Antwort #102 am: Mai 06, 2006, 18:39:38
Zugereister:
Ich kopier mal die Petition des Bürgerforums hier hin, hoffe es ist okay. Mir scheint Zeit zum Nachdenken + Abrißstopp durchaus angebracht.
Gruß
Das „Bürgerforum HSH“ hat folgende Petition vorbereitet:
Gelsenkirchen, 28. Februar 2006
An den
Minister für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen,
Herrn Oliver Wittke, 40217 Düsseldorf, Elisabethstr. 5 -11
Sehr geehrter Herr Minister Wittke!
Wir, die - unterzeichnenden Bürgerinnen und Bürger aus Gelsenkirchen und interessierte Fachleute aus anderen Teilen Deutschlands - sind irritiert und bestürzt, daß die Stadt Gelsenkirchen das Hans-Sachs-Haus abbrechen will und schon alle Vorbereitungen für einen kurzfristigen Einsatz der Bagger getroffen hat.
• Vor einigen Jahren ist von uns - und sicher auch von sehr vielen anderen Menschen - begrüßt worden, daß das Hans-Sachs-Haus renoviert werden soll. Jetzt scheint das Projekt in einer Katastrophe zu enden.
• Einerseits wird oft bei Trägheit oder Ängstlichkeit zur Selbstentschuldigung gesagt, „Wer nichts macht, macht auch keine Fehler“. Andererseits hätten nun viele Menschen dafür Verständnis, wenn Fehler zugegeben würden und versucht würde, aus ihnen zu lernen. Jedenfalls sollte nicht gerade ein bedeutendes Bauwerk dafür büßen müssen, daß falsche Wege bei der Einleitung seiner Sanierung gegangen wurden.
• Noch ist es nicht zu spät zur Umkehr, noch halten kompetente Fachleute eine Wiederherstellung oder die Integration z. B. von Teilen der Fassade in einen Neubau möglich.
Sehr geehrter Herr Wittke,
wir bitten Sie deshalb in Ihrer Funktion als Leiter der Obersten Denkmalbehörde darum, auf die Stadt hinzuwirken, den sofortigen Abriß auszusetzen und noch eine konstruktive „Denkpause“ einzulegen.
Wir bitten Sie, trotz der bekannten Finanzsituation des Landes zu überlegen, ob der Stadt Gelsenkirchen bei einer „Einsicht in letzter Minute“ kurz – oder mittelfristig durch das Land geholfen werden kann, z. B. für denkmalpflegerische Mehraufwendungen bei der Sicherung und Integration der Fassaden, bei der Honorierung eines externen sachkundigen Moderators oder der Finanzierung einer neutralen Bauuntersuchung zur realistischen Schadenserfassung und einer denkmalgerechten objektadäquaten Prüfstatik.
Es kann doch nicht sein, daß einerseits das Land in Gelsenkirchen ein Zentrum für „Stadt Bau Kultur“ eingerichtet hat - und wenige hundert Meter davon entfernt wird ein wichtiges Objekt der deutschen Baugeschichte leichtfertig zerstört. Das wäre keine Visitenkarte für eine Europäische Kulturhauptstadt!
In der Hoffnung auf das bereitwillige Ausschöpfen Ihres Handlungsrahmens unterzeichen diese Petition als Sprecher des „Bürgerforum HSH“:
• Dr. Lutz Heidemann, Stadtplaner und Bauhistoriker, GE;
• Kai Kühmichel, Architekt und Stadtplaner, GE;
• Karin Powileit, Architektin, Aachen und GE
Weiterhin haben u.a. bereits mitgezeichnet:
Susanne Abeck, Geschäftsführerin des Forums Geschichtskultur an Ruhr und Emscher; Prof. Bernd Borghoff, Architekt, Aachen und GHS Siegen; Jürgen Dzudzek, 1. Vors. Heimatbund Gelsenkirchen; Anna und Heiner Grahs, Pädagogen GE; Prof. Dr. Roland Günter, OB-Eisenheim; Prof. Anne Klasen-Habeney, Architektin Aachen; Hans-Joachim Koenen, Statiker ISP-Stahlbauplanung DU und GE; Bernhard Küppers, Architekt Bottrop; Helga Langweg, GE Steinkuhle13; Mark Mefsut, Dramaturg Neue Philharmonie Westfalen, RE; Dr. Rainer Norten, Architekt GE; Prof. Dr. Wolfgang Pehnt, Bauhistoriker, Köln und RUB Bochum; Prof. Stefan Polonyi, Statiker Köln; Karlheinz Rabas, Stadtteilarchiv Rotthausen; Karl-Heinz Rotthoff, Architekt, GE Ückendorfer Str. 163; Theresia Samsel, GE Teichstr. 6; Inge Scharf, GE Overwegstr. 32; Prof. Peter Zlonicky, Stadtplaner und Architekt, München;
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Freunde des Hans-Sachs-Hauses,
wir bitten Sie, sich dieser Petition anzuschließen und auch andere für diesen Weg zu gewinnen. Wir wollen einen Neuanfang!
