Offener Brief zum Thema Auslobung eines Film Wettbewerbes über Gelsenkirchen an:
Dr. Priamus, SPD, CDU, Bündnis 90 / Die Grünen, PDS, FDP, AUF, WAZ und weitere
Sehr geehrter Doktor Priamus,
mit dem Schreiben vom 07.02.2007 bat mich Herr Oberbürgermeister Frank Baranowski mich mit Fragen zum Bürgerantrag "Internet Video Wettbewerb" an Sie zu wenden.
Das Schreiben, sowie auch der Bürgerantrag, ist weiter unten als Anhang beigelegt.
Der Oberbürgermeister schrieb, dass eine Verbreitung der Stadtfilme im Internet durch Google Video nicht möglich wäre, da sich diese Plattformen an "den privaten Film-Interessierten wenden".
Meine Frage:
Weiss der Oberbürgermeister, ob auch Private Film-Interessierte die Möglichkeit haben, die Stadtfilme über das Internet / Server des ISG zu sehen?
Der Oberbürgermeister schrieb, dass das Urheberrecht für die Filme bei der Stadt verbleiben sollte.
Meine Frage:
Weiss der Oberbürgermeister, dass auch das Copyright bei der Stadt verbleibt, wenn man die Filme ins Internet stellt?
Google sagt zum Copyright: Do I retain copyrights and other legal rights to my video? Yes. You retain all rights to your content. Google assumes no copyright to your material.
Der Oberbürgermeister schrieb, dass das "googeln" nach "Stadtfilme Gelsenkirchen" auf den Server des ISG führen würde.
Meine Frage:
Weiss der Oberbürgermeister, dass es auf den Seiten des Institutes keine Stadtfilme zu sehen gibt?
Der Oberbürgermeister schrieb, dass es in den Gelsenkirchener Schulen genügend Projekte und Unterrichtseinheiten zum Thema Stadtgeschichte gibt.
Meine Frage:
Weiss der Oberbürgermeister, ob es auch Unterrichtseinheiten gibt, deren Ziel ein kritischer Dialog mit der offiziösen Geschichtsschreibung ist und die eine Veröffentlichung der Vergangenheitserfahrungen in und mit dieser Stadt ermöglichen?
Der Oberbürgermeister schrieb, dass er in meinen Vorschlägen von Themen bezogenen Neubearbeitungen der Filme letztlich nur einen Lerneffekt für Schüler im Umgang mit neuer Software sieht.
Meine Frage:
Weiss der Oberbürgermeister, dass es in Gelsenkirchen Lehrerinnen und Lehrer gibt, die zeitgleich technisches und inhaltliches Wissen vermitteln können?
Weiss der Oberbürgermeister, dass die Jugendlichen in diesen technischen Fragen oft einen Wissensvorsprung haben?
Weiss der Oberbürgermeister, dass ein Erkenntnisgewinn durch die Rezeption, Weiterverarbeitung, Interpretation, Präsentation und abschließende öffentliche Diskussion der Stadtfilme möglich ist?
Der Oberbürgermeister schrieb, dass die Stadtfilme als Zeitdokument unverfremdet bleiben sollten.
Meine Frage:
Weiss der Oberbürgermeister, dass die Original-Filme weder vernichtet noch verändert werden würden?
Weiss der Oberbürgermeister, dass aus dem digitalen Material ein neuer digitaler Film erstellt werden würde, ohne dass es zu Änderungen an den Original-Filmen käme?
Der Oberbürgermeister geht nicht auf meinen Vorschlag ein, auch Künstler in diesen Wettbewerb einzubeziehen.
Meine Frage:
Weiss der Oberbürgermeister, dass gerade Künstler oft neue und andere Perspektiven durch ihre Werke aufzeigen?
Weiss der Oberbürgermeister, dass unsere Stadt durch den von mir vorgeschlagenen Wettbewerb einen positiven Imagegewinn haben könnte?
Ich würde mich freuen, wenn Sie und auch andere Gelsenkirchener Persönlichkeiten das Für und Wider meines Bürgerantrages noch einmal abwägen würden verbleibe mit
freundlichen Grüßen
Heinz Niski
----------------------------------------------------------------
Anhang 1:
Antwort des Oberbürgermeisters Frank Baranowski vom 07.02.2007 auf den Bürgerantrag vom 23.01.2007
-------------------------------------------------------------------
Sehr geehrter Herr Niski,
Ihnen und Ihrem Team vielen Dank für die Anregung, die historischen Gelsenkirchener Stadtfilme in das Internet zu stellen und einen Wettbewerb zur Neugestaltung der vorhandenen Stadtfilme für Schulen und interessierte Bürger auszuloben.
