Pazifisten und Waffen

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zuzu
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Pazifisten und Waffen

Beitrag von zuzu »

Pazifisten und Waffen
Es ging um eine Spendenaktion, die von der Taz initiiert wurde. Mit den Spenden sollten Waffen gekauft werden, damit die Guerilla das Land von Duarte befreien konnte. Als pazifistische Gruppe haben wir in der Aktion gegen Krieg mitgemacht. Was für ein Widerspruch! Ich hielt es damals für richtig, weiß es heute aber nicht mehr so richtig...

Debray
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Re: Pazifisten und Waffen

Beitrag von Debray »

zuzu hat geschrieben:Es ging um eine Spendenaktion, die von der Taz initiiert wurde. Mit den Spenden sollten Waffen gekauft werden, damit die Guerilla das Land von Duarte befreien konnte. Als pazifistische Gruppe haben wir in der Aktion gegen Krieg mitgemacht. Was für ein Widerspruch! Ich hielt es damals für richtig, weiß es heute aber nicht mehr so richtig...

Wenn du das so genau nicht weisst - na dann mach dich bitte sachkundig!

1980 gründete sich in den Räumen des "Sozialen Friedensdienst" (SFD) die "El Salvador Initiative Gelsenkirchen". Die El Salvador Initiative unterstützte sowohl den politischen Kampf der FDR als auch dessen militärischen Arm, die FMLN.
Wochenlange Diskussionen darüber, ob man als Christ & Pazifist den bewaffneten Befreiungskampf gegen eine Militärjunta unterstützen kann führte dazu das wir STETS getrennte Spendendosen aufstellten und alle Besucher der Veranstaltungen und Informationsstände selbst entscheiden konnten wohin ihre Spendengelder überwiesen werden sollten.

Hafenjunge
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Beitrag von Hafenjunge »

Friede den Waffen
Die „taz“-Spendenaktion „Waffen für El Salvador“ war vom ersten Tag an umstritten. Von den Kirchen über die Unis bis zur „taz“-Redaktion wurde heiß diskutiert: Geld für Waffen für den Befreiungskampf zu sammeln, ist das legitim, ethisch und politisch zu vertreten? Ich fand: ja. In El Salvador versuchte die Militärregierung mit USA-Unterstützung die Opposition zu vernichten; als ein fortschrittlicher Erzbischof vor dem Altar in seiner Kirche erschossen wurde, sagten wir: Es reicht! Nach elf Jahren, am 20.1.1992, wurde die Kampagne beendet, 4,7 Millionen Mark waren zusammengekommen. Zur Geldübergabe flog immer einer von uns rüber, mit 200 000 Dollar in Plastiktüten. Die Commandantes von vier Guerillagruppen zählten Schein für Schein und quittierten per Unterschrift. Ich glaube übrigens nicht, dass mit dem Geld Waffen gekauft wurden. Aber die Aktion „Mullbinden für El Salvador“ wäre keine gesellschaftliche Provokation gewesen.


Hier ein Beitrag von MdB und taz-Ikone Christian Ströbele aus dem Berliner Tagesspiegel vom 16.04.2004 aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der taz. Er drückt rückblickend mit ironischer Milde die Spannbreite der damaligen Diskussion aus, aber auch die Berechtigung, das auch Jahre später wieder anzusprechen. Ich bin selbst Genossenschaftsmitglied und Abonnent der taz.

pito
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Beitrag von pito »

Hafenjunge hat geschrieben:In El Salvador versuchte die Militärregierung mit USA-Unterstützung die Opposition zu vernichten
Aha. Dann wurde also die eine Seite von der USA und die andere von der TAZ bezahlt? Was wäre nun gewesen, wenn keiner von beiden ... Gedankenspiele. ;-)

Debray
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Beitrag von Debray »

