Und das sagt die WAZ zu unseren Filmen

Wir wollen gemeinsam hier mit anderen interaktiv Spuren und Zeugnisse der Einmischung Gelsenkirchener Bürger ins sozi-kulturelle kommunale Leben sammeln.
Wir möchten damit nicht nur Geschichte(n) bewahren, sondern auch Mut machen, das Zusammenleben in dieser Stadt trotz aller Hindernisse aktiv zu gestalten.

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Und das sagt die WAZ zu unseren Filmen

Beitrag von Verwaltung »

Tante Monika is not amused Ein Sommermärchen Stadtgeschichte Politik Und sonst noch. . .

Bild
GEfilmt: (von oben): WM, Hans-Sachs-Haus, Werner Kuhlmann, der alte Bahnhof, Tante Monika, der Abriss des alten Bahnhofs, Gerd Schulte. Montage: WAZ, Martin Möller

Internet-Suchmaschine spuckt zum Stichwort "Gelsenkirchen" auch viele Filme aus.

Von der Einweihung der U-Bahn über WM-Roadtrips bis hin zur Sprengung des Hasseler Schornsteins


Im Internet gibt es bekanntlich nichts, was es nicht gibt. Auch Videos finden sich im www, zu Hunderttausenden, ach was: Millionen. Hochgeladen von Firmen, Vereinen, Parteien, Institutionen und Künstlern (oder solchen, die sich dafür halten). Doch gerade auch der ganz normale Internet-Nutzer ist es, der sich und seine Umwelt mit bewegten Bildern präsentiert. Skurriles ist darunter, Witziges, aber auch Nachdenkliches und Zweifelhaftes. Videos in und aus Gelsenkirchen: eine Reise durch das Netz am Ende des Jahres 2006 - mit Hilfe der Suchmaschine Google.

Die Fußball-WM vor Ort, die hat der Journalist und Filmemacher Jörg Seveneick in seinem Film "Wie im Rausch" dokumentiert. Ganz andere Beiträge über das Sommermärchen an der Emscher haben Fans ins Internet gestellt. Nur wenige Sekunden dauern die Filme meist, festgehalten mit dem Handy und bei Google hochgeladen. Wer sie sich im Block anschaut, erhält die persönlichen Erinnerungen von Besuchern an diese Stadt und ihre Atmosphäre während der WM; ungeschminkt, ungeschnitten - aber dennoch oft kommentiert.

Da sind etwa die Jungs aus England, die mit dem Auto von der Insel kommen und in Gelsenkirchen ihr Quartier aufschlagen. "Gelsenkirchen Roadtrip" nennen sie ihre Reise nach Germany, die sie mit einem Dutzend Handy-Videos dokumentieren. Mit nacktem Oberkörper sitzen sie da im Amphitheater, schauen sich bierselig das Spiel Deutschland gegen Argentinien an, sie springen im Nordsternpark von der Brücke in den Kanal (wohl nicht weniger bierselig) und filmen sich des Nachts im Zelt (zu sehen außer Schwärze: nur die nackten Zehen der Hauptdarsteller). Und sie zeigen eine Fahrt im Pkw: Margherita nennen die Engländer die Frau, die sie durch Gelsenkirchen fährt, und auch dafür wird sie gelobt: "Very nice", sagt einer in die Handy-Kamera und "a very lovely woman".

Weitere Sekunden-Zeugnisse des Jahrhundert-Sommers: Besucher aus aller Welt filmen das pralle Leben auf der Bahnhofstraße, in der Kampfbahn, vor und in der Arena. Oder: Da singen amerikanische Fans in Stars and Stripes ihre Nationalhymne in der rollenden U-Bahn, zeigt ein Fan den Siegtreffer beim Elfmeterschießen zwischen England und Portugal aus der Sicht seines Platzes, schneidet ein Fan den Auftritt von Bryan Adams beim Fan-Fest mit. "Hearts of Fire" im Juni und Juli 2006 . . .

STADTGESCHICHTE

Das Internet ist ein Füllhorn für diejenigen, die eintauchen wollen in das "alte" Gelsenkirchen. Wer Zeit hat, begebe sich als Einführung auf eine "kleine Stadtrundfahrt". So klein ist die nicht, denn sie dauert 48 Minuten, präsentiert werden Schwarz-Weiß-Bilder von Ostern 1983. Dass diese wackeln, hat seinen Grund: "Die Aufnahmen habe ich mit Ralph V. vom Motorrad aus gemacht", erklärt der Filmemacher in einem kleinen Begleittext. Er hat einfach draufgehalten: auf den Bahnhof, die Post, den Tossehof.

Aus dem selben Jahr: Hochofenimpressionen aus dem Süden, acht Minuten lang. Da steht es wieder, das wuchtige Gussstahlwerk, im Rücken die Zeche Alma. Auch der Hauptbahnhof ist in einem anderen Video zu sehen - und das in seiner alten Pracht, davor Verkehrsgetümmel. Dann, auch das verschweigt das Ein-Minuten-Video nicht, schlägt im Backstein die Abrissbirne ein.

Ein Dokument aus diesem Winter: die Schornstein-Sprengung in Hassel. "Es war staubig - und weg war er", lautet die Erklärung zu dem 53-Sekunden-Clip. Wer es anklickt, sieht die blitzsaubere Sprengung - und hört das Erstaunen eines Betrachters aus dem Off: "alter Schwede. . ."

