Josel hat geschrieben:Kannst Du Dir vorstellen, dass ein Feldmarker Tankwart Dich auf die Kinetik-Sammlung des Museums anspricht?
Ja sicher! Wenn er ein offener, interessierter Mensch ist und die Dinge kontextunabhängig, dem eigenen Empfinden nach sieht. Speziell die verspielte kinetische Sammlung macht ganz einfach Spaß. Aber um den zu haben muss man da mal reingehen.
Leider steckt der größere Teil unserer Gesellschaft in einer klassendenkerischen Grundstimmung fest, die da lautet:
"Die Dinge sind wie sie sind, alles muss seine Ordnung haben und was ich nicht weiß interessiert mich auch nicht. Kunst ist eine Geldverschwendungs-Erfindung von denen da oben, um uns hier unten zu verarschen. Wenn auf einem Bild keine Anweisung steht, was es aussagt und wie ich das verstehen soll, dann ist das keine Kunst und hat nichts mit meinem Leben zu tun. Klopp in die Tonne!"
Ich meine, wer so spricht, ist einem Schwindel aufgesessen, hat ein weitverbreitetes gesellschaftliches Vourteil gelernt, übernommen und wiederholt es immer dann, wenn er keine andere Antwort weiß. In Wirklichkeit hat Kunst nämlich überhaupt nichts mit Gesellschaft, Geld oder Botschaften zu tun. Nur mit dem eigenen Empfinden. Was Kunst ist, bestimme ich. Es braucht dafür lediglich Offenheit und Aufnahmebereitschaft, denn ohne die kann ich nichts neues sehen und bleibe immer auf der Stelle.
Marcel Reich-Ranicki hat geschrieben:Lassen Sie die Leute mit Literatur in Ruhe! Niemand muss lesen! Warum? Das ist nicht nötig. Man kann ohne Goethe leben, das ist kein Problem. Aber ich meine einfach nur: mit Goethe ist das Leben ein wenig schöner.
Um den Bogen zurück zum Fußball zu machen: Fußball ist natürlich auch Kunst. Es ist ein hochemotionales Ritual, das um so stärker wirkt, je mehr Leute mitmachen. Es ist wie ein spannendes Stück mit Hochs und Tiefs. Aber bei genauer Betrachtung wird man feststellen, dass ein klassisches Happy End gar nicht die interessanteste Variante ist. Ein trauriges Ende ist möglicherweise viel aussagekräftiger und spannungsgeladener. Und damit für die Fortsetzung des Stücks von größerer Bedeutung. Die besten Künstler waren immer die Melancholiker.
Wenn man das so sieht, kann man die ganze Sache erst richtig genießen.
(Bitte nicht hauen)
