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Josel
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Beitrag von Josel »

Das Ganze ist handwerklich schlecht gemacht. Gewollt ist doch folgendes: Wenn z.B. irgendein Architekt ein supi-geiles Gebäude baut, dann soll nicht irgendein Papparozzo herkommen dürfen, das Dingen fotografieren, und die Fotografie dann für teueres Geld verkaufen können. Das ist genau der Christo-Reichstag-Fall.

Und wer sich jetzt aufregt: Es gibt aus den Anfangstagen der GG ein tolles Bild, auf dem ein paar GG'ler ein rotes Sofa die Treppe an der Himmelsleiter hinaufschleppen. Mit viel blauem Himmel im Hintergrund. Ein sehr faszinierendes, weil so absurdes Bild. Ich bin mir relativ sicher: Wenn ich das vergrößerte und an geeigneter Stelle in GE feil bieten würde, fänden sich ein paar Käufer. Was würde der GG-Trägerverein da wohl sagen? Er würde (völlig zu Recht!) Amok laufen. Eine GG-Aktion und der Josel macht damit die Kohle! Her damit!

Während das ein ganz klar gewerblicher Fall ist, bleibt alles zwischen ihm und einem Selfie in der Grauzone. Ist es wirklich gewerblich, wenn ich ein Foto vom MIR auf FB einstelle und nicht ich, sondern FB damit Kohle macht, indem Werbung zu sehen ist? Kann ein e.V. wie die GG überhaupt gewerblich handeln? Usw. Das muss man alles definieren. Ohne klare Grenzziehung geht das gar nicht!

J.
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remutus
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Beitrag von remutus »

Genau dieses Bild hatte die WAZ damals veröffentlicht, ohne den Urheber zu fragen oder zu nennen. :veg:

Altstädter
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Beitrag von Altstädter »

remutus hat geschrieben:Genau dieses Bild hatte die WAZ damals veröffentlicht, ohne den Urheber zu fragen oder zu nennen. :veg:
Man hätte der WAZ zeitnah eine Rechnung schicken sollen....

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remutus
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Beitrag von remutus »

Jetzt, wo Du´s sagst... :wink:

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Emscherbruch
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Beitrag von Emscherbruch »

Josel hat geschrieben:Das Ganze ist handwerklich schlecht gemacht. Gewollt ist doch folgendes: Wenn z.B. irgendein Architekt ein supi-geiles Gebäude baut, dann soll nicht irgendein Papparozzo herkommen dürfen, das Dingen fotografieren, und die Fotografie dann für teueres Geld verkaufen können. Das ist genau der Christo-Reichstag-Fall.
Widerspruch, euer Ehren.

Im Christo-Reichstag-Fall ging es um ein zeitlich nur kurz existierendes Kunstwerk, das sich ausschließlich durch den Verkauf der Fotos finanzieren musste. Gewerbliche Fotos von diesem Kunstwerk benötigten aus diesem Grund eine Lizenz. Rein informelle Abbildungen (z.B. im Rahmen von Nachrichtensendungen im Fernsehen) waren davon ausgenommen, genauso wie alle Privatfotos. Diese waren überhaupt nicht betroffen.

Architekten erhalten üblicherweise ihr Honorar nicht für Fotos, die ihr dauerhaftes Werk zeigen, sondern für den Entwurf eines Gebäudes. Letzterer unterliegt zurecht dem Urheberrecht. Eine "Gebäudekopie" wäre illegal.

Wie kommt man nun darauf, dass Fotos eines Gebäudes oder eines in der Öffentlichkeit dauerhaft frei sichtbaren Kunstwerkes die Urheberrechte eines Architekten oder Künstlers verletzten könnten? Niemand erstellt Kopien ihrer Werke. Das Foto eines Gebäudes bietet weder ein Dach über den Kopf noch kann es vermietet werden. Und eine Skulptur kann niemals auf einem Foto dieselbe Wirkung erzielen. Anders herum kann ja auch kein Fotokünstler für die Landschaft, die er gekonnt in Szene setzte, exklusive Nutzungsrechte erhalten oder geltend machen.

