
Im Land bzw. in der Pforte des Lächelns: Ruth Heinrich in "ihrem" Seniorenheim am Marie-Juchacz-Weg. Fotos: WAZ, Thomas Schild
WAZ-Serie Ehrenamt (7): Ruth Heinrich sitzt zweimal wöchentlich an der Pforte des Horster Awo-Heims und begrüßt jeden mit einem freundlichen Lächeln. "Helfen gehört für mich zum Leben einfach dazu"
EHRENSACHE!Während sie Papiere ordnet und heftet, hat Ruth Heinrich alles, was um sie herum passiert, bestes im Blick. "Hallo Waltraud", ruft sie einer älteren Dame freundlich entgegen, die sie aus den Augenwinkeln gesehen hat. Waltraud erwidert den Gruß und kommt ihr langsamen Schrittes mit ihrem Rollator entgegen, um mit ihr ein kurzes Pläuschchen zu halten.
Seit über vier Jahren sitzt Ruth Heinrich im Awo-Seniorenheim am Horster Marie-Juchacz-Weg zweimal wöchentlich ehrenamtlich an der Pforte und ist mit Leib und Seele dabei. "Helfen gehört für mich zum Leben einfach dazu", sagt Heinrich bescheiden. Sie mag es nicht, wenn man sie für ihr Engagement lobt, es sei selbstverständlich für sie, dort einzugreifen, wo man sie brauche.
Und in Horst braucht man sie. Die Bewohner des Seniorenheimes lieben ihre freundliche Art und ihr sonniges Gemüt. Sie kommen an ihrer Pforte vorbei, wo jeder mit einem herzlichen Lächeln begrüßt oder verabschiedet wird, wo man seine Probleme abladen oder auch schon mal gerne Witze machen kann. Ruth Heinrich kennt alle Bewohner, sie hört ihnen gerne zu und hat für jeden stets ein offenes Ohr.
"Es ist ein Geben und Nehmen", sagt sie. Denn wenn sie den Geschichten der alten Menschen lausche, lerne sie eine Menge dazu. "Es ist immer wieder schön, dem einzelnen Menschen das Gefühl zu geben, dass man noch Zeit hat, um zuzuhören und nicht Dienst nach Vorschrift zu erledigen", sagt die 74-Jährige, die sich aber keineswegs alt fühlt. Die Arbeit mit den Menschen halte sie jung und fit.
Sie wohnt mit ihrem Mann Karl-Heinz am Marie-Juchacz-Weg und fühlt sich dem Seniorenheim sehr verbunden. "Ich sah die Bewohner an unserem Haus vorbeigehen, wir sind ja schließlich Nachbarn und kennen uns daher, so baut man eine enge Bindung auf", so Heinrich. Da war es für sie selbstverständlich, im Seniorenheim ehrenamtlich zu arbeiten.
Zweimal wöchentlich sitzt sie am Empfang, weil sie gerne unter Menschen ist. Sie bringt zusätzlich die Bewohner zur Kirche oder singt mit ihnen. Ihr Mann Karl-Heinz ist in ihre ehrenamtliche Arbeit involviert und holt beispielsweise einmal wöchentlich Akkordeon-Spieler ins Heim. Ehrenamtliche Arbeit gehört zu ihrem Leben dazu. Nicht zuletzt deshalb, weil sie selbst eine behinderte Tochter hat. "Ich habe 30 Jahre lang den Behindertenbus betreut", erzählt die Seniorin. Da sei es nur natürlich, auch weiterhin eine helfende Hand zu reichen.
Und wenn Ruth Heinrich nach der Arbeit zu Hause ist und einen demenzkranken Bewohner an ihrem Fenster vorbei gehen sieht, dann sammelt sie ihn wieder ein und bringt ihn nach Hause. Natürlich nicht, ohne ihm mit ihrer herzlichen Art, ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern."Es ist schön, den Menschen das Gefühl zu geben, dass man Zeit hat."
WAZ 03.04.2007 Von Nicole Krissel