Michael Klaus

Schriftstellerei, Dichtung, Rezitation

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Lo
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Heute in der WAZ Oberhausen

Beitrag von Lo »

Heute in der WAZ Oberhausen:
Bild
Ein Bezug zu Michael Klaus.

Hier der Text zum Bild:
Die letzten Jazzklänge verhallen über dem Wochenmarkt (Oberhausen).
Ulli Langenbrick von den SalonLöwinnen entführt mit ihrer Stimme auf den Markt nach Katalonien: "Der Sommer lag schwer..."
Sie liest aus dem Roman von Merce Rodores "Auf der Placa del Diamant"
Auch auf dem Altmarkt (Oberhausen) liegt schwer die Sonne, der Duft süßer Früchte erfüllt die luft.
Dann geht die Reise mit Michael Klaus zum Gelsenkirchener Markt.
Welch ein Kontrast. Aus den Containern, "an denen nachts die Männer stehen und pinkeln",
suchen Menschen im Müll nach Brauchbarem.

Nur wenige Marktbesucher bleiben stehen.
Die meisten verzögern nur ihren Schritt, bekommen nur ein paar Wortfetzen von Ulli Langenbrinck mit.
Etwas abseits stehen ein paar Männer in Arbeitshosen, es ist Mittag.
Dann gehen sie wieder.

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blaumann
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lechts und rinks

Beitrag von blaumann »

pito hat geschrieben:Blaumann macht sowas mit links. ;-)
schön wär's :muede2:

nach Stunden des Scannens und Zerstörens und Vernichtens zahlloser Legionen von Schadprogrammen verschiedlicher Provenienz vermittels ausgesuchter Spezialchirurgenwerkzeuge kann ich zwar mit Grund vermuten, daß alle eingeschlichenen bösen Wichte menschenmöglichst verbannt sind und auch nicht ohne Weiteres wiederkommen können. Leider war das installierte Windows schon so weit in Mitleidenschaft gezogen, daß selbst die Neuinstallation von SP2 nicht reichte, sondern am Ende nur eine quasi-Neuinstallation des kompletten XP inklusive telefonesischer Aktivierung.

Denn diverse Treiber und Dienste, die nun mal leider auf einander aufbauen, verweigerten ihre Aufgaben; nämlich, zu treiben und zu diensten. Zum Glück hielt die dem Dell-Rechner beiliegende Windows-CD ihr Versprechen, bei einer "Update-Installation" die Daten (die ich vorher latürnich auf einer neu eingerichteten Partition in Sicherheit gebracht hatte) und installierten Programme sowie die Konfiguration beizubehalten.

Kids! Don't try this at home!

Die Lehre daraus sollte sein, einen Rechner niemals ans Internet zu stöpseln, bevor ihn nicht ein kundiger Kumpel eingerichtet hat, der weiß, was ein Service Pack ist, welches man braucht, wie die Firewalls und Updates eingerichtet werden und der aktuelle Versionen von Antivir, Spybot, FireFox und AdAware installieren sowie Anleitung zu regelmäßigen Backups geben kann. Ich kann nur beten, daß Michael damit nie online gebankt hat, siehe Titelthema der aktuellen c't. Ein Wunder, daß auf diesem Rechner jemals ein ganzes Buch fertig wurde.

Womit wir zum Thema kommen, das ja heißt: Michael Klaus. Sein WLAN richte ich morgen ein. Lange hat's gedauert, bis ich ihn mal persönlich kennenlernen durfte, und ich kann nun sagen: Es war eine Freude. Freundlich, zuvorkommend und dankbar, zwischendurch zum rechten Zeitpunkt mein leibliches Wohl bedenkend, jederzeit zu geistvoller Konversation disponiert, dabei aber nie aufdringlich, GEbuerlich meine nötige Konzentration zulassend und respektierend - ein Genuß, ihm helfen zu dürfen. Sehr prima.