Grundwert 1 in der EU sind die Menschenrechte. Grundwert 2 ist die Freiheit! Wieso werden Frankreich und Italien nicht vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt, weil sie die Panoramafreiheit missachten, wo doch die Mehrheit der anderen Staaten diese für so kostbar halten und unter gesetzlichen Schutz stellen?

Die Gründe sind offensichtlich. Kaum jemand kauft heute Fotos von Gebäuden oder Kunstwerken im öffentlichen Raum, weil fast jeder eine Schnappschusskiste ständig dabei hat. Fotos sind inflationär. Ihr Wert verfällt. Veraltete Geschäftsmodelle funktionieren also nicht mehr. Offenbar wollen Aufkäufer von Verwertungsrechten alle Fotos für illegal erklären lassen, an denen sie nicht finanziell beteiligt werden. Jeder EU-Bürger kann unbeabsichtigt zum "Straftäter" werden. Ein lohnender Massenmarkt mit 500 Mio. "potentiellen Kunden". Oma Emmi stellte sich zufällig in die Nähe einer Plastik, als sie ihre Enkel um ein schönes Foto von sich bat. Diese luden es in mäßiger Qualität auf Facebook hoch, weil der Kontrast zwischen hübscher Oma und lausiger Kunst so krass war. So wurde die halbe Familie zu "Verbrechern".

@Josel: Ich bezweifle stark, dass es sich um einen handwerklichen Fehler handelt. Der ursprüngliche Antrag wurde umformuliert und ins glatte Gegenteil verkehrt.
Das Europäische Parlament [...]
16. fordert den Gesetzgeber der EU auf sicherzustellen, dass die Nutzung von Fotografien,
Videomaterial oder anderen Abbildungen von Werken, die dauerhaft an öffentlichen Orten platziert sind, gestattet ist; [...]
http://www.europarl.europa.eu/sides/get ... anguage=DE
Übrigens: Canadische Hobbyfotografen sind mittlerweile reine Blümchenknipser geworden, da (aufgrund ähnlicher Rechtslage wie in Frankreich) kaum einer es mehr wagt in den Städten zu fotografieren.

Die GG ohne Panoramafreiheit: Eine Textwüste und jeder 3. GGler kriminell!
Stell dir vor, es geht und keiner kriegt's hin.

Josel
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Beitrag von Josel »

Hallo Emscherbruch,

in der Sache sind wir uns ja einig. Ich finde das Vorhaben auch nicht gut. Nicht umsonst hat der deutsche Gesetzgeber das seit Jahrzehnten anders geregelt.

Was ich sagen wollte, ist nur, dass ich auch eine umgekehrte Regelung verstehen könnte, jedenfalls wenn sie sich so eng fassen ließe, wie sie m.E. gemeint ist. Wenn irgendein Fotokünstler mit großem Aufwand das abendlich beleuchtete MiR fotografiert und die Fotos davon dann für teuer Geld verkauft, könnte ich eben verstehen, das Ruhnau oder seine Erben daran partizipieren wollen.

Der Facebook-Fall mit Tante Hetti auf einem Foto und dem MiR im Hintergrund ist etwas anderes, hier müsste man klarstellen, dass es an der Gewerblichkeit mangelt. Wie eben auch bei jeder sonstigen Fotografie, die im privaten Rahmen entsteht und nicht veräußert wird. Und klarzustellen wäre auch, dass das Einstellen eines MiR-Fotos auf Plattformen wie den GG keine Gewerblichkeit bedeutet.

Dass man die Reichstagsverhüllung privat fotografieren und in der Tagesschau zeigen durfte, wie Du schreibst, folgt ja diesem Prinzip. Christo wollte nur an Fotografien von der Aktion partizipieren, die verkauft wurden. Als Poster, Postkarten etc.

