Buer in Westfalen

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Wappen Deutschlandkarte
Stadtwappen von Buer in Westfalen Lage der ehemaligen Stadt Buer in Westfalen im heutigen Deutschland
Basisdaten
Fläche: 104,84 km²
Einwohner: 103.970 (31.12.1926)
Bevölkerungsdichte: 991 Einwohner je km²
Höhe: 25–95 m ü. NN
Stadtgliederung: 7 Stadtteile

Die Stadt Buer in Westfalen (kurz Buer i.W.) ist durch den starken Bevölkerungszuwachs, verursacht durch den wachsenden Bergbau in der Region, entstanden. Die ehemalige Freiheit Buer bzw. das Amt Buer bekam am 27. Februar 1911 vom letzten Deutschen Kaiser Wilhelm II.(durch das Preußische Innenministerium) die Stadtrechte verliehen und wurde somit als Stadt selbständig. Diese Eigenständigkeit blieb bis zum Frühjahr 1928 erhalten, da durch die Fusion der Städte "Buer in Westfalen" mit dem Amt Horst und Gelsenkirchen am 1. April 1928 die neue Stadt Gelsenkirchen-Buer entstand und somit "Buer in Westfalen" in Stadtteile zergliedert wurde.

Geografie

Karte des deutschen Reiches 1 : 100.000 von Ende des 19. Jahrhunderts mit Ausschnitt in den heutigen Grenzen Gelsenkirchens

Bis zum Jahre 1928 war Buer als „Freiheit“ (ab 1448) und als Stadt „Buer in Westfalen“ (ab 1911) selbständig. Während die Grenzen des Buerschen Gebiets bis Mitte des 19. Jahrhunderts ständig wanderten, kann Anfang des 20. Jahrhunderts die Lage der damaligen Stadt Buer inklusive Amt Horst wie folgt beschrieben werden: Im Süden grenzt sie an die kreisfreien Städte Herne und Essen. Die Emscher, in deren altem Flussbett südlich parallel der Rhein-Herne-Kanal verläuft, grenzte im Süden die Stadt Buer von der Stadt Gelsenkirchen ab. In Westen. Norden und Osten grenzte sie an die Städte und Gemeinden des Kreises Recklinghausen; im Westen an Gladbeck (von 1921 bis 1976 kreisfrei), im Norden an Dorsten, Polsum (seit 1975 Stadtteil von Marl bzw., Ortsteil Bertlich, von Herten), im Osten an Westerholt (seit 1975 Stadtteil von Herten) und Herten selbst.

Zu Buer gehörten die folgenden Bauerschaften:

Wappen

Wappen Stadt Buer in Westfalen

Das Wappen der Freiheit Buer wurde erweitert. Unterhalb der bewurzelten Linde (Buersche Linde) in grün und braun mit der mittigen Abbildung des kurkölnischen Kreuzes in schwarz wurden die typischen Bergwerksgeräte Schlägel und Eisen dargestellt. Oberhalb des Wappens wurde eine Stadtmauer mit 3 Wachtürmen ergänzt.