Gegen Abend wollte er mir noch ein paar Fotos mitgeben, auf daß ich sie scänne. Ich entschied mich jedoch fürs Knipsen in ihrer natürlichen Umgebung und finde es auch gut so:
Bild
Michael (optisch unscharf), Götz (immer scharf)
Bild
links oben Jürgen Flimm bei der RuhrTriennale, unten Jo Krol, Mitte Peter Lohmeier, rechts oben Michael, anläßlich seines Fußball-Oratoriums
Bild
der Mann mit Tabakwaren im Mund ist auch Michael

Heinz
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Beitrag von Heinz »

Michael lässt den blaumann herzlich grüßen, er hätte gearbeitet wie Hund, sacht er - mehr als 8 Stunden... :shock: und er bedankt sich noch mal auf diesem Weg ... :D

Troy
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Beitrag von Troy »

och leute, wisst ihr, dass mir richtich dat herz aufgeht, nachdem ich das alles gelesen habe??? :ja:
bin ja gestern erst wieder in GG gelandet und es war noch keinzeit für die filme... aber die nächsten tage werden es bringen!

pito
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Beitrag von pito »

Habe vorhin verblüfft festgestellt, dass Michael Klaus noch gar keinen Wikipedia-Artikel hatte. Hab mal eben, die grundlegenden Daten zu einem Start-Artikel zusammengefügt. Wer sich berufen fühlt, der schreibe weiter. ;-)

http://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Klaus

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Beitrag von Verwaltung »

Weiß jemand, ob er nun einen funktionierenden Internetzugang hat?
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blaumann
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Beitrag von blaumann »

Verwaltung hat geschrieben:Weiß jemand, ob er nun einen funktionierenden Internetzugang hat?
Ja, ich ;)

Konnte ich leider erst Fronleichnam einrichten, funktioniert aber jetzt. Meistens, muß man leider sagen, was wohl am WLAN-Empfänger liegt. Geht doch nix über ein richtiges Kabel.

Wegen weiterer Details wollte er sich diese Woche melden (Outlook, GG-Zugang), er war nicht gut zurecht.

Heinz
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Beitrag von Heinz »

Ist zwar off topic aber trotzdem:

@blaumann
Danke!! :applaus: (ich hatte die WLAN Unterbrechungen auch als ich bei Michael frickelte - zu nah am Fax Gerät?)
Kabel anstöpseln, ist zwar eine Stolperfalle :roll:

Josel
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Beitrag von Josel »

pito hat geschrieben:Habe vorhin verblüfft festgestellt, dass Michael Klaus noch gar keinen Wikipedia-Artikel hatte. Hab mal eben, die grundlegenden Daten zu einem Start-Artikel zusammengefügt. Wer sich berufen fühlt, der schreibe weiter. ;-)
Wo genau ist denn die "kleinbürgerliche Siedlung", in der er laut dem Artikel aufwuchs?

J.
Vertrödeln Sie keine Zeit mit dem Lesen von Signaturen!

Hans-Rainer
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Totenvogel, Liebeslied

Beitrag von Hans-Rainer »

Auch ich bin hier "gelandet"... Ich kenne Michael Klaus überhaupt nicht...bin durch Zufall dazu gestossen, oder doch auf der Suche nach der Vergangenheit, nach Erklärungen, nein, keinen Grund zur Eifersucht.. Und auch ich habe sein Buch gekauft und gelesen. "Totenvogel, Liebeslied". Ein starker Mann und ein starkes Buch, bewegend, traurig, manchmal zum Schmunzeln. Wievieles von diesem Roman Fiktion und was Phantasie ist, wer weiss es? Es ist es ein Roman der Mut machen soll, und wohl auch Mut macht.
Danke für die Geschichte.

Rainer

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Preziosa
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Michael Klaus tot

Beitrag von Preziosa »

Mit Bestürzung erhielt ich folgenden Newsletter der WAZ
Die Disziplin, mit der er seinen seit vielen Monaten stark beeinträchtigten Lebensalltag meisterte, war bis zuletzt bewundernswert. Am Sonntag machte sein geschwächter Körper nicht mehr mit: Michael Klaus starb im Alter von 56 Jahren.
http://www.derwesten.de/nachrichten/sta ... etail.html
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Beitrag von Verwaltung »

