Bochumer Straße

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Dieser Artikel betrifft die heutige Bochumer Straße. Früher trugen auch andere Straßen diesen Namen: siehe Bochumer Straße (Begriffsklärung)
Straße in Gelsenkirchen

Bochumer Straße

Hausnummern (ungerade): 1 - 69
Hausnummern (gerade): 2 - 70
Stadtteil: Neustadt
Postleitzahl: 45879
Hausnummern (ungerade): 71 - Ende
Hausnummern (gerade): 72 - Ende
Stadtteil: Ückendorf
Postleitzahl: 45886
Bevölkerung
(Stand 31.12.2020 • Quelle: Stadt Gelsenkirchen )
Einwohner dieser Straße: 1722
davon weiblich: 819
Lagekarte
 
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Die Bochumer Straße ist eine Straße in Gelsenkirchen. Die Bochumer Straße beginnt im Stadtteil Neustadt mit der Hausnummer 1 bzw. 2.

Blick auf den nördlichen Teil der Bochumer Straße

Geschichte

Die heutige Bochumer Straße war ursprünglich lediglich ein kleiner Feldweg, der am Dorfplatz von der Ückendorfer Straße abbog. Schon früh gab es jedoch Planungen, an diesem Weg das „großbürgerliche Viertel“ Ückendorfs einzurichten. Die befestigte Straße wurde daher an ihrem südlichen Ende beginnend am Ückendorfer Platz mit einer heute noch bemerkenswerten Breite als Allee angelegt, was der Straße im damaligen Volksmund die Bezeichnung „Chaussee“ einbrachte. Als erste Straße in Ückendorf erhielt die Bochumer Straße eine Kanalisation und eine Beleuchtung. Die großbürgerliche Prägung dieses südlichen Viertels lässt sich bis heute an der Fassadengestaltung der Häuser ablesen, die an der Bochumer Straße zwischen Ückendorfer Platz und Virchowstraße und an der Parkstraße gegenüber dem Von-Wedelstaedt-Park errichtet wurden. Hier befanden sich die – vielfach erhalten gebliebenen – Direktorenvillen der großen in Ückendorf ansässigen Unternehmen, die örtliche Sparkasse und auch das zweite Amtshaus, das 1880/1881 an der Ecke Bochumer und (heutiger) Knappschaftsstraße errichtet wurde und in dem nicht nur die Diensträume, sondern auch die Privatwohnung des Ückendorfer Amtmannes untergebracht waren (um 1955 abgerissen und ersetzt durch den Neubau der Polizeiwache). An der Einmündung der Markgrafenstraße stand das „Hotel Brüggemann“ (erbaut 1899), von dem heute lediglich das Restaurant („Zum Südpark“) erhalten ist. Zwischen der Markgrafenstraße und der neuen Polizeiwache verlief über die Bochumer Straße westlich vom Haus Nr. 223 die eingleisige Eisenbahnlinie von Essen-Kray Nord nach Wanne-Eickel (Strecke 2209), die inzwischen aufgelassen und zum Rad- und Fußweg umgenutzt wurde. Die zwischen der ehemaligen Eisenbahntrasse und der neuen Polizeiwache liegende Villa sowie der an der Straße gelegene Kiosk wurden abgerissen und durch mehrere Wohnhäuser ersetzt.

In ihrem nördlichen Teil, beginnend ab der Kreuzung zur heutigen Virchowstraße, bildete die Bochumer Straße von jeher eine Geschäftsstraße, in der nahezu jedes Haus im Erdgeschoss über ein Ladenlokal oder eine Restauration verfügte. Von der Errichtung des Justizzentrum Gelsenkirchen an der Kreuzung zum Junkerweg wird eine Revitalisierung dieses Abschnitts der Bochumer Straße erwartet.

Im Rahmen der Stadterneuerung werden seit 2018 die Maßnahmen rund um die Bochumer Straße intensiviert und das Programmgebiet steht seither auch sichtbar im Zeichen des Wandels. Dies zeigt sich auch an den Erdgeschossen an der Bochumer Straße: lokale Einzelhändler, Gastronomiebetriebe, Start Ups und auch noch einige leerstehende Ladenlokale prägen das Ortsbild. Aus dem Gedanken heraus, die Aufenthaltsqualität und Attraktivität im Stadterneuerungsgebiet entlang der Bochumer Straße zu erhöhen, ist die Idee entstanden, sich genau diese bestehenden Leerstände in einer Gemeinschaftsaktion zunutze zu machen.

Namensdeutung

Wurde so benannt, weil die Straße vom Hauptbahnhof Gelsenkirchen über Wattenscheid nach Bochum führte.

Häuser

Bochumer Straße 24, Viehhändler Gebrüder Katz

Hier lebten Fritz Katz (*1906) und sein Bruder Erich Katz (*1910) mit ihrer verwitweten Mutter Jettchen Katz (*1877). Der Gründer des Geschäfts, Jakob Katz (*1880), war 1932 verunglückt. Nachdem das Geschäft durch antijüdische Maßnahmen ruiniert war, floh Fritz Katz 1936 in die Niederlande und konnte von dort 1939 in die USA ausreisen. Erich Katz floh 1938 gleichfalls in die Niederlande. Er wurde 1939 von dort nach Deutschland abgeschoben und im KZ Buchenwald ermordet. Jettchen Katz wurde am 27. Juli 1942 aus Gelsenkirchen in das Lager Theresienstadt deportiert und gilt als verschollen.