Geschichte

Französischer Panzer vor dem Rathaus in Buer während der Besetzung des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen im März 1923
  • In den Jahren 1910 bis 1912 wurde das Buersche Rathaus mit über 100 Räumen und einem ca. 65m hohen Rathausturm erbaut.
  • 1911 erhält das Amt Buer die Stadtrechte
  • Weiterhin beginnt die erste Förderung auf der Zeche Scholven.
  • 1911 eröffnet das Apollo-Theater Buer (existiert nicht mehr) im Haus „Altmarkt 2“ (heute ist dort ein Textilkaufhaus)
  • 1912 scheidet als "Buer in Westfalen" aus dem Kreis Recklinghausen aus, um eine kreisfreie Stadt zu werden. Ebenfalls wird das Amt Westerholt eigenständig.
  • 1912 Das Kaufhaus Althoff (später „Karstadt“, später „Hertie“) eröffnet auf der Hochstraße in Buer.
  • 1913 Es wird der Stadt Buer ein neues Wappen verliehen, das innerhalb einer Burgmauer mit drei Türmen die Buersche Linde mit kurkölnischem Kreuz und - zusätzlich am Stamm der Linde - die Bergarbeiterwerkzeuge Schlägel und Eisen beinhaltet.
  • Um 1921/22 zog das Textilkaufhaus Weiser von der Essener Straße zu einem kleinen Neubau an dem Springemarkt um.
  • Um das Jahr 1922 überschreitet die Einwohnerzahl Buers erstmalig die 100.000-Grenze und macht Buer zur Großstadt. (Die Zahlen sind nicht belegt, werden aber vom Institut für Stadtgeschichte [1] genannt.)
  • 1923 Die Stadt Buer baut ein 32 Hektar großes Waldgebiet zur Volkserholungsstätte als Stadtwald aus.
  • 1924 Die Stadt Buer erwirbt das „Schloss Berge“ und eröffnet den Stadtwald mit Bootshaus, Freilichtbühne (nicht mehr erhalten), Spielwiesen und Ruderteich.
  • 1925 Das Finanzamt Buer wird gebaut.
  • 1926 Beginn mit der Anlegung des Berger Sees. Die Straßenbahnlinie Marl-Polsum-Buer wird eröffnet.
  • Der BoGeStra Straßenbahn-Betriebshof in Buer wird geschlossen. An dieser Stelle wird die ‎Polizeiwache gebaut.
  • 1927 Das Polizeiamt Buer wird eröffnet. Es werden Notstandsarbeiten am Berger See durchgeführt.
  • 1928 Am 1. April 1928 wird die Stadt "Buer in Westfalen" mit dem Amt Horst und der kreisfreien Stadt Gelsenkirchen zur neuen kreisfreien Stadt Gelsenkirchen-Buer zusammengeschlossen.
  • 1930 wurde der Name der jungen Stadt in „Gelsenkirchen“ abgeändert. Seither wird Buer als Stadtteil geführt.

Geplant waren u.a. noch der Bau einer Stadthalle[2] und eines Bahnhofs mit Bahnhofsvorplatz an der Freiheit/Königswiese[3]

Religion

Die Religion hat insbesondere im Dorf Buer einen starken Einfluss gehabt. Dominierte zunächst die katholische Konfession, so kamen ab dem 19. Jahrhundert evangelische und ab dem 20. Jahrhundert jüdische und neuapostolische Gemeinden hinzu. Dies wurde durch die wachsende Bergbauindustrie ausgelöst.

Katholische Gemeinde

Die Kirche Sankt Urbanus wurde etwa im Jahr 1019 als Holzkirche erbaut und erst im Jahr 1160 als eigenständige Pfarrkirche geführt. Etwa um das Jahr 1223 wurde die Kirche in romanischer Bauweise aus Stein errichtet. Sie wurde danach mehrfach umgebaut und erweitert. Im Jahr 1627 wurde der Kirchturm durch ein Unwetter beschädigt. Am 25. Mai 1688 wurde die Kirche durch einen Großbrand zerstört. Der Aufbau verzögerte sich und erst am 12. Mai 1706 wurde die Kirche Sankt Urbanus mit zwei neuen Altären eingeweiht. Im Jahr 1720 war der Wiederaufbau abgeschlossen. Ab dem Jahr 1821 wurde die Pfarrkirche dem Bistum Münster zugeteilt und gehörte mal zum Dekanat Recklinghausen (ab 1825), mal zum Dekanat Dorsten (ab 1864). Im Jahre 1893 wurde die heutige Sankt Urbanus Kirche mit ihren 100m hohen Kirchturm erbaut. Der Turm wurde im Zweiten Weltkrieg bombardiert, so dass der heutige nur noch etwa 50 m hohe Kirchturm seitdem ein Flachdach besitzt. Das Dekanat Buer wurde 1915 gegründet, vermutlich als Folge der neu gegründeten Kirchengemeinden in der Stadt Buer.