Michael Klaus

Die Arena abfackeln

Als in Frankreich Autos brannten, Geschäfte verwüstet wurden, Lager­hallen und Tiefgaragen und sogar Kindergärten und eine Primarschule in Flammen aufgingen, bekam eine Gelsenkirchenerin mehrere Anrufe zu einem sehr speziellen Thema.
Sie arbeite doch beim Jugendamt, stellten mehrere Vertreter von privaten aber auch von öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern fest, auch in Gelsen­kirchen gäbe es doch sicherlich unzu­friedene Jugendliche. Ob man nicht so etwas wie in Frankreich auch in Gel­senkirchen fürs Fernsehen inszenieren könne. Die Dame des Jugendamtes legte jedesmal empört auf.
Was mir nie passieren könnte. Ich will die Menschen, die solche Vor­schläge machen „Steckt für uns die Stadt in Brand!“, live erleben. Ich an Stelle der Dame hätte also gesagt: „Okay. Wie sollen wir 's einfädelnd" Vielleicht nicht ganz so entgegenkom­mend aber wenigstens ein: „Ich ... ich weiß ... weiß nicht so recht..."

Dass Fernsehredakteure auf ihrer Suche nach möglicher Randale auf uns kommen, kann nicht wirklich über­raschen. Anfang 2006 lieferten gleich drei Studien ein ungeschminktes Bild der Stadt. Die Bevölkerungszahl sinkt, der „Rest" wird immer älter, Bildungsstand und Bildungselite unter­durchschnittlich. Säuglingssterblich­keit überdurchschnittlich. Das Image verschreckt Unternehmen, Fachkräf­te und Investoren. Da werden sich ja wohl unzufriedene Jugendliche finden lassen!
Ich an der Stelle der Dame hätte also bei einem der Fernsehteams um ein Vorgespräch gebeten. In einem Gelsenkirchener Edel-Restaurant, das ich mir nur auf Einladung leisten kann. „Also, meine Damen und Herren: Wer soll wo was abfackeln!"
Besser doch nicht so burschikos. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Fernsehredakteure die Menschen besonders lieben, die noch mutloser sind als sie selbst. Also beginne ich zurückhaltender. „Prügeleien? Jeder­zeit. Handydiebstahl? Immer. Aber Anzünden von Stadtteilen..."
Damit habe ich sie dann da, wohin ich sie haben will. Sie werden mir Ängstlichem ein Nur Mut! auf die Schultern klopfen. Vielleicht auch mit exklusivem Nicolas Feuilatte brut nachhelfen. Ich nehme einen Schluck, und fast gehe ich auf sie ein: „In meiner Kartei beim Jugendamt habe ich sechs Pyromanen. Quasi Profis." Gehe damit aber eben nur fast auf sie ein, formulie­re sofort große Bedenken: „Die würde ich zum Beispiel ausschließen, um das authentische Bild spontan aufgebrach­ter Jugendlicher nicht zu verfälschen …“
Pause. Sie schenken mir großzü­gig Nicolas Feuilatte brut nach. So viel Freundlichkeit von reichen Frem­den! Das ist ein Gelsenkirchener nicht gewohnt. Ich würde die Redakteure ansehen wie umgarnt: „Andererseits..."
