St. Josef - Ückendorfer Straße
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Wow, diese Ansicht ist der Hammer.
Denn es ist nicht nur die Kath. Pfarrkirche St. Josef – so heißt sie mit vollem Namen – in ihrem Orignalzustand zu sehen (im Krieg wurde sie schwer beschädigt und danach nicht mehr in dieser aufwendigen Form rekonstruiert),
sondern man sieht - viel wichtiger - im Vordergrund auch den ganz „jungen“ Pestalozzihain.
Dieser Hain war zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche angelegt worden; die jungen Bäumchen entlang des Rundwegs sind heute mehr als 100 Jahre alt und haben diese Anlage zu einem merkwürdig winzigen Park werden lassen, der die auf der Postkarte gezeigte Ansicht verbirgt. Interessant übrigens: Schon damals gab es in der Mitte des Hains eine Art Platz. Dieser war in den 70ern und 80ern zu einer Rollschuhbahn verkommen, die aufgrund der durchgewachsenen Baumwurzeln nie zu benutzen war. Vor einigen Jahren hat man die Stelle begrünt und allseits die „Wiederherstellung des Parks“ gefeiert. Zu Unrecht: Die Fläche war – wie das Foto beweist - ursprünglich als eine Art Dorfplatz angelegt.
Das schlanke Dach des Kirchturms ist übrigens im Krieg brennend in Richtung auf die im Hintergrund abgebildeten Häuser gestürzt; der Wetterhahn ist im Schlafzimmer des dort wohnenden Küsters Anton Kramer aufgeschlagen. Aus Geldmangel hat man diese schlanke Dachkonstruktion später nicht wiederhergestellt und sich auf ein breites und wesentlich flacheres Dächlein beschränkt. Heute gibt’s da oben übrigens als Mauerwerk getarnte Mobilfunkantennen.
Die meisten bekannten alten Aufnahmen zeigen St. Josef von seiner Vorder- oder von der dieser Ansicht gegenüberliegenden Seite. Das Foto ist also ein wirkliches Kleinod!
Übrigens: Ückendorf wuchs zu Zeiten der Industrialisierung so rasant, dass die Pfarrgemeinde St. Josef in den 20er Jahren die größte Katholische Gemeinde Deutschlands war (!). Weil die abgebildete Kirche bei weitem nicht ausreichte, allen Schäfchen im Gottesdienst einen Platz zu bieten, beschloss man, an der Bochumer Straße die Heilig-Kreuz-Kirche zu bauen, die wiederum zu den Hauptwerken des deutschen Backsteinexpressionsmus zählt (m.E. steht sie manchmal viel zu sehr im Schatten des Hans-Sachs-Hauses). Das ist aber einen neuen „Thread“ wert...
J.
Denn es ist nicht nur die Kath. Pfarrkirche St. Josef – so heißt sie mit vollem Namen – in ihrem Orignalzustand zu sehen (im Krieg wurde sie schwer beschädigt und danach nicht mehr in dieser aufwendigen Form rekonstruiert),
sondern man sieht - viel wichtiger - im Vordergrund auch den ganz „jungen“ Pestalozzihain.
Dieser Hain war zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche angelegt worden; die jungen Bäumchen entlang des Rundwegs sind heute mehr als 100 Jahre alt und haben diese Anlage zu einem merkwürdig winzigen Park werden lassen, der die auf der Postkarte gezeigte Ansicht verbirgt. Interessant übrigens: Schon damals gab es in der Mitte des Hains eine Art Platz. Dieser war in den 70ern und 80ern zu einer Rollschuhbahn verkommen, die aufgrund der durchgewachsenen Baumwurzeln nie zu benutzen war. Vor einigen Jahren hat man die Stelle begrünt und allseits die „Wiederherstellung des Parks“ gefeiert. Zu Unrecht: Die Fläche war – wie das Foto beweist - ursprünglich als eine Art Dorfplatz angelegt.
Das schlanke Dach des Kirchturms ist übrigens im Krieg brennend in Richtung auf die im Hintergrund abgebildeten Häuser gestürzt; der Wetterhahn ist im Schlafzimmer des dort wohnenden Küsters Anton Kramer aufgeschlagen. Aus Geldmangel hat man diese schlanke Dachkonstruktion später nicht wiederhergestellt und sich auf ein breites und wesentlich flacheres Dächlein beschränkt. Heute gibt’s da oben übrigens als Mauerwerk getarnte Mobilfunkantennen.