Und das mit der von Dir bemühten Freiheit ist immer so eine Sache, weil sie durch die Freiheit aller anderen Grundrechtsträger begrenzt wird. Anders gesagt: Wo bleibt die Freiheit des geistigen Schöpfers? Plakativ gesagt geht es doch um die Frage, darf ich mich unter Berufung auf meine in den europäischen Menschenrechten garantierten Freiheit nach Lust und Laune in die Hollywood-Schaukel der Familie Emscherbruch setzen und die dortigen Plätze auch noch an die Nachbarn vermieten, oder geht die Freiheit der Familie Emscherbruch, sich auf ihr Eigentum am Einfamilienhäuschen mit Garten zu berufen, da vielleicht vor?

Genau diese Frage wird in den Regelungen der Panoramafreiheit für das geistige Eigentum an dem Entwurf für ein öffentliches Gebäude entschieden. In Deutschland wird sie zu Lasten des geistigen Eigentümers entschieden. Aber diese Antwort ist nicht gottgegeben oder aus sich heraus aus den Grundrechten ableitbar. Sie ist das Ergebnis eines Abwägungsprozesses, der alle Grundrechte und -freiheiten in Rechnung stellen muss.

Ich will ja im Grunde nur eines sagen: Wir haben es uns angewöhnt, die eigene Meinung als Dogma zu verstehen. Man darf alles, was nicht Mainstream ist, mittlerweile niederschreien und den Inhaber der Meinung diffamieren (was Du nicht gemacht hast, ich will nur erklären, wie es zu meinem Ausgangsstatement kam). Wer zB irgendwas gegen "Ehefüralle" sagt, der darf als Werweißwas bezeichnet werden. In manchen Kreisen ist diese Reaktion sogar notwendig, um nicht aus der Gruppe zu fliegen. Diese gesellschaftliche Tendenz stört mich so. Das hat nämlich nichts mit Demokratie zu tun.

Ich meine ja nur: Lasst uns nachdenken. Zum Beispiel über den Rote-Sofa-Fall auf der Himmelsleiter.

Nichtsdestotrotz finde ich die aktuelle Rechtslage in D besser als das europäische Vorhaben. Schon weil ich vermute, das letzteres sich nicht trennscharf formulieren lässt. Es geht eben nicht an, anstelle der eindeutig gewerblichen "Ausnutzer" fremder geistiger Ideen auch alle harmlosen Knipser zu erfassen, die nur mittelbar über die Facebook-Gewerblichkeit unter die Regelung fallen. Oder alle GG'ler oder Wikipedia. Da bin ich doch völlig Deiner Meinung.

J.
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Emscherbruch
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Beitrag von Emscherbruch »

Ja, Josel, mir geht es auch so, dass ich wünschte, eine kontroverse Auseinandersetzung wäre in der Öffentlichkeit möglich, ohne dass die Meinungsminderheit von dem Mehrheitsgebrüll niedergebuttert würde. Argumente und ihre gegenseitige Abwägung fehlen häufig, das ist wahr. Ich vermute aber, es handelt sich um einen unrealistischer Wunsch unsererseits, dass dies überhaupt allgemeingültig möglich sei. Der Blick in die Online-Medien (dieses hier auch) zeigt eine andere Wirklichkeit.
Josel hat geschrieben:Und das mit der von Dir bemühten Freiheit ist immer so eine Sache, weil sie durch die Freiheit aller anderen Grundrechtsträger begrenzt wird. Anders gesagt: Wo bleibt die Freiheit des geistigen Schöpfers? Plakativ gesagt geht es doch um die Frage, darf ich mich unter Berufung auf meine in den europäischen Menschenrechten garantierten Freiheit nach Lust und Laune in die Hollywood-Schaukel der Familie Emscherbruch setzen und die dortigen Plätze auch noch an die Nachbarn vermieten, oder geht die Freiheit der Familie Emscherbruch, sich auf ihr Eigentum am Einfamilienhäuschen mit Garten zu berufen, da vielleicht vor?