Dabei deckt sich Ihre auf das Internet bezogene Anregung mit einer bereits beim Institut für Stadtgeschichte - ISG - eingeleiteten Prüfung, die Filme über die eigene Webseite -
www.institut-fuer-stadtgeschichte.de - ins Netz zu stellen. Ergänzt um eine Verlinkung über
www.gelsenkirchen.de wäre dann der jederzeitige Zugriff möglich.
Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Nutzung dieser Stadtfilme für nicht kommerzielle Zwecke schon jetzt für jedermann möglich ist, denn sowohl die Gelsenkirchener Stadtbibliothek als auch das Institut für Stadtgeschichte leihen diese Filme seit Jahren als Videoband und DVD-Kopie aus. Wer in den Besitz eines solchen Filmes gelangen will, kann ihn zudem käuflich beim ISG erwerben.
Eine Verbreitung über Anbieter wie Google-Video oder Youtube durch das ISG ist allerdings ausgeschlossen, da sich diese Plattformen an den privaten Film-Interessierten wenden. Das Einstellen der Filme durch Dritte - etwa interessierte Bürger - bei diesen Anbietern verstößt trotz Ihrer anderslautenden Bewertung letztlich gegen das Urheberrecht, das bei der Stadt Gelsenkirchen liegt. Diesem Gedanken kann sich die Stadt Gelsenkirchen daher nicht öffnen.
Im Übrigen führt das „googlen“ z.B. mit „Stadtfilme Gelsenkirchen“ bereits heute direkt zu
www.institut-fuer-stadtgeschichte.de.
Den Gedanken, durch das ISG, das Kommunale Kino und die Volkshochschule Gelsenkirchen einen Wettbewerb für Schulen und Kunstinteressierte auszuloben, die Stadtfilme kreativ nachzubearbeiten, wird das ISG in Kürze mit den von Ihnen angeregten „Mit-Auslobern“ und Vertretern aus dem schulischen Bereich erörtern. Dabei fehlt es allerdings bereits heute in unseren Schulen nicht an laufender bzw. projektbezogener Auseinandersetzung mit der jüngeren Stadtgeschichte und auch -gegenwart. Zudem wird zu diskutieren sein, ob kreative Nachbearbeitung im von Ihnen gemeinten Sinne, also letztlich die technische Veränderung und Verfremdung, tatsächlich die inhaltliche Befassung mit der Stadtgeschichte fördert, oder eher den Umgang mit Softwareprogrammen und künstlerischen Ausdrucksmitteln in den Mittelpunkt rückt.
Ohne dieser Diskussion vorgreifen zu wollen, möchte ich allerdings bereits hier festhalten, dass Stadtfilme aus fachlicher und auch meiner persönlichen Sicht unverfremdete Zeitdokumente bleiben sollten.
Bei weiteren Fragen zum Thema steht Ihnen der Leiter des Instituts für Stadtgeschichte, Herr Dr. Heinz-Jürgen Priamus, Tel. 1 69-85 51, gerne als direkter Ansprechpartner zur Verfügung.
Ihnen wünsche ich weiterhin viel Spaß mit Gelsenkirchener Geschichte(n).
Mit freundlichen Grüßen
Frank Baranowski
Carmen Hillebrand
Stadt Gelsenkirchen
Referat 1 - Angelegenheiten des Oberbürgermeisters
und des Verwaltungsvorstandes
Telefon: +49/02 09 1 69-21 99
FAX: +49/02 09 1 69-30 30
e-mail: ......
-------------------------------------------------------------------------
Anhang 2 :
Bürgerantrag zur Auslobung eines Film Wettbewerbes vom 23.01.2007
--------------------------------------------------------------------------
Der Rat möge beschließen:
Das Institut für Stadtgeschichte sowie das Presseamt bieten auf ihren Internetseiten sämtliche Gelsenkirchener Stadtfilme als Video-Stream an.
Die Video Filme werden auf dem städtischen Server gespeichert.
Begründung:
Die Stadtgeschichte muss für alle Menschen auch über die neuen Medien abrufbar und frei zugänglich sein. Besonders das Medium Film bietet einen leichten Zugang zur jüngeren Stadtgeschichte. Dies dient der positiven Imagebildung der Stadt, fördert ein historisches Bewusstsein vor allem von jungen BürgerInnen und ermöglicht u.a. auch emotionale Bindungen an die Stadt.