Die meisten bekannten alten Aufnahmen zeigen St. Josef von seiner Vorder- oder von der dieser Ansicht gegenüberliegenden Seite. Das Foto ist also ein wirkliches Kleinod!
Übrigens: Ückendorf wuchs zu Zeiten der Industrialisierung so rasant, dass die Pfarrgemeinde St. Josef in den 20er Jahren die größte Katholische Gemeinde Deutschlands war (!). Weil die abgebildete Kirche bei weitem nicht ausreichte, allen Schäfchen im Gottesdienst einen Platz zu bieten, beschloss man, an der Bochumer Straße die Heilig-Kreuz-Kirche zu bauen, die wiederum zu den Hauptwerken des deutschen Backsteinexpressionsmus zählt (m.E. steht sie manchmal viel zu sehr im Schatten des Hans-Sachs-Hauses). Das ist aber einen neuen „Thread“ wert...
J.
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Kirche St. Josef, Ückendorf
Hier noch ein Bild der Pfarrkirche St. Josef vor der Zerstörung 1943.
Der Kirchturmhahn von St. Josef
Bei einem der vielen Bombenangriffe wurde in den letzten Kriegsjahren Gelsenkirchen angegriffen. Auch die Pfarrkirche St. Josef in Ückendorf bekam schwere Treffer ab. Eine Phosporbrandbombe traf am 29. September 1943 direkt die Spitze des Kirchturms. Der Kirchturm und damit die schöne Orgel brannte aus, Dach und Fenster wurden zerstört. Der gut 1½ m große, goldene Hahn auf der Kirchturmspitze konnte sich dort nicht mehr halten.
Aber statt einfach zu Boden zu stürzen, wählte der Hahn einen Segelflug zur anderen Straßenseite. Im Haus gegenüber wohnte damals der „Küster von St. Jupp“ (Anton Kramer). Seine Wohnung war das Ziel des Kirchturmhahnes. Er durchschlug das Fenster und etwas von der Wand … und kam unter dem Bett des Küsters zur Ruhe. In diesem Versteck überdauerte der Hahn den Bombenangriff und konnte später, nach dem Krieg, seinen Platz auf der Kirchturmspitze wieder einnehmen.
Der Kirchturmhahn von St. Josef
Bei einem der vielen Bombenangriffe wurde in den letzten Kriegsjahren Gelsenkirchen angegriffen. Auch die Pfarrkirche St. Josef in Ückendorf bekam schwere Treffer ab. Eine Phosporbrandbombe traf am 29. September 1943 direkt die Spitze des Kirchturms. Der Kirchturm und damit die schöne Orgel brannte aus, Dach und Fenster wurden zerstört. Der gut 1½ m große, goldene Hahn auf der Kirchturmspitze konnte sich dort nicht mehr halten.
Aber statt einfach zu Boden zu stürzen, wählte der Hahn einen Segelflug zur anderen Straßenseite. Im Haus gegenüber wohnte damals der „Küster von St. Jupp“ (Anton Kramer). Seine Wohnung war das Ziel des Kirchturmhahnes. Er durchschlug das Fenster und etwas von der Wand … und kam unter dem Bett des Küsters zur Ruhe. In diesem Versteck überdauerte der Hahn den Bombenangriff und konnte später, nach dem Krieg, seinen Platz auf der Kirchturmspitze wieder einnehmen.
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Hallo Zusammen,Josel hat geschrieben:
sondern man sieht - viel wichtiger - im Vordergrund auch den ganz „jungen“ Pestalozzihain.
Dieser Hain war zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche angelegt worden; die jungen Bäumchen entlang des Rundwegs sind heute mehr als 100 Jahre alt und haben diese Anlage zu einem merkwürdig winzigen Park werden lassen, der die auf der Postkarte gezeigte Ansicht verbirgt. Interessant übrigens: Schon damals gab es in der Mitte des Hains eine Art Platz. Dieser war in den 70ern und 80ern zu einer Rollschuhbahn verkommen, die aufgrund der durchgewachsenen Baumwurzeln nie zu benutzen war. Vor einigen Jahren hat man die Stelle begrünt und allseits die „Wiederherstellung des Parks“ gefeiert. Zu Unrecht: Die Fläche war – wie das Foto beweist - ursprünglich als eine Art Dorfplatz angelegt.