Dieses Beispiel zeigt meiner Meinung nach keine Analogie zur Panaramafreiheit.

Fotografieren im öffentlchen Raum ist kein Besetzen von Eigentum. Die Freiheit des Architekten ist in keinster Weise eingeschränkt. Er kann selbst zum Fotograf werden und Bildwerke der Straßenfront seines Gebäudes zum Verkauf anbieten. Wenn andere das tun, so darf er deren Freiheit nicht mit Berufung auf mögliche finanzielle Verluste seinerseits einschränken.

Anders herum darf kein Fotograf ohne Erlaubnis des Architekten/Eigentümers von den nicht öffentlich sichtbaren Teilen des Gebäudes Fotografien anfertigen und diese vermarkten.

Die derzeitige Regelung der Panoramafreiheit wägt das Gut der Freiheit sehr fein ab. Es schützt den privaten Raum, weil er privat ist und öffnet den öffentlichen Raum, weil er öffentlich ist.

(Um das plakative Beispiel aufzunehmen: Die nicht existente Hollywoodschaukel der Familie Emscherbruch dürfte nur fotografiert werden, wenn sie öffentlich sichtbar im Vorgarten stünde. Darauf Platz nehmen dürfte ohne Erlaubnis der Eigentümer niemand. Der Designer jenes Möbels hätte übrigens keinerlei Mitspracherecht, der Hersteller auch nicht. Beide haben ihren Lohn für den Entwurf und die Herstellung bekommen. - Komisch, dass Architekten meinen, sie müssten lebenslang unbedingt mitreden müssen, wenn es im ihre Werke geht. Aber das wäre ein anderes Thema...)
Stell dir vor, es geht und keiner kriegt's hin.

Josel
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Beitrag von Josel »

Emscherbruch hat geschrieben: Fotografieren im öffentlchen Raum ist kein Besetzen von Eigentum. Die Freiheit des Architekten ist in keinster Weise eingeschränkt. Er kann selbst zum Fotograf werden und Bildwerke der Straßenfront seines Gebäudes zum Verkauf anbieten. Wenn andere das tun, so darf er deren Freiheit nicht mit Berufung auf mögliche finanzielle Verluste seinerseits einschränken.
So kann man das sehen, aber genau dabei hast Du dann schon eine Definition von geistigem Eigentum entwickelt. Denn Du setzt ja voraus, dass der geistige Eigentümer des Bauwerksentwurfs nicht verlangen kann, nur selbst Bilder verkaufen zu dürfen. Das ist aber keine Voraussetzung, sondern schon das Ergebnis der eigentlich zu treffenden Abwägungsentscheidung.

Beim Musiker sehen die meisten Leute das ja auch interessanterweise - noch - anders. Dem könnte man ja im Prinzip auch sagen: Hey, Frau Fischer, Sie haben echt ein tolles Lied geschrieben und schön im Studio gesungen. Sie können ihre CDs davon ja auch auf eigene Rechnung verkaufen. Wenn ich aber Kopien davon mache und die verticke, dann geht Sie das gar nichts an, denn das ist von meiner Freiheit gedeckt. Die dürfen sie nicht unter Berufung auf mögliche finanzielle Verluste einschränken!

Die Reichweite des geistigen Eigentums hängt also ersichtlich davon ab, wie wir sie definieren. Bei Musik ist es derzeit so, bei Bauwerken, die herumstehen, anders. Einmal darf ich Kohle mit der Verwertung der Idee eines anderen machen und das andere mal nicht.
Emscherbruch hat geschrieben: Anders herum darf kein Fotograf ohne Erlaubnis des Architekten/Eigentümers von den nicht öffentlich sichtbaren Teilen des Gebäudes Fotografien anfertigen und diese vermarkten.
Warum eigentlich nicht? Auch hier hat doch Ruhnau - so müsstest Du eigentlich argumentieren - längst "geliefert" und ist genau dafür bezahlt worden. Warum soll es einen Unterschied machen, ob ich die Mir-Fassade als A0-Fotografie verticken will oder ein tolles (von Innen erstelltes) Foto des MiR-Treppenhauses?
Emscherbruch hat geschrieben: Die derzeitige Regelung der Panoramafreiheit wägt das Gut der Freiheit sehr fein ab. Es schützt den privaten Raum, weil er privat ist und öffnet den öffentlichen Raum, weil er öffentlich ist.
Wir sind uns völlig einig: Das Urheberrecht darf nicht dazu führen, dass man in der Öffentlichkeit nicht mehr das tun kann, was man da so normalerweise macht. Z.B. Selfies vor dem MiR usw.