Fernsehredakteure wissen oft nicht viel, kehren aber gerne den Super-Profi und Bedenkenzerstreuer raus. Darauf kann man sich einstellen.
Nächste Frage: „Müssen alle Zündler Gelsenkirchener sein? Denn die, die Samstagnachts mit den Recklinghäu­ser Kennzeichen in die Stadt einfallen, die finde ich auch ganz brauchbar."
„Pyromanen und Recklinghäuser! Klasse!" Für' s Lob bin ich als Gelsen­kirchener so dankbar. Da wissen Sie: Den haben wir! Brut!
Entweder muss ich jetzt so lang­sam den Angetrunkenen spielen, oder ich bin längst angetrunken. Lall also die Sache mit dem Catering: „Wer ver­pflegt die Bande während der Dreharbeiten?"
Dass ich die Sache noch im Griff habe, beweise ich mit folgender Argu­mentation: Wenn die Verpflegung nämlich preisgünstig sein soll, also von Pommesbude und Aldi, fallen Pommes­bude und Aldi als Brandziele schon mal weg. Und dann würde ich versuchen, dass außer Schampus und Vorspeisen­teller noch Schwarzgeld auf den Tisch kommt. Ich würde was anbieten und sofort wieder zurückziehen:
„Autos abfackeln? Die meisten hier haben ihre schwarzen Benz entweder geklaut oder aus zehn Schrottbenz zusammengeschweißt, die werden sie höchstens gegen Bares in Brand stecken. Krankenhäuser in Brand ste­cken? Die prügeln sich hier doch nur so oft, weil sie genau wissen, dass es nachher mit der Wundversorgung klappt. Straßenbahnen abfackeln? Nicht vor Heimspielen!"
Sie werden die Schlagzahl an Schampus erhöhen, um nicht ans Geld zu müssen. Denn fast haben sie mich ja. Dann knall ich mein Ass auf den Tisch, den puren Größenwahn. „Die Arena abfackeln!"
Und in ihre Zweifel hinein, ob ich noch zu einem verlässlichen Partner werden könnte oder ob ich schlicht bescheuert sei, werde ich anfangen, den Sentimentalen zu geben. Folklore! Werde von den Schalker Vereinsfarben schwärmen, die überall aus Fenstern hängen und an Autos kleben. Fahren an Straßenbahnen durch die Stadt. Alte, dicke Männer tragen fast platzen­de Trikots mit Spielernamen oder mit dem eigenen, Heinz, Josef, und nicht nur an Samstagen wenn Heimspiele anstehen. Einfach so: im Supermarkt. Schieben Einkaufswagen in denen die blauweißen Enkel hocken. Die Enkel lutschen an blauweißen Überra­schungseiern. An den Kassen drängen sich blauweiße Urgroßmütter mit der Schnelligkeit von Torschützenkönigen vor.
„Und denen wollt ihr die Stadt anzündend! Nur über meine Leiche! Das schwör ich euch!"
Des Widerspenstigen Zähmung durch noch mehr Nicolas Feuilatte. Und spätestens dann hab ich sicher auch mein Schwarzgeld. Die Tür zum Nebenraum geht auf. Ein paar Journa­listen, die interessiert zugehört haben, setzen sich ungezwungen zu den Fernsehredakteuren und haben da noch die ein oder andere Frage.

