in der Weimarer Republik und früher liegen.
Hitlers "Lebensraumprogramm" war damals bereits vorformuliert und existierte schon vor der Gründung der NSDAP bzw. ihrer Vorgängerpartei DAP und zwar als Forderung des Alldeutschen Verbandes, der - man mag es kaum glauben - neben der Gründung des Kohlesyndikats auch eine Gründung des Emil Kirdorfs zusammen mit Hugenberg und anderen Verbrechern ist. Das war am 28.September 1890, knapp 43 Jahre vor der Machtergreifung der Nazis, als Emil Kirdorf noch aktiv die Geschicke des Bergbaus und der Ruhrindustrie lenkte.
Damals war Hitler übrigens gerade mal 11 Jahre alt mein lieber Karheinz Rabas... ;-)

Die Finanzierung des "Wegs zum Wiederaufstieg" übernahm Kirdorf genauso selbstverständlich wie den Vertrieb unter Freunden, Bekannten und einflussreichen finanzstarken Industriellen.

Geld war für die NSDAP damals bitter nötig, denn 1923 hatte Hitler geputscht, die Partei musste aufgelöst werden und das Parteivermögen wurde beschlagnahmt. Hitler wurde in Landshut inhaftiert allerdings vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. 1925 gründete sich die NSDAP neu. Wenn man sich überlegt, mit welchem Aufwand sich die Partei schon vor der Machtergreifung 33 mit Aufmärschen und Fackelzügen effektiv in Szene setze, wenn man bedenkt, dass die SA aufgebaut, ausgebildet, mit Uniformen und Waffen versorgt und ernährt werden musste, wird man sich vorstellen können, dass die Parteikassen ständig leer waren und die NSDAP perment Geld brauchte. Alleine die privaten Aufwändungen Emil Kirdorfs für Hitler belaufen sich auf über 100.000 Reichsmark. Weitaus grössere Finanzspritzen gab es von den Leuten der Deutschen Industrie, bei denen Kirdorf für Hitler die Türe öffnete, allen voran Fritz Thyssen. Höhepunkt dieser Sponsorensuche war das legendäre Treffen am 26. Januar 1932 mit den führenden Köpfen der Deutschen Wirtschaft im Industrieclub Düsseldorf, ein gutes Jahr vor den Reichstagswahlen, bei denen dann alles anders werden sollte und für deren Wahlkampf man ungeheure Mengen Geld brauchte....

Schaut man sich die gängigen Kurzbiographien über Emil Kirdorf an, egal ob in gedruckten Lexika oder im Internet, bei Wikipedia, dem deutschen historischen Museum dhm.de oder auch bei der allseits beliebten route-industriekultur.de, dann wird aus der Nähe Kirdorfs zu Hitler nie ein Hehl gemacht. Es ist von Freundschaft und Unterstützung die Rede, aber auf das gefährliche Gedankengut, die extremen ideologischen Ansätze, welche hinter der Pioniermaske des Emil Kirdorf stecken, gelangt man gar nicht, oder nur über Verlinkungen. So entsteht bei oberflächlicher Betrachtung der Eindruck, dass da nicht viel gewesen ist. Ein bisschen Reaktionär, ein bisschen Nazi vielleicht, aber das war ja damals fast jeder, ausserdem war der Mann schon alt und seine eigentlichen Errungenschaften liegen ganz woanders, nämlich viel früher, im Bergbau und im Ausbau der Ruhrindustrie, bei GBAG und Kohlesyndikat... romantisch verklärendes Ruhrblablabla ;-)
Ich habe jetzt ein wenig polemisisert und möchte an dieser Stelle das Forum nutzen, nicht über die Gründungen von GBAG und rheinisch-westfälischem Kohlesyndikat zu berichten, sondern über zwei weitere Gründungen, an denen Emil Kirdorf entscheidend mitgewirkt hat.