Aber die wenigsten Menschen würde es ja auch für normales Verhalten in der Öffentlichkeit halten, sich mit drei Kameras in der Dämmerung drei Stunden vor das Mir zu hängen, um ein tolles Foto der Fassade zu machen, das sie dann auf eigene Rechnung verkaufen wollen. Und darum gehts es ja. Ich will ja nur sagen, dass man genau das auch anders regeln könnte. Und ich sag ja gar nicht, dass ich das will. :-)

Nichts für ungut, Emschi, ich hoffe Du hast auch Spaß an diesen abstrakten Gedankenspielen...

J.
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Emscherbruch
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Beitrag von Emscherbruch »

Naja, so abstrakt sind die Gedankenspiele nicht. Sie berühren unser tägliches Leben und unser Selbstverständnis als Menschen direkt.

Ich möchte die Diskussion wieder auf den Begriff der Panoramafreiheit zurückführen.
Er beschreibt passend, was meiner Meinung nach weiterhin geschützt werden muss.
Was man dauerhaft im frei zugänglichen, öffentlichen Raum sehen kann, darf jeder bildlich konservieren (Knipsen), zu einem eigenständigen Werk weiterentwickeln (Fotographieren) und diese Abbilder zu welchen Zwecken auch immer weiterverwenden, ohne den Urheber des sichtbaren Werkes um irgend eine Erlaubnis bitten zu müssen. Das Prinzip der Freiheit.
(So eine Regelung ist zumindest zu 90% klar und eindeutig. Die restlichen 10% der Grenzfälle tragen dazu bei, dass die Kaste der Juristen nicht verhungern muss.)

Die Panoramafreiheit betrifft das Innere von Gebäuden nicht. Dort hielte ich eine Regelung für sinnvoll, die nach dem Eigentümer eines Gebäudes und seinem Hausrecht fragt. Dasselbe Prinzip wie überall, wenn man einen privaten Raum betritt oder um Einlass bittet.

Zum Urheberrecht und dem geistigen Eigentum erlangt man vielleicht eine angemessene Haltung, wenn man nicht irgendwo mittendrin sondern ganz am Anfang anfängt, nämlich bei der Geburt eines Menschen. Bei der Diskussion um das geistige Eigentum geht es mir immer viel zu schnell um die finanziellen Auswirkungen einer menschlichen Idee irgendwann im Leben. Schnell wird gefolgert, dass die Idee das wichtigste gewesen sei. Es werden dabei ein paar Dinge unterschätzt bzw. vollkommen unberücksichtigt gelassen.

Es gibt viel mehr Ausgangsbedingungen, die die Ausgestaltung des geistigen Eigentums erst ermöglichen und die der Urheber gar nicht beeinflussen kann, als Talente, die der Urheber in sich vorfindet. Das allermeiste (Ort, Zeit, Kultur, Familie) ist vorgegeben. Darauf hat ein Mensch gar keinen Einfluss. Fähigkeiten in sich zu entdecken und zu entwickeln ist die eigene Leistung.
Das macht (hoffentlich) jeder Mensch. Darum stehen (für mich) gestalterische Talente nicht höher als die Leistung der Menschen, die an der handwerklichen oder organisatorischen Realisierung eines Werkes beteiligt sind. Sie haben andere Talente. Wer will über den Wert von nicht vergleichbaren Talenten urteilen?