Bochumer Straße 24, Hut-, Pelz- und Modegeschäft der Familie Plaut

Aus Hamburg kommend hatten Leopold Plaut (*1887) und seine Frau Helene Plaut (*1887) dieses Geschäft und das Haus übernommen. In Gelsenkirchen wurden 1915 der Sohn Hans und 1921 die Tochter Grete geboren. In der Weltwirtschaftskrise musste die Familie das Haus verkaufen. Im „Dritten Reich“ beteiligte sich Hans Plaut am Widerstand gegen den Nationalsozialismus und wurde nach seiner Verhaftung zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. 1939 gelang der Familie die Flucht nach Lateinamerika, zunächst nach Bolivien, dann nach Caracas in Venezuela, wo Hans Plaut eine erfolgreiche Karriere in der Wirtschaft machte und als Vertreter jüdischer Organisationen wirkte.

Bochumer Straße 92, Geschäftshaus Buchthal

Bis zu den Deportationen wurde das Haus der Familie Buchthal als „Judenhaus“ genutzt, um dort jüdische Bürgerinnen und Bürger Gelsenkirchens zu isolieren und zu sammeln. Julius Buchthal (*1874) hatte in seinem Haus ein Geschäft für Stoffe, Wäsche und Bücher betrieben. Mit seiner Frau Frieda Buchthal (*1881) wurde er am 31. März 1942 aus Gelsenkirchen in das Ghetto Warschau deportiert. Während Julius Buchthal als in Auschwitz verschollen gilt, ist für seine Frau kein letztes Lebenszeichen mehr bekannt. Der Sohn des Ehepaares, Rudolf Buchthal (*1914), wurde noch vor seinen Eltern am 27. Januar 1942 in das Ghetto Riga deportiert und kam im KZ Stutthof um.

Bochumer Straße 207

Für ihren Generaldirektor Eugen Hegeler ließ die Aktiengesellschaft des Wasserwerk für das nördliche westfälische Kohlenrevier 1911 bis 1912 ein angemessenes Domizil errichten. Vor allem in der Öffnung der Wohnräume zum Garten hinzeigt sich hier exemplarisch der Einfluss englischer Landhausarchitektur auf das Werk Josef Frankes. Der Backsteinbau ist heute, durch einen Umbau zum Zweifamilienhaus (1951 -52) äußerlich im rückwärtigen Bereich nur wenig verändert, erhalten. Der Grundriss des Erdgeschosses wies eine Raumfolge auf, die auf den gehobenen Lebensstil der Bewohner schließen lässt. Über eine geräumige Halle, der Windfang und Garderobe vorgelagert waren, wurden die umgebenden Räume erschlossen. Diese Diele mit Kaminplatz und offenem Treppenaufgang ins Obergeschoss erhielt durch eine Vertäfelung und Holzbalkendecke in Spessarteiche den gediegenen Charakter einer Wohnhalle. Auf der straßenzugewandten Gebäudeseite lag das ebenfalls mit einem Kamin ausgestattete Herrenzimmer. Von der zentralen Halle gelangte der Besucher zunächst in das Empfangszimmer, das mit Essraum und Anrichte eine Zimmerflucht an der südlichen Seite des Hauses bildete. Wahrend sich der großzügige Speiseraum in einen mit Schiebefenstern verglasten Wintergarten öffnete, schloss an das Empfangszimmer eine überdachte auf Gartenniveau gelegene Terrasse an. Einer klaren Trennung von Wohn- und Wirtschaftsbereich entsprach die Lage der Küche mit zugehöriger Speisekammer und Waschgelegenheit für das Personal. Dieser Bereich war von der Rückfront des Hauses durch einen Dienstboteneingang erschlossen, ein eigener Flur schuf die Verbindung zum Esszimmer wie zum zentralen Treppenhaus. Auch die zwischen Küche und Esszimmer gelegene Anrichte wies auf ein differenziertes Raumprogramm hin. Die Anrichte als der Tradition großbürgerlichen Bauens entlehnter Raum diente üblicherweise zur Aufbewahrung des vielteiligen Geschirrs und Tafelsilbers sowie dem Anrichten der Speisen, das hier, von der Gesellschaft im Speisezimmer unbemerkt, erledigt werden sollte. Im ersten Obergeschoss lagen die Privaträume der Familie. Drei Schlafzimmer sowie ein Wohnzimmer mit Blumenerker waren zur Südseite orientiert, jeweils mit eigenem Zugang zu einer weiteren Terrasse. Jenseits eines langen Flures schlossen sich ein zweites Wohnzimmer, ein Bad und zwei Fremdenzimmer an. Die Vielzahl der unterzubringenden Räume bedingte offenbar ihre verhältnismäßig geringe Größe. Weitere Fremdenzimmer waren im Mansardgeschoss untergebracht, ebenso die beiden Mädchenzimmer, ein Trockenboden und diverse Kammern.

Weblinks

Quellen

  • Erinnerungsorte
  • * Josef Franke, 163 Entwürfe für das 20. Jahrhundert, Herausgegeben vom Architektur-Kolloqium Bochum 1999, Klartext Verlag, ISBN 3-88474-776-2
  • Stadt Gelsenkirchen