1. Der Alldeutsche Verband ADV, (auch Algemeiner Deutscher Verband oder nur: die Alldeutschen)

Auslöser für die Gründung war die Unterzeichnung des Sansibar-Helgoland-Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und England am 1. Juli 1890, eine Art Tauschgeschäft. Helgoland gehörte den Britten, wurde aber in Blick auf die Rüstungspläne Deutschland - speziell den Aufbau der Marine - als strategisch wichtige Insel vor den Küsten des Reiches in der Nordsee immer interessanter, so dass man in einem Deal die bis dahin deutsche Insel Sansibar gegen die britische Insel Helgoland tauschte. Dies führte zur Empörung vieler national gesinnter Köpfe, die die deutschen Kolonialinteressen nicht zu genüge vertreten sahen. Als Reaktion gründeten Kirdorf, Hugenberg und andere am 28. September 1890 die Alldeutschen, später unbenannt in Alldeutschen Verband. Man verstand sich als sogenannter "Agitationsverband", der sich zur Aufgabe machte, finanziell und ideologisch auf die Politik Einfluss zu nehmen. Kirdorfs Alldeutscher Verband wünschte sich den Ausbau der Kriegsflotte in Hinblick auf eine imperialistische Kolonialexpansion. Für das Deutschtum im Ausland sollte gekämpft werden unter Berücksichtigung des Rassegedankens und man forderte "die Zusammenfassung aller deutschen Elemente auf der Erde". Der Alldeutsche Verband entwickelte sich extrem antisemitisch und vertrat ein Deutschtum auf dem Boden des Rassegedanken. Weiterhin forderte man immer wieder die Bekämpfung von Reichsfeinden und Minderheiten. Der Alldeutsche Verband, ist - im Gegensatz zu den meisten Vereinen und Verbänden nach 1933 - aufgrund der NSDAP-nahen Ideologie und durch Kirdorf als eine seine Gallionsfiguren von den Nazis weder verboten worden, noch der Gleichschaltung zum Opfer gefallen und existierte bis 1939, also noch knapp 2 Jahre über den Tod Kirdorfs hinaus.

Übrigens: Die Gründung der DAP 1919, die sich am 24. Februar 1920 in NSDAP umbenannte, geht u.a. auf Anton Drexler, einem ehemaligen Werkzeugschlosser bei den königlich Bayerischen Staatsbahn-Centralwerkstätte in München, zurück und zwar auf Initiative seines damaligen Mentors Dr. Paul Tafel, Direktoriumsmitglied der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg und Vorstandsmitglied des Bayerischen Industriellenverbandes. Aber Tafel war noch mehr, nämlich Spitzenfunktionär in Kirdorfs Alldeutschen Verband!...

