
WEKA - jeden Dienstag gab et frische, noch warme Grützwurst!
Also tippelte ich mit Muttern von Ücke "nach Alsberg"; so hieß dat WEKA bei
der Vorkriegsgeneration.
Rein in den Fahrstuhl. Der einarmige, weil Kriegsinvalide, Fahrstuhlführer brachte
uns nach oben. Und da gab et all die Herrlichkeiten: Wurst, Käse, Brot, Butterberge,
eine Kaffeeröstmaschine, von der ein unsagbarer Duft ausging.
Nach dem obligatorischen Stück Fleischwurst für den "Kurzen" anne Wursttheke,
gab et dann oft von Muttern ne kleine Portion "Russeneier", die an den Stehtischen
(ich auf der unteren Ebene) reingehauen wurde.
Dann über die Treppe nach unten in die Spielwarenabteilung mit all ihren tollen, aber
für uns nicht bezahlbaren, Artikeln. Da muß wohl auch schon der Grundstein für
meinen Teddybärenfimmel gelegt worden sein! (Sammelwut hält immer noch an)
In den Erfrischungsraum konnte man nur einen Blick werfen, war nicht unsere
Gehaltsklasse, genau wie der dort befindliche Frisörsalon, wo die "besseren" Damen
bei Torte und Kaffee unter den Trockenhauben saßen.
Im EG war es für uns Blagen weniger spannend, wenn Mutter in der Stoffabteilung
Schnittmuster und Stoffe suchte. Oft entwischte ich dann durch besagten Ausgang
auf die Weberstraße, um dort "Schaufenster zu gucken". Hinterher war dann ein
Anschiss fällig, und die Geschichte von den Kinderlockern wurde wieder aufgewärmt.
War ich artig genug gewesen, gab et auf dem Rückweg am Schalter vom Cafe Posch
noch für en Tacken ne Kugel Eis im Hörnchen.
Mit der wirtschaftlichen Verbesserung in der Familie kam ich dann auch mal in den
Genuss von Kuchen und Kakao im Erfrischungsraum, das dann bei leiser, getragener
Livemusik. Vage kann ich mich auch noch an nachmittägliche "Tanzorgien" der Opas
und Omas erinnern - ist ja auch schon 60 Jahre her.
An solchen Tagen, wenn dann das WEKA durchstöbert war, marschierten wir in die
gegenüber liegende "Fischbratküche", wo an schmucklosen Tischen und auf harten
Holzstühlen lecker Bratfisch mit Kartoffelsalat gefuttert wurde.
Dat waren dann so Festtage für uns als Blagen.
Besonders toll war dat WEKA immer in der Weihnachtszeit. So mit echtem Nikolaus
im Schaufenster oder auch im Laden. Und einer Eisenbahn, die durch zwei Schau-
fenster fuhr. Wir Blagen drückten uns die Nasen an den Scheiben platt und vergaßen
sogar unsere Eisfüße und kalten Finger! Und gegenüber war Cafe Nase mit den tollen
Marzipanleckereien...
Noch viele Jahre später, als ich schon verheiratet war, besuchte ich immer gern
die Lebensmittelabteilung des WEKA und kaufte dort auch bestimmte Artikel wie z.B.
die lose Landbutter ein.
Schade, daß es dieses Kaufhaus mit seinen vielen tollen Abteilungen nicht mehr gibt!
Aber ich habe immer noch den Geruch des gebohnerten Bodens und der ölig riechenden
knarrenden Rolltreppe in der Nase.
Es ist das Schicksal des Genies unverstanden zu bleiben.
Aber nicht jeder Unverstandene ist ein Genie.
(R.W. Emerson)