Ausstellungshalle Wildenbruchplatz

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Die Ausstellungshalle Wildenbruchplatz befand sich an der Wildenbruchstraße auf dem Wildenbruchplatz. Sie war die größte Holzbau-Konstruktionsrundhalle der Welt. Architekt der Halle war Stadtbaumeister Dipl.-Ing. Herrmann Grage.

Ausstellungshalle Wildenbruchplatz

Geschichte

Eröffnet wurde die Halle mit der "5. Provinzialen Kochkunst, Fach- und Gewerbeausstellung". Danach (18. Oktober - 15. November 1925) war dort die Ausstellung: "Neue Tiroler Kunst" mit über 150 Gemälden, Grafiken, Plastiken und kunstgewerbliche Arbeiten zu sehen. Die Konstruktion der Halle stammte vom Stadtbaurat Max Arendt. Nach 1933 nutzen das NS-Regime die Halle für nationalsozialistische Propagandakundgebungen.

In der Gelsenkirchener Stadtchronik heißt es mit Eintrag vom 27. Januar 1942:

„In den städtischen Ausstellungshallen ist ein Juden-Sammeltransport zusammengestellt worden. Es handelt sich um 506 Juden aus dem Präsidialbezirk Recklinghausen, die heute nach den Ostgebieten evakuiert werden. Unter ihnen befinden sich 350 Personen aus Gelsenkirchen. Vorerst verbleiben in unserer Stadt noch 132, meist alte und kränkliche Juden. [1]

1944 sollten alle Holz- und Steinzäune in der Innenstadt niedergerissen werden, ebenso Schuppen und andere kleine Gebäude, die die Brandgefahr förderten und im Ernstfall hinderlich sein könnten. Unter diese von Kreisleiter Otto Plagemann als öffentlicher Luftschutzleiter angeordnete Maßnahme fiel auch die Beseitigung der Ausstellungshalle auf dem Wildenbruchplatz.

Innenausstattung

Bauweise und Ausstattung

"... Die Ausstellungshalle, die mit etwa 6000 qm Nutzfläche eine der größten im rheinisch-westfälischen Kohlenbezirk ist, wurde von der Firma Tuchscherer, Leipzig, zum ersten Mal ganz in Holz ausgeführt. Das Hauptinteresse nimmt wohl die 22 m hohe, 3400 cbm große Rundhalle an der Wildenbruchstraße mit ihrem mächtigen Ausmaße in Anspruch. Aus dem Linienspiel der Holzgerüste ist hier eine packende Raumwirkung entstanden, eine große Kuppel, die von vollem Lichte zwischen breiten anstrebenden Pfeilern durchflutet ist. An der Decke schwingen sich die von grünen Zacken bekleideten Rippen strahlenförmig zur Mitte, die ein breiter Kranz umschließt. Das Ganze, in lichtem Grau und frischem Grün gehalten, vermittelt eine gehobene, festliche Stimmung. Niemand wird sich dem gewaltigen Eindruck entziehen können, der sich beim Betreten der Rundhalle durch die fünf niedrigen Eingangstüren unter dem Balkon bietet. Durch einen niedrig gehaltenen Bau in der Querachse betritt man die nördlich anschließende, 18 m breite Langhalle mit schlicht und einfach gehaltenen Raumverhältnissen, die durch die Dreiteilung in der Länge wirksam gesteigert werden. Wände und Decken haben hier durch die Verschalung mit rohen Tektondielen eine stoffliche Wirkung erhalten. Die Decke ist durch breite Binderschürzen geteilt, wodurch die Längsperspektive ungemein an Reiz gewinnt. Am westlichen Ende der Langhalle schließt das massige Gebäude der Hauptausstellungswirtschaft die obere Terrasse nach der Augustastraße ab. Ein Saal von 300 qm Fläche mit den nötigen Wirtschaftsräumen zur Seite und großen Öffnungen zur Terrasse. Dem entspricht am südlichen Eck, das zweistöckige, ebenfalls massiv gehaltene Kassen- und Verwaltungsgebäude, dessen hohe, von schlanken Sechseckpfeilern getragene Vorhalle den Haupteingang flankiert. Von hier betritt man den Ausstellungsvorplatz. In drei große Terrassen ist der Platz gegliedert. Zu beiden Seiten ersteigt man auf breiten, monumentalen Seitenterrassen die mittlere Terrasse, die von Böschungsmauern und Brüstungen in grünem Dolomit und Rhododendronhecken gerahmt ist. Das Ganze, eingebettet in Baum Alleen, Grünflächen und Blumenarrangements, bietet dem Auge Reize von bestrickender Wirkung. ..." (Quelle: Monographien deutscher Städte – Band XX: Gelsenkirchen, 1927)