Millionen sind ausgegeben worden; der sofortige Abbruch schafft sie auch nicht wieder herbei. Ein „Anknüpfen“ an das bestehende Gebäude ist die beste Garantie für eine
qualitätvolle Lösung.
Denken Sie an das 1970 abgebrochene Rathaus am Machensplatz!
Wer sich daran erinnern kann, bedauert diesen Akt von Kurzsichtigkeit noch immer.
Wir haben Ihnen eine Kopie dieses Textes zum Mitnehmen vorbereitet, damit Sie wissen, wogegen Sie protestiert haben – und das vielleicht auch später Ihren Kindern zeigen können.
Name, Vorname, ggf. Beruf oder Funktion, ggf. Anschrift, Datum
Das „Bürgerforum HSH“ ist ein über den Parteien stehender Zusammenschluß von interessierten Menschen aus Gelsenkirchen und dem Ruhrgebiet. Kontaktadresse für Fragen und Antworten:
Dr. Lutz Heidemann, Goethestr. 17; 45894 GE-Buer – oder:
heidemann.lutz@t-online.de
Gelsenkirchen, 28. Februar 2006
Das „Bürgerforum HSH“ hat folgende Petition vorbereitet und wendet sich damit:
An den
Petitionsausschuß des Landtages NW
Postfach 10 11 43; 40002 Düsseldorf
Sehr geehrte Damen und Herren!
In Gelsenkirchen soll das Hans-Sachs-Haus (HSH) abgebrochen werden. Es wurde von Alfred Fischer, einem bedeutenden Architekten der frühen Moderne entworfen, und war anfangs ein interessanter Vielzweckbau und seit 1950 der Sitz von Rat und Verwaltung. Die künstlerische, städtebauliche und stadtgeschichtliche Bedeutung des Gebäudes steht außer Zweifel. Die lange unterbliebene gründliche Renovierung sollte über ein PPP-Modell finanziert werden. Doch die eingeschalteten Planer und Bauunternehmer hatten wohl kaum Erfahrungen mit Baudenkmälern und der Reparatur von Bauschäden. Sie legten offensichtlich Neubaustandards an und so explodierten die errechneten Bausummen. Hinzu kam, daß das Projekt stark „politisiert“ wurde.
Inzwischen hat das Westfälische Amt für Denkmalpflege dem Abriß zugestimmt, eine Entscheidung, die für uns unverständlich ist, deren Argumente auch nicht offengelegt wurden. Der Landeskonservator hat nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Minister für Städtebau als „Oberste Denkmalbehörde“ anzurufen. Ob sich früher das Amt bei der Benehmensherstellung über das Renovierungskonzept nicht energisch genug gegen einen falschen Weg hat wehren können und wollen, ist eine der vielen offenen Fragen.
Nach der gesetzlichen Definition ist ein Denkmal ein Gebäude, an dessen Erhalt ein öffentliches Interesse besteht. Auch seiner Funktion nach ist das HSH ein öffentliches Gebäude. Die Beschlußfassung des Rates über den Abriß geschah in einer nichtöffentlichen Sitzung. Das ist schon ein Zeichen dafür, daß kritische Fragen der Öffentlichkeit nicht geschätzt wurden.
Bei der Beratung und Beschlußfassung ist es zu einer unguten Vermengung von zwei ganz unterschiedlichen Dingen gekommen: der - wahrscheinlich - richtigen Auflösung des Vertrages mit dem Investor und dem weiteren Vorgehen mit dem Gebäude. Nach unserer Information sind die Entscheidungen für den Abriß auf der Grundlage von Zahlen getroffen worden, deren Ermittlung nach großer Wahrscheinlichkeit nicht „neutral“ und zu sehr auf die Vorgehensweise eines Generalunternehmers ausgerichtet war. (Einsatz von teurem Großgerät, hohe finanzielle Risiko-Absicherungen, auf Neubau-Standard ausgelegte hohe Sicherheitszuschläge, schematische statische Berechnungsmethoden u.ä.)
