
Ernst Goltz, ehemaliger Rektor in Beckhausen, erarbeitete Ende der 60er Jahre diese Stadtkarte von Gelsenkirchen: "Das ist inzwischen eine historische Rarität." Fotos: WAZ, Martin Möller
Rektor i.R. Ernst Goltz blickt als bald 87-Jähriger stolz auf seine Ende der 60er Jahre erarbeiteten Unterrichtsmittel für die Grundschule zurück: Karten, Bilder, Worte
"Ich horte ein Juwel." Ernst Goltz, der am 3. Februar seinen 87. Geburtstag feiert, hat vor 40 Jahren als Pädagoge Arbeitsblätter, eine großformatige Karte und ein Lernmittel-Heft, erschienen im Münchner Paul List Verlag, herausgebracht, die alle inzwischen einen großen historischen Wert darstellen. "Wahrscheinlich bewahre ich selbst die letzten Beispiele auf." Bei der Schulverwaltung und im Stadtarchiv sei dieses Unterrichtswerk nicht vertreten.
Damals, so der ehemalige Rektor der Grundschule an der Schwalbenstraße in Beckhausen, bekam er den Auftrag, diese verschiedenen Einheiten für den Heimatkunde-Unterricht zu schaffen. "Ich konnte formulieren, war geschichtlich interessiert und ich konnte auch geografisch präzise zeichnen. Das alles hat wohl den Ausschlag gegeben, dass ich diese Aufgabe ausfüllen konnte. Es hat mir viel Freude gemacht - die Sache hat aber auch viel Schweiß gekostet." Denn es gab ja keine Vorbilder. "Jede Zahl, jeder Strich, jede Information, jede Bildunterschrift stammte von mir. Aber ich hinterließ auf diese Art ein Bekenntnis zu Gelsenkirchen, zum Ruhrgebiet. Das war mir wichtig." Denn er stammt aus Borken, wollte in der für ihn neuen Region Fuß fassen. "Wir schafft man das? Indem man sich einliest, einarbeitet, Fragen stellt und sich selbst die Antworten durch Recherchen gibt. Das Endprodukt dieser Untersuchungen sind die Publikation, die Arbeitsblätter und die Stadtkarte."
Das sei eine "echt schwere Geburt" gewesen: mit Schnitten und Diapositiven, mit Folien und Schriften habe er diese Topografie entwickelt. Auf dieser Karte hat er beispielsweise nicht nur alle Straßen, Stadtteile, Emscher und Kanal, Grünzonen u.a. eingetragen: Auch Schwerpunkte wie Musiktheater oder Firmensitze (Chemie, Stahl, Zechen etc.) geben Auskunft über den Kultur-/Wirtschaftsstandort Gelsenkirchen. "Was hat sich seitdem alles verändert?" fragt sich Goltz, der in der Stadt auch als Tanzsportler (Vereinsvorsitz) ein Begriff ist/war.
Vor fünf Jahren wurden seine damals geschaffenen Lernmittel zuletzt von einer Grundschule angefordert. Das habe ihn sehr gefreut, dass "meine Arbeit solange von den heutigen Kollegen akzeptiert wird." Schade aus seiner Sicht: "Was wird aus diesem insgesamt sechsteiligen Unterrichtswerk für die dritten Klassen - demnächst ist das alles vergessen," befürchtet er.
Im Begleitheft geht er übrigens heute noch gültigen Fragestellungen nach: "Gelsenkirchener Barock - ein Scherz", "Vom Erdöl zum Benzin", "Unser Stadtwappen", die "Aufgabengebiete unserer Ratsherren" oder "Emschergeschichten" beispielsweise. "Mein Konzept war: Möglichst auf die Stadtwirklichkeit einzugehen, den Kindern ihre nächste Umgebung zu schildern und sie zur Beschäftigung mit ihr anzuhalten." Mehreren Generationen hätte er anschauliches Material für die Heimatkunde vermittelt. Was kostete das Lernmaterial? "Zwei Mark." 1983 ging er in Ruhestand. "Die Sache hat damals viel Schweiß gekostet"
WAZ HJL 24.01.2007