Innenausstattung

Erinnerungen an Ausstellungen

vom GG-Icon.png AlterMann


Seitens der Schule wurden wir (wenigstens) zweimal in die Ausstellungshalle geführt. Was wir dort zu sehen bekamen, ist mir bruchstückweise in Erinnerung. Ob alle diese Erinnerungen zu selbstständigen Ausstellungen gehören, oder ob sie Teile einer größeren waren, kann ich mit Sicherheit nicht mehr sagen. Gezeigt wurden uns kleinere Waffen, ein Geschütz, zwei Flugzeuge (Spitfire, Rata). Es war ein russisches Geschütz, es war sehr sauber, fast wie neu, und man ließ in die Informationen einfließen, es sei deshalb so neu, weil bei dem schnellen Vormarsch der Deutschen die Russen erst gar nicht zum Schießen gekommen seien. Das Flugzeug, eine RATA - von diesem Typ hatte man schon vorher oft in den Berichten vom Krieg in Spanien gehört – sei nicht wirklich ernst zu nehmen: Es sei aus Holz gebaut und mit Stoff bespannt, es würde schon bei einem Treffer mit harmloser Leuchtspur-Munition in Flammen aufgehen. Der Russlandkrieg, dargestellt als eine Art Spaziergang! Eine ähnliche Methode wandte man übrigens bei der Berichterstattung über die 'Fortschritte' der deutschen Soldaten an: Ständig wurde das Radio-Programm durch Sondermeldungen unterbrochen, in denen man erfuhr, dass schon wieder ein Schiff mit soundsoviel Tausend Brutto-Registertonnen versenkt, oder die Stadt XY eingenommen worden sei. Die Sondermeldungen wurden durch Musiken angekündigt, die zum Inhalt passten: Bei Schiffsversenkungen ein Soldatenlied: "Denn wir fahren gegen Engeland...", bei Fortschritten auf dem Balkan: "Prinz Eugen der edle Ritter..", auch ein Orchester-Werk von Franz Liszt musste herhalten. Ein großer Teil der Ausstellung war der GPU gewidmet. Man hatte unter anderem winzige Erdhöhlen nachgebaut, in denen, wie es hieß, die GPU ihre Gefangenen folterte, um sie zu Geständnissen zu veranlassen. In einer Extra-Ausstellung ging es um die Bekämpfung (Löschung) von Brandbomben. In einer der Hallen, die sich verdunkeln ließ, war ein großer Sandkasten in Tischhöhe aufgebaut, auf dem eine Modell-Stadt aufgebaut war. Hoch über dem Tisch befand sich eine Schiene, an der, wie in Wuppertal die Schwebebahn, ein britisches Flugzeug, seine Runden drehte, dies alles in fast völliger Dunkelheit. Alle Häuser, ausgenommen eins, waren verdunkelt, es herrschte ja Verdunkelungspflicht! Auf genau dieses Haus fiel dann eine Bombe, das Dach des Hauses brach auseinander, rot beleuchtete Papierfähnchen wehten nach oben aus dem Dach – es brannte. Weil's so schön war, wurde das kaputte Haus sofort wieder zusammengesetzt, der Brandbombenabwurf-Vorführer stieg auf eine Leiter und befestigte die Bombe mit neu eingelegtem Knallkorken am Flugzeug - dann wurde es wieder Nacht.... Nach dieser Demonstration ging es nach draußen zu einer praktischen Vorführung, bei der eine kleine Stab-Brandbombe, wie die Engländer sie verwendeten, gezündet wurde. Es wurde gezeigt, wie einfach diese zu löschen waren.

Wehrmachtsausstellung "Feindliche Waffen und Geräte" 18. April -17. Mai 1942

Das Rezept: Man nehme eine Tüte mit Löschsand, halte sie dicht über die brennende Bombe, dann brennt ein Loch in die Tüte, der Sand ergießt sich über die Bombe und die Flamme erstickt. Diese Löschmethode funktionierte wirklich, das konnte man sehen. Das wussten natürlich auch die Engländer, vor allem wussten sie, dass die Deutschen das wussten. Um diesen Löschversuchen entgegenzuwirken, mischten die Engländer zwischen diese "Normal-Bomben solche, die einen Sprengsatz enthielten, der erst nach längerer Brennzeit zündete. Die Versuche, die Bombe zu löschen, waren also lebensgefährlich! Die Engländer selbst sorgten dafür, dass sich dies in der deutschen Bevölkerung herumsprach - von Seiten der Deutschen gab es eine solche Belehrung nicht. An eine schwer beschädigte oder nur noch in Teilen vorhandene Ausstellungshalle kann ich mich nicht erinnern. Wenn ich sie so gesehen hätte, wäre mir das wahrscheinlich im Gedächtnis geblieben (Eine Ausstellungshalle, die nicht mehr vorhanden ist, hinterlässt nun mal keine bildhaften Erinnerungen!). Wohl aber habe ich an einigen Stellen in der Nähe der Ausstellungshalle Spuren von Fundamentmauern und größere betonierte Flächen auf dem mit Asche bedeckten Boden gesehen. Aber Vorsicht! Diese Erinnerung ist sehr blass, zur Ausstellungshalle gehörten auch Nebengebäude und bei der Asche sollte man nicht sofort an Reste der verbrannten Holzkonstruktion denken, denn der gesamte Wildenbruchplatz war ein Aschenplatz! Es ist später übrigens zu einer recht intensiven Begegnung mit einer Brandbombe gekommen. Näheres dazu vielleicht später einmal an anderer Stelle!

Heute befindet sich auf Gelände seit 2004 die Hauptniederlassung des Landesbetriebes Straßenbau NRW und seit 2010 die neue Polizeihauptwache der Stadt Gelsenkirchen.

Zur Erinnerung an die verschleppten Mitbürger wurde am 27. Januar 2022 eine Gedenktafel, die von einer von S04-Fans gegründeten „Arbeitsgruppe“ entworfen wurde, am Wildenbruchplatz enthüllt.

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. StadtA Gelsenkirchen, Chronik der Stadt Gelsenkirchen, Bd. 14, 1942