blickpunkt (ÖTV-Jugend Gelsenkirchen)
Der blickpunkt war von 1962 bis 1993 das Jugendmagazin der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Kreisverwaltung Gelsenkirchen. Zeit seines Bestehens war er eine der ältesten noch erscheinenden Jugendzeitschriften Deutschlands. Er erschien in vielen Jahren viermal pro Jahr, in anderen Jahren auch seltener, zuzüglich gelegentlicher Sonderausgaben. Der Beginn im Jahre 1962 markiert die Zusammenarbeit der ÖTV-Jugendgruppen in Gelsenkirchen und in Buer.
Themenspektrum
Inhalte waren gewerkschaftliche, politische, betriebliche und lokale Themen, die aus jugendlicher und kritischer Sicht behandelt wurden. Bei den betriebsbezogenen Themen überwogen zeitweise Themen der Stadtverwaltung Gelsenkirchen. Die Redaktion sah es als ihre Aufgabe an, "heiße Eisen anzufassen" und in "offenen Wunden zu rühren", sah sich in späteren Jahren mit der Kritik konfrontiert, zu wenig betriebsbezogen zu sein.
Ging es Anfangs um solche Themen wie die Erlaubnis, während der Dienstzeit zum Friseur gehen zu dürfen, nahmen sich die Ausgaben ab Mitte der 1960er Jahre auch allgemeinpolitischen Themen wie die Notstandsgesetze, die außerparlamentarische Opposition oder Rechtsextremismus an. Thematisiert wurden aber auch Probleme des Berufsbildes der Bürogehilfin oder Wohnverhältnisse ausländischer Arbeitnehmer. Berichtet wurde über "die Pille" (zur Empfängnisverhütung) und gefragt wurde "Wer prüft die Prüfer?" Legendär war ein Interview mit Daniel Cohn-Bendit in Ausgabe IV 1968. Die Ausgabe II 1972 erregte mit einem Artikel über das Seniorenheim Haunerfeldstraße und dem Titel "Ein Sarg an der Sonne" viel Aufmerksamkeit, die bis in nachfolgende Ausgaben hinein reichte.
Die geplante, aber nicht durch die ÖTV veröffentlichte Ausgabe 1/73 führte aufgrund eines Interviews mit einem ehemaligen Jugendvertreter der Stadtsparkasse, dem ersten Teil der Serie "Die Gesellschaft der Zukunft nach den Vorstellungen von Marx und Engels und die historische Entwicklung in Russland" sowie dem Titelbild mit dem jungen Marx und Sowjetsternen zu einer heftigen, öffentlichen Kontroverse.
In den 1970er Jahren beschäftigte sich der "blickpunkt" mit einem breiten Themenspektrum, das von Atomkraft über Fahrpreiserhöhungen bei der Bogestra, Demonstrationsrecht und Jugendarbeitslosigkeit bis zu Kriegsdienstverweigerung und Umweltschutz reichte. Dazu kamen gewerkschaftliche Beiträge im engeren Sinne zu laufenden Tarifverhandlungen, zur Arbeit von und zu Wahlergebnissen für Organe der Gewerkschaftsjugend und der Personalvertretung, Rationalisierung durch EDV und Bildschirmarbeitsplätze, kritische Beiträge über Arbeitsbedingungen bei der Stadtverwaltung, Überstunden bei der Sparkasse und Einsparungen beim Finanzamt. Sonderausgaben erschienen zum 1. Mai 1977 und für "Neuanfänger", d.h. für neue Auszubildende und Gewerkschaftsmitglieder. Ausgabe II 1977 erschien mit einer umfangreichen Jubiläumsbeilage zum 15-jährigen Bestehen des "blickpunktes" und dem Nachdruck bemerkenswerter Artikel aus den zurückliegenden und noch erhaltenen Ausgaben.