POLITIK

Die wird, natürlich, auch im Internet gemacht. Und gezeigt: Man schaue sich die Diskussionsveranstaltung über Neo-Nazis an, 50 Minuten lang, aus dem Jahre 1983. Ein Zeugnis ist das aus Zeiten, in denen die Fronten zwischen Links und Rechts noch klar definiert waren. Lange Haare tragen die Herren da auf dem Podium und dicke Pullis dazu. Einer ist adrett gekleidet: Gerd Schulte, Ratsherr wie damals und heute auch Fraktionschef der CDU. Für die Demokratie wirbt er vehement am Mikro und hat es in dem Saal doch nicht leicht - vielleicht deshalb, weil er auch den Linksextremismus scharf kritisiert.

Kürzer, aber nicht minder interessant: ein Klick auf die Rede von Oberbürgermeister Werner Kuhlmann 1984 zur Einweihung der U-Bahn. Er schimpft über die, die "das neue Gelsenkirchen" gar nicht mögen: "Mögen Sie Ihre Auffassung behalten", sagt er denen, die immer "ein Haar in der Suppe suchen" (und seine Rede mit Trillerpfeifen kommentieren) - und stellt gleichsam klar: "Wir werden weitermachen, damit unser Gelsenkirchen ein schönes modernes Gesicht bekommt - ohne dass wir unsere Traditionen über Bord werfen."

. . .gibt es etwa ein Video über eine wilde Verfolgungsjagd, angeblich "live gedreht": Zehn Streifenwagen jagen 41 Sekunden lang hinter einem Auto her.

. . . kann man die Abschlussrede bei der Abiturfeier 1997 des buerschen Leibniz-Gymnasiums - wenn man denn will - in Gänze Revue passieren lassen ("Endlich, nach neun Jahren haben wir es geschafft . . .").

. . . kann man sich schier unerschöpflich über das 14. Kurdentreffen auf der Trabrennbahn informieren.

. . . schaut man ins Wohnzimmer von Tante Monika, die not amused ist, dass jemand sie 29 Sekunden lang filmt (auch nicht die anderen Familienmitglieder, die da rauchend zusammensitzen).



29.12.2006 Von Michael Muscheid

pito
Abgemeldet

Beitrag von pito »

Schöner Artikel. Auch wenn nur auf Google-Video eingangen wird. Auf YouTube oder myvideo.de gibts genau so viel zu sehen. Schade auch dass der grandiose "Stattfilm 1984" nicht erwähnt wird. Aber es macht schon Spass, wenn ein Video, dass ich erst vor ein paar Tagen eingestellt habe, plötzlich in der Zeitung besprochen wird. Das spornt doch an.

Ich habe das Gefühl, dass das Internet, das ja eigentlich von seiner Struktur her ausgesprochen öffentlich ist, für die tatsächliche Öffentlichkeit noch immer eine Art Underground ist, ein unbekannter Bereich. Da muss schon ein Zeitungsartikel darauf hinweisen, dass es da und da ein Video vom OB Kuhlmann gibt (und das schon seit Monaten). Und vieles mehr, was man noch nie gesehen hat.

Aber vielleicht dringt das jetzt durch diesen Artikel mehr Leuten ins Bewußtsein. Vielleicht kommen auch mehr Menschen, die etwas interessantes im Schrank haben, auf den Gedanken, es zu veröffentlichen. Oder erkennen überhaupt erst einmal, dass diese Dinge von Wert sind. Wir haben z.B. einen Stapel alter Zeitungen im Keller. Aber erst durch dieses Forum kam ich auf die Idee mal reinzuschauen, was damals in GE lief.

Ich würde mir wünschen, dass Gelsenkirchen sich mit Hilfe des Internets neu entdeckt. Viele Facetten unserer Kulturgeschichte liegen buchstäblich in Kellern und auf Dachböden. Die ganze Stadt ist ein großes Archiv, jeder könnte Archivar werden. Oder Schatzgräber.

Heinz
Abgemeldet

Beitrag von Heinz »

pito hat geschrieben:Ich würde mir wünschen, dass Gelsenkirchen sich mit Hilfe des Internets neu entdeckt. Viele Facetten unserer Kulturgeschichte liegen buchstäblich in Kellern und auf Dachböden. Die ganze Stadt ist ein großes Archiv, jeder könnte Archivar werden. Oder Schatzgräber.
Jepp.

Neue Vernetzungen - emotionale Bindungen an die Stadt :liebhab: - bessere Durchschaubarkeit von Entscheidungsprozessen der politischen Vertreter :kopfklatsch: - Brechung des Wissensmonopols der Entscheidungsträger - jede Wahlkampflüge, jedes gebrochene Versprechen jederzeit für jedermann überprüfbar :blah: - gute Basis um :gott: Düsseldorf und :gott: Berlin zu zeigen, dass man hier auch anders kann :barb: , wenn man den Bürgern nur lang genug die Steuermittel vorenthält. :barb: :steckenpferd: :steckenpferd: :steckenpferd:

Statt nur den Mangel zu verwalten, sollten die Bürgervertreter besser Parteiübergreifend nebenher auch mal den WIDERSTAND organisieren.
Damit meine ich keine Fensterreden und "Kost-Nix" Beschlüsse im Rat, sondern Revolte gegen die die Kommunen erdrückenden Strukturen unter Mitbeteiligung der Bürger.
Na ja... manche von den in der Mitte sich gegenseitig erdrückenden Stadtverordneten werden sich erinnern... oder? :roll:

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