Arbeiterwohlfahrt

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Logo der AWO

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) ist ein dezentral organisierter deutscher Wohlfahrtsverband, der sich auf persönliche Mitgliedschaften in seinen Ortsvereinen aufbaut. Sie ist einer der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und mit rund 145.000 hauptamtlichen Mitarbeitern einer der großen Arbeitgeber in Deutschland. Ihre Hauptaufgabe ist es, sozial schlechter gestellte Menschen zu unterstützen. Heutzutage betreut sie hauptsächlich Menschen mit Behinderungen und Senioren, betreibt aber beispielsweise auch Kindergärten, Offene Ganztagsschulen, psychiatrische und forensische Kliniken, Einrichtungen für Ferienfreizeit und Beratungsstellen für Migranten, Asylbewerber und Menschen in Notlagen.

Geschichte

Marie Juchacz, ca. 1919

Am 13. Dezember 1919 gründete Marie Juchacz (1879–1956), die Mitglied der Nationalversammlung war, die AWO als „Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der Sozialdemokratische Partei Deutschlands“. Neben ihr waren u.a. Lore Agnes, Walter Friedländer, Louise Schroeder, und Hedwig Wachenheim Gründungsmitglieder.[1] Reichspräsident Friedrich Ebert beschrieb sie mit dem Motto „Arbeiterwohlfahrt ist die Selbsthilfe der Arbeiterschaft“. Zunächst versuchte sie, vor allem die Not der durch den Ersten Weltkrieg Geschädigten zu lindern, indem sie Nähstuben, Mittagstische, Werkstätten zur Selbsthilfe und Beratungsstellen einrichtete. Später entwickelte sie sich zu einer Hilfsorganisation für alle sozial bedürftigen Menschen.

Nach der „Machtergreifung“ Adolf Hitlers wurde nach einem erfolglosen Versuch, die AWO gleichzuschalten, die Arbeiterwohlfahrt aufgelöst und verboten. Einige Mitglieder arbeiteten illegal weiter, wie Johanna Kirchner, die mithalf, bedrohte Personen aus der Arbeiterbewegung ins Exil zu schleusen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die AWO 1946 in Hannover als parteipolitisch und konfessionell unabhängige Hilfsorganisation neu gegründet. In der Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR wurde sie nicht zugelassen. Eine Ausnahme bildet hier Ostberlin, wo die AWO bis zum Mauerbau im August 1961 als gesamtstädtischer Landesverband arbeitete. Noch zu DDR-Zeiten konnte die Arbeiterwohlfahrt am 18. Februar 1990, 57 Jahre nach ihrem Verbot, in Sonneberg auf Initiative von Walter Knauer und Edmund Fröhlich wiedergegründet werden.[2] Seit der Wiedervereinigung ist die Arbeiterwohlfahrt im gesamten Bundesgebiet tätig. Der Sitz des Bundesverbandes befindet sich in Berlin. Sie ist Trägerin des Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen-Spenden-Siegels.

Die Arbeiterwohlfahrt sieht sich selbst den Grundwerten Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit verpflichtet und arbeitet im ehrenamtlichen wie im hauptamtlichen Bereich nach den Leitsätzen und dem Leitbild der AWO, das zumindest bei einigen Neueinstellungen auch für Mitarbeiter verbindlich ist. Seit November 2008 hat die AWO einen hauptamtlichen Vorstand und ein ehrenamtliches Präsidium.

Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung

2004 begrüßte der damalige AWO-Bundesvorsitzende Manfred Ragati die Einführung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (AGH-MAE) und kündigte an, dass die deutschen Wohlfahrtsverbände mindestens dreißigtausend AGH-MAE für Langzeitarbeitslose einrichten würden. Viele von ihnen empfanden die Einführung dieser Arbeitsgelegenheiten als entwürdigend, unsolidarisch und dem Gleichheitsprinzip widersprechend und protestierten. Sie nannten diese daher 1-Euro-Jobs. Die soziale Gruppierung Die Überflüssigen besetzte damals symbolisch die AWO Landeszentrale Berlin. Der Wohlfahrtsverband akzeptierte dies nicht und stellte Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs.

