Am Tag als Conny Kramer starb

Kirchen-Subkultur an der Middelicher Straße

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Heinz
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Am Tag als Conny Kramer starb

Beitrag von Heinz »

Tempel, so nannte sich der runde Veranstaltungsbereich unter der Kirche Cranger Straße (oder Middelicher?).
Ein Hort der Kultur: Die Igel = Kriegsdienstverweigererkabarett aus Münster, Fiedel Michel Folk-Musiker, die Wühlmäuse fallen mir ein - oder war das in der Frauenbildungsanstalt?
Die Wühlmäuse - linksradikales FDP Kabarett mit Diddi Hallervorden. Der war richtig gut. Anfang der 70ziger gehörte es zum guten Ton, dass das Publikum die Vorstellung an beliebiger Stelle unterbrach, um die Texte oder Darbietungen ausführlich zu ventilieren. Hallervorden wurde schon damals vorgeworfen, neben ernsthaftem Kabarett auch Dumm-Fernsehen und Doof-Filme zu machen.
"Mit dem Gesicht" sagte er, "bekomme ich keine anderen Rollen"! "Mit der Gage aus den Filmen" sagte er "finanziere ich das Kabarett"!
Der erste, der ultimativ die Diskussionsspässchen während und nach einer Vorstellung verweigerte, war: Franz Josef Degenhard im Hans Sachs Haus.
Juliane Werding - war im Tempel gebucht, bevor sie den Conny Kramer Hit hatte.
Alle wollten hin, um den Auftritt zu stören. Mittlerweile dudelte überall der Hit und viele fanden es als Sakrileg, das Stück - original war es von The Band? Begleitmuasiker von Bob Dylan? so zu verhunzen.
Juliane kam nicht, jedenfalls nicht so lange wie ich da war, ich glaube sie steckte im Stau und ich musste bevor sie eintraf zurück trampen.
Sperrstunden waren früh damals.
Trampen, gibt es auch nicht mehr. 8)

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Verwaltung
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Beitrag von Verwaltung »

Margit hat geschrieben:Hallo,
Juliane war im Tempel. War selbst dabei, Juni
1973. Sie hat Conny Kramer gesungen.
Gruß Margit

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Heinz O.
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Beitrag von Heinz O. »

alles richtig: das Original war von The Band . Titel: The Night They Drove Old Dixie Down .
Zum Hit machte aber Joan Baez den Song.
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Heinz O.
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Beitrag von Heinz O. »

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Matthaeus Kirche in Erle

Margit Kruse
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Juliane Werding

Beitrag von Margit Kruse »

Lieber Heinz,

ich weiß nicht woher Du Deine Kenntnisse hast, aber mir ist nicht bekannt, dass im Tempel "Igel" oder "Wühlmäuse" aufgetreten sind. Im Tempel spielten nur Bands. Da ich einige Meter von der Matthäuskirche entfernt gewohnt habe und in der Gemeide aufgewachsen bin, jahrelang selbst Tempelbesucher war, bin ich da schon ziemlich im Bilde.

Juliane Werding war dort nicht "gebucht". Sie hatte im Juni 73 ( genauen Termin habe ich gerade nicht zur Hand, steht aber alles in meinem Buch) dort im Rahmen eines Drogenprogramms einer Krankenkasse einen Preis überreicht und ihr Conny Kramer gesungen. Nicht "bevor" es ein Hit war, sondern als es schon längst einer war. Es war ein toller friedlicher Auftritt. Sie war pünktlich, steckte in keinem Stau. Mir ist auch nicht bekannt, dass da randaliert werden sollte, weil den Hit vorher schon mal jemand gesungen hat.

Liebe Grüße
Margit

Heinz
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Re: Juliane Werding

Beitrag von Heinz »

Margit Kruse hat geschrieben:ich weiß nicht woher Du Deine Kenntnisse hast, aber mir ist nicht bekannt, dass im Tempel "Igel" oder "Wühlmäuse" aufgetreten sind. Im Tempel spielten nur Bands.
Liebe Margit,
jetzt bin ich nicht sicher.... mit "Igel" und "Wühlmäuse" sind keine Tiere gemeint, sonder Kabarett Gruppen. :shock: Die haben auch gesungen...