2.Der Wirtschaftsverereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte

Ich möchte noch auf eine zweite Gründung eingehen, bei der Emil Kirdorf entscheidend beteiligt war und die für den Aufstieg und die Machtergreifung der Nazis eine grosse Rolle gespielt hat und zwar auf die "Wirtschaftsverereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte", einem verborgen arbeitenden Zirkel von 12 Personen aus der Schwerindustrie. Mit von der Partie waren: Albert Vögler - späterer Direktor des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats, Hermann Winkhaus - Generaldirektor des Köln-Neuessener Bergwerkvereins, Franz Heinrich Witthoefft, Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank, Freiherr von und zu Löwenstein - Geschäftsführer des Vereins für die bergbaulichen Interessen, Eugen Wiskott - sein Stellvertreter und neben einigen anderen natürlich Emil Kirdorf und Alfred Hugenberg, der auch schon bei der Gründung der Alldeutschen Hand in Hand mit Kirdorf arbeitete und der von der jetzt zu gründenden Vereinigung am stärksten profitieren sollte. Die Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte verstand sich als eine Reaktion von Rechts auf die Novemberrevolution.
Durch die Ereignisse im November begann nämlich der Umwandlungsprozess des monarchischen Kaiserreiches zur Demokratie der damaligen Weimarer Republik, derer man mit aller Kraft entgegen wirken wollte. Man wollte nicht nur die Interessen der Schwerindustrie vertreten, sondern darüber hinaus einen national gesinnten Presse- und Propagandaapparat aufbauen. Es entstand der Hugenbergkonzern mit der Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte als dessen Dachgesellschaft. Ausgestattet wurde der Hugenbergkonzern mit 33.329.401 Mark, bereitgestellt von der Friedrich Krupp AG, der Gesenkirchener Bergwerks-AG, dem Zechenverband, der Phoenix AG für Bergbau und Hüttenbetrieb, der Hugo Stinnes GmbH und dem Rheinisch-Westfälisches Kohlensyndikat. Mit dieser ungeheuren Summe baute Alfred Hugenberg, von 1909 bis 1918 Vorsitzender des Direktoriums des Finanzwesen der Firma Krupp, ein Medienimperium auf, das zu dieser Zeit seines gleichen sucht. Hugenberg, Mitglied der rechtsnationalen DNVP gilt als Anhänger des sogenannten Pangermanismus (einer enthnisch begründeten Bewegung) und des Germanisierungsgedankens, der vorsah, die ausserhalb des Reiches lebenden Deutschen in selbiges zu holen, bzw. den Fremdvölkern den germanischen Gedanken aufzuzwingen oder sie zu verdrängen und zu beseitigen. Das schnell wachsende Medienimperium kaufte immer mehr Zeitungen und Verlage auf, mit Vorliebe die des Scherl Konzerns, die seinerzeit die auflagenstärksten Printmedien im Reich gewesen sind, desweiteren die Telegraphenunion, 1927 dann schliesslich die Ufa, die Hugenberg von da an als Aufsichtsratsvorsitzender kontrollierte. Die anderen 11 Herren der "Wirtschaftsvereinigung zur Förderung der geistigen Wiederaufbaukräfte", unter ihnen Emil Kirdorf, blieben stillschweigend im Hintergrund, hatten aber die Fäden weiter in der Hand.
Das hugenbergsche Medienimperium war das grösste in der Weimarer Republik und eines der effiktivsten Propagandamittel, erst der DNVP, die sich 1933 mit dem Frontsoldatenbund "Stahlhelm" zur "Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" zusammenschloss, später auch der NSDAP, alle mit dem Ziel, die Republik abzuschaffen und eine nationale Diktatur zu errichten. Mit der Machtergreifung 1933 werden Ufa und die anderen Medien schliesslich dem Porpagandaministerium Joseph Goebbels zur Verfügung gestellt.

Emil Kirdorf hat am 13. Juli 1938 in Mülheim an der Ruhr das Zeitliche gesegnet. Er war gern gesehener Gast bei Hitler, wurde auf die Reichsparteitage als Ehrengast geladen und umgekehrt revanchierte sich Hitler mit Besuchen auf Kirdorfs Streihof in Mülheim a.d. Ruhr, das letzte mal zu dessen 90. Geburtstag, bei dem er ihn jedesmal mit pompösen Fackelzügen ehrte. Auch bei den Trauerfeiern auf Rheinelbe war er zugegen.
Den zweiten Weltkrieg hat Kirdorf nicht mehr miterlebt, für viele ein Grund, in der Beziehung zu Hitler eine reine Männerfreundschaft zu sehen und sich nicht weiter mit dem Nazi Kirdorf auseinanderzusetzen. Kirdorf selbst hat diesen Krieg immer gewollt und alles dafür getan, dass er geführt wird, indem er Hitler und seine Schergen mit den nötigen fiananziellen Mitteln ausstatte und alle Gelegenheiten nutze, ihn bei der Deutschen Industrie salonfähig zu machen.

Die Stadt Gelsenkirchen hat sich mit Kirdorfs brauner Vergangenheit auseinandergesetzt und ihm mit Ratsbeschluss vom 8. September 1989 post hum die Ehrenbürgerschaft wieder aberkannt. Zu diesem Zeichen kann man nur gratulieren.