J.
unter dem Pestalozzihain befand sich auch ein Bunker aus dem 2. WK. Der Eingang war so ziemlich in der Mitte der beiden Kirchen und war von der Ückendorferstr. aus im Gebüsch versteckt. Man konnte am Eingang einen Totenkopf erkennen. Der Eingang war aber ziemlich verwachsen und mit der "Wiederherstellung des Parks" verschwunden. Ob der Bunker nach dem Krieg oder wann auch immer verfüllt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.
Glückauf
Der Feldmarker
Nochmal wow!
Das erste der obigen drei Bilder zeigt die evangelische Nicolaikirche in Ückendorf und davor wieder den ganzen jungen Pestalozzihain. Es scheint fast so, als sei dieses Foto nahezu am gleichen Standort wie das Ausgangsfoto von der St.Josef-Kirche gemacht worden; es liegen lediglich ein paar Schritte zwischen den Aufnahmeorten.
Ansonsten fällt mir grad auf, dass ich von der Nicolaikirche kaum was weiß. Sie ist etwas älter als die St. Josefs-Kirche. Nachdem sich die Ückendorfer Bauern zum Teil für den Katholizismus entschieden hatten (wie etwa die Familie Dördelmann, nach der heute die Straße "Am Dördelmannshof" benannt ist), zum Teil aber auch evangelisch wurden (wie etwa die Famile Große Grollmann, nach der die "Grollmannstraße" benannt ist), ging man natürlich auch beim Kirchenbau getrennte Wege.
Die GBAG (Gelsenkirchener Bergbau AG) hat dieses Kirchenbauen nachhaltig finanziell unterstützt (bei der St-Josefskirche bspw. durch die Schenkung des Grundstücks), und Kirdorf hat das PR-mäßig jahrzehntelang für sich ausgeschlachtet. In Wahrheit war er aber nach den preußischen Berggesetzen verpflichtet, solche Infrastruktureinrichtungen zu schaffen. Das gilt auch für die Ückendorfer Schulen.
Der Innenraum der Nicolaikirche ist jedenfalls wesentlich weniger protzig als der der St-Josefs-Kirche; sie kommt halt evangelisch-elegant daher und konzentriert sich auf das Wesentliche.
J.
Das erste der obigen drei Bilder zeigt die evangelische Nicolaikirche in Ückendorf und davor wieder den ganzen jungen Pestalozzihain. Es scheint fast so, als sei dieses Foto nahezu am gleichen Standort wie das Ausgangsfoto von der St.Josef-Kirche gemacht worden; es liegen lediglich ein paar Schritte zwischen den Aufnahmeorten.
Ansonsten fällt mir grad auf, dass ich von der Nicolaikirche kaum was weiß. Sie ist etwas älter als die St. Josefs-Kirche. Nachdem sich die Ückendorfer Bauern zum Teil für den Katholizismus entschieden hatten (wie etwa die Familie Dördelmann, nach der heute die Straße "Am Dördelmannshof" benannt ist), zum Teil aber auch evangelisch wurden (wie etwa die Famile Große Grollmann, nach der die "Grollmannstraße" benannt ist), ging man natürlich auch beim Kirchenbau getrennte Wege.
Die GBAG (Gelsenkirchener Bergbau AG) hat dieses Kirchenbauen nachhaltig finanziell unterstützt (bei der St-Josefskirche bspw. durch die Schenkung des Grundstücks), und Kirdorf hat das PR-mäßig jahrzehntelang für sich ausgeschlachtet. In Wahrheit war er aber nach den preußischen Berggesetzen verpflichtet, solche Infrastruktureinrichtungen zu schaffen. Das gilt auch für die Ückendorfer Schulen.
Der Innenraum der Nicolaikirche ist jedenfalls wesentlich weniger protzig als der der St-Josefs-Kirche; sie kommt halt evangelisch-elegant daher und konzentriert sich auf das Wesentliche.
J.
