
Da geht´s lang: Orkide Sülün (re.) und Mesut Karaoglanoglu verteilen Fragebögen in Ückendorf. Fotos: WAZ, Martin Möller
Helfer des Stadtteilbüros klingeln an jedem achten Haus in Bulmke-Hüllen, Ückendorf und der Neustadt. Mitgebracht haben sie einen elfseitigen Fragebogen. 3000 Bürger sollen so Auskunft geben über ihre Wohn- und Lebenssituation. Zweite Aktion nach 2003
BLICKPUNKT STADTERNEUERUNG Mit einem Stirnrunzeln schauen die Nachbarn auf, die da am Gartenzaun mit zusammengesteckten Köpfen ein Pläuschchen halten. Verteilt das Duo, das da mit den Heften durch die Schlägelstraße geht, Prospekte? Oder wollen die Leute was verkaufen? Und überhaupt: Warum klingeln die nicht an jedem Haus, sondern picken sich, mal hier, mal dort, eines raus?
Skepsis, ja Misstrauen wischen Orkide Sülün und Mesut Karaoglanoglu an der Tür schnell. Sülün, 23 und Studentin, setzt ihr strahlendes Lächeln auf und sagt, warum die beiden vorbeischauen: "Guten Tag, wir sind vom Stadtteilbüro und verteilen Fragebögen für eine Umfrage."
43 000 Menschen leben in Bulmke-Hüllen, Ückendorf und der Neustadt, und 3000 von ihnen, zufällig ausgewählt, werden nun befragt. An jedem achten Haus klingeln in diesen Tagen die Helfer des Stadtteilbüros Südost und geben besagte Fragebögen heraus. Die Stadt will wissen: Wie lebt es sich im Südosten? Und: Wie kommt die Arbeit des Stadtteilbüros an?
Die Bürger sind die wahren Experten, sagt Janine Feldmann vom Stadtteilbüro. Sie seien es, die Ärgernisse und Missstände in ihrem Umfeld nicht nur am schnellsten erkennen, sondern auch im Alltag spüren. Politiker und Stadtplaner könnten, ja sollten davon profitieren. So wie vor vier Jahren: Durch die erste Umfrage "gaben viele Menschen wichtige Hinweise, worum sich das Stadtteilbüro kümmern soll".
Zu zweit sind die Helfer unterwegs, 36 an der Zahl, allesamt Schüler oder Studenten. "Tandemlösung", nennt Feldmann das. Einer ist immer männlich, einer weiblich, und stets hat mindestens einer eine Zuwanderungsgeschichte. Hintergrund: Die Fragenbögen sollen nicht nur verteilt werden. Auf Wunsch setzen sich die jungen Leute mit den Bürgern zusammen an den Küchentisch und gehen die Fragen durch. Denn: Es sind viele, der Bogen hat es in sich. Um nicht zu sagen: Er ist eine Zumutung.
Das sei er durchaus, gibt Stadtplanerin Feldmann zu - eine Zumutung, weil: "Wir muten unseren Bürgern einiges zu." Elf Seiten hat der (anonymisierte) Fragebogen, wer überall die Kreuze macht, der brauche gut und gerne 20 Minuten - mindestens. Fragen zum Stadtteilbüro gilt es zu beantworten, zur Wohn- und zur persönlichen Situation. Mit einem Freiumschlag kann der Bogen zurückgeschickt werden. Oder den jungen Leuten mitgegeben.
Letzteres in 14 Tagen, dann kommt das Duo wieder, hakt noch mal nach, will wissen: Haben Sie das Heft auch durchgearbeitet? Das ist dann übrigens der dritte Besuch der Helfer. In der vergangenen Woche waren sie schon mal da, haben Zettel in die Briefkästen geworfen, die über die Umfrage informierten.
Zurück auf die Straße. Es ist 11, 12 Uhr, in ihrem Karree in Ückendorf kriecht den Studenten Sülün und Karaoglanoglu schnell die Kälte den Rücken hinauf. In gut der Hälfte der Häuser macht jemand auf. Die anderen arbeiten oder, auch das haben die beiden Studenten gelernt: schlafen noch. "Man sollte erst am Nachmittag losgehen", sagt Karaoglanoglu (25) mit einem Schmunzeln. Geht aber nicht - dann fehlt später die Zeit. Wo geöffnet wird, werden die Helfer meist freundlich empfangen, die Bögen dankend entgegengenommen.
Ein heißer Tee, das wäre jetzt was! Doch leider: Zum Frühstück eingeladen, wie eine andere Gruppe vor zwei, drei Tagen, werden sie nicht. Aber ihnen wird auch nicht die Tür vor der Nase zugeschlagen, so wie vorgestern einmal.
Da hielt eine ältere Frau die beiden für Bankvertreter."Man sollte erst am Nachmittag losgehen"
Stadtteilbüro Homepage
WAZ 08.02.2007 Von Michael Muscheid