Nehmen wir das Beispiel des MiR-Architekten, wobei es mir nicht um seine Person geht, sondern weil er bereits in diesem Fred erwähnt wurde.
Dass er dieses Gebäude planen und vollenden konnte, verdankt er den Steuergeldern, die die Stadt Gelsenkirchen dafür zur Verfügung stellte, den Statikern, die es berechneten, den Handwerker, die es errichteten, den Künstlern, die es ausschmückten und den Raumpflegern, die es so herrichteten, dass man es überhaupt nutzen kann. Nicht zuletzt wäre das Ding längst abgerissen, wenn sich kein Orchester, kein Schauspieler, kein Sänger oder Tänzer gefunden hätte, um es mit Leben zu füllen. Alle diese Menschen sind mindestens genauso bedeutend für das Gebäude. Für die Besucher hat der Architekt sehr wenig Bedeutung, falls sie sich nicht zufällig für Architektur interessieren.
Treiben wir das Gedankenspiel weiter.
Was wäre mit dem geistigen Eigentum und den Talenten des MiR-Architekten geschehen und was könnte man heute davon sehen, wenn er vor 250 Jahren als rheumakranker Sohn einer verwitweten Frau in der Inneren Mongolei geboren worden wäre? - Vermutlich N I C H T S !

Aus dieser Argumentation heraus fällt es mir schwer nachzuvollziehen, dass Architekten meinen, ein Gebäude sei allein ihr Werk und sie hätten ein Recht darauf ein Leben lang und besser noch darüber hinaus zu entscheiden, was mit dem Werk geschehen darf und was nicht. Noch abstruser empfinde ich es, dass in Italien und Frankreich manche Gebäude, die an öffentlichen Straßen stehen, nicht fotografiert werden dürfen. Als sei sogar der "Erinnerungsblick anderer Menschen" im Besitz des Architekten.

Wenn man in Geschichtsbüchern ließt, Kaiser Soundso der Große habe eine Stadt erbaut, dann ist das natürlich vollkommener Unsinn. Gebaut hat er selbst nichts. Er war nur eine Person, die das unverschämte Glück hatte, am richtigen Ort zur richtigen Zeit ihr Ego inszenieren zu können, und andere Namenlose bauten die Stadt. Ansonsten ging Kaiser Soundso der Große - ohne sich jemals die Finger wund gearbeitet zu haben - auch nur kacken.

Seit Jahrtausenden bedenken Menschen diesen Gedanken der Urheberschaft.
Viele kamen zu dem Schluss, dass das Leben und alles, was es mit sich bringt, ein riesieges Geschenk ist, oder zumindest nichts, was Menschen bewirkt haben. Einige suchen Antworten auf die Frage nach dem Urheber, während andere meinen, es gäbe gar keinen Urheber sondern nur eine unbekannte Ursache.

Ganz egal, wie man diese Frage für sich beantwortet, beide Schlussfolgerungen ergeben im Hinblick auf die Urheberrechte von Menschen das selbe Ergebnis: Urheber haben ein Anrecht auf angemessenen Lohn für ihr Dazutun an Arbeit und Zeit. Rechte darüber hinaus ergeben keinen Sinn, weil Menschen die aller meisten Voraussetzugen kostenlos und unverschuldet vorgefunden haben.
Mit der weit verbreiteten Formulierung: "Das habe ich alles erschaffen und hart erarbeitet, deshalb habe ich ein Recht auf diese und jene Extrawurst" sagt so mancher eigentlich nur, dass er sich noch nie ernsthaft Gedanken über sich selbst und sein Menschsein gemacht hat.

@Josel: ich hoffe, Dir ist der Spaß an diesen abstrakten Gedankenspielen nicht vergangen...
Stell dir vor, es geht und keiner kriegt's hin.

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Ego-Uecke
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Beitrag von Ego-Uecke »

Ich finde dieses "Gespräch" sehr spannend und sehr interessant.