Da mein Gedächtnis unglaublich schlecht in Sachen Orte, Zeiten ist, schließe ich nicht aus, dass die "Igel" so wie die "Wühlmäuse" auch, in der Frauenbildungsanstalt aufgetreten sind.
Juliane Werding war dort nicht "gebucht".
Literarisch freie Umschreibung für: hat dort gesungen.
Sie hatte im Juni 73... ihr Conny Kramer gesungen. Nicht "bevor" es ein Hit war, sondern als es schon längst einer war.


Falls sie nicht schon vorher dort einen Auftritt hatte, stimmt deine Schilderung sicherlich:
Wikipedia hat geschrieben:Der musikalische Durchbruch gelang ihr im Frühjahr 1972 mit der Veröffentlichung von Am Tag, als Conny Kramer starb, der deutschen Version des The-Band-Hits The Night They Drove Old Dixie Down (1969) in der Version von Joan Baez (1971). Der Titel erreichte den ersten Platz der deutschen Charts und konnte sich 14 Wochen lang in den Top-Ten halten. Er verkaufte sich über eine Million Mal; das darauffolgende Album In tiefer Trauer 100.000 Mal. Am Ende des Jahres wurde Werding mit der Goldenen Europa der Europawelle Saar und dem goldenen Bravo Otto als beliebteste Sängerin des Jahres ausgezeichnet.
Es war ein toller friedlicher Auftritt. Sie war pünktlich, steckte in keinem Stau. Mir ist auch nicht bekannt, dass da randaliert werden sollte, weil den Hit vorher schon mal jemand gesungen hat.
Wie gesagt, nicht irgendjemand, sondern die auch heute noch weltweit bekannte Ikone Joan Baez und die damals nicht weniger bekannte Gruppe "The Band". Und randaliert hätte bestimmt niemand, man wollte nur Buhhh rufen... hat man aber wohl nicht.

Falls du eine komplette Auftittsliste bzw. Veranstaltungsliste aus der Zeit hast, wäre toll, wenn du die hier einstellen könntest.

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moni53
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Beitrag von moni53 »

Anfang der 70er war ich jeden Sonntag im Tempel
und habe dort mit meinem Mann die ersten näheren Kontakte geknüpft.

Dort spielte oft eine Band- äh ja, wie hieß die noch????
Der Sänger jedenfalls hieß "Gerion"

Meine Lieblingsband war zu der Zeit : TOMCATS,
aber die spielten mehr auf den SMV-Abenden der buerschen Gymnasien..

Moni
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immers04
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Re: Am Tag als Conny Kramer starb

Beitrag von immers04 »

Heinz hat geschrieben: Ein Hort der Kultur: Die Igel = Kriegsdienstverweigererkabarett aus Münster, Fiedel Michel Folk-Musiker, die Wühlmäuse fallen mir ein - oder war das in der Frauenbildungsanstalt? 8)
Wenn Du den Auftritt 1975 in Gelsenkirchen meinst, kann ich Dir weiterhelfen. Der sollte am Abend des 24. April in der Aula der Gertrud-Bäumer-Schule stattfinden, fiel aber wegen der RAF-Botschaftsbesetzung in Stockholm kurzfristig aus.

Dieter Hallervorden erklärte zumindest den Besuchern, daß er es nicht für angemessen halte, an einem solchen Tag mit politischem Kabarett aufzutreten.
Ich möchte mal sagen können: Daß ich das noch erleben darf!

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Heinz O.
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Beitrag von Heinz O. »

moni53 hat geschrieben: Meine Lieblingsband war zu der Zeit : TOMCATS,
aber die spielten mehr auf den SMV-Abenden der buerschen Gymnasien..
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DrMurkes
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Beitrag von DrMurkes »

Heinz erinnert richtig. Die "Igel" Truppe ist im Tempel aufgetreten. Ich habe sie dort gesehen.

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moni53
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Beitrag von moni53 »

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super, danke!