• Wir fordern ein Aussetzen des Abrißbeschlusses. Wir wissen uns keinen anderen Weg mehr als den einer Petition an den Landtag. Noch ist nach Einschätzung von Fachleuten eine Wiederherstellung möglich oder die Integration z. B. von Teilen der Fassade in einen Neubau.
• Wir wenden uns an Sie, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, als unsere politischen Vertreter auf Landesebene, hier schnell zu helfen und eine Fehlentwicklung aufzuklären und wieder „einzurenken“.
• Das für die Geschichte der Stadt Gelsenkirchen wichtige Gebäude soll nicht durch vorschnellen Abbruch dafür büßen müssen, daß mit falschen Wegen die Sanierung eingeleitet wurde. Wenn das geschehen würde, wäre es leider auch nicht das erste Rathaus der jungen Stadt Gelsenkirchen, denn bereits 1970 wurde das neugotische Rathaus am Machensplatz abgerissen, ein Werk des Kölner Diözesanarchitekten Heinrich Wiethase.
• Wir sehen die tiefere Ursache in dem jetzt eingetretenen Dilemma des Sich-Anvertrauens an „Kredit-Haie“ in der chronischen Unterfinanzierung der Gemeinden. Deshalb richten wir außer der Bitte um Hilfe in dem konkreten Fall des HSH auch den Appell an den Landtag, in der anstehenden Föderalismus-Diskussion die Rolle der Gemeinden als handlungsfähige Selbstverwaltungskörperschaften zu stärken. Als zwischen 1975 und 1980 aus der Mitte des Landtages heraus das Denkmalschutzgesetz entwickelt wurde, war eine so schwache Rolle der Gemeinden nicht vorstellbar gewesen. Doch auch Gemeinden sollten sich der Grundgesetz-Verantwortung stellen, daß „Eigentum verpflichtet“.
• Auch ein weiterer institutioneller Mangel des DSchG NW wird nun sichtbar: Der im Gesetz unter § 23(1) vorgesehene Landesdenkmalrat, ein für solche Fälle geeignetes Appellations- und Beratungsgremium, ist nie richtig eingesetzt worden.
Dr. Lutz Heidemann, Stadtplaner und Bauhistoriker, GE;
Kai Kühmichel, Architekt und Stadtplaner, GE;
Karin Powileit, Architektin, Aachen und GE
Weiterhin haben u.a. bereits mitgezeichnet:
Susanne Abeck, Geschäftsführerin des Forums Geschichtskultur an Ruhr und Emscher; Prof. Bernd Borghoff, Architekt, Aachen und GHS Siegen; Jürgen Dzudzek, 1. Vors. Heimatbund Gelsenkirchen; Anna und Heiner Grahs, Pädagogen GE; Prof. Dr. Roland Günter, OB-Eisenheim; Prof. Anne Klasen-Habeney, Architektin Aachen; Hans-Joachim Koenen, Statiker ISP-Stahlbauplanung DU und GE; Bernhard Küppers, Architekt Bottrop; Helga Langweg, GE Steinkuhle13; Mark Mefsut, Dramaturg Neue Philharmonie Westfalen, RE; Dr. Rainer Norten, Architekt GE; Prof. Dr. Wolfgang Pehnt, Bauhistoriker, Köln und RUB Bochum; Prof. Stefan Polonyi, Statiker, Köln; Karlheinz Rabas, Stadtteilarchiv Rotthausen; Karl-Heinz Rotthoff, Architekt, GE Ückendorfer Str. 163; Theresia Samsel, GE Teichstr. 6; Inge Scharf, GE Overwegstr. 32; Prof. Peter Zlonicky, Stadtplaner und Architekt, München;
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Freunde des Hans-Sachs-Hauses,
wir bitten Sie, sich auch noch dieser Petition anzuschließen!
Name, Vorname, ggf. Beruf oder Funktion, ggf. Anschrift , Datum
Das alte 1970 abgebrochene Rathaus am Machensplatz.
Das „Bürgerforum HSH“ ist ein über den Parteien stehender Zusammenschluß von interessierten Menschen aus Gelsenkirchen und dem Ruhrgebiet. Kontaktadresse für Fragen und Antworten:
Dr. Lutz Heidemann, Goethestr. 17; 45894 GE-Buer – oder:
heidemann.lutz@t-online.de