Mit der Frage der Urheberschaft bin ich seit einiger Zeit befasst. Ein Rechtsanwalt beantwortete meine Frage nach Urheberschaft und Internet mit der Formulierung: "Nur wer nichts macht, macht nichts falsch! Jedwede Veröffentlichung im WorldWideWeb kann Probleme mit dem Urheberrecht mit sich bringen."

Also bitte führt dieses "Gespräch" noch etwas weiter ...

von waldbröl
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Beitrag von von waldbröl »

Bild
Mit persönlicher Erlaubnis von DIPI

Habe ihn angemailt und gefragt, ob ich seine Cartoons hier bei den GG posten darf.
Nach einigen Mails hin und her, hab ich die persönliche Erlaubnis bekommen, bis auf Widerruf.

So einfach geht das. :wink:


Wolle

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gutenberg
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Beitrag von gutenberg »

Ego-Uecke hat geschrieben:Ich finde dieses "Gespräch" sehr spannend und sehr interessant.

Mit der Frage der Urheberschaft bin ich seit einiger Zeit befasst. Ein Rechtsanwalt beantwortete meine Frage nach Urheberschaft und Internet mit der Formulierung: "Nur wer nichts macht, macht nichts falsch! Jedwede Veröffentlichung im WorldWideWeb kann Probleme mit dem Urheberrecht mit sich bringen."

Also bitte führt dieses "Gespräch" noch etwas weiter ...
Je intensiver ich veruche, mit der Materie Urheberrecht klar zuukommen. desto verworrener wird das alles. Dann erklärt mit ein Rechtsanwalt, es hätte sich so vieles gar nicht geändert. Wenn ich ein öffentliches Kunstwerk nicht heimlich plagiere, sondern, als Beispiel, die Mona Lisa nehme und ihr eine Pulle Bier in der Arm lege und vielleicht noch einen Backenbart anmale, damit das dumme Grinsen nicht so auffällt, habe ich ein völlig neues Kunstwerk geschaffen und die Inhaber der ML-Rechte können sich warm anziehen. Der Sohn des Anwaltes, auch er Rechtskundiger meinte dazu, dann könne ich gleich mein Haus verkaufen. Das neue Urheberrecht wurde nicht geschaffen, um Rehtssicherheit zu etablieren, sondern im Gegenteil. Ein immer größer werdender Anteil deutscher Kanzleien lebt nur noch von Abmahnungen.
Gerade hier in den sensiblen Foren - und das habe ich nie bestritten - kann ein Fehltritt furchtbare Folgen haben. Wenn ich das Haus verlasse, selten genug, habe ich eine Kamera dabei, und wenn ich in 100 Jahren den Löffel abgebe, überlasse ich das Euch, dann seid Ihr Rechteinhaber, toll, was?
Zuletzt geändert von gutenberg am 04.07.2015, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.

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Fuchs
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Beitrag von Fuchs »

Einen schönen Beitrag zum Thema Panoramafreiheit hat mir Jesse geschickt:
http://mailing.bildkunst.de/m/6263160/
Interoperabel!

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Ego-Uecke
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Beitrag von Ego-Uecke »

Der Sohn des Anwalts hat sicher recht.

Wenn du ein Gänseblümchen in der freien Natur fotografierst, darfst du das Foto veröffentlichen. Wenn aber gleichzeitig eine Person mit abgelichtet wird, musst du die (schriftliche) Erlaubnis zur spezifizierten Verwendung haben.

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Pedda Gogik
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Beitrag von Pedda Gogik »

erstmal vom Tisch .... http://www.tagesschau.de/ausland/panora ... t-101.html .... ;-)

aber: Panoramfreiheit in einigen Ländern eingeschränkt !

und: Oettinger kündigte einen "ausgewogenen Vorschlag" zur Neufassung des EU-Urheberrechts an.

(ausgerechnet unser "Neuland-Spezialist") .... :wink:

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