Leiharbeit

Der AWO-Bundesverband erklärte in einer Pressemitteilung vom 5. November 2010: „Systematische Leiharbeit lehnen wir ab!“[3] Dazu erklärt der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler: „Generell ist das Instrument der Leiharbeit kritisch zu betrachten und sensibel anzuwenden. Es ist als Instrument zur Schaffung von Beschäftigungschancen gedacht und dazu, Auftragsspitzen in Unternehmen abzudecken. Das heißt auch, dass ein sehr zurückhaltender und verantwortungsvoller Einsatz intendiert war und ist. Eine systematische Anwendung von Leiharbeit lehnen wir von daher als Bundesverband ab. Wenn es in Ausnahmefällen zum Einsatz von Leiharbeit kommen sollte, dann muss verbindlich klar sein, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiter den Festangestellten nach dem Grundsatz ,gleicher Lohn für gleiche Arbeit‛ gleichzustellen sind.“[3]

Die AWO im westlichen Westfalen beschäftigt rund 15.000 Mitarbeiter (Stand 2010) unter den Rahmenbedingungen des mit Ver.di geschlossenen Tarifvertrags AWO NRW. Die AWO im Bezirk Westliches Westfalen bietet Arbeitnehmern zeitlich befristet nach einem Auslaufen der Vertragszeit an, neue Verträge bei der Arbeiterwohlfahrt-Servicegesellschaft (AW PSG) abzuschließen. Diese hauseigene Zeitarbeitsfirma leiht das Personal dann an die Muttergesellschaft AWO aus. Dadurch ist es möglich, den Leiharbeitern Tarifverträge mit schlechterer Bezahlung als den Festangestellten anzubieten. Im Bezirk Westliches Westfalen hat die AWO etwa 300 Mitarbeiter in die Leiharbeit ausgegliedert.

Die Vorteile für die AWO sind zum einen der geringere Lohn und Einsparungen bei der Mehrwertsteuer. Der Vorteil für die AWO bestehe nach eigener Aussage nicht in geringeren Lohnkosten – die Stunde Leiharbeit sei in der Regel sogar teurer als eine Stunde gemäß Tarifvertrag AWO NRW – sondern in einer größeren Flexibilität des Arbeitseinsatzes, zum Beispiel bei Krankheits- oder Urlaubsvertretungen und bei Belegungsschwankungen. Dagegen gibt die Gewerkschaft Ver.di jedoch u. a. zu bedenken, dass der Tarifvertrag gegenüber dem Öffentlichen Dienst nachteilig sei, für viele Beschäftigte ohnehin nicht gelte und vor allem gering Qualifizierte von der Ausgründung in Zeitarbeitsbeschäftigung betroffen seien.[4]

AWO in Gelsenkirchen

Die AWO betreibt in Gelsenkirchen u.a. Seniorenzentren und Kindergärten.

Darüber hinaus bietet sie Beratungsstellen, ein Betreuungsverein, ein Fachdienste für Migration/Integration, ein Demenz - Servicezentrum für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, Jugendgerichtshilfe, Jugend- und Familienhilfe, Sozialpädagogische Familienhilfe und Straffälligenhilfe an. Ein Frauenhaus, Haushaltsnahe Dienstleistungen, Kinderbetreuung, Qualifizierung und Weiterbildung, Familienbildung und Stadtteilarbeit gehören ebenfalls zu den Angeboten der AWO in Gelsenkirchen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gründung der AWO
  2. Edmund Fröhlich, Theresia Danco (Hrsg.): Nach 57 Jahren: Die AWO gründet sich in Thüringen wieder. In: Quo vadis Freie Wohlfahrtspflege, Bank für Sozialwirtschaft; Köln, 1990
  3. 3,0 3,1 AWO-Bundesverband: AWO lehnt systematische Leiharbeit ab!
  4. Gewerkschaftsseite Herzlos-online.de: Regelungswerk.ppt (Downloadseite, nur als Powerpoint-Präsentation verfügbar, 46 kB)