Vielleicht würde diese Geschich­te keine Unternehmen, Fachkräfte und Investoren „ent"schrecken. Aber wenn später mal in der Stadt kaum noch Fenster leuchten und wir paar alten Übriggebliebenen endlich darauf kommen, dass an den fürchterlichen Vorhersagen, die wir jahrzehntelang bestritten - statt uns die einfachsten Fragen zu stellen: Wer kann was wo wie wann ändernd -, wenn wir begrei­fen, dass an den ungeschminkten Stu­dien doch was dran war, dann haben wir wenigstens diese schönen drei Stunden mit dem Fernsehteam und die Zeitungsartikel und Fernsehberichte aus dieser Zeit, an die wir uns erinnern können.

Quelle: Gelsenkirchen, Abenteuer Ruhrgebiet, Winfried F. Szodruch (Hrsg.), 2006



Michael Klaus

Aber einen trinkste mit!

„Kohlensäure alle!" ruft der Zap­fer. Jetzt?" „Nee, gleich!" Im Keller keine Reserve. Und das bei Nacht und rappelvollem Laden. Darf nicht passieren. Kann aber. Folge: Kein gezapftes Bier für die Gäste. Geht nicht!
Auch ein Wirt hat nur tausend Arme. Taco sucht den kürzesten Weg zum Ausgang und fängt sich trotzdem noch zweihundert Wie geht's?! plus Schulterklopfen ein. Aber Taco will keine Kommunikati­on, er will sich Kohlensäure leihen.
Schnell übern Markt in die nächste Kneipe. Tür auf: „Kohlensäure?" Die haben hier alles, was sie brauchen, eine Klettballscheibe und einen sprechenden Zigarettenautomaten, bloß keine Kohlensäure. Um den Wirt nicht zu beleidigen, trinkt Taco einen mit.
Mal eben zum Nachbarwirt hat nicht geklappt. Taco bringt System in die Sache. Taco on Kneipentour der etwas anderen Art. In Buer bei Nacht gibt es in riesiger Halle Techno bis die Ohren bluten contra Wohnzimmeratmosphäre mit Zapf­anlage. Bei Techno kann sich kein Mensch unterhalten, im Wohnzim­mer mit Zapfhahn kann jeder in Ruhe mit dem Papagei auf dem Tre­sen ein paar Worte wechseln.
Clubatmo verspiegelt gibt es gleich zweimal. Mit Kellnerinnen, die beides beherrschen, Getränke schleppen und Flirten gleichzeitig. Nur für Taco können sie nichts tun. Keine Kohlensäure zum Ausleihen. „Aber einen trinkst du mit!"
Buer hat sehr gute Italiener. Der eine ist so exklusiv, dass eine nor­male EC-Karte anfängt zu qual­men. „Teurer Freund!" Taco hat ein Glas in der Hand und hört mehr als zweihundert deutsch/italienische Worte die bedeuten: Keine Kohlen­säure.
Stellen Sie ein Bierglas auf eine Stadtkarte in gängigem Maßstab. Schon haben Sie unterm Glas Knei­pen für IG-Metaller und solche für Death Metaler. Eine Kneipe mit Tischen voller Junglyriker und Alt-Freaks. Die Lyriker sind genial, die Freaks genial daneben. In der Knei­pe hab ich mich übrigens selbst in den zwanzig kompliziertesten Jah­ren meines Lebens versteckt.
Im Dunkeln auf der Straße begegnet Taco dem Lecki. Der trägt zwar seinen selbst gegossenen Blei­helm auf dem Kopf, ist aber weder IG- noch Death-Metaller noch Lyri­ker oder Freak. Er trägt den Helm nur als Abwehr, weil er glaubt, Altkanzler Kohl wolle ihn mit unsichtbaren Strahlen wahnsinnig machen.
Von solchen wie Lecki erholt sich Taco bei Taccos (fast hätte ich den Mexikaner vergessen), oder in Fachwerkkneipen für Poahlbürger. Da gibt es keine Strahlen. Dafür ist dienstags Schnitzeltag.
Oder Taco erholt sich in Fussballkneipen, wo er am frühen Morgen auf seine Frage nach Kohlensäure die alte traurige Wahrheit erfährt: „Nichts ist scheißer als Platz zwei!"
Taco muss weiter. Über ein paar Ampeln. Rein in ein fein begon­nenes, inzwischen derb irisches Gelage. Manchmal unterliegt man ja bei einer irischen Orgie. Aber für Sicherheit ist gesorgt.
Der Chirurg, der sich im Kran­kenhaus mit Nadel und Faden über Tacos geplatzten Augenbrauen beugt, hat bis gerade noch neben ihm am Tresen getanzt. Kennt also seine komplette Vorgeschichte. Taco vertraut ihm.
„Kohlensäure?" fragt Taco. „Quatsch!" sagt hinter ihm der Anästhesist. „Davon krieg ich dich nicht in den Schlaf."

Quelle: Gelsenkirchen, Abenteuer Ruhrgebiet, Winfried F. Szodruch (Hrsg.), 2006
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Beitrag von Verwaltung »

WAZ hat geschrieben:Autor starb am Sonntag im Alter von 56 Jahren
Michael Klaus ist tot
Gelsenkirchen, 02.06.2008, hjl

Die Disziplin, mit der er seinen seit vielen Monaten stark beeinträchtigten Lebensalltag meisterte, war bis zuletzt bewundernswert. Am Sonntag machte sein geschwächter Körper nicht mehr mit: Michael Klaus starb im Alter von 56 Jahren.