Die Muttergemeinde Sankt Urbanus pfarrte folgende Gemeinden Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ab:

Evangelische Gemeinden

  • Ab dem Jahr 1860 ließ sich der erste Protestant in Buer nieder. Zunächst besuchte ab dem Jahr 1866 der Pfarrverweser Krieger aus Dorsten die evangelischen Christen, um sie zu Bibelstunden zu versammeln.
  • Am 4. Mai 1888 erstand die erste selbständige evangelische Kirchengemeinde Buers – die heutige Apostelkirche – an der Essener Straße (heute: Horster Straße). Der Pfarrverweser Carl Rudolf Franke aus Horst musste ebenfalls die evangelische Gemeinde Buer versorgen.
  • 1886 entstand die evangelische Gemeinde Erle-Middelich und der evangelische Pfarrverbund Horst-Buer wurde aufgelöst. Weiterhin wurde eine Pfarrstelle in Sutum mit einem Hilfsprediger besetzt.
  • 1906 entstand die evangelische Gemeinde Resse.
  • 1910 Besetzung einer Pfarrstelle in Beckhausen mit Hilfsprediger.
  • 1911 Bau der evangelischen Christus-Kirche Beckhausen an der Bergstraße
  • 1912 Besetzung einer Pfarrstelle in Hassel mit Hilfsprediger.
  • 1913 Besetzung einer Pfarrstelle in Scholven mit Hilfsprediger.

Neuapostolische Gemeinde

  • Für eine neuapostolische Gemeinde in Buer suchte Diakon Reinhold van der Veen im Jahr 1908 eine Wohnung. Der Betraum wurde an der Steinmetzstraße eingerichtet.
  • Da der Betraum schnell überlaufen war, wurde im Jahr 1911 erneut eine größere Wohnung gesucht. Er wurde gefunden in einem Neubau an der heutigen Beckeradsdelle (früher Schalker Straße). Hier zog die Gemeinde Buer ins Erdgeschoss ein.
  • Anton Veen, Sohn des Diakons, gründete den ersten Gemeindechor.
  • Im Jahr 1924 startete die Planung für den Bau einer neuapostolischen Kirche in Buer.
  • Im Jahr 1927 wurde das Kirchengebäude am Diesingweg fertiggestellt und bezogen.
  • 1928 wurden durch den Zuwachs in der Gemeinde Buer die neuapostolischen Gemeinden in Beckhausen (Kirchengebäude an der Weskampstraße 7) und Scholven (Kirchengebäude Im Brömm 5) gegründet.

Jüdische Gemeinde

Im Jahre 1922 wird an der Maelostraße in Buer eine Synagoge errichtet, die in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 von den Nationalsozialisten niedergebrannt wurde. Am früheren Ort der Synagoge wurde später ein städtisches Hallenbad errichtet. Einige Fundamente der Synagoge sind durch Pflastersteine sichtbar gemacht. Der Rest wird vom Hallenbad Buer überdeckt. Außerdem erinnern ein großer Gedenkstein und ein Schild mit der Aufschrift „Mahnmal“ an die Synagoge.

Industrie

In der Stadt "Buer in Westfalen" gab es folgende Industrien:

Bergbau

  • Zeche Hugo (1873–2000) in Buer (größtenteils abgerissen)
  • Zeche Bergmannsglück (1903–1983) in Hassel (größtenteils abgerissen)
  • Zeche Scholven (1908–1963) in Scholven (größtenteils abgerissen)
  • Zeche Graf Bismarck (1882–1966) in Erle
  • Zeche Ewald (1895–2000) in Resse bzw. Herten
  • Kokerei Hugo I (1906-1914?; abgerissen)
  • Kokerei Hugo II (1930-1977?; abgerissen)
  • Kokerei Graf Bismarck (1913-1945? und 1952-1973; abgerissen)
  • Kokerei Hassel (1928?-1999; abgerissen)
  • Kokerei Scholven (1928-1963; abgerissen)

Oberbürgermeister der Stadt Buer bis 1928

Nachdem Buer 1911 Stadtrechte erhalten hatte, war nach dem kommissarischen Bürgermeister und früheren Bueraner Amtmann August de la Chevallerie zunächst Dr. Carl Russell von 1912 bis 1919 Bürgermeister. Ihm folgte Emil Zimmermann bis zur Städtevereinigung von 1928.