Quellen:
Henry Ashby Turner: Faschismus und Kapitalismus in Deutschland. Göttingen 1972

Wer sich eingehender mit der Verstrickung Deutscher Industrieller mit dem Naziregime beschäftigen möchte, dem empfehle ich folgendes Buch:
Wolfgang Zdral:"Der finanzierte Aufstieg des Adolf H." 2002 erschienen bei Ueberreuter

wer sich online in die Materie einlesen möchte, dem empfehle ich den Bericht von Ursula Seiler: Wer finanzierte Hitler?
http://sauber.50webs.com/kapital/index.html

die von mir benannten Kurzbiographien über Kirdorf:
bei Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Kirdorf
Deutsches Historisches Museum:
http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/ ... index.html
Route Industriekultur:
http://www.route-industriekultur.de/ges ... ?a_kir.htm

Ich wünsche Dir, mein lieber Karlheinz Rabas und allen anderen eine gute Nacht

Johannes
.

GELSENZENTRUM
Abgemeldet

Totenfeier für Kirdorf

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Die Trauerfeierlichkeiten zur Beisetzung von Emil Kirdorfs
- Von den Nationalsozialisten zu einer bombastischen Trauer- und Beisetzungsfeier aufgebläht

Im April 1938 führte die Stadt Gelsenkirchen das "Goldene Buch" ein, erster Eintrag: Geheimrat Emil Kirdorf. Wenige Monate später, am 13. Juli, starb Kirdorf, der auch Ehrenbürger der Stadt Gelsenkirchen war, völlig unerwartet in Mühlheim/Ruhr.
Bild
Emil Kirdorf

Die zentrale Trauerfeier fand auf der Zeche Rhein-Elbe in Gelsenkirchen-Ückendorf statt. Kirdorf hatte von dort aus seine Tätigkeit als Generaldirektor der GBAG wahrgenommen. Zwei Tage lang, am 14. und 15. Juli wurde in den Gelsenkirchener Zeitungen fast ausschließlich über den Tod Kirdorfs berichtet.
Bild
Der Sarg wird vom Trauerzug begleitet

Der "Nestor des deutschen Bergbaus" - so wurde Emil Kirdorf von der NS-Presse genannt, wurde in der Halle der Zeche Rheinelbe aufgebahrt. Das bot nicht nur der Stadt Gelsenkirchen, sondern auch dem NSDAP-Gau Westfalen-Nord die Möglichkeit, eine Totenfeier besonderer Art zu inszenieren. Von dieser Totenfeier erhoffte man sich eine enorme Propagandawirkung. So wurde dann auch das gigantomanische Feierszenario am 15. Juli groß in der Presse angeküngigt.

Die Gelsenkirchener Allgemeine Zeitung schrieb am 15. Juli 1938:
"Vom Beginn der Rheinelbestraße an der Bochumer Straße bis zum Haupteingang des Verwaltungsgebäudes (...) sind links und rechts über 60 Pylonen aufgestellt (...) Durch diese Reihe von goldenen Hoheitszeichen der Bewegung wird der Tote seine letzte Fahrt machen zur Festhalle der Schachtanlage Rheinelbe. Der Weg vom Haupteingang bis zur Halle und das ganze umgebende Zechengelände sind mit weit über 50 mächtigen Fahnenmasten ausgerüstet, an denen im Laufe des heutigen Tages die Fahnen auf halbmast gesetzt werden. Die Halle selbst, in der der große Tote Sonnabendmorgens aufgebahrt werden wird, erhält die würdigste Ausschmückung. Die Wände werden Schwarz und mit den Fahnen der Bewegung sowie mit dem Symbolen der Arbeit ausgeschlagen und ausgestattet. In diesem würdig und feierlich geschmückten Raum werden die
Lebenden zum letzten Male Abschied nehmen von dem toten Wirtschaftsführer und nationalsozialistischen Altgardisten."
Bild
Pylone säumen die Straße