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Heinz O.
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Der Tempel

Beitrag von Heinz O. »

„Der Tempel -die Bandfabrik”
Am 7. November 1960 wird die Evang. Kirche Middelich, Cranger-/ Haunerfeldstraße in Gelsenkirchen eingeweiht.
Die Lobeshymne eines zeitgenössi­schen Berichterstatters: „Man sieht hier am Beispiel der Evang. Kirche, daß man auch in der Architektur nicht neben der Zeit stehen muß. Ihre ge­wagte Architektur ist Ausdruck unse­rer Zeit. Der Turm ragt in erschrek­kender Nacktheit aus Beton empor. Hier hat man Mut gezeigt, Stilgefühl und bewußten Willen zur modernen Architektur. Hierfür zeichnet Städte­planer Dr. Marschal verantwortlich.
Unter der Kirche befindet sich ein Ju­gendheim mit bemerkenswerten Ein­richtungen. Pfarrer Wichmann hat sich mit dem Bau der Kirche Aufga­ben gesetzt, die ihre Lösung an­scheinend im Jugend- und Gemein­desaal im Kellerraum der Kirche findet."
Und um die Jugend hat sich Pfarrer Wichmann besondere Verdienste er­worben. Durch sein großes Verständ­nis für die Jugend gelingt es ihm, mehr und mehr in den Kirchenkeller zu holen. Er gibt ihnen Möglichkei­ten, sich zu entfalten und die Freizeit sinnvoll zu verbringen. Sei es im Fuß­ballverein, Filmclub, Beat-Club, in der Schauspielergruppe oder in der lite­rarischen Werkstatt. Überall zeigt er ein „glückliches Händchen", immer war er Ansprechpartner für Sorgen und Probleme der Jugendlichen.
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Seine 7-jährige Tätigkeit in der Ju­gendarbeit war richtungsweisend für viele andere Jugendheime in Gelsen­kirchen und darüber hinaus. Und richtungsweisend für die Sozialarbeit überhaupt.
Der „Tempel" leitete eine Zeit ein, wo die Jugendheime immer über­voll waren. Sie waren die belieb­testen Treffpunkte der Jugend.
Die größten Magnete waren die Tanz­veranstaltungen am Wochenende. Der Beat begeisterte die Jugend. Und für viele Kapellen war der „Tempel" ein Sprungbrett zu größeren Erfol­gen, wie z.B. bei den „German Blue Flames".
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1968 nimt Pfarrer Wichmann Ab­schied von „seinem Tempel" - Er schreibt in seinem Abschiedsbrief: Ade! Den Lesern des Argus und mit ihnen auch allen Tempelbesuchern sei auf diesem Wege ein herzliches „Adieu" gesagt. Als geistiger Vater des „Tempels" sei mir dieses Ab­schiedswort gestattet.
Der Tempel öffnete seine Pforten vor gut 7 Jahren. Inzwischen ist er weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt geworden. Es gibt wenige Jugendliche, die ihn nicht kennen. Das Jugendheim an der Haunerfeld/ Ecke Cranger-Str. hat wöchentlich ca. 1000 Jugendliche ein Freizeit­angebot machen wollen. Die Jugend-
Tanzveranstaltungen am Wochenende kreierten
namhafte Kapellen, „The German Blue Flames, „The BlackJets" und viele andere.
Der Beat-Club, der Fußballverein, die Schauspielertruppe, die litera­rische Werkstatt, der Filmclub und nicht zuletzt die Reaktion des Argus half mit, dem Tempel sein Gepräge zu geben. Ein wöchentlich gern gesehener Gast war die Studenten­gemeinde. Die Nachmittage gehör­ten den Kindergruppen, die bastel­ten, spielten, sangen und Sport trieben.
Die Bargespräche am Montag schu­fen ein Forum, in dem alle Probleme junger Menschen heiß diskutiert werden konnten.Der Tempel hatte seine Kritiker. Den einen war der Name ein Dorn im Auge. Wer wollte das Älteren ver­übeln, doch werwollte jungen Leuten verbieten, sich in diesem Namen eine Gütemarke zu verschaffen. Anderen war der Tempel zu weltlich, zu wenig auf Kirchenfang aus. Wir meinen, daß die Sache der Kirche für sich selber spricht und sie keine Mausefalle not­wendig hat. Wir meinen das Angebot dieses Jugendheimes hat für die Kir­che mehr getan, als viele frömmelnde Nörgler zu tun im Stande sind. In diesem Jugendheim wurden
u.a. neue Gottesdienstformen entwickelt die junge Leute ansprachen ,die heute
die Kirche meistens ­nur noch von außen sehen.
Die Heime der „offenen Tür", zu denen­
auch dieses Jugendheim ge­hört, setzen sich gerne der Kritik aus, aber sie hätten noch lieber von ihren Kritikern den Beweis geliefert bekom­men, daß sie es besser machen. Wir haben leider vergebens gewartet.
Freunde des Tempels „Adieu"! Der Tempel schließt nicht seine Pforten, der Tempel lebt weiter. Helft den Nachfolgern durch reichlichen Ge­brauch des Tempel-Angebots.
Euer scheidender H. Wichmann, Pfarrer
aus:Wilfried Batke -German Blue Flames- Beat im Ruhrgebiet
Gegen Hass, Hetze und AfD
überalteter Sittenwächter