Einwohnerentwicklung

Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen der Gemeinde Buer (seit 1925 Großstadt) nach dem jeweiligen Gebietsstand, neuere Zahlen beziehen sich auf den Gebietsstand der Stadt Buer von 1920 bis 1928, d. h. mit Resse und Scholven, jedoch ohne Horst (heutige Stadtbezirke Nord und Ost sowie Stadtteil Beckhausen). Bis 1833 handelt es sich meist um Schätzungen, danach um Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen der jeweiligen Statistischen Ämter beziehungsweise der Stadtverwaltung selbst. Die Angaben beziehen sich ab 1843 auf die „Ortsanwesende Bevölkerung“ und ab 1925 auf die Wohnbevölkerung. Vor 1843 wurde die Einwohnerzahl nach uneinheitlichen Erhebungsverfahren ermittelt.

Jahr Einwohner
1535 63
1605 325
1784 511
1818 3.344
1834[4] 3.584
1. Dezember 1843 ¹ 3.837
3. Dezember 1858 ¹ 4.167
1. Dezember 1871 ¹ 4.547
1. Dezember 1875 ¹ 5.002
1. Dezember 1885 ¹ 7.700
Jahr Einwohner
1. Dezember 1890 ¹ 11.071
2. Dezember 1895 ¹ 16.031
1. Dezember 1900 ¹ 28.521
1. Dezember 1905 ¹ 40.280
1. Dezember 1910 ¹ 61.510
1. Dezember 1916 ¹ 82.296
5. Dezember 1917 ¹ 81.540
8. Oktober 1919 ¹ 88.668
16. Juni 1925 ¹ 99.307
31. Dezember 1926 103.970
Jahr Einwohner[5]
31. Dezember 2004 118.897
31. Dezember 2005 118.531
31. Dezember 2006 118.074
31. Dezember 2007 117.496
31. Dezember 2008 116.137
31. Dezember 2009 115.112
31. Dezember 2010 114.073
31. Dezember 2011 113.518
31. Dezember 2012 112.853

¹ Volkszählungsergebnis

Die Fortschreibungen der Einwohnerzahlen nach dem alten Gebietsstand ab 2004 zeigen, dass die Einwohnerzahl Buers inzwischen knapp unter der Recklinghausens und auch unterhalb der des 1976 um Kirchhellen erweiterten Bottrops läge. Wie auch in der gesamten Stadt Gelsenkirchen war die Einwohnerzahl zunächst bis Ende der 1950er Jahre gestiegen, um seither rückläufig zu sein. Am 30. Juni 2013 hatte Gelsenkirchen, 1959 noch fast 390.000 Einwohner stark, nur noch 257.002 Einwohner – davon 112.785 in Buer und 19.338 in Horst,[5] was de facto eine sehr knappe vestische Mehrheit darstellt.

Quellennachweis

  1. http://www.institut-fuer-stadtgeschichte.de/Stadtgeschichte/chronik.asp
  2. Lageplan von 1927
  3. [1] Buer, die ideale Siedlungsstadt 1926 - herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Stadt Buer, Dr. Paul Große-Boymann
  4. Westfalenlexikon 1832–1835; Zahlen übernommen aus dem Genwikiartikel Amt Buer
  5. 5,0 5,1 [2] gelsenkirchen.de: Bevölkerung Stadt Gelsenkirchen ; jeweils die Bezirke Nord und Ost sowie Stadtteil Beckhausen aufaddiert.

Weblinks