Bild
Der Donaubote erwähnt am 19. Juli 1938 die Beisetzung von Emil Kirdorf

Die Beisetzung Kirdorfs wird instrumentalisiert und - ganz Sinne der Nazipropaganda - zur "Huldigung" an den Führer benutzt. Es gab immer noch den eigentlichen Anlass, die Beisetzung Kirdorfs, im Mittelpunkt stand jetzt jedoch viel stärker die Tatsache, dass Hitler zum ersten (und auch einzigen) Mal Gelsenkirchen besuchte.
Bild
Der Trauerzug

An der überdimensionalen Trauerfeier nahm Hitler persönlich teil, an dem anschließenden Trauerzug durch die Gelsenkirchener Innenstadt nahm er nicht mehr teil. Der Sarg wurde von Himmler, Gauleiter Alfred Meyer und weiteren "Größen" des Regimes und Scharen von SA-Leuten begleitet. Himmler und die Naziführung drohte damit, das Stadtzentrum zu verwüsten, "weil sich dort so viele Jüdische Geschäfte befinden."
( Anmerkung: Gauleiter Alfred Meyer war einer von insgesamt 15 Teilnehmern an der so genannten "Wannsee-Konferenz" am 20. Januar 1942. Die nach ihrem Tagungsort benannte Konferenz hatte die bürokratische Regelung des Völkermordes an den Juden zum Ziel .)

Bild
Hitler in Gelsenkirchen

Das ist zu dem damaligen Zeitpunkt nicht passiert, doch am 9. November 1938 sollte diese Drohung wahr werden: In ganz Deutschland wurden in der so genannten "Reichskristallnacht" die Synagogen in Brand gesteckt. Etwa 7.500 Wohnungen und Geschäfte von Menschen jüdischen Glaubens werden zerstört, es kommt überall in Deutschland zu Übergriffen gegen Juden. Mehrere hundert Menschen verlieren ihr Leben. Direkt im Anschluss an die Zerstörungen begann am 10. November gegen vier Uhr morgens die befohlene Inhaftierung von etwa 30.000 männlichen, meist jüngeren und wohlhabenderen Juden. Sie wurden in den Tagen darauf von Gestapo und SS in die drei deutschen Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen verschleppt.

Siehe auch: Macht der Propaganda oder Propaganda der Macht? von Heinz Jürgen Priamus / Stefan Goch. Erschienen 1992 im Verlag Klartext. ISBN 3-88474-024-5
Zuletzt geändert von GELSENZENTRUM am 25.11.2007, 11:51, insgesamt 1-mal geändert.

Karlheinz Rabas
Beiträge: 1557
Registriert: 26.11.2006, 12:45
Wohnort: Gelsenkirchen

Beitrag von Karlheinz Rabas »

Da ich gerade dabei bin. Zum Thema Ehrenbürger in Gelsenkirchen:

Wie die Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit dem Thema umgehen, konnte man zum 125jährigen Jubiläum der Stadt im Hans-Sachs-Haus sehen. Das nachstehende Foto habe ich dort aufgenommen.

Bild

Karlheinz Rabas
Jeden Dienstag von 17.00 bis 19.00 Uhr sind
Besucher bei uns im Stadtteilarchiv Rotthausen, Mozartstraße 9, herzlich willkommen 10.000 Fotos zu Rotthausen und mehr

GELSENZENTRUM
Abgemeldet

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Karlheinz Rabas hat geschrieben:Da ich gerade dabei bin. Zum Thema Ehrenbürger in Gelsenkirchen:

Wie die Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit dem Thema umgehen, konnte man zum 125jährigen Jubiläum der Stadt im Hans-Sachs-Haus sehen. Das nachstehende Foto habe ich dort aufgenommen.

Bild

Karlheinz Rabas
Hallo Karlheinz, ich hätte ja gerne gelesen, was auf der Tafel zum Thema Ehrenbürger draufsteht, es ist nicht zu erkennen, auch nicht in der Vergrößerung.

Karlheinz Rabas
Beiträge: 1557
Registriert: 26.11.2006, 12:45
Wohnort: Gelsenkirchen

Beitrag von Karlheinz Rabas »

Andreas,

wenn ich ds Bild größer mache, kann ich es leider nicht mehr hochladen.

Auf der linken Seite der Ehrenbürger ist Emil Kirdorf aufgeführt!

Karlheinz Rabas
Jeden Dienstag von 17.00 bis 19.00 Uhr sind
Besucher bei uns im Stadtteilarchiv Rotthausen, Mozartstraße 9, herzlich willkommen 10.000 Fotos zu Rotthausen und mehr

GELSENZENTRUM
Abgemeldet

Ehrenbürgerschaft Kirdorf

Beitrag von GELSENZENTRUM »

Karlheinz Rabas hat geschrieben:Andreas,

wenn ich ds Bild größer mache, kann ich es leider nicht mehr hochladen.

Auf der linken Seite der Ehrenbürger ist Emil Kirdorf aufgeführt!

Karlheinz Rabas

Danke für die Info, Karlheinz.


Im Jahre 1875 wurden der Stadt Gelsenkirchen die Stadtrechte verliehen. Das heißt, eigentlich nur einem Teil der Stadt, die heute diesen Namen trägt - und zwar der "Landgemeinde Gelsenkirchen", seit 1868 Verwaltungssitz und Hauptort des Amtes Gelsenkirchen: "Auf den Bericht vom 22. November d.Js. will Ich der im Kreise Bochum belegenen Gemeinde Gelsenkirchen die Städte-Ordnung für die Provinz Westfalen vom 19. März 1856 hiermit verleihen und zugleich genehmigen, dass die genannte Gemeinde fortan auf dem Provinzial-Landtag von Westfalen im Stande der Städte vertreten werde", verfügte am 29. November 1875 Wilhelm I., König von Preußen. Die neue Stadt Gelsenkirchen, zu jenem Zeitpunkt wenig mehr als 11.000 Einwohner zählend, war geschaffen!
Quelle: http://www.gelsenkirchen.de/Touristik/S ... hichte.asp

Wenn ich also richtig rechne: 1875 wurden Gelsenkirchen die Stadtrechte verliehen, dann war 2000 das 125-jährige. Die Ehrenbürgerschaft wurde Kirdorf durch Ratsbeschluß bereits am 8.9.1989 aberkannt. :wink:

Sei's drum, ich liebe diese Stadt!

erloeser
Abgemeldet

Karikaturen zur deutschen Industrie in der A.I.Z

Beitrag von erloeser »

Die Verstrickungen der Deutschen Industrie mit dem Hitleregime waren übrigens kein Geheimnis, das erst nach 1945 ans Tageslicht kam. Bereits vor der Machtergreifung 1933 waren sie bekannt wie folgende Bilder veranschaulichen.

Die Karrikaturen stammen aus der A.I.Z., einer Art Wochenzeitung des kommunistischen Verlegers Willi Münzenberg. Sie erschien zwischen 1921 und 1938 und wurde erst in Berlin, nach der Machtergreifung dann in Prag verlegt.
Bekannteste Mitarbeiter waren Maxim Gorki, Käthe Kollwitz, George Bernhard Shaw u.a.

Die Titelblätter dieser Zeitschrift zierten oft Werke des Graphikers und Malers John Heartfield, auch bekannt als Helmut Herzfeld. Er gilt als Meister der Fotomontage
Bild
"Sinn des Hitlergrusses - Millionen stehen hinter mir - Kleiner Mann bittet um grosse Gaben " A.I.Z. vom 19.10.1932
Bild
"Werkzeug in Gottes Hand? - Spielzeug in Thyssens Hand"
Bild
"Adolf the Superman"

Wer bei diesen Bildern schmunzeln muss oder sich für weitere Arbeiten von John Heartfield interessiert, empfehle ich folgende pdf.Datei im Internet:
http://www.edlund-books.com/Heartfield1.pdf

Antworten