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- Ego-Uecke
- † 17. 10. 2019, War Mitglied der Verwaltung
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- Registriert: 24.02.2007, 10:43
- Wohnort: Gelsenkirchen-Ückendorf
Die evangelische Nicolai-Kirche wurde 1894 eingeweiht, 1896 folgte die katholische Kirche. Durch die Reformation schlossen sich damals die Familien der Höfe Große Grollmann, Schmidt, Thomas, Boecke, Schroer und Peddenkemper dem evangelischen Glauben an.
Zum katholischen Glauben bekannten sich weiterhin die Familien Backs, Tiemann, Große Kämper, Krahwinkel, Fennebusch, Hohfeld, Schüffler, Schäfer, Fellermann, Schulte im Hofe, Niermann, Frochtwinkel, Dördelmann, Lindemann, Altegarte, Abbendieck, Brüggemann, Schulte Spelberg, Schäfer Holthoff, Wegmann, Sonntag, Büscher, Gantenberg, Barenscheid, Goßmann und Kleine Grollmann. Einen finanziellen Grundstock für den Bau der Josefs-Kirche bildete das Erbe Kleine Grollmann.
Diese Informationen entnehme ich der Festschrift "100 Jahre St. Josef". Möglicherweise ist das auch eine vollständige (?) Aufzählung der damaligen Höfe von Uckinthorp.
Die GBAG soll nicht nur das Grundstück der katholischen Kirche, sondern auch den Baugrund der evangelischen Kirche sowie die Fläche des Pestalozzihains (hieß der nicht auch mal "Kirdorf-Hain"? Oder war das ein anderer Park?) "geschenkt" haben.
Dabei hat Josel recht, das von einer "Schenkung" eigentlich nicht gesprochen werden kann, weil eine Verpflichtung zur Überlassung solcher "Infra-Struktur-Flächen" bestand. Auch der Baugrund der "Alten Schule" soll aus einer solchen Überlassung stammen.
Aber hierbei bewege ich mich auf dem Gebiet von "Hören-Sagen", was schriftlich belegbares liegt mir nicht vor.
Zum katholischen Glauben bekannten sich weiterhin die Familien Backs, Tiemann, Große Kämper, Krahwinkel, Fennebusch, Hohfeld, Schüffler, Schäfer, Fellermann, Schulte im Hofe, Niermann, Frochtwinkel, Dördelmann, Lindemann, Altegarte, Abbendieck, Brüggemann, Schulte Spelberg, Schäfer Holthoff, Wegmann, Sonntag, Büscher, Gantenberg, Barenscheid, Goßmann und Kleine Grollmann. Einen finanziellen Grundstock für den Bau der Josefs-Kirche bildete das Erbe Kleine Grollmann.
Diese Informationen entnehme ich der Festschrift "100 Jahre St. Josef". Möglicherweise ist das auch eine vollständige (?) Aufzählung der damaligen Höfe von Uckinthorp.
Die GBAG soll nicht nur das Grundstück der katholischen Kirche, sondern auch den Baugrund der evangelischen Kirche sowie die Fläche des Pestalozzihains (hieß der nicht auch mal "Kirdorf-Hain"? Oder war das ein anderer Park?) "geschenkt" haben.
Dabei hat Josel recht, das von einer "Schenkung" eigentlich nicht gesprochen werden kann, weil eine Verpflichtung zur Überlassung solcher "Infra-Struktur-Flächen" bestand. Auch der Baugrund der "Alten Schule" soll aus einer solchen Überlassung stammen.
Aber hierbei bewege ich mich auf dem Gebiet von "Hören-Sagen", was schriftlich belegbares liegt mir nicht vor.
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Straßennamen
Hatte Ende letzten Jahres viel in Ückendorf zu tun und da fällt mir auf, daß fast die Hälfe dieser Namen heute in Straßennamen weiterlebt.Ego-Uecke hat geschrieben:Zum katholischen Glauben bekannten sich weiterhin die Familien Backs, Tiemann, Große Kämper, Krahwinkel, Fennebusch, Hohfeld, Schüffler, Schäfer, Fellermann, Schulte im Hofe, Niermann, Frochtwinkel, Dördelmann, Lindemann, Altegarte, Abbendieck, Brüggemann, Schulte Spelberg, Schäfer Holthoff, Wegmann, Sonntag, Büscher, Gantenberg, Barenscheid, Goßmann und Kleine Grollmann.