Der Träger des Literaturpreises Ruhrgebiet (1991), einer der vielseitigsten Autoren in NRW, hat mit seinem letzten Roman sich einen Schwanengesang geschrieben: „Totenvogel, Liebeslied”. In dieser Erzählung verquirlt er mit für ihn typisch ironischer Distzanz eine Liebesgeschichte mit seinem Leidensweg. Krebs - die bittere Nachricht, die er immer wieder zu verdrängen versuchte und darauf mit Arbeitsbesessenheit reagierte. Er schrieb nicht nur diesen „Totenvogel”-Roman (welch' ein biografischer „Flügelschlag” im Titel) in den vergangenen zwei Jahren, sondern auch das Musical „Marilyn” (UA Berlin), Kurzgeschichten und - seit kurzem - an einem Drehbuch für die TV-Krimireihe „Lutter” (mit Joachim Krol). Dieser Text, zuletzt zusammen mit Lektorin Ute Langenbrink entwickelt, bleibt aus Klaus' Sicht ein Fragment. Michael Klaus, der auch das Libretto zum Schalke-Musical „04” verfasste, war unbequem - weil er sagte, was er dachte. Zuweilen nahm er die Rolle einer moralischen Instanz ein - in Sachen Gazprom, beim Verhältnis Reiche/Schwache, bei der Unterstützung für Kollegen in Ländern, in denen Schriftsteller verfolgt werden. Deshalb ließ er sich zum PEN-Vizepräsident wählen, um „authors in exile” (wie das Programm der „Poeten, Essayisten, Novellisten”, Abkürzung PEN) heißt, in Deutschland unter die Arme zu greifen: finanziell, sozial, kollegial. Er holte geflüchtete Autoren zu Lesungen und Gesprächen beispielsweise in die „Werkstatt”. Klaus schrieb Gedichte, Romane, Short Stories, Hörspiele, TV-Produktionen, Filmdrehbücher („Nordkurve”, Schimanski), Essays und setzte sich kritisch mit der Arbeiterliteratur auseinander („Otto Wohlgemuth und der Ruhrlandkreis”).
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Beitrag von Verwaltung »

WAZ hat geschrieben: Michael Klaus ist tot
Literat zu sein, war für ihn ein Privileg
Kultur, 02.06.2008, Hans-Jörg Loskill

Gelsenkirchen. Der Schriftsteller Michael Klaus, Träger des Literaturpreises Ruhrgebiet, ist mit 56 Jahren gestorben. Der vielseitige Autor schrieb auch das Libretto zum Schalke-Musical "Nullvier - Keiner kommt an Gott vorbei".

Nach langer schwerer Krankheit starb jetzt im Alter von 56 Jahren der Gelsenkirchener Schriftsteller Michael Klaus. Bis zuletzt arbeitete er an einem Drehbuch für die ZDF-Krimireihe "Lutter" (mit Joachim Kro?l). Dramaturgin Ute Langenbrink nimmt die Endfassung vor. 1991 wurde Klaus, ein enorm vielseitiger Autor, mit dem Literaturpreis Ruhrgebiet ausgezeichnet.

Er schrieb einige Romane - sein letzter wurde in der WAZ abgedruckt: "Totenvogel, Liebeslied" (Asso Verlag). Darin nahm er in ironischer Brechung sein eigenes Schicksal zum Anlass, die nüchterne Krankheitsgeschichte mit einem Neustart durch die Liebe zu einer Frau zu verbinden. Es bleibt sein Schwanengesang.
Kritische Distanz zur nostalgisch verklärten Arbeiterliteratur

Sein erster Förderer in Gelsenkirchen war Hugo Ernst Käufer als Leiter der Stadtbibliothek. Er sieht Klaus als "hochbegabten, schon damals durch seine literarische Klugheit auffälligen Kollegen", der als einer der ersten Revierautoren auf kritische Distanz zur nostalgisch verklärten Arbeiterliteratur ging ("Otto Wohlgemuth und der Ruhrlandkreis").

Gerd Herholz vom Literaturbüro Ruhrgebiet über Klaus: "Er gehört zu den Großen der Literatur, nicht nur des Ruhrgebiets, in eine Reihe mit Ralf Rothmann oder Nicolas Born. Am stärksten schrieb er über die Schwächen jener, die ins Verlieren investieren mussten. Nun werden ihn nicht nur seine lokalen Figuren überleben: Stehaufmännchen und -frauchen mit tragikomischer Tiefe, ihrem Mut zu Dünkel und Lächerlichkeit, ihrer verzweifelten Liebe zum Leben. Es wird Zeit, dass ihn ein großer Verlag aus den Nischen der verdienstvollen Kleinverlage holt." Ute Langenbrink schätzt seine "un-glaubliche Kraft und Kreativität bis zum letzten Tag". Die Literatur sei während der tödlichen Erkrankung die "Nabelschnur zum Leben" gewesen: "Als dies physisch nicht mehr möglich war, verabschiedete er sich leise. Ein herausragender deutscher Autor, der noch so viel plante."

