Anton Stankowski
Anton Stankowski (* 18. Juni 1906 in Gelsenkirchen; † 11. Dezember 1998 in Esslingen am Neckar) war ein deutscher Grafiker, Fotograf und Maler.
Leben
Stankowski wurde als Sohn eines Bergmanns, der auf der Zeche Alma einfuhr, in Gelsenkirchen geboren. Er studierte – nach Lehre und Gesellenjahren als Dekorations- und Kirchenmaler – ab 1927 an der Folkwangschule in Essen. Zu diesem Zeitpunkt lebte er in der damaligen Markstraße 1[1]. Neben Grafik und Typografie wurde hier bereits Fotografie unterrichtet. Mit Max Burchartz und der Agentur Canis entstanden in seinen Studienjahren die ersten visuellen Erscheinungsbilder und frühe „Funktionelle Grafik“.
1929 siedelte Stankowski nach Zürich über, arbeitete dort im renommierten Reklameatelier von Max Dalang. Hier entwickelte er mit seiner neuen foto- und typografischen Auffassung die „konstruktive Grafik“. In diesen Jahren vervollständigte Stankowski die berühmte „Gestaltungslehre“, in der er grundlegende Ausdrucksformen erarbeitete.
Nach Entziehung der offiziellen Arbeitserlaubnis im Jahre 1934 musste er die Schweiz verlassen und gelangte über eine Zwischenstation in Lörrach 1938 nach Stuttgart, wo er als selbständiger Grafiker arbeitete. 1940 wurde er Soldat und geriet in Kriegsgefangenschaft, aus der er 1948 freikam. Nach seiner Rückkehr arbeitete er als Schriftleiter, Grafiker und Fotograf für die „Stuttgarter Illustrierte“.
1951 gründete Stankowski auf dem Killesberg ein eigenes grafisches Atelier. Die Arbeiten im Grafik-Design für International Business Machines Corporation (IBM), Standard Elektrik Lorenz (SEL) etc., besonders die „funktionelle Grafik“, haben beispielhaften Charakter. In den 1960ern entstanden das heute legendäre „Berlin-Layout“, das visuelle Erscheinungsbild der Stadt, sowie die Wortmarken Signal Iduna und Viessmann.
Im Jahr 1964 wurden Arbeiten von ihm auf der documenta III in Kassel in der Abteilung Graphik gezeigt. 1964 unterrichtete er auch als Gastdozent in Ulm an der Hochschule für Gestaltung.
Anton Stankowski war von 1969 bis 1972 Vorsitzender des Ausschusses für Visuelle Gestaltung der Olympischen Spiele München.
1972 trat Karl Duschek in das Grafische Atelier Stankowski und Partner (ab 1981 Stankowski + Duschek) ein, das er seit 1975 bis zu seinem Tod 2011 leitete und das im Januar 2012 geschlossen wurde. Eine Vielzahl weiterer Marken und visueller Erscheinungsbilder wurden dort entwickelt. In den siebziger Jahren entstanden so berühmte Zeichen wie für die Deutsche Bank, die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Rewe und den Olympischen Kongress Baden-Baden. Mittlerweile sind eine Vielzahl weiterer Marken beziehungsweise visueller Erscheinungsbilder entwickelt worden.
Ab Mitte der 1970er Jahre wandte Stankowski sich zunehmend der Malerei zu. Für ihn gab es zeitlebens keine Trennung zwischen freier und angewandter Kunst, es galt: „Ob Kunst oder Design ist egal. Nur gut muss es sein.“ Viele seiner fotografischen und malerischen Werke flossen in seine gebrauchsgrafische Arbeit ein.
1983 gehörte er zu den Mitbegründern der Künstlervereinigung Konstruktive Tendenzen, bei der ihm die Rolle eines Nestors zukam. Das bildnerische Werk weist von den späten 1920er Jahren bis zu seinem Tod eine Kontinuität der konstruktiv-konkreten Kunst auf. Ebenso zeigt die Ausstellungstätigkeit ab 1928 in den Bereichen Grafik, Malerei und Fotografie den gleichen Weg.
Anton Stankowski und seine Ehefrau Else Stankowski (1908–1980) wurden auf dem Friedhof Feuerbach der Stadt Stuttgart beigesetzt.
Preise und Auszeichnungen
1976 verlieh das Land Baden-Württemberg Stankowski eine Professur. Darüber hinaus erhielt er, als Pionier des Grafik-Designs geltend, unzählige Preise und Ehrungen, unter anderem 1991 den Hans-Molfenter-Preis der Stadt Stuttgart.
1983 gründete Anton Stankowski die gemeinnützige Stankowski-Stiftung, die regelmäßig Personen und Institutionen auszeichnet, die die Trennung von freier und angewandter Kunst und Gestaltung überbrücken, so wie Stankowski selbst. Im Dezember 1998 erhielt Anton Stankowski den Harry-Graf-Kessler-Preis, den Ehrenpreis des Deutschen Künstlerbundes, für sein Lebenswerk. Als ordentliches DKB-Mitglied hatte er zwischen 1971 und 1993 an insgesamt siebzehn großen Ausstellungen teilgenommen und auch mehrere Ausstellungsplakate dazu entworfen.[2]
1991 erhielt Stankowski das Bundesverdienstkreuz und seit 2024 erinnert auf dem Gelsenkirchen Walk of Fame eine Bodenplatte an ihn.
Ausstellungen
- Zum 100. Geburtstag von Anton Stankowski zeigte die groß angelegte Retrospektive Stankowski 06 – Aspekte des Gesamtwerks einen umfassenden Überblick über das freie und angewandte Schaffen des Künstlers. Stationen waren die Staatsgalerie Stuttgart, das Haus Konstruktiv Zürich, das Josef-Albers-Museum Bottrop, das Neue Museum Weserburg Bremen, das Internationales Design Zentrum Berlin und das Mies van der Rohe Haus Berlin.