Hafenjunge hat geschrieben:Friede den Waffen
Die „taz“-Spendenaktion „Waffen für El Salvador“ war vom ersten Tag an umstritten. Von den Kirchen über die Unis bis zur „taz“-Redaktion wurde heiß diskutiert: Geld für Waffen für den Befreiungskampf zu sammeln, ist das legitim, ethisch und politisch zu vertreten? Ich fand: ja. In El Salvador versuchte die Militärregierung mit USA-Unterstützung die Opposition zu vernichten; als ein fortschrittlicher Erzbischof vor dem Altar in seiner Kirche erschossen wurde, sagten wir: Es reicht! Nach elf Jahren, am 20.1.1992, wurde die Kampagne beendet, 4,7 Millionen Mark waren zusammengekommen. Zur Geldübergabe flog immer einer von uns rüber, mit 200 000 Dollar in Plastiktüten. Die Commandantes von vier Guerillagruppen zählten Schein für Schein und quittierten per Unterschrift. Ich glaube übrigens nicht, dass mit dem Geld Waffen gekauft wurden. Aber die Aktion „Mullbinden für El Salvador“ wäre keine gesellschaftliche Provokation gewesen.


Hier ein Beitrag von MdB und taz-Ikone Christian Ströbele aus dem Berliner Tagesspiegel vom 16.04.2004 aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der taz. Er drückt rückblickend mit ironischer Milde die Spannbreite der damaligen Diskussion aus, aber auch die Berechtigung, das auch Jahre später wieder anzusprechen. Ich bin selbst Genossenschaftsmitglied und Abonnent der taz.
Was C.Ströbele glaubt oder nicht ist mir sehr unwichtig.
Die El Salvador Initiative Gelsenkirchen war ein kleiner Teil einer grossen internationalen Solidargemeinschaft und es gab bundesweite Kontakte zur FDR/FMLN. Daher war gerade aus erster Quelle bekannt wohin die Gelder direkt geflossen sind.

Debray
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Beitrag von Debray »

pito hat geschrieben:
Hafenjunge hat geschrieben:In El Salvador versuchte die Militärregierung mit USA-Unterstützung die Opposition zu vernichten
Aha. Dann wurde also die eine Seite von der USA und die andere von der TAZ bezahlt? Was wäre nun gewesen, wenn keiner von beiden ... Gedankenspiele. ;-)
... dann spiel mal diese Gedankenspiele konsequent zuende und das Staatsgebiet der USA gehörte immer noch den indigenen Völkern Nordamerikas :wink:

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Benzin-Depot
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Beitrag von Benzin-Depot »

Debray hat geschrieben: ... dann spiel mal diese Gedankenspiele konsequent zuende und das Staatsgebiet der USA gehörte immer noch den indigenen Völkern Nordamerikas :wink:
...und das fändest du auch wiederum nicht gut - oder was möchtest Du uns mit Deiner Einlassung mitteilen ? :P
„Die Menschen", sagte der Fuchs, „die haben Gewehre und schießen. Das ist sehr lästig.“
(Antoine de Saint-Exupéry / aus "Der kleine Prinz")

Debray
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Beitrag von Debray »

Benzin-Depot hat geschrieben:
Debray hat geschrieben: ... dann spiel mal diese Gedankenspiele konsequent zuende und das Staatsgebiet der USA gehörte immer noch den indigenen Völkern Nordamerikas :wink:
...und das fändest du auch wiederum nicht gut - oder was möchtest Du uns mit Deiner Einlassung mitteilen ? :P
Ich bin verantwortlich für das was ich schreibe, nicht für das was du verstehen willst!

... mein Vorredner schrieb von Gedankenspielen :roll:

Hafenjunge
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Geduld

Beitrag von Hafenjunge »

Ich wollte nur den Beitrag von zuzu aufnehmen. Wie denken Menschen, die irgendwie und irgendwo etwas von "Waffen für El Salvador" mitbekommen haben, heute darüber. Ich habe Nicaragua-Kaffee "Sandinos Dröhnung" finanziell unterstützt, war aber beim Thema "Waffen" nicht dabei. Debray war dabei und seine Berichte aus Gelsenkirchen sind echt spannend (wenn er vieleicht noch die [Ironie]Dröhnung[/Ironie] rausnehmen könnte?).