In Ausgabe II 1981 nahm die neue Friedensbewegung einen großen Raum ein. Insbesondere das Gedicht "Reagan unser, der Du schauspielerst im Weißen Haus ..." sorgte für viel Aufregung, die sich in zahlreichen Leserbriefen in der Ausgabe I 1982 niederschlug.
In den 1980er Jahren kamen u.a. die Ostermärsche, die städtische Sparpolitik und die Volkszählung zum Themenspektrum hinzu. 1983 war ein sehr produktives Jahr, es erschienen neben 4 regulären Ausgaben 4 Sonderausgaben: zum Ostermarsch Ruhr '83, zum 1. Mai, zu den Jugendvertreterwahlen Stadtverwaltung und für "Neuanfänger". Die Veröffentlichung der Ausgabe 4/83 führte zu einem Konflikt zwischen blickpunkt-Redaktion und ÖTV-Kreisvorstand, als die Redaktion nicht genehmigte Artikel aus den fertig gestalteten Vorlagenseiten herausnahm, im Inhaltsverzeichnis mit schwarzen Balken übermalte und die so als zensiert gekennzeichnete Ausgabe ohne weitere Rücksprache in den Druck gab. Nach regulären Ausgaben 1984 und 1985 erschien 1986 nur ein - allerdings umfangreiches - 66-seitiges "Sonderheft: 'Neue Technologien'", erstellt mithilfe eines Computers. Danach folgte lediglich eine Ausgabe im Jahr 1988, eine weitere im Jahr 1990 und eine offenbar letzte in 1993.
Redaktion
Im Laufe der Jahre haben zahlreiche ÖTV-Mitglieder in der Redaktion mitgearbeitet, mehrmals kam es zu Umbrüchen aufgrund von Generationswechseln.
Die Jubiläumsbeilage zur Ausgabe II 1977 zählte 43 Redaktionsmitglieder auf ihrer "Ahnentafel". In der Sonderausgabe zum 20-jährigen Jubiläum 1982 wurden schon 61 "Mitarbeiter aller Ausgaben" gezählt.
Zu den später bekannt gewordenen Mitarbeitern der Redaktion gehören Joachim Poß (SPD-MdB) und Walter Pilger (SPD-MdL Thüringen).
Untertitel
Von 1962 bis 1972 und von 1977 bis zur Ausgabe I 1982 trug der "blickpunkt" den Untertitel "Mitteilungsblatt der ÖTV-Jugend Gelsenkirchen". Die Ausgabe 1/73 mit dem Untertitel "Zentrales Organ der ÖTV-Jugend Gelsenk." ist nicht durch die ÖTV veröffentlicht worden. Von 1974 bis 1976 trug das Magazin zunächst den Untertitel "Mitteilungsblatt des ÖTV-KJA's Gelsenkirchen". KJA steht für Kreis-Jugend-Ausschuss. Seit der Ausgabe 2/82 erschien der "blickpunkt" mit dem Untertitel "Die Zeitung der ÖTV-Jugend Gelsenk."
Herstellung
Die Ausgaben der Jahre 1962/63 wurden mithilfe von Matrizen vervielfältigt und in gehefteter Form veröffentlicht. Nur das wiederkehrende Titelblatt war gedruckt. Seit 1967 wurde der "blickpunkt" mit einer Auflage von 2000 Exemplaren pro Ausgabe in der Druckerei Suttmeyer in Gelsenkirchen im Offsetverfahren gedruckt. Von 1977 bis zur Ausgabe I 1982 wurde der verstärkte Umschlag in Schwarz und rot gedruckt, sodass der Titelschriftzug und weitere Überschriften in Rot erschienen. Die Vorlagen der Ausgaben ab 2/82 bis 1985 wurden im DIN-A3-Format layoutet und im Druck auf DIN-A4 verkleinert.
Weblinks
Thematisch passender Thread im Forum (blickpunkt - Das Mitteilungsblatt der ÖTV-Jugend GE)
Thematisch passender Thread im Forum (1973: Der blickpunkt und das Marx-Problem)