- Die 2010 in Gelsenkirchen, Wiesbaden und Göppingen gezeigte Ausstellungstour Ob Kunst oder Design ist egal – nur gut muss es sein. widmete sich dem Kreis um Stankowski und zeigte sowohl ‚angewandte’ Designobjekte als auch ‚freie Arbeiten’. Insgesamt wurden 35 Künstler und Gestalter gezeigt, die alle eng mit Stankowski verbunden waren.
- Die Ausstellung Anton Stankowski. Kinderspiele zeigte in der Städtische-Galerie Delmenhorst-Haus Coburg-Delmenhorst 2011 eine Gegenüberstellung einer Gruppe von 40 großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografien mit 33 Originalcollagen.
- Im Zeppelin Museum Friedrichshafen waren von Oktober 2012 bis Januar 2013 Fotografien von Anton Stankowski zum Thema „Mensch und Natur“ und „Mensch und Technik“ ausgestellt. Die um etwa 60 Karteikarten aus Stankowskis Archiv erweiterte Ausstellung wurde von 22. Juni – 27. Oktober 2013 unter dem Titel Stankowski-Stiftung. Fotografien aus dem Archiv im Kunstmuseum Stuttgart gezeigt.
- Die um etwa 60 Karteikarten aus Stankowskis Archiv erweiterte Ausstellung wurde vom 22. Juni bis zum 27. Oktober 2013 unter dem Titel Stankowski-Stiftung. Fotografien aus dem Archiv im Kunstmuseum Stuttgart gezeigt.
- Die Ausstellung Marken:Zeichen in der Kunstbibliothek Berlin zeigte von 13. März bis 16. August 2020 ca. 300 Exponate aus dem Grafischen Atelier Stankowski + Duschek sowie von Stankowskis Vorgängerateliers.
Die Stankowski-Hausnummern
Die ursprünglichen Ziffern unterlagen einem grafischen Grundraster und wurden mehrfarbig im Format 30 x 30 cm von der Firma Silit produziert. Der Vertrieb wurde Ende der 1990er-Jahre eingestellt. Rund 30 Jahre später entstand in Gelsenkirchen die Idee, die markanten Hausnummern neu aufzulegen. Anhand der Originalskizzen und Werbeunterlagen ist es dem Gelsenkirchener Designer Uwe Gelesch gelungen, Stankowskis Ziffernserie zu rekonstruieren und leicht zu überarbeiten.
Die digitale Rekonstruktion der Hausnummernserie machte eine Neuauflage möglich, sodass diese Ziffern nun die Gebäude entlang der Kulturmeile an der Horster Straße in Buer miteinander verbinden können. Zugleich stellen die farbenfrohen Hausnummernschilder mit ihren puristischen weißen Signalziffern eine Verbeugung vor dem großen Sohn der Stadt dar und erinnern im Alltag an die Spuren, die Anton Stankowski in seiner Geburtsstadt Gelsenkirchen hinterließ. Funktionalität trifft hier ganz im Sinne Anton Stankowskis auf zeitloses Design. Neu hinzugekommen ist ein Bindestrichzeichen, neben den Ziffern 0 bis 9 sind die Schilder mit Buchstaben von a bis d erhältlich. Die quadratischen Emaille-Schilder sind robust und farbecht gearbeitet, sodass sie viele Jahre lang zum Einsatz kommen können.
Literatur
- mit Eugen Gomringer: Gucken. Ein Kinderbuch. Leonberg 1980.
- Stankowski, Anton. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 4: Q–U. E. A. Seemann, Leipzig 1958, S. 342.
- Anton Stankowski – Frei und Angewandt, Free and Applied: 1925–1995. Grafik, Gemälde, Grafik-Design, Gestaltung in der Architektur, Fotografie, Dokumentation. Berlin 1996.
- Stankowski Photos. Unbekannte Bilder aus den 30er Jahren. Ostfildern-Ruit 2003, ISBN 3-7757-1288-7.
- Ausstellungskatalog: Stankowski 06 – Aspekte des Gesamtwerks. Ostfildern-Ruit 2006, ISBN 3-7757-1743-9.
- Ausstellungskatalog: Ob Kunst oder Design ist egal – nur gut muss es sein. Der Kreis um Anton Stankowski. Ludwigsburg 2010, ISBN 978-3-89986-134-1.
- Ausstellungskatalog: Ursula Zeller, Frank Thorsten Moll: Anton Stankowski: Fotografie. Das Wunderhorn, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-88423-420-4.
- Das Grafische Atelier Stankowski + Duschek, Verlag Kettler, 2020, ISBN 978-3-86206-800-5
Weblinks
Thematisch passender Thread im Forum
- Fotos bei Pixelprojekt Ruhgebiet
- Kunstwerke bei artnet
- Anton Stankowski Stiftung in Stuttgart
- Bericht der Westen/WAZ vom 2. Mai 2012
- Übersicht zahlreicher von Stankowski entworfener Logos (PDF)
- Gelsenkirchener_Persönlichkeiten
- Anton Stankowski - Die große Nummer in Gelsenkirchen
- Wikipedia
Einzelnachweise
- ↑ Adressbuch Gelsenkirchen 1927
- ↑ vgl. Ausstellungen. Deutscher Künstlerbund, abgerufen am 2. November 2019.
Personendaten | |
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NAME | Stankowski, Anton |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Grafiker |
GEBURTSDATUM | 18. Juni 1906 |
GEBURTSORT | Gelsenkirchen |
STERBEDATUM | 11. Dezember 1998 |
STERBEORT | Esslingen am Neckar |