Als PEN-Vizepräsident kümmerte sich Klaus, solange er es kräftemäßig schaffte, beim Programm "authors in exile" um Kollegen, die in Deutschland im Asyl lebten. Klaus damals: "Wenn man diese Schicksale hört oder erlebt, dann weiß man erst unseren Beruf in einer gesicherten Demokratie zu schätzen: Literat zu sein, ist ein Privileg."
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Beitrag von Preziosa »

WAZ hat folgendes geschrieben
Eine neue frische Stimme
Gelsenkirchen, 02.06.2008
Reaktionen zum Tod von Michael Klaus: Er entwickelte sich im Laufe der vergangenen 20 Jahre zu einer moralischen Instanz, auch als deutscher PEN-Vizepräsident

Zum Tod von Autor Michael Klaus, einem der bekanntesten Revier-Literaten seit über 20 Jahren, sprach die WAZ mit Zeitgenossen, Kollegen, Förderern.

Gerd Herholz (Literaturbüro Ruhrgebiet): "Klaus gehört zu den Großen der Literatur, nicht nur im Ruhrgebiet, er darf in einer Reihe mit Ralf Rothmann oder Nicolas Born genannt werden. Am stärksten schrieb er über die Schwächen jener, die ins Verlieren investieren mussten. Nun werden ihn nicht nur seine lokalen Figuren überleben: Stehaufmännchen und -frauchen mit tragikomischer Tiefe, ihrem Mut zu Dünkel und Lächerlichkeit, ihrer verzweifelten Liebe zum Leben. Klaus war und ist ein großer Autor nicht allein kleiner Texte. Es wird Zeit, dass ihn ein großer Literaturverlag aus den Nischen der verdienstvollen Kleinverlage heraus holt. Ich muss dann nicht zu sehr getröstet werden, weil Michael jetzt tot ist, und bin nicht so traurig, weil seine sehr haltbaren menschenfreundlichen Texte oft schon nach Erscheinen verschollen waren statt in ganz Deutschland vergriffen."

Hugo Ernst Käufer (Ex-Bibliotheksdirektor und erster Förderer von M.K.): "Ich habe ihn von Beginn an geschätzt. Er fiel mir schon mit den ersten Gedichten auf. Später hat er ein wichtiges Buch über die Arbeiterliteratur geschrieben: Otto Wohlgemuth und der Ruhrlandkreis. Damit verabschiedete er sich von nostalgischer Patina dieses Bereichs. Er gab der Revierliteratur eine neue, frische Stimme."

Peter Rose (Ex-Kulturdezernent): "Er war immer einer der aktivsten im literarischen Betrieb der Region. Ich habe seine Konsequenz geschätzt - beruflich, privat, moralisch, politisch. Dass er nicht Lehrer - nach dem Studium - wurde, halte ich auch für ihn stimmig. Er fuhr nie die bequeme Linie. Er hat sein Schaffen ungemein professionell betrieben - bis zu seinem Tod."

Ute Langenbrink (Asso-Verlag und Mitarbeiterin beim "Lutter"-Film): "Ich war zuletzt sehr nah dran an dem Autor und Menschen Michael Klaus. Unter den physischen Bedingungen, die er fast bedürfnislos akzeptierte, kämpfte er mit unglaublicher Kreativität, Kraft und Selbstdisziplin. Die Literatur war für ihn die Nabelschnur zum Leben. Diese riss jetzt. Leider."

Sabine Piechaczek (Buchhandlung Junius): "Ich habe sehr schöne Erinnerungen an zwei Lesungen mit ihm. Er war so humorvoll, vital, geistreich und in seinen Satiren herrlich frech."

Claudia Lüke (Projektmitarbeiterin, seit langem eine gute Bekannte): "Das war ein toller Freund, ein Menschenversteher, ein kluger Kopf auf fast allen Gebieten. Mit ihm verliert Gelsenkirchen einen der wichtigsten Kulturträger. Er war schon gleich beim ersten Gespräch sofort kreativ."

Dirk Maischak (Gesellschaft Preziosa): "Wir hatten soviel mit Autor Klaus vor. Er wollte komische Mini-Szenen für uns schreiben. Er machte uns Mut zu neuen Themen, wir machten ihm Mut - zum Leben. Den Kampf hat er verloren." HJL
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