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Folge 2: Arbeit ist nicht mehr Maloche
In der zweiten Folge geht es um die Arbeit. Wie verkraften die Menschen den Arbeitsplatzabbau der letzten Jahrzehnte? Wie arrangieren sie sich mit einer völlig veränderten Arbeitswelt? In Gelsenkirchen wurde im April 2000 eine der letzten Zechen im Pott, die Zeche Hugo, stillgelegt. Aber warum kämpften die Bergleute bis zuletzt um einen Arbeitsplatz, der gefährlich, ökonomisch ohne Perspektive und ökologisch problematisch ist? "Es tut weh, das alles aufzugeben. 125 Jahre Familiengeschichte hängen dran! Man gibt nicht nur eine Arbeit, sondern damit auch ein bestimmtes Leben auf", so der Betriebsratsvorsitzende Klaus Herzmanatus. Trotzdem - die Bergleute fördern Kohle bis zum letzten Tag – Höchstleistungen! "Die RAG AG und die Beschäftigten versuchen gemeinsam, den schmerzhaften Anpassungsprozeß so zu gestalten, daß keine politischen Verwerfungen entstehen können", so Wilhelm Beermann, Vorstandsvors. der Deutschen Steinkohle AG. Der letzte Fördertag auf Zeche Hugo läßt erahnen, was es für die Bergleute bedeutet, nach 125 Jahren über 4 Generationen Bergbau, ihren Beruf aufgeben zu müssen. Der Stahl war die zweite große Säule der Industrieepoche. Seine Dominanz endete mit dem dramatischen Kampf um das Kruppstahlwerk in Duisburg-Rheinhausen. Beim Abriß des Stahlwerkes hat Helmut Laakmann, der ehemaligen Betriebsleiter des Werkes, gemischte Gefühle: "Viele werden bedauern, daß alles spurlos verschwunden ist und nichts, aber auch nichts mehr da ist, was sie daran erinnert, wie das hier eigentlich damals war?" Im Abriß weichen die ehemaligen Werkshallen einem Logistikzentrum der Zukunft - Logport. "Es ist verständlich, daß Menschen, die das erleben, den Verlust der alten Montanindustrie betrauern. Aber für die junge Generation im Ruhrgebiet eröffnen sich dank des Umbruchs und des politisch geleiteten Strukturwandels völlig neue, positive Perspektiven", sagt der Historiker Prof. Klaus Tenfelde.
Die Krise ermöglicht den Aufbruch. Überall entstehen kleine und große Unternehmungen, die auf Zukunftstechnologien setzen und neue Arbeitsplätze schaffen, wie Shell Solar in Gelsenkirchen oder Blue Byte in Mühlheim, die eines der bekanntesten Computerspiele herstellen. Am stärksten profitiert das Ruhrgebiet heute von der Bildungsreform der 60er und 70er Jahre, die hier eine einzigartige Hochschullandschaft entstehen ließ. "Chancengleichheit ist heute kein leeres Gerede mehr", meint Prof. Dietmar Petzina, Rektor der Ruhr-Uni Bochum. Firmen wie Sachtleben-Chemie, die am Rande des Ruins standen, haben die Krise zum Anlaß genommen, die Unternehmenskultur radikal zu verändern - weg von den alten, verkrusteten Strukturen und Hierarchien der industriellen Vergangenheit.
Und der Kinofilm:
Kinofilm - 'Abenteuer Ruhrpott - Ein starkes Stück Heimat'
Länge 100 Min. – Dolbystereo SR - Breitwand - Farbe & S/W
In der Kinofassung "Abenteuer Ruhrpott - Ein starkes Stück Heimat" zeigen und schildern uns die betroffenen Menschen aus dem Revier ihre Lebenserfahrungen mit dem Wandel. Mit dem Abriss des 100-jährigen Kruppstahlwerks Rheinhausen erleben wir die Unausweichlichkeit von Veränderung. Das Schicksal von vielen dokumentiert die Lebensgeschichte eines einzelnen, des Betriebsleiters des Stahlwerkes, der im Scheitern nicht Resignation sondern neue Möglichkeiten sieht. Mit den Bergleuten der inzwischen geschlossenen Zeche Hugo in Gelsenkirchen erleben wir ein Stück Bergmannsgeschichte: trotz der schweren, harten Arbeit lieben Bergleute ihren Beruf. Kein Paradoxon wenn man erfährt, was dieses Leben in den Zechensiedlungen ausmachte. Sie sind ein lebendiges Zeugnis für ein Leben im Ruhrgebiet, das sich auf Solidarität gründete und den Charme dieser Region ausmacht. Doch es geht um mehr: Die Menschen im Ruhrgebiet verharren nicht in den Auseinandersetzungen um Kohle und Stahl, sie gehen jeder auf seine Weise und oftmals einen schmerzlichen Weg in eine andere Zukunft. Der Film entwirft ein Bild davon, welche unverwechselbaren Eigenarten sich über Generationen im "Ruhrpott" entwickelt haben und was dieses Ruhrgebiet und seine Bevölkerung ausmacht. Die Integration von Menschen anderer Nationen oder Ethnien zeichnet trotz aller Schwierigkeiten eine Bevölkerung aus, deren Zusammenleben seit vielen Generationen pragmatisch gelebt wird. Vom letzten Bandonion Orchester des Ruhrgebietes bis zum HipHop-Groove einer neuen Generation verbindet der Film alte und neue Wesenszüge einer Kultur, die mit der Zeche Zollverein eine ihrer imposanten Zeugen jener Veränderung herzeigt.
Credits
Buch: Günter Bäcker und Werner Kubny, Kamera: Jörg Adams, Ton: Andreas Fragel, Olav Gross, Mathias Haeb, Schnitt: Christoph Tetzner, Sound: Frank Niehusmann, Musik: Pete Wyoming Bender, Herstellungsleitung: Dietrich Voigtlaender, Regie: Werner Kubny, Redaktion: Beate Schlanstein WDR Hergestellt von Werner Kubny Filmproduktion in Coproduktion mit Westdeutscher Rundfunk Köln gefördert mit Mitteln der Filmstiftung NRW und unterstützt von Firmen des Ruhrgebiets sowie Städten, Verbänden, Institutionen und Museen
Copyright: Werner Kubny Filmproduktion 2003/Westdeutscher Rundfunk
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