fred
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Das waren The Divers.Tetty alsSchlagzeuger.

Beitrag von fred »

moni53 hat geschrieben:Anfang der 70er war ich jeden Sonntag im Tempel
und habe dort mit meinem Mann die ersten näheren Kontakte geknüpft.

Dort spielte oft eine Band- äh ja, wie hieß die noch????
Der Sänger jedenfalls hieß "Gerion"

Meine Lieblingsband war zu der Zeit : TOMCATS,
aber die spielten mehr auf den SMV-Abenden der buerschen Gymnasien..

Moni

Kladan
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Tempel

Beitrag von Kladan »

moni53 hat geschrieben:Anfang der 70er war ich jeden Sonntag im Tempel
und habe dort mit meinem Mann die ersten näheren Kontakte geknüpft.

Dort spielte oft eine Band- äh ja, wie hieß die noch????
Der Sänger jedenfalls hieß "Gerion"

Meine Lieblingsband war zu der Zeit : TOMCATS,
aber die spielten mehr auf den SMV-Abenden der buerschen Gymnasien..

Moni

Hallo Moni,

meines Wissens hieß die Band "FrampAm". Da ich mit Gerion selber einige Discos abgehalten hatte, z.B. im Ollenhauer -Haus, Resser Mark, erzählte er oft, wie es zu diesem Namen kam.
Er hatte mal einen tollen amerikanischen Wagen gesehen, konnte aber den Namen nicht so schnell lesen.
Es war ein TransAm, aber er las FrampAm, so kam der Bandname zu Stande.
Die absoluten Stars der damaligen Zeit waren allerdings die "Tomcats", die sich zwischendurch auch mal "Krull" nannten und später so gut wie jeden Sonntag im Tempel spielten.
Montags war dann dort Hitparade, mit Jörg Nagel, dem Schlagzeuger der Truppe.
Lieben Gruß

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Wollang
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Beitrag von Wollang »

Oh Mann oh Mann,
mit Wehmut erinnere ich mich an meine Zeit im Tempel. Das war aber schon in der Frühzeit, so 1961 bis 1964.

Einlass mit Schlangestehen ab 17:00. Musik ab 18:00 Uhr.

Für uns gab es da nur eins: Gitarrenband. 2 Gitarren, ein Bass und Schlagzeug. Der mit der Leadgitarre konnte oft auch mehr oder weniger singen.

Als man versuchte, uns mal eine Band mit !!! Akkordeon !!! unterzujubeln, haben wir gestreikt.

Es war immer knüppeldicke voll und wir haben geschwitzt wie die Affen. Damals trug Mann Anzug oder zumindest Kombination. Zur Not machte man die Krawatten los.

Dass da eine Kirche im Hintergrund war, war für uns nebensächlich. Ich habe auch erst vor 3 Jahren erfahren, wie sie hieß.

Der Tempel, für mich unvergesslich.

Bei meiner Reise durch die Orte meiner Wurzeln war ich 2005 mal wieder da.
http://www.wolfgangkesting.de/wurzeln/tempel.html

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