Deutsche Bauzeitung über das Musikprobenzentrum Consol

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Die deutsche Bauzeitung über das Musikprobenzentrum auf der Zeche Consol

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Die neue Stadtmusik von Paul Baumann

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Die neue Stadtmusik

Von Paul Baumann

Anfangs (lang ist's her) ein Flirrren, ein Ahnen am Horizont. Vom Drachenfels, nah bei Bonn, und nur bei sehr guter Sicht trotzdem schwer auszumachen: etwas Großes dunkles, ein langer Fleck am Horizont. Mit jedem Kilometer näher wird's immer deutlicher: dunkel-weiße Rauchmützen auf Schloten und Kühltürmen. Das Revier an der Ruhr, der Kohlenpott, das Ruhrgebiet, ein Ballungsraum vieler Städte. Vieles ungeordnet, so einfach gemacht, gewachsen und doch nebeneinander, städteübergreifend Straßen, Häuser und Bewohner. Aber dennoch ein großes Miteinander. Mittendrin in diesem Städtekonglomerat: Gelsen­kirchen.
Je näher man sich an diesen Ort von Kohle und Stahl herantraute, desto unüberhörbarer wurde der Sound der Industrie. Das sensible Ohr hatte viel auszuhalten: über sich schlagenden Lärm, ein tönend Konzert, erzeugt von Riesenma­schinen, umgeben von Produkti­onsungetümen in unüberschaubaren Ausmaßen, die pfiffen, hämmerten, stöhnten, prusteten, ächzten, ratterten und rauschten: immerzu - rund um die Uhr, jeden Tag, das ganze Jahr lang – immerfort.

Das permanente Kühlwasserrauschen wetteiferte mit rotglühendem Koks, der immer und immer wieder polternd in die bereitstehenden Loren hinein gestoßen wurde. Der regelmäßige Steuer-Singsang der Maschinerie der Fördertürme wurde nur übertönt durch das regelmäßige „Kling-Klang" des Warnsignals der Zechenbahn. Riesenmaschinen im 24-Stunden-Dauertakt verliehen dem Ort seinen ganz eigenen Sound. Industriemusik im gleich bleibenden Stakkato eines auf- und abschwellenden Förder- und Produktionsme­chanismus.

Doch in dieses Höllenkonzert der Industrie mischten sich auch ganz andere Töne, die die Menschen herausrissen aus ihrem Alltagstrott, der geprägt war von der Gewöhnung an die Arbeit. Musikgruppen, Musikvereine und Musikerinnen aller Couleur und aller Orten. „Glückauf, der Steiger kommt" tönte es nicht nur aus vielstimmigen Bergmannskehlen; Bandoneonorchester spielten in Vereinslokalen Ruhrpottsweisen; der Akkordeonspieler klimperte verträumt in der Kneipe an der Ecke seine süßklingenden Schlager-Evergreens. Kirmes-, Frühjahrs- und Sommerfeste machten den Reviersound rund. Lauben- und die unzähligen Schrebergartenfeste gaben und geben diesem Klang noch immer das besonders Typische. In dieser Stadt war schon immer Musik drin!
Mit einem Mal, urplötzlich, quasi aus heiterem Himmel, mit Donnerhall wurden die Industriedome, aus Stahl und Beton himmelwärtsstrebend riesig mächtig herausragend, mit lauten Knall niedergemacht, fielen hin in Schutt und Asche. „Spiel mir das Lied vom Tod!", wimmerte es aus irgendeiner Eckkneipe über die platt-gemachte Industrielandschaft.

Dem lauten Klang der Arbeit folgte urplötzlich Stille, da und dort unterbrochen durch ein Weh und Ach. Dem industriellen Orchester folgte ein Wimmern und Klagen vom Verlust von Arbeit, vom Verlust einer hundertjährig gewachsenen Heimat, die zusammen gewachsen war aus den verschiedensten Kulturen.
Dann, auf altem Grund, erste zaghafte neue Töne. In ausgedienten Hallen, in Bergwerksgebäuden, in den verlassenen Sälen der Industriedome kehrte neues „kulturbuntes" Leben ein. Der Klang wird immer lauter und verkündet es über die Stadtgrenzen hinweg ganz deutlich hörbar: Hier ist Musik drin! Dort tönt es klassisch. Hier wird zeitgenössisch interpretiert. Nebenan ein Fest mit traditionellen Klängen aus aller Welt.
Nur ein paar Ecken weiter in alten Industrieorten neue Töne, neue Musik, ein verschieden kulturelles Miteinander, hörbar gut, ein neuer Sound, eine wunderbar lebendige neue Stadtmusik. Das ehemalige Bergwerk Consolidation ist heute ein neuer Hort für klassische Musik. Jazziges HERTZklopfen findet in der Kellerbar interessierte Ohren. Und nebenan im Probenzentrum Consol 4 die härteren Töne - vielfältig und laut, von Rock'n'Roll über Punk bis Funk.

aus "Gelsenkirchen Abenteuer Ruhrgebiet" von Winfried F. Szodruch 2006

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