Erläuterung:
Da die Filme schon alle in digitaler Form vorliegen, können sie ohne großen Arbeitsaufwand und ohne zusätzliche Kosten im Internet angeboten werden.
Der Rat möge beschließen:
Sämtliche Stadtfilme dürfen von interessierten Bürgern auf freien Servern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Begründung:
Google-Video, Youtube und andere Anbieter werden täglich von Millionen von Menschen besucht. Unter dem Stichwort Gelsenkirchen müssen auch auf diesen Servern die Stadtfilme zu finden sein.
Erläuterung:
Gelsenkirchen war im Zusammenhang mit der Fußball WM in der Welt sehr präsent. Eine bebilderte Stadtgeschichte liefert auch den Menschen einen Eindruck der Stadt, die der deutschen Sprache gar nicht oder nur bedingt mächtig sind. Die oben aufgeführten Anbieter sind in der Welt die 1. Adressaten, wenn zu einem Stichwort Surfer auf Entdeckungsreise im Internet sind. Es wäre mehr als sinnvoll, sich diese Entwicklung zu nutzen zu machen, um auch so mittelbar das Image der Stadt günstig zu gestalten. Eine Verwaltung wird auf dem eigenen Server nie diese Präsenz bei den Suchenden im Internet haben, darum sollte man sich dieser Anbieter bedienen. Damit wäre auch einer rasanten Weiterentwicklung im Internet Rechnung getragen, weil diese immer schon im ersten Schritt die Neuheiten in die Tat umsetzen werden. Die Gefahr der kommerziellen Verwertung der Stadtfilme durch Dritte ist nicht gegeben, da die technische Qualität der Internet-Videos dies ausschließt und das Copyright bei der Stadt verbleibt.
Der Rat möge beschließen:
Der Oberbürgermeister lobt mit Hilfe des Instituts für Stadtgeschichte, dem Kommunalen Kino und der Volkshochschule Gelsenkirchens einen Wettbewerb für Schulen und interessierte Künstler aus. Für Schulklassen wird ein Wettbewerb gestartet, der die kreative Neubearbeitung der vorhandenen städtischen Filme zum Inhalt hat. Das enorme „Stadtfilm“-Material der Stadt wird von Schülern kreativ neu gestaltet, ergänzt oder auch gänzlich neu bearbeitet, um so eine neue Perspektive auf die Stadt zu eröffnen bzw. für Internetnutzer sichtbar werden zu lassen, denn die Filme werden mit Fertigstellung ins Netz gestellt. Weitere Zielvorgaben sind beispielsweise auch die Herausarbeitung baulicher oder sozikultureller Veränderungen im Laufe der Jahrzehnte. Ganz frei sind andere Themen, um so gänzlich verschiedene Sichtweisen auf diese Stadt sichtbar werden zu lassen wie z.B.: Vom HipHop Clip mit musikalischer Unterlegung über Doku-Film bis zum Experimentalfilm sollte alles möglich sein. Die Filme werden im Internet zur "Abstimmung" (bis zum Schuljahresschluss im Sommer 2008) freigegeben. Zum Jahresende (2008) prämiert der Rat – auf Vorlage durch den Kulturausschuss – die hervorragensten Filme. In einer Feierstunde im Kommunalen Kino werden die Preisträger nicht nur verkündet, sondern auch die auserlesenen Bearbeitungen einem interessierten Publikum und damit der Öffentlichkeit vorgeführt.
Begründung:
Mit den neuen technischen Möglichkeiten können heute Filme ohne großen finanziellen Aufwand am heimischen PC bearbeitet werden. Mit den neuen Medien und mit Hilfe von LehrerInnen könnte die Stadtgeschichte dieser Stadt damit nicht nur eine „naheliegende“ Auseinandersetzung mit der Stadt, mit den Stichwörtern Strukturwandel, Bevölkerungsentwicklung, Veränderung des Stadtbildes und und sein, sondern auf der Basis der Bildverarbeitung werden die Sichtweisen von Schülerinnen und Schülern (nachvollziehbar) sichtbar gemacht. Auf diese Weise vollzieht sich einerseits eine projektbezogene Auseinandersetzung mit der jüngeren Stadtgeschichte (also nach 1945); andererseits ermöglichen der Umgang mit den neuen Medien eine kreative Umdeutung dieser Geschichte aus dem Blickwinkel von Schülerinnen/Schülern.