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zuzu
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Re: Pazifisten und Waffen

Beitrag von zuzu »

Debray hat geschrieben:
zuzu hat geschrieben:Es ging um eine Spendenaktion, die von der Taz initiiert wurde. Mit den Spenden sollten Waffen gekauft werden, damit die Guerilla das Land von Duarte befreien konnte. Als pazifistische Gruppe haben wir in der Aktion gegen Krieg mitgemacht. Was für ein Widerspruch! Ich hielt es damals für richtig, weiß es heute aber nicht mehr so richtig...

Wenn du das so genau nicht weisst - na dann mach dich bitte sachkundig!

1980 gründete sich in den Räumen des "Sozialen Friedensdienst" (SFD) die "El Salvador Initiative Gelsenkirchen". Die El Salvador Initiative unterstützte sowohl den politischen Kampf der FDR als auch dessen militärischen Arm, die FMLN.
Wochenlange Diskussionen darüber, ob man als Christ & Pazifist den bewaffneten Befreiungskampf gegen eine Militärjunta unterstützen kann führte dazu das wir STETS getrennte Spendendosen aufstellten und alle Besucher der Veranstaltungen und Informationsstände selbst entscheiden konnten wohin ihre Spendengelder überwiesen werden sollten.
Ich muss mich nicht von dir belehren lassen!
Wenn ich meine: Ich weiß es heute nicht mehr so richtig, dann meine ich, dass ich nicht weiß, wie ich heute entscheiden würde und ob es damals richtig war. Und fertig. Da brauche ich keinen, der mir die Welt erklären will! :evil:
Zuzu

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Benzin-Depot
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Beitrag von Benzin-Depot »

Debray hat geschrieben: ... dann spiel mal diese Gedankenspiele konsequent zuende und das Staatsgebiet der USA gehörte immer noch den indigenen Völkern Nordamerikas :wink:
Benzin-Depot hat geschrieben:...und das fändest du auch wiederum nicht gut - oder was möchtest Du uns mit Deiner Einlassung mitteilen ? :P
Debray hat geschrieben:Ich bin verantwortlich für das was ich schreibe, nicht für das was du verstehen willst!

... mein Vorredner schrieb von Gedankenspielen :roll:
@Debray: Entschuldigung, dass ich Dich missverstanden hatte, Du bist selbstverständlich dafür in keiner Weise verantwortlich.


...dann findest Du es also doch gut :ja: .
„Die Menschen", sagte der Fuchs, „die haben Gewehre und schießen. Das ist sehr lästig.“
(Antoine de Saint-Exupéry / aus "Der kleine Prinz")

Pallor
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Beitrag von Pallor »

Ich weiß nicht was ihr in den 80er gemacht habt, aber ich bin klar gegen Krieg.

Trotzdem kaufe ich zapatistischen Kaffee, und unterstütze die EZLN.
Das ist eine Politische und Paramilitärische Gruppe die sich mit Indigenen in Mexiko
einen Freiraum erkämpft haben.

Die brauchen schlicht Geld und Waffen um dort gegen das Militär zu überstehen.

Gewalt hasse ich wie die Pest, aber muss akzeptieren das wir in einer Gewaltförmigen
Gesellschaft leben und gestehe daher den Unterdrückten immer das Recht zu auch
mit Waffen sich zu befreien.
Wohingegen ich den Unterdrückern das Recht niemals zusprechen würde, daher ist Krieg
etwas anderes als ein Bürgerkrieg.

Paul

Mark
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Wohnort: ehemals GE-Resse, den jetzigen sag ich lieber nicht

Beitrag von Mark »

Puh, das ist schon ganz schön hart:

da sind also Menschen gegen Krieg und das Töten, finanzieren aber Waffen für Unterdrückte. Natürlich ein Widerspruch.

Um hie reine gescheite Aussage machen zu können, muss man sich in die Lage der Unterdrücker sowie der Unterdrückten versetzen können. Da kommen allerhand Fragen auf, die wohl keiner so richtig beantworten kann. Im Extremfall kann sich auch nur eine kleine Bürgeruppe unterdrückt fühlen und der Rest der Bevölkerung lebt eigentlich glücklich und zufrieden. Und die kleine Gruppe schiesst dann wild um sich für ein freies Land.

Diese Aussage soll nicht provokativ sein, sondern ist nur ein Gedankenspiel !

Das man solche Sachen anders lösen kann, hat die friedliche Revolution in Deutschland gezeigt, als die alten SED-Bonzen und damit der Sozialismus und das kommunistische Brudervolk vor die Tür gesetzt wurden. Niemand wollte sich mehr von diesen alten Bonzen unterdrücken lassen. Das Schöne ist, es ist kein Schuss gefallen, auch wenn die SED die Volkspolizei hat auffahren lassen.

Geld für Waffen zu "spenden" - das ist schon hart und meiner Meinung nach vollkommen falsch. Denn jede Waffe kann einen Menschen töten. Auch ein Mensch auf Seiten der "Unterdrücker" hat einen Vater, eine Mutter, Kinder. Da wird er einfach umgeballert, weil er zufällig seinen Job macht.

Mir fehlt hier natürlich die Sichtweise, wer wo unterdrückt wurde, obs die gesamte Bevölkerung war oder nur ein Teil unterdrückt wurde. Warum die Sache nicht anders gelöst werden konnte etc.

Nur über eines sollte man sich klar sein: jeder, der nur einen Pfennig gespendet hat, ist höchstwahrscheinlich für den Tod eines Menschenlebens verantwortlich und hat Blut an den Händen kleben, egal obs ein Guter oder ein Böser war.
Intellektuelle können über alles reden, aber nur wenige Intellektuelle können wirklich etwas machen.
-Helmut Schmidt- (und recht hat er!)

DThamm
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Beitrag von DThamm »

Pallor
Ich weiß nicht was ihr in den 80er gemacht habt, aber ich bin klar gegen Krieg.
Ich habe in den 80er Päckchen in die DDR geschickt, war aber auch gegen Krieg.

Pallor
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Beitrag von Pallor »

Das schöne ist eben Menschenrechte sind nicht teilbar, und selbst wenn nur 5% der Bevölkerung unterdrückt werden und eben keine andere Möglichkeit hat, sehe ich es als
legitim an das sie sich mit anderen Dingen wehrt.

Gerade die Indigenen Bevölkerungen in Amerika sind da ein sehr gutes Beispiel,
von den ersten Conquestadores bis zu heutigen Ghettos.
Kolonien oder Halbkolonien sind ebenso da ein gutes Beispiel für.

Wenn diesen Menschen keiner Hilft, sie keine Demokratie haben, und die Welt zu sieht
dann haben sie das Recht sich zu wehren.
Und dabei ist wehren etwas anderes als Familien oder sonst was zu töten.

Stirbt aber ein Angreifender Soldat, der Kinder oder Eltern hatte, so ist dies sicherlich
nicht das Problem der Angegriffenden!

Internationale Solidarität fängt bei Unterstütung, Aufmerksamkeit, Brot, Wissen etc. an, darf aber wenn es hart auf hart kommt eben nicht bei Lebenswichtigen Gütern stehen bleiben wie z.b. Waffen.

Wobei ich hier explizit sage, das dies kein Konzept für eine bürgerliche Demokratie ist.
In Deutschland braucht erstmal kein Widerstand Waffen!!!
Da kann es andere Zeiten geben, aber das ist ja auch im GG schon berücksichtigt